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Publikationen

Hier finden Sie eine Übersicht über meine Publikationen, wenn Sie den Links folgen, finden Sie kurze Ausschnitte aus den entsprechenden Veröffentlichungen.

Die komplette Liste der Publikationen als pdf-Dokument

Buchbesprechung – Lübbe: Die Großen Kriege und Beelen.

Der Altkreis Warendorf im Zweiten Weltkrieg 1939 – 1945.

Von der Inflation zur Weltwirtschaftskrise.
Die ökonomische und soziale Lage im Altkreis Warendorf in der Weimarer Republik.

Vom Verfolgten zum Mentor der niederländischen Kronprinzessin.
Die Emigration von Heinrich Herbers 1934.

Die Warendorfer Rennbahn an der Tönneburg.
Aspekte eines unvollendeten Projekts.

Der Altkreis Warendorf im Zweiten Weltkrieg.

Erzwungener Aufbruch nach Mittelamerika.
Jüdische Familie aus Beelen, Kreis Warendorf, bringt sich vor dem NS-Regime durch Emigration nach Zentralamerika in Sicherheit.

Buchbesprechung – Lübbe: Beelen in Bildern und Berichten.

Das Schicksal der Warendorfer Familie Jeremias.
Ein Beitrag zur Verfolgung religiöser Minderheiten durch die Nationalsozialisten im Münsterland.

Der Fall Kaltenbach.
Ein Fall von Wirtschaftskriminalität im Warendorf der ausgehenden zwanziger Jahre.

Entnazifizierung im Kreis Warendorf.
Erörtert an einem Everswinkeler Beispiel.

NS-gelenkter Sport im Altkreis Warendorf.
Möglichkeiten und Grenzen.

Die Warendorfer Emsbadeanstalt.
Eine frühe Institution der Sportstadt im Wandel der Zeiten.

Paul Wittlake.
Dortmunder Kommunist und Widerstandskämpfer aus katholischem Hause.

„Als Krippenfiguren keinen Wert besaßen...“
Das Verbot der Warendorfer „Neudeutschland“-Gruppe im Frühjahr 1934.

Eine Frau aus der Dortmunder Nordstadt.
Paula Jagemann.
Ein Leben im Widerstand.


Das Schicksal der Gertrud Albermann.
Ein Kind aus Warendorf fiel 1929 dem Düsseldorfer Massenmörder Peter Kürten zum Opfer.

Wasserversorgung in Warendorf und Freckenhorst.

Die evangelische Kirche St. Nicolai zu Dortmund.

Ein Warendorfer Pädagoge in schwieriger Zeit.

Paul Spiegel.
Der neue Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Gotteshaus und Wasserturm.
Zwei Baudenkmäler der Neuen Sachlichkeit.

Adolf Hennecke.
Ein vergessener Westfale.

Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene.
Informationen zu einem aktuellen Thema.

Übersicht des ehemaligen Immobilienbesitzes jüdischer Bürger im Altkreis Warendorf.

Die kleine Stadt Wielun – das polnische Guernica.

Zweierlei Verbrechen.
Die Wehrmacht und der Winter 1941/42 in der Sowjetunion.

Dr. Franz Rohleder.
Langjähriger Pädagoge, Geograph und Historiker in Warendorf.

Die Landwirtschaft im Landkreis Warendorf 1914 – 1945.

Wenige Stunden vor dem Waffenstillstand im Kattegat versenkt.
Das Schicksal eines kleinen deutschen Geleitzugs, der noch Anfang Mai 1945 in unverantwortlicher Weise von der Marineleitung geopfert wurde.

„Im Namen des Deutschen Volkes“.
Maria und Bernhard Kreulich aus Essen, im März 1944 in Berlin-Plötzensee ermordet.

Warendorf im Ersten Weltkrieg (1914 – 1918).

Warendorf in der NS-Zeit.

Die Wehrkreis Reit- und Fahrschule VI.

Die ehemalige Pferderennbahn an der Tönneburg.

Organisation und Aktionsformen des Widerstandes in den Niederlanden und Belgien.

Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene im Kreis Warendorf.

Frühe Kennzeichnung der Jugendopposition seitens der Gestapo und die weitere Entwicklung von Resistenz, Verweigerung und Widerstand durch nicht systemkonforme Jugendgruppen.

Max Reimann (1898 – 1977).
Ein Kommunist aus Ahlen.

Zeugnisse der Neuen Sachlichkeit.
Dortmunder Nicolaikirche und Warendorfer Wasserturm.

Entwicklungslinien der Einwanderungs- und Asylpolitik in den Niederlanden zwischen historischen Traditionen und EU-Harmonisierung.

Heimatgeschichtliches Engagement: Dr. Franz Rohleder.
Eine zentrale Persönlichkeit der Kultur- und Heimatpflege in Stadt und Kreis Warendorf.

Nikolaus Groß.
Ein Widerständler gegen den Nationalsozialismus aus Glaubensüberzeugung.

Paul Pleiger.
Das Sittengemälde eines westfälischen Unternehmers.

Partisanenkampf in Ostwestfalen/Lippe 1944.

Die Heimatvereine des Kreises Warendorf im Wandel der Zeiten.
Zum 100-jährigen Jubiläum des Heimatvereins Warendorf und des Kreisheimatvereins Warendorf (1902 – 2002).

Von privaten Brunnen bis zu den Warendorfer Stadtwerken.
Ein Kaleidoskop der modernen Wasserver- und -entsorgung im Altkreis Warendorf.

Von Menschen und Läusen.
Die Warendorfer Desinfektions- und Entlausungsanstalt an der Gartenstraße.

Zuwanderung in den 30er Jahren.
Ein Beispiel aus Oelde.

Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene in Europa, Deutschland und Ahlen.

Krieg in Westfalen.
Von den Anfängen bis zum 19. Jahrhundert.

Entwicklungslinien der Einwanderungs- und Asylpolitik in den Niederlanden zwischen historischen Traditionen und EU-Harmonisierung.

Europäische Einigung und westfälische Geschichte.
Festschrift für Paul Leidinger.
Westfalen im Spiegel der Kriegsnöte seit 1914.

Gustav Freiherr von Bechtolsheim, ein deutscher General.
Verstorben 1969 in Münster.

Hingerichtet im Pankraz.
Marianne Golz-Goldlust, ein Opfer der NS-Okkupation in der Tschechoslowakei.

Islamischer Antisemitismus und arabische Nähe zum Nationalsozialismus.

Geschichte des Kreises Warendorf von 1918 bis 1945.

Zur Geschichte des Kreises Warendorf von 1945 bis 1975.
Vom demokratischen Aufbau zur kommunalen Neuordnung.

Zuwanderung vor 70 Jahren.
Illustriert an einem Beispiel aus der Stadt Oelde im damaligen Kreis Beckum.

Ernst Busch, ein gehorsamer westfälischer General.

Kollaboration kaukasischer Völker mit NS-Deutschland während des II. Weltkriegs.

August Ahlke, Pädagoge, Exponent der Heimatbewegung, Täter im Kreis Beckum der 1920er Jahre.

Prof. Theodor Lessing- Ein frühes Opfer des NS-Terrors.

Wilhelm Schneider – Aus der Sicht eines Benutzers des Kreisarchivs Warendorf.

Die Zeit des Nationalsozialismus 1933 – 1945.

Demokratischer Aufbruch nach 1945.

Oberst Georg Freiherr v. Boeselager.
Ein Kavalleriekommandeur des II. Weltkrieges, hervorgegangen aus westfälischen berittenen Einheiten.

Der Genozid des Osmanischen Reiches an der Armenischen Minderheit.

Die Verbrechen des Khomeini-Regimes im Iran.

Adolf Spelmeyer.
Hintergründe eines evangelischen Seelsorgers.

Deutsche Rüstungslieferungen in den Irak bis 1990 – eine Firmenliste.

Besuch von unserer Partnergemeinde St. Matthew, Wigmore.

Die Familie Alsberg.
Innenansichten der Islamisten.

Die katholische und evangelische Kirche im Kreis Warendorf.
Streiflichter der Entwicklung von 1914 bis 1945.

Das Schicksal der Zeugen Jehovas während der NS-Zeit.
Die Verfolgung religiöser Minderheiten durch die Nationalsozialisten am Beispiel der Warendorfer Familie Jeremias.

Wie aus einem Niederländer ein Deutscher wurde oder Beutegermanen für die Wehrmacht.

Kriegsende und Gefangenschaft im Spiegel der Aufzeichnungen eines 16jährigen Wehrmachtssoldaten.

Zwangsprostitution.
Formen und Wirkungen.

Die Ahlener Industrie vom Ersten Weltkrieg bis zur kommunalen Neuordnung 1975.

Das Medizinalwesen in Kriegszeiten im 19. und 20. Jahrhundert im Kreis Warendorf.

Ein Konflikt im Ostbeverner Gesundheitswesen der Nachkriegszeit.

Die industrielle Entwicklung der Stadt Ahlen von 1914 bis 1975.

Die Rüstungsindustrie während des Zweiten Weltkriegs in Ahlen im Spiegel der Berichte der Rüstungskommandos Osnabrück und Recklinghausen.

Freckenhorst im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1945).

Schicksale der Nachkriegszeit [Teil 1].

Julius Lücke und die Dortmunder Schwanenwallaffäre.

Die Ausstellung ‚Oneg Schabbat’, das Untergrundarchiv des Warschauer Ghettos.
Eröffnungsvortrag im Kulturforum Kapelle in Waltrop am 27. Januar 2006.

Die internationale Aufrüstung der Türkei.

Das Schützenwesen im Kreis Warendorf zwischen 1871 und 1945.
Waffenübung, Geselligkeit und Sport im Spannungsfeld zwischen Vereinsautonomie und politisch/gesellschaftlicher Einflussnahme.

Das Schützenwesen im Kreis Warendorf nach 1945.
Zäsur, Neubeginn und weitere Entwicklung.

Das Schützenwesen in Ostbevern.
„von oldes her und nach altem Gebrauch“.

Das Schicksal der Gertrud Albermann.
Ein Kind aus Warendorf fiel 1929 dem Düsseldorfer Serienmörder Peter Kürten zum Opfer.

Von Beelen nach Honduras.
Die erzwungene Emigration der jüdischen Familie Baer nach Zentralamerika 1939.

Buchbesprechung – Bernd Haunfelder: Nordrhein Westfalen – Land und Leute 1946 – 2006.

Die Ahlener weltliche Schule (Teil 1).
Eine neue Schulform in der Kolonie/Neustadt während der Weimarer Republik.

Die Ahlener weltliche Schule (Teil 2).
Eine neue Schulform in der Kolonie/Neustadt während der Weimarer Republik.

Die Ahlener weltliche Schule (Teil 3).
Eine neue Schulform in der Kolonie/Neustadt während der Weimarer Republik.

Szenen aus dem türkischen Gesundheitswesen.

Die gescheiterte Integration.

Im Namen des Volkes!
Heinrich Pohlmann und die zweite Chance oder Verwaltungsgeschichte einmal anders.

Die vernichteten Kunstwerke des Bildhauers Benno Elkan.

Die deutsche Beteiligung an der Atomrüstung in Pakistan, Iran und Nordkorea.

Gemeindeaustausch Ostern 2007 (7. bis 14. April) St. Nicolai, Dortmund/St. Matthew’s, Wigmore

Die Wirklichkeit der SED-Diktatur.

Die Wehrmachtsjustiz. Teil I.

Historiker Jürgen Gojny auf Spuren des Fettmarkts.

Die Wehrmachtsjustiz. Teil II.

Das Markt- und Kirmeswesen des Kreises Warendorf im 19. und 20. Jahrhundert.
Strukturen und Entwicklungen.

Die Wehrmachtsjustiz. Teil III.

Agnes Miegel.
(In: Spuren.)

Sendenhorst.

Die Verbrechen der iranischen Mullahkratie und ihre deutschen Unterstützer und Kritiker.

Agnes Miegel.
(In: Im Garten der Roswindis.)

Die Alsbergs.
Eine jüdisches Familie aus dem Kreis Warendorf.

Agnes Miegel und Warendorf.

Das Schicksal der Shamsa Shajjar in Ennigerloh-Westkirchen und die soziologischen sowie religiösen Hintergründe.

Philipp Rosenthals westfälische Wurzeln.

Julius Lücke.
Abgründigkeiten in der Lebensgeschichte eines Freckenhorster Amtsbürgermeisters während der NS-Diktatur.

Von Dirschau/Westpreußen nach Oelde/Westfalen.
Zuwanderung in den 1930er Jahren.
Ein Beispiel aus dem damaligen Landkreis Beckum.


Max Reimann – ein Kommunist aus Elbing.

Die Verbrechen der Mullahkratie im Iran.

Sklavenjagd und Zwangskonversionen zum Islam im Sudan.

Elisabeth Schragmüller, eine Geheimagentin aus Westfalen.

Ablieferung von Kirchenglocken im Kreis Warendorf während des Ersten Weltkriegs und ihre teilweise Restitution.

Lediglich „der Gewalt gehorchend“.
Der Ahlener Bürgermeister Eduard Corneli während der Novemberrevolution 1918 und des Kapp-Putsches 1920.

Die Ceausescu-Diktatur in Rumänien.

Das Minenschiff Hansestadt Danzig.

Der Warendorfer Fettmarkt.

Die Entstehung der athenischen Demokratie und ihre spätere Rezeption, Lüdinghausen 2010.

Schicksale der Familie von Mengede.
Karrieren im Baltikum und am russischen Hof – Verbannung in Sibirien und Haft in den Kerkern des Zarenreiches.

Friedrich Bagdons.
Ein westfälischer Bildhauer mit ostpreußischen Wurzeln.

Republik, Krise, Diktatur und Krieg.
Der Kreis Warendorf und Ennigerloh in der Zeit von 1914 – 1945, ein Überblick.

Ablieferung von Kirchenglocken im Kreis Warendorf während des Zweiten Weltkriegs und ihre teilweise Restitution.

Ein Ahlener Bürgermeister in unruhiger Zeit.
Eduard Corneli während der Novemberrevolution 1918 und des Kapp-Putsches 1920.

Der Kapp-Putsch und seine Folgen in Ahlen.
Vor 90 Jahren im März 1920.

Das Schicksal der Shamsa Shajjar in Ennigerloh-Westkirchen.
Annäherung an die soziologischen, politischen, kulturellen und religiösen Hintergründe einer grausamen Tat im Kreis Warendorf – Familienforschung einmal anders.

Islamischer Antisemitismus und arabische Nähe zum Nationalsozialismus.

Die gescheiterte Integration.

Innenansichten der Islamisten.

Die Wirklichkeit der SED-Diktatur.

Ankunft und Eingliederung von Ost-Flüchtlingen und Ost-Vertriebenen zwischen Ems und Lippe nach 1945 – der ostmünsterländische Kreis Warendorf als Beispiel.

Buchbesprechung – Schwarze, Gisela: Es war wie Hexenjagd…
Die vergessene Verfolgung ganz normaler Frauen im Zweiten Weltkrieg.

Von Neu Grunau nach Westfalen, Vertreibung einer westpreußischen Familie aus dem Kreis Flatow 1945.
Ein Schicksal von vielen.

Innenansichten der Islamisten, Teil IX.

Die Wirklichkeit der SED-Diktatur.

Islamischer Antisemitismus und arabische Nähe zum Nationalsozialismus.

Innenansichten der Islamisten.

Ankunft und Eingliederung deutscher Ostflüchtlinge und Ostvertriebener im Kreis Warendorf nach 1945

Betrug dankend erhalten, Neues aus der Welt der 'Bankster'.

Padin, Versuch der Gründung einer politischen Partei durch einen vertriebenen Westpreußen in Ahlen/Westfalen zu Beginn der 1950er Jahre.

Hugo Althoff, Ein Westfale als Senator in Danzig.

Die gescheiterte Integration.

Die Verbrechen der Mullahkratie im Iran.

Islamischer Antisemitismus und arabische Nähe zum Nationalsozialismus.

Westpreußen und der westfälische Kreis Warendorf, Streiflichter und Berührungspunkte gemeinsamer Geschichte von einander weit entfernter Landschaften zwischen 1914 bis heute.

Eine neue Partei? Der gescheiterte Versuch eines Vertriebenen in Ahlen zu Beginn der 1950er Jahre eine politische Bewegung aus der Taufe zu heben.

Erinnerungen an Dr. Franz Rohleder (1888 - 1975), Pädagoge, Geograph und Historiker in der Kreisstadt Warendorf.

Geschichte des Kreises Warendorf, Vom Kaiserreich bis zum Ende der NS-Diktatur (1914 - 1945), 1. Halbband: Erster Weltkrieg, Weimarer Republik und Beginn der NS-Diktatur, Kommunalpolitik, Verwaltung, Wirtschaft und Kultur zwischen 1914 und 1945.

Geschichte des Kreises Warendorf, Vom Kaiserreich bis zum Ende der NS-Diktatur (1914 - 1945), 2. Halbband: NS-Herrschaft und Zweiter Weltkrieg.

Innenansichten der Islamisten.

Die Wirklichkeit der SED-Diktatur.

Impressionen aus der Dortmunder Nordstadt

Der Fluch der bösen Tat. Armenier und Kurden.

Die Türkei und die Juden

Die syrische Tragödie

Ein seltsamer Parteigründungsversuch in Ahlen. Eine politische Episode zu Beginn der 1950er Jahre.

Der Kreis Warendorf vom Beginn des Ersten bis zum Ende der Zweiten Weltkriegs (1914 - 1945). 

'Privater Antisemitismus' oder Wiedergutmachung im Zwielicht.

Islamischer Antisemitismus und arabische Nähe zum Nationalsozialismus.

Innenansichten der Islamisten.

Das Schicksal eines NS-Verfolgten und Ostvertriebenen. 

Innenansichten der Islamisten.

Die gescheiterte Integration.

Das Schicksal eines NS-Verfolgten und Ostvertriebenen.

Der ISiS oder IS. Eine islamistische Terrororganisation und ihre Verbrechen.

Aus dem Kreis Warendorf nach Danzig, Der Senator Hugo Althoff

Heißer Sommer - Gefährliche Zeiten. Die Anfangsphase des Ersten Weltkriegs und die Folgen sowie Auswirkungen für den Kreis Warendorf.

Die Kreisstadt Warendorf in der Anfangsphase des Ersten Weltkriegs (August bis Dezember 1914).

Ida Jeremias aus Warendorf im KZ Lichtenburg.

Vom Hilfskrankenhaus zum Kreiskrankenhaus St. Hedwig. Die erste Klinik in kommunaler Trägerschaft im Kreis Warendorf.

Der ISiS oder IS. Eine islamistische Terrororganisation und ihre Verbrechen. Teil II.

Der Sklavenhandel im islamischen Kulturkreis.

Der ISiS oder IS. Eine islamistische Terrororganisation und ihre Verbrechen. Teil III.

Der Sklavenhandel im islamischen Kulturkreis. Teil II.

 

 

 

 





 

Kurze Auszüge aus den Publikationen

Buchbesprechung – Lübbe: Die Großen Kriege und Beelen.
In: Heimatpflege in Westfalen. Rundschreiben des Westfälischen Heimatbundes 6/1995.

Aus den vier Beiträgen, die sich sowohl aus originären Tagebuchfragmenten als auch nachträglich zu Papier gebrachten Berichten zusammensetzen, ragt die durch den Pädagogen und Rektor Heinrich Schmittdiel in den Jahren 1916 – 1919 verfasste Chronik hervor, in der dieser als Angehöriger einer zur Unterstützung der verbündeten osmanischen Truppen nach Palästina detachierten deutschen Feld-Fliegerabteilung seine Erlebnisse mitteilt.

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Der Altkreis Warendorf im Zweiten Weltkrieg 1939 – 1945.
Warendorf 1996.

Seit dem Frühjahr 1944 begannen Tieffliegerangriffe auf Verkehrswege und Züge zuzunehmen, was zu erheblichen Beeinträchtigungen der Infrastruktur führte. Die Erringung der nahezu uneingeschränkten Luftherrschaft seitens der Alliierten am Himmel über Deutschland wirkte sich nun auch immer einschneidender für den Kreis Warendorf aus. Die wichtige Bahnlinie Münster-Osnabrück, mit dem im Kreis Warendorf gelegenen Streckenabschnitt Brock-Ostbevern, bildete das Hauptangriffsziel dieser im Tiefflug vorgetragenen Attacken. Der erste Angriff auf einen Zug in der Bauernschaft Brock erfolgte am 22.04.1944, wobei ein Reichsbahnangehöriger Verwundungen davontrug. Weitere schwere Angriffe auf Personen- und Güterzüge sowie Militärtransporte ereigneten sich im Herbst 1944 besonders häufig. Die Zerstörung der wertvollen Lokomotiven war dabei eine gezielte Taktik der alliierten Jagdbomberverbände. Während der Monate Oktober und November 1944 starben ein Lokomotivführer und eine Reichsbahnbedienstete. Gleichzeitig waren eine Anzahl Schwerverletzter zu beklagen, denen der Ostbeverner Arzt Dr. Oberwalleney erste Hilfe leistete. Zum Schutz vor Tieffliegern ging man dazu über, den Zügen Waggons mit Flakgeschützen anzuhängen. 1944 wurde ein US-Jagdbomber bei einem Angriff in der Nähe des Bahnhofs Brock-Ostbevern auf diese Weise abgeschossen.
Der schwerste Angriff auf die Strecke der TWE im Amtsbezirk Harsewinkel ereignete sich am 10.09.1944, als ein Zug im Bahnhof Marienfeld unter Bordwaffenbeschuss geriet. Vier Reisende, darunter zwei Kinder, fanden den Tod. Außerdem waren 22 Verletzte zu beklagen, darunter der Lokführer. Der Angriff auf einen Zug der WLE bei Freckenhorst im Oktober 1944 forderte einen Toten und sechs Verwundete. Die Kriegschronik einer unbekannten Schülerin aus den sechziger Jahren erwähnt einen Jagdbomberangriff auf einen Zug der Linie Münster-Warendorf am Klauenberg. Dabei sollen „viele Menschen […] getötet“ worden sein.

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Von der Inflation zur Weltwirtschaftskrise.
Die ökonomische und soziale Lage im Altkreis Warendorf in der Weimarer Republik.
In: Warendorfer Schriften 25 – 27. 1997. S. 157 – 166.


Ebenso erschwerte die Hyperinflation bei der Firma Brinkhaus in Warendorf die Betriebsführung. Monatelang musste der Juniorchef H. J. Brinkhaus mit einer immer größeren Menge Papiergeld täglich zu einem Kohlenhändler nach Ahlen fahren, um noch vor Bekanntgabe des neuen gestiegenen Dollarkurses die jeweilige Brennstoffrechnung der Weberei zu begleichen. Im Herbst 1923 arbeitete der Betrieb nur noch an zwei Tagen in der Woche.
Auch der öffentliche Sektor wurde durch das wahnsinnige Karussell der Milliarden und Billionen beeinträchtigt, welches das Geld immer schneller, von Woche zu Woche, von Tag zu Tag und schließlich binnen weniger Stunden, entwertete. Als z. B. die Gemeinde Hoetmar für 2,7 Millionen Reichsmark Bücher und Lehrmittel bei der Schnellschen Buchhandlung bestellte, erhöhte sich der Betrag bis zum Rechnungseingang um weitere 4,9 Millionen Reichsmark, die von der Gemeinde nachgezahlt werden mussten.

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Vom Verfolgten zum Mentor der niederländischen Kronprinzessin.
Die Emigration von Heinrich Herbers 1934.
In: Warendorfer Schriften 25 – 27. 1997. S. 167 – 183.


In den Akten der Passpolizei im Kreisarchiv Warendorf findet sich folgender Vorgang Beim Landratsamt Warendorf ging am 1. September 1933 das Gesuch des Studienassessors Heinrich Herbers um Erteilung eines Sichtvermerks zur Ausreise nach Rumänien oder in die Niederlande ein. Die Genehmigung des Grenzübertritts war allerdings in diesen Zeiten, seit dem 30. Januar 1933 herrschten in Deutschland die Nationalsozialisten, keine lediglich formale und alltägliche Angelegenheit, insbesondere wenn der Antragsteller in politischer Hinsicht kein unbeschriebenes Blatt war.
Demgemäß rückversicherte sich Landrat Querfeld, welcher seit der Absetzung seines Vorgängers Groener durch das NS-Regime im Juni 1933 kommissarisch an der Spitze des Landkreises Warendorf stand, mit einer Anfrage beim Kasseler Polizeipräsidium, ob gegen eine Ausreise Herbers dort Bedenken vorlägen, zumal bei den Schulbehörden in Kassel, wo Herbers zuletzt am Realgymnasium II lehrte, „ein Disziplinarverfahren wegen seiner politischen Gesinnung … (Linksstehend)“ gegen ihn anhängig war.

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Die Warendorfer Rennbahn an der Tönneburg.
Aspekte eines unvollendeten Projekts.
In: Warendorfer Schriften 25 – 27. 1997. S. 184 – 189.


In diesem Zusammenhang fällt auf, dass bis zum heutigen Tage keine Anlage für Pferderennen in Warendorf existiert. Dabei wurde bereits vor der Jahrhundertwende nördlich der Ems an der Tönneburg eine kleine Rennbahn angelegt, die immerhin bereits über eine Zuschauertribüne verfügte. Das Gelände, vor den Toren der Kreisstadt gelegen, gehörte damals noch zur selbstständigen Landgemeinde Velsen im Amtsbezirk Sassenberg. Der Name Tönneburg leitete sich von einem im Jahre 1763 in der Gröblinger-Velsener Mark gegründeten Herrensitz ab. Das Westfälische Landgestüt nutzte das dortige ausgedehnte Heidegebiet als ausgedehntes Übungsgelände. Über den ehemaligen Rennplatz wurde nach 1945 die Straße An der Tönneburg geführt.

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Der Altkreis Warendorf im Zweiten Weltkrieg.
In: Warendorfer Schriften 25 – 27. 1997. S. 190 – 194.

Mit der Kriegswende 1942/43 begann das Auskämmen von Betrieben und Verwaltung, um den wankenden Fronten neue Soldaten zuzuführen. Gleichzeitig wurden in verstärktem Maße Frauen und Mädchen zum Arbeitseinsatz und zur Dienstleistung in den verschiedenen Organisationen, wie der Feuerwehr herangezogen. Die Mobilisierung von Jugendlichen für den direkten militärischen Einsatz u.a. im Zuge der so genannten Freiwilligen-Werbung für die Waffen-SS, betrieb das NS-Regime mit großer Energie. Schüler der höheren Schulen mussten ab Februar 1943 in die Flakstellungen als Luftwaffenhelfer einrücken. In Warendorf waren vor allem Schüler des Laurentianums hiervon betroffen. Wehrertüchtigungslager der HJ und die Aufstellung des Volksturms ab September 1944 waren schließlich die letzten Phasen einer angestrebten umfassenden gesellschaftlichen Mobilisierung und Militarisierung, der aber mehr und mehr die personellen und materiellen Voraussetzungen fehlten.

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Erzwungener Aufbruch nach Mittelamerika.
Jüdische Familie aus Beelen, Kreis Warendorf, bringt sich vor dem NS-Regime durch Emigration nach Zentralamerika in Sicherheit.
In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Heft Nr. 18. 1997. S. 364 – 374.


Die bedrückenden Begleitumstände für die Baers im Gefolge der Reichspogromnacht veranlassten die Hilfsorganisationen augenscheinlich ihre Bemühungen zu verstärken, um die Beelener Familie in Sicherheit zu bringen. So lässt sich erklären, warum Rosenbaum in seinem ersten Schreiben Leopold Baer als Landwirt bezeichnete, obwohl dieser doch vornehmlich als Kaufmann in Beelen tätig gewesen war und Ackerbau lediglich im Nebenerwerb ausgeübt haben dürfte. Die bäuerliche Berufsangabe sollte offenbar die Emigration nach Mittelamerika erleichtern, da die guamaltekische wie honduranische Regierung auf die Einwanderung von Menschen mit dieser Profession besonders reflektierten.

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Buchbesprechung – Lübbe: Beelen in Bildern und Berichten
In: Heimatpflege in Westfalen Westfalen. Rundschreiben des Westfälischen Heimatbundes 5/1997.

Neben diese „Beelener Kalendarium“ bietet der Band Schwerpunktbeiträge zu den Themen Luftschutz, Aufnahme und Unterbringung von Evakuierten, Feldpost und Kriegslieder. Unter diesen spezifischen Beiträgen ragen Biographien Beelener Soldaten hervor, welche in eindrucksvoller, detailreicher Quellendarstellung (Briefe, Zeitungsartikel u.a.) das Schicksal Beelener Bürger dokumentieren, deren Geschick sich nur allzu oft als Gefallene und vermisste an den zahlreichen Fronten des II. Weltkrieges vollendete.

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Das Schicksal der Warendorfer Familie Jeremias.
Ein Beitrag zur Verfolgung religiöser Min¬derheiten durch die Nationalsozialisten im Münsterland.
In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Heft 11. 1997. S. 167ff. und Heft Nr. 1. 1998. S. 3 – 9.


Heft 11: So geschah es auch mit der Warendorfer Familie Jeremias, die aufgrund ihrer religiösen Überzeugung, die Eheleute Max und Ida Jeremias bekannten sich zur Sekte der Zeugen Jehovas, welche damals auch als internationale Bibelforschervereinigung bezeichnet wurde, in die Mühlen der gnadenlosen NS-Justiz geriet. Bis zum Jahre 1937 geben die Quellen nur sehr wenige Hinweise über das Leben der Familie in Warendorf, was auf eine eher unauffällige Existenz in der münsterländischen Kreisstadt schließen lässt, aber nicht, wie im weiteren geschildert werden soll, vor der Verfolgung durch die NS-Behörden schützen sollte. Am 21.5.1937 wurden "durch Urteil der I. Kammer des Son¬dergerichts in Dortmund [...] wegen verbotener Bibelforschertätigkeit - Vergehen gegen § 4 Abs. 1 der Verordnung [...] zum Schutze von Volk und Staat [...] der Ehemann Jeremias zu 7 Monaten Gefängnis und die Ehefrau Jeremias zu 6 Monaten Gefängnis" verurteilt, wie eine amtliche Mitteilung des Wa¬rendorfer Bürgermeisters und Kreisleiters der NSDAP, Tewes, lakonisch feststellte.

Heft 1: Das NS-Regime hatte schon früh nach Beginn seiner Herrschaft eine Verordnung erlassen, dass Kinder aus so genannten im Sinne des NS-Staates 'politisch unzuverlässigen' Familien zu entfernen seien, um in parteitreuen Pflegefamilien eine NS-konforme Erziehung sicherzustellen. In der Praxis kam diese inhumane Bestimmung glücklicherweise aus verschiedenen Gründen nicht allzu häufig zur Anwendung. Selbst Kinder von Eltern aus der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung, die wegen ihres politisch motivierten Widerstandes unbarmherzige Verfolgung erfuhren, beließ man meistens bei den Großeltern oder anderen nahen Verwandten. Möglicherweise fürchtete das NS-Regime Empörung bei massenweiser Kindesentziehung, auch mag es sich als schwierig erwiesen haben, eine genügende Anzahl in den Augen der NSDAP vertrauenswürdiger Pflegefamilien zu finden und letztlich wird auch die Vermeidung des umfangreichen Verwaltungsaufwandes dazu beigetragen haben, dass sich Parteistellen und Behörden in diesem Bereich Zurückhaltung auferlegten.

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Der Fall Kaltenbach.
Ein Fall von Wirtschaftskriminalität im Warendorf der ausgehenden zwanziger Jahre.
In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Heft Nr. 2. S. 40 – 43 u. Heft Nr. 3. 1998. S. 53 – 59.


Heft 2: Kaltenbach war zu Beginn seiner Betrugskarriere wahrscheinlich noch das Opfer seiner Vertrauensseligkeit, seines übersteigerten Mitgefühls, der Unfähigkeit 'Nein' zu sagen und dem Drängen so genannter Geschäftsfreunde. Tatsächlich soll zwischen Kaltenbach und Kottrup eine freundschaftliche Beziehung bestanden haben oder zumindest bildete sich der Sparkassenrendant dies ein. Möglichweise fühlte sich Kaltenbach durch das ähnliche Geschick bezüglich des Gesundheitszustands und der materiellen Situation mit Kottrup verbunden. Die Witwe Kottrups bestritt jedenfalls später während der Vernehmung durch den Untersuchungskommissar, dass ihr verstorbener Mann irgendwelche Zuwendungen von Kaltenbach erhalten habe. Die vorsichtig formuliert seltsame Praxis der Firma Buck bei der Ausstellung von Schecks wie der Konkurs des Kaufmanns Kottrup lassen das Geschäftsgebaren dieser Warendorfer Gewerbetreibenden in einem bezeichnenden Licht erscheinen. Ebenso offenbaren sich an dieser Stelle wirtschaftliche Probleme des Mittelstandes in der Zeit zwischen Inflation und Weltwirtschaftskrise. Später befriedigte Kaltenbach durch seinen Betrug auch bedenkenlos eigene Interessen. Er lebte über seine Verhältnisse. So verwandte er zum Beispiel anlässlich seines Umzuges 1928 veruntreute Mittel für die "Anschaffung verschiedener Möbelstücke, Kronleuchter, Gardinen usw."

Heft 3: Die Verhandlungseröffnung vor dem Schöffengericht verzögerte sich zunächst wegen Krankheit des Angeklagten und weiterem Ermittlungsbedarf, wie Landrat Groener der Kreissparkasse zu Anfang des Jahres 1930 mitteilte. Das Gericht setzte den Beginn der Hauptverhandlung schließlich auf den 1.4.1930 fest. Kurz darauf wurde Clemens Kaltenbach zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Diese Strafe verhängte man, obwohl der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt ein schwerkranker Mann und nach unseren modernen Rechtsbegriffen wahrscheinlich verhandlungs- und haftunfähig war. Seit seiner Suspendierung befand er sich im Münsteraner Franziskushospital, denn das alte Leiden, die Knochen-Tuberkulose war wieder zum Ausbruch gekommen. Vor diesem Hintergrund bleibt es fraglich, ob der Verurteilte überhaupt die Haftstrafe angetreten hat.

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Entnazifizierung im Kreis Warendorf.
Erörtert an einem Everswinkeler Beispiel.
In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 1998. S. 153 – 157.


In den Akten des Gemeindearchivs Everswinkel findet sich das Spruchkammerurteil gegen den Landwirt Hermann T., der bis 1945 als stellvertretender Ortsgruppenleiter der NSDAP in Everswinkel amtierte. Die Verhandlung vor der Spruchkammer Darmstadt-Lager fand im Frühjahr 1947 statt. Hierbei fällt auf, dass das Urteil in der amerikanischen Zone gefällt wurde, da T. offenbar in einem der dortigen großen Internierungslager inhaftiert worden war. Nach einem Bericht von Eugen Kogon galt Darmstadt als eines der schlechtesten unter den elf Lagern im amerikanischen Verantwortungsbereich. Zu der Zeit, als der Fall des T. vor der dortigen Spruchkammer anhängig war, befanden sich weit über 11.000 Internierte aus allen Teilen Deutschlands in Darmstadt. Da Everswinkel aber zur britischen Zone gehörte, hätte seine Internierung eigentlich durch Einweisung in die für westfälische NS-Funktionäre vorgesehenen Lager Recklinghausen oder Staumühle erfolgen müssen, so wie es im Hinblick auf den Kreisbauernführer Ludwig Sch., den Everswinkeler Ortsgruppenleiter Josef G. und eine ganze Anzahl anderer Personen aus Warendorf durch britischen Sicherheitsdienste veranlasst worden war.

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NS-gelenkter Sport im Altkreis Warendorf.
Möglichkeiten und Grenzen.
In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 1999. S. 69 – 81.


Im Herbst 1940 musste der Kreissportwart einräumen, dass die Bemühungen den Sport für die Ziele des NS-Staates zu instrumentalisieren, von Ansätzen abgesehen, aufs Ganze gesehen wegen struktureller Defizite und mentaler Vorbehalte in der Bevölkerung des Kreises Warendorf stecken geblieben waren. Die Sportanlagen und Übungsstätten seien teilweise nur provisorischer Art und lagen verkehrsmäßig ungünstig. Diese Hemmnisse für „den Übungsbetrieb […] lässt die für den Sport notwendige Resonanz in der Bevölkerung nicht aufkommen. Es ist schwer, die Bevölkerung zur Leibesübung zu erziehen, wenn diese Übungsstätten einen Anmarsch von 20 und mehr Minuten erfordern. Meist bleibt es dann erfahrungsgemäß beim gelegentlichen passiven Zuschauen.“

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Die Warendorfer Emsbadeanstalt.
Eine frühe Institution der Sportstadt im Wandel der Zeiten.
In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 1999. S. 174 – 181.


War vorher der Badebetrieb streng nach Geschlechtern getrennt geregelt, entwickelte sich die Anstalt nun dem Trend der Zeit gemäß zu einem Familienbad. Ursprünglich von lokaler Bedeutung, erfreute sich die Einrichtung nun zunehmend regionaler Bekanntheit. Auswärtige Vereine fanden sich häufig als Gäste ein, was für die Beliebtheit, den ausgezeichneten Ruf sowie die besucherfreundliche, für die damalige Zeit gute Ausstattung der Badeanstalt spricht. 1928 legte dort sogar der Dortmunder-Kanu-Verein während einer Ems-Tour an.

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Paul Wittlake.
Dortmunder Kommunist und Widerstandskämpfer aus katholischem Hause.
In: Spuren der Verfolgten. Heft Nr. 1. 1999. S. 3 – 10.


Schon bei der Ankunft in Buchenwald empfingen Paul Wittlake und seine Leidensgenossen Schläge und Demütigungen. Lagerkommandant Koch, der erste Lagerführer Weißenborn und der berüchtigte Rapportführer Hackmann und eine ganze Reihe weiterer SS-Chargen wohnten der gewaltsamen Einlieferung bei. Wieder folgte eine Ansprache, nur unverhohlener und ungeschminkter als in Lichtenburg. Lagerführer Weißenborn brüllte die neuen Gefangenen an: „Ihr Drecksäue! Ihr befindet Euch hier in einem Aufbaulager. Hier wird gearbeitet, wie Ihr es im Leben nie getan habt. Um 4.00 Uhr morgens ist Wecken. Eine Stunde später wird zum Morgenappell angetreten und danach heißt es, Ausrücken zur Arbeit. Das Rauchen während der Arbeit ist verboten, wer dabei erwischt wird, kriegt 25 auf den Arsch. Von 12 bis 13 Uhr ist Mittagspause mit Einnehmen des Essens im Lager. Danach wird wieder zur Arbeit ausgerückt und bis 20.00 Uhr abends gearbeitet. Sonntags wird bis 13 Uhr gearbeitet und nachmittags ist Putz- und Flickstunde. Wer die Anordnungen der SS nicht befolgt oder versucht zu fliegen, wird erschossen. Das geht bei uns alles ganz automatisch. […] ab morgen will ich Euren Schweiß sehen!“

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„Als Krippenfiguren keinen Wert besaßen...“
Das Verbot der Warendorfer „Neudeutschland“-Gruppe im Frühjahr 1934.
In: Warendorfer Schriften 28 – 29. 1999. S. 169 – 180.


Am 27. März 1934 verfügte der Warendorfer Landrat Gerades: „Auf Grund […] der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze von Volk und Staat […] löse ich hiermit die NS-Ortsgruppe Warendorf mit sofortiger Wirkung auf. Das Vermögen der Ortsgruppe wird vorläufig polizeilich sichergestellt.“ Betroffen von dieser Anordnung waren nach einem damaligen Mitgliedsverzeichnis folgende NS-Angehörige: Josef Beike, Friedrich Bohmert, Heinrich Bücker, Benno Hagedorn, Kaspar Harhof, Heinz Heine, Willi Heisterkamp, Friedrich Hoeps, Hans Hoeps, Josef Hugenroth, Alfred Jürgens, Anton Klaus, Hubert Kruse, Franz Leve, Heinz Menge, Josef Pelster, Alfred Rosenberg, Josef Schwarte, Werner Schwarte, Josef Schlüter, Anton Schmittdiel, Josef Schräder, Gottfried Sietorf, Hermann Storp, Leo Taake, Hubert Vahle, Eduard Wacker, Heinrich Wörmann und Alfred Wörmann und Alfred Zurbonsen.
Anfang der dreißiger Jahre soll der ND sogar doppelt so viele Mitglieder in Warendorf unter sein Banner geschart haben.

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Eine Frau aus der Dortmunder Nordstadt.
Paula Jagemann. Ein Leben im Widerstand.
In: Spuren der Verfolgten. Heft Nr. 2. 1999. S. 3 – 12.


Nachdem Paula Fahl durch die Aktion ihrer Pioniere aus der Haft freigekommen war, hatten die Behörden sie auf das Polizeipräsidium vorgeladen, um sie wegen des Kinderauflaufs vor der Polizeiwache in der Lortzingstraße zu vernehmen. Die Beamten auf dem Präsidium mussten die gleiche Erfah¬rung wie ihre Kollegen auf der Nordstadt-Wache machen: Paula war durch Polizeidrohungen nicht einzuschüchtern. Im April 1933 drangen der SA-Schläger Stab, im Zivilberuf Metzgermeister aus der Kielstraße, und seine Kumpane in die Wohnung der Eltern von Paula Fahl ein, misshandelten dort ihren Verlobten Hugo und schleppten ihn in die Steinwache. Er kam zwar am Abend des gleichen Tages frei, doch hatte die Folter deutliche Spuren hinterlassen.

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Das Schicksal der Gertrud Albermann.
Ein Kind aus Warendorf fiel 1929 dem Düsseldorfer Massenmörder Peter Kürten zum Opfer.
In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Heft 4. 1998. S. 79 – 82 und Heft Nr. 5. 1999. S. 97 – 101.


Heft 4: Auseinandersetzungen mit Schusswaffengebrauch, bewaffnete Überfalle und der erste Mord am 25.5.1913, der vorerst ungesühnt blieb, kündigten einen unheilvollen Entwicklungsprozess an, der lediglich durch mehrjährige Haftstrafen in den Strafanstalten Düsseldorf, Lingen, Siegburg, Rheinbach und Brieg wegen Diebstahl, Heiratsschwindel und Urkundenfälschung unterbrochen wurde. Der Mordserie gingen 1927 und 1928 wiederholte Brandstiftungen sowie Überfälle ohne tödlichen Ausgang voraus bis Kürten schließlich zwischen Februar 1929 und Mai 1930 in rascher Folge acht bestialische Tötungen und 11 Mordversuche, häufig verbunden mit Notzucht, verübte.

Heft 5: Die nächste Ausgabe der NE machte das Publikum mit den schaurigen Details der Tat vertraut: "Ein Kind ist ermordet! Die kleine 5jährige Gertrud Albermann wurde von einem Lustmörder am Rande der Stadt mit 35 Stichen in den Oberkörper und einem Stich in die linke Schläfe getötet. Schauplatz des Verbrechens war die Gegend von Flingern und Grafenberg, ein Außenbezirk der Stadt Düsseldorf. Furchtbar ist die Bluttat des Mörders, der sich wie bei der polizeilichen Untersuchung einwandfrei festgestellt worden ist, vorher sogar noch an seinem 5jährigen Opfer vergangen hatte." Am 15. November 1929 informierte die Glocke darüber, dass "in der Mordsache Albermann die Polizei einen wichtigen Schritt weitergekommen" sei. Der Bericht ging interessanterweise von mehreren Tatverdächtigen aus, denn man "hat festgestellt, daß am Tage vor dem Verschwinden des kleinen Mädchens eine ältere Frau zwei kleine Mädchen in nächster Nähe der Albermannschen Wohnung angesprochen hat. Die Frau, die als etwa 50 Jahre alt geschildert wird und die durch ihre tiefe, heisere Stimme auffiele, bat ein fünf- und siebenjähriges Mädchen ihr eine Tasche mit Fischen zu tragen.

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Wasserversorgung in Warendorf und Freckenhorst.
In: Warendorfer Kiepenkerl. Nr. 34. 7/1999. S. 5 – 8.

Um Schwankungen in der Wasserversorgung Freckenhorsts zu vermeiden, errichtete man 1933/34 an der Freckenhorster Straße den heute noch existierenden Wasserturm in Betonbauweise, der gleichzeitig dem Druckausgleich innerhalb des Warendorfer Netzes diente und die Trennung des Stadtnetzes von dem der Gemeinde Freckenhorst ermöglichte. Am 22.10.1934 nahm der moderne Turm seinen Betrieb auf.

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Die evangelische Kirche St. Nicolai zu Dortmund.
In: Warendorfer Kiepenkerl. Nr. 34. 7/1999. S. 9 – 10.

In Fachkreisen erregte die Nicolaikirche Aufsehen. Man lobte die Architekten, welche sich von dem damals vorherrschenden neogotischen Baustil, der oft als Karikatur und Dutzendware empfunden wurde, verabschiedeten und mit unorthodoxen Werkstoffen auf dem sakralen Sektor Neuland betraten. Mut bewies auch die evangelische Gemeinde Petri-Nicolai mit Pfarrer Rohmeyer an der Spitze für die Favorisierung des modernen Entwurfes, der durch den Generalsuperintendenten Zöllner aus Münster vehement wie polemisch, aber schließlich erfolglos, bekämpft wurde.

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Ein Warendorfer Pädagoge in schwieriger Zeit.
In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Heft Nr. 8. 1999. S. 147 – 154.

Vom Walde wurde nach seinen Schülern selbst zur Sache vernommen. In den polizeilichen Vernehmungen stritt vom Walde die im vorgehaltenen Äußerungen ab oder er versuchte sie in regimebegünstigender Weise umzuinterpretieren. Darüber hinaus führte er eigene permanente Nervosität und Gereiztheit sowie die schwere Krankheit seiner Frau als Entschuldigung an. Vom Walde muss sich bewusst gewesen sein, dass es um sein Leben ging. Ohne seine Parteimitgliedschaft und den wohl mehr gezwungenermaßen als willentlich geleisteten Einsatz in den NS-Gliederungen hätte vom Walde möglicherweise härtere Sanktionen erlitten, denn regimekritische Aussagen, wie sie der Warendorfer Lehrer u.a. über die NS-Rassenpolitik vor seinen Schülern äußerte, reichten aus, um als 'politisch in Erscheinung getreten' durch die NS-Schergen in die Gefängnisse, Zuchthäuser und Konzentrationslager verschleppt zu werden.

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Paul Spiegel. Der neue Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.
In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Heft Nr. 9. 2000. S. 163 – 173.

Die Familie Spiegel lebte im Haus Schützenstraße 17. Hugo Spiegel war als Viehhändler in der Kreisstadt tätig. Verheiratet war er mit seiner Frau Ruth, geb. Weinberg. Gegen das von Hugo Spiegel ausgeübte Gewerbe kam es im Jahre 1935 zu ersten gezielten behördlichen Maßnahmen, die planmäßig den Ruin des Viehhandelsgeschäftes herbeiführten. Im Zusammenspiel von lokaler NSDAP und örtlicher Verwaltung sorgten Landrat Gerades, Ortsgruppenleiter Vannahme, Kreisbauernführer Schwegmann sowie Bürgermeister und Kreisleiter Tewes für den Ausschluss der jüdischen Viehhändler vom traditionellen Warendorfer Fettmarkt, der damals noch weitgehend vom Absatz landwirtschaftlicher Produkte geprägt war und eine dementsprechend hohe wirtschaftliche Bedeutung für Warendorf und das Kreisgebiet besaß. Diese Diskriminierung war für die ausgegrenzten Viehhändler ein ökonomisch kaum zu verkraftender Schlag. Schon bald waren sie nicht mehr in der Lage Steuern und Gebühren zu entrichten.

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Gotteshaus und Wasserturm.
Zwei Baudenkmäler der Neuen Sachlichkeit.
In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2000. S. 211 – 214.


Während des Wiederaufbaus 1948/49 gelang es Herwarth Schulte, die ursprüngliche ästhetische Wirkung der Kirche zu erhalten. Allerdings zwangen spätere Bauschäden u.a. bei der letzten 1978 vorgenommenen grundlegenden Renovierung zur Verkleidung der Betonflächen des Kirchenschiffes und zum Verputz des Turms. 1962/63 erhielt die Nicolaikirche nach Entwürfen von Gottfried von Stockhausen ein neues Altarfenster, welches an das Bildprogramm der Vorkriegszeit anknüpfte.

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Adolf Hennecke.
Ein vergessener Westfale.
In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Heft Nr. 10. 2000. S. 194 – 197.


Nur wenige wissen, dass der Protagonist der Aktivistenbewegung in der Sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR aus Westfalen stammt. Als fünftes von acht Kindern wurde Adolf Hennecke am 25.3.1905 im sauerländischen Meggen, dass heute zur Großgemeinde Lennestadt zählt, geboren. Über seine Kindheit liegen nur sehr wenige Zeugnisse vor. Trotzdem kann davon ausgegangen werden, dass ihn das Schicksal schon in jungen Jahren hart anfasste, denn mit sieben Jahren wurde er Waise. Ab 1912 wuchs er bei einem Onkel auf, wurde streng katholisch erzogen und versuchte in frühen Jahren einen sozialen Aufstieg. Um nicht im damals um Meggen betriebenen Feldspat- und Schwefelkiesbergbau, einer Dreck- und Knochenarbeit, arbeiten zu müssen, absolvierte Adolf Hennecke nach dem I. Weltkrieg eine kaufmännische Lehre und fand danach für kurze Zeit eine Anstellung als Lohnbuchhalter auf einer Schachtanlage. Doch schon 1924 wurde Adolf Hennecke arbeitslos.

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Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene.
Informationen zu einem aktuellen Thema.
In: Spuren der Verfolgten. Heft Nr. 3. 2000. S. 3 – 16.


Laut dem örtlichen Polizeiarchiv wurden in Dortmund während des II. Weltkriegs ca. 23.000 Zwangsarbeiter und 7.000 Kriegsgefangene in Dortmund festgehalten.
Folgende Lager sind in Dortmund nachgewiesen:


Standort zahlenmäßige Belegung Bemerkungen
Adalbertstraße 204  
Adlerstraße 34 Franzosen, Belgier, Kroaten
Alte Straße 39 24  
Alte Straße 53 66  
Am Apelstück 2 128  

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Übersicht des ehemaligen Immobilienbesitzes jüdischer Bürger im Altkreis Warendorf.
In: Spuren der Verfolgten. Heft Nr. 4. 2000. S. 3 – 8.

Stadt Warendorf

Ehem. Eigentümer
und Objektangaben
Besitzer bei Kriegsende Datum des Erwerbs,
Kaufpreis
Synagoge
Freckenhorster Str. 7
Haus
bebauter Hofraum
1,79 a
Kürschnermeister
Heinrich Kottenstedde
15.11.1938
8.000,-- RM
Eduard Elsberg
Kaufhaus mit Hofraum
Münsterstr. 1
3,24 a
und bebauter Hofraum
4,53 a
Reichsfinanzverwaltung
vermietet an Fa. Potthof & Scholl
23.09.1943
- - -,-- RM
Eduard Elsberg
Wohn-und Geschäftshaus
Freckenhorster Str. 22
5,19 a
Klempnermeister
Bernhard Feuersträter
28.07.1939
27.000,-- RM
Eduard Elsberg
Garten
am alten Everswinkler Weg
3,339 a
Reichsfinanzverwaltung 30.09.1943
- - -,-- RM

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Die kleine Stadt Wielun – das polnische Guernica.
In: Spuren der Verfolgten. Heft Nr. 4. 2000. S. 9 – 12.

Die Bevölkerung der Stadt Wielun kostete die Luftattacke große Opfer. Die Bewohner, aus dem Schlaf gerissen, glaubten zunächst an einen Probealarm für einen Luftangriff. Ein tragischer Irrtum! Die abgeworfenen Spreng- und Brandbomben richteten verheerende Zerstörungen an. Viele Menschen wurden von den Trümmern ihrer Häuser verschüttet und verbrannten bei lebendigem Leibe. Wer sich retten konnte verließ in Panik die Stadt. Doch auch diese Flucht bedeutete keine Sicherheit. Deutsche Jagdmaschinen, welche die Bomber wegen der Abwesenheit einer wirksamen polnischen Luftabwehr nicht zu schützen brauchten, beschossen die Flüchtenden mit ihren Bordwaffen.

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Zweierlei Verbrechen.
Die Wehrmacht und der Winter 1941/42 in der Sowjetunion.
In: Spuren der Verfolgten. Heft Nr. 5. 2000. S. 3 – 11.


Bezüglich der Heeresgruppe Süd hing der Generalstab noch immer seinem Unternehmen ‚Wintersport‘ an, der die 1. Panzerarmee über den Kaukasus in winterferne Gebiete führen sollte. Obwohl der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe, Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt, Bedenken hegte, trat er auf Weisung von Halder und Brauchitsch mit nur einer Armee am 5.11.1941 Richtung Rostow an, um das Tor zum Kaukasus aufzustoßen. Die eigentlich zur Unterstützung des Angriffs vorgesehene 11. Armee unter Generaloberst Manstein lag auf der Halbinsel Krim vor der Festung Sewastopol fest, die erst im Sommer des nächsten Jahres genommen werden konnte. Der Vorstoß der 1. Panzerarmee blieb nach wenigen Tagen im herbstlichen Morast stecken und konnte erst nach Einsetzen von 18° Grad Frost am 12.11.1941 auf dem nun festgefrorenen Boden fortgesetzt werden. Es gelang sogar noch Rostow zu besetzten, aber ein unerwarteter starker Gegenstoß der Roten Armee zwang von Rundstedt bereits am 28.11.1941 die Stadt am Don wieder aufzugeben und sich mit seinen dezimierten Truppen auf den Mius in improvisierte Verteidigungsstellungen zurückzuziehen. Dies war die erste schwere Niederlage im Winterkrieg, als noch in Berlin stündlich mit der Einnahme Moskaus gerechnet wurde und sich die Goebbelsche Propagandamaschine mit Siegesmeldungen überschlug.

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Dr. Franz Rohleder.
Langjähriger Pädagoge, Geograph und Historiker in Warendorf.
In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Heft Nr. 11 und 12. 2000. S. 214 – 220 und S. 223 - 225.
Heft 11: Neben seiner Lehrtätigkeit nahm Dr. Franz Rohleder während der Weimarer Republik aktiv am politischen Leben der Kreisstadt teil. Seit dem 16.5.1924 gehörte er als Stadtverordneter dem Warendorfer Rat bis 1933 an. Ende der 20er Jahre stand Dr. Rohleder dem örtlichen Zentrum vor und bekleidete später das Amt des Stadtverordnetenvorstehers. Gleichfalls zählte er zur städtischen Schuldeputation.

Heft 12: Als einer der tatkräftigsten Vertreter und Förderer der Heimatpflege, Kunst und Kultur in Warendorf, die das Heimatliche Erbe über die politischen und gesellschaftlichen Umbrüche hinweg zu bewahren versuchten, als Autor zahlreicher heimatkundlicher Beiträge zur Stadt- und Kreisgeschichte und Ehrenmitglied des Heimatvereins erhielt Dr. Franz Rohleder 1959 das Bundesverdienstkreuz. Die Stadt Warendorf verlieh ich für seine Verdienste um den Heimatgedanken 1955 den Kulturpreis und 1968 den Ehrenring der Stadt.

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Die Landwirtschaft im Landkreis Warendorf 1914 – 1945.
In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2001. S. 7 – 24.

Aufgrund der prekären Versorgungssituation – die Seeblockade hoben die Alliierten erst im Juni 1919 auf – hielt der SPD-Reichsernährungsminister Robert Schmidt an der Zwangswirtschaft fest. Im Rahmen dieser kontrollierten und gelenkten Ökonomie hatte der Kreis Beckum eine Getreideumlage aufzubringen. Während die Landwirtschaftskammer und der Bauernverein mit ihren offiziellen Protesten gegen die Beibehaltung der Zwangswirtschaft kaum Wirkung erzielen konnten, verlegten sich die Landwirte auf passiven Widerstand. Im Mai 1920 verschwanden 75 % der westfälischen Milchproduktion auf unkontrollierte Weise vom offiziellen Markt. Damit war die staatliche Milchbewirtschaf¬tung bereits ad absurdum geführt, bevor sie im April 1921 aufgehoben wurde. Ähnlich verhielt es sich bei anderen Produkten. Auch verstärkte Präsenz der Polizei auf den Bahnhöfen der Kreise Beckum und Warendorf konnte zwar den Schleichhandel reduzieren, jedoch nicht eindämmen.

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Wenige Stunden vor dem Waffenstillstand im Kattegat versenkt.
Das Schicksal eines kleinen deutschen Geleitzugs, der noch Anfang Mai 1945 in unverantwortlicher Weise von der Marineleitung geopfert wurde.
In: Spuren der Verfolgten. Heft Nr. 6. 2000. S. 3 – 10.


Gegen Mittag empfing das Geleit mehrfach Funkwarnmeldungen, dass sich ein größerer Verband englischer Kampfflugzeuge über dem dänischen Luftraum im Anflug auf das Kattegat befand. Auf einen englischen Funkspruch, der die deutschen Schiffe ultimativ aufforderte nach Frederikshaven zurückzulaufen, reagierte der Geleitzugführer nicht und ließ den Südkurs beibehalten. Um 15.45 wurde auf den Schiffen Alarm gegeben. Kurz darauf kündigte das dunkle Brummen von Flugzeugmotoren die Angreifer an. In ca. 2.500 bis 3.000 m Höhe näherte sich ein britischer Bomberverband mit 30 bis 40 Maschinen, gestaffelt in mehreren Wellen dem Geleitzug und die deutschen Sicherungsfahrzeuge, der Minensucher und die beiden Kanonenboote bereiteten sich darauf vor, Sperrfeuer zu schießen, da eine Einzelbekämpfung bei der großen Zahl anfliegender Flugzeuge sinnlos war. Als die attackierenden Maschinen, es handelte sich um ‚Mosquitos‘ der 18th Group der Coastel Command, in den Feuerbereich der deutschen Begleitschiffe kamen, eröffnete K 1 mit seinen vier 12-cm-Geschützen, vier 3,7 cm- und zwölf 2 cm Flak zusammen mit dem anderen Kanonenboot und dem Minensucher das befohlene Sperrfeuer. Die deutschen Geschütz- und Flak- Bedienungsmannschaften schossen, als ob es gelte noch den Krieg zu gewinnen oder das Ritterkreuz zu verdienen. Doch es ging nur noch um das nackte Überleben! Ungeachtet des Sperrfeuers behielten die britischen Schnellbomber unbeirrt ihren Kurs bei und setzten ihrerseits ab dem Höhenbereich von 100 bis 30 m ihre Waffen ein. Zuerst überschütteten sie die deutschen Schiffe mit Dauerfeuer aus ihren 2-cm-Bordkanonen. Anschließend schossen die ‚Mosquitos‘ salvenweise Raketen ab. Innerhalb von wenigen Sekunden erhielt allein das K 1 elf Volltreffer, teilweise unterhalb der Wasserlinie.

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„Im Namen des Deutschen Volkes“.
Maria und Bernhard Kreulich aus Essen, im März 1944 in Berlin-Plötzensee ermordet.
In: Spuren der Verfolgten. Heft Nr. 6. 2000. S. 11 – 17.


In der angespannten Atmosphäre des Frühjahrs 1943 machte Bernhard Kreulich seinem verbitterten Herzen Luft, als er vernahm, dass ein Mitpatient im gemeinsamen Krankenzimmer zwei Söhne an der Ostfront verloren hatte. Ausgerechnet dieser leidgeprüfte Zimmergenosse teilte offenbar nicht die offenherzige Kritik Kreulichs und gab heimlich dessen ‚abfällige Äußerungen‘ über die Kriegslage und die Führung des NS-Staates an zwei zur gleichen Zeit im Krankenhaus in Behandlung befindliche NSDAP-Mitglieder weiter. Diese beiden NS-Schergen entwickelten einen teuflischen Plan. Beim nächsten Besuchstermin richteten sie es so ein, dass sie mit Bernhard und Maria Kreulich wie zufällig im Garten der Klinik zusammentrafen. Dort verwickelten die NS-Anhänger mit zuerst unverfänglichen Worten die Eheleute Kreulich in ein Gespräch. Während der von ihnen vorgetäuschten vertraulichen Atmosphäre entlockten sie Bernhard Kreulich die gewünschten NS-kritischen Äußerungen. Auch als sich seine ‚Gesprächspartner‘ schließlich als Nationalsozialisten zu erkennen gaben, bekräftigte Bernhard Kreulich seine Absage an die Kriegführung, Politik und Propaganda des NS-Regimes. Auf die Warnung eines der beiden NSDAP-Mitglieder, „Dein Kopf sitzt ziemlich lose, wenn du noch lange Feindpropaganda betreibst“, entgegnete Bernhard Kreulich fest und bestimmt: „Ich bin nicht bange, und wenn man mich auch sofort an die Wand stellt, und dann sage ich es noch einmal." Seine Frau Maria sprang ihrem Mann bei und bekräftigte: „Mein Mann ist nicht bange, im Weltkrieg 1914/18 hat er sich auch nichts von jedem Haupt[hampel]mann gefallen lassen.“

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Warendorf im Ersten Weltkrieg (1914 – 1918).
In: Geschichte der Stadt Warendorf.
Bd. 2: Die Stadt Warendorf im 19. und 20. Jahrhundert. Politik, Wirtschaft, Kirchen. Warendorf 2000. S. 117 – 142.


Neben Soldaten und Verwundeten mussten auch andere Menschen in der Emsstadt unfreiwilligen Aufenthalt nehmen. Aus dem zu Beginn des Krieges von russischen Truppen teilweise besetzten Ostpreußen suchten nur wenige Flüchtlinge im weit westlich gelegenen Warendorf Zuflucht. Obwohl die Zarenarmeen sich Anfang 1915 endgültig vom Boden der östlichsten deutschen Provinz zurückziehen mussten, hielten sich ein Jahr später noch immer zwei ostpreußische Gutsbesitzer im Hotel Hövener auf.

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Warendorf in der NS-Zeit.
In: Geschichte der Stadt Warendorf.
Bd. 2: Die Stadt Warendorf im 19. und 20. Jahrhundert. Politik, Wirtschaft, Kirchen. Warendorf 2000. S. 199 – 264.


An der Zusammensetzung des gleichgeschalteten Gemeindegremiums sollte sich während der NS-Zeit nichts Wesentliches ändern, eine politische und personelle Statik, welche diktatorischen und totalitären Systemen immanent ist. Die beiden Beigeordneten waren Fabrikant Josef Schmücker und der Kaufmann Gerhard Roling, in ihrer Funktion als Stellvertreter des Bürgermeisters auch als Stadträte bezeichnet. Hinzu kamen die Ratsherren Ortsgruppenleiter Heinrich Vannahme, August Kreienbaum, Heinrich Roleff, Kaspar Mersmann, Hermann-Josef Brinkhaus, Ortsbauernführer Schulze-Zumloh, Heinrich Holtkamp und Heinrich Jasper. Der Münsteraner Nachkriegsbürgermeister Zuhorn charakterisierte diese so genannten Ratsherren als bloße ‚Ja-Sager’ und belegte sie in seiner drastischen münsterschen Ausdrucksweise mit der Bezeichnung ‚Nickköpper’.

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Die Wehrkreis Reit- und Fahrschule VI.
In: Geschichte der Stadt Warendorf.
Bd. 3: Bildung, Kultur, Gesellschaft, Medizinalwesen, Militär und Sport – Entwicklungen und Institutionen. Warendorf 2000. S. 571 – 580.


Von den großen Plänen des Warendorfer Bürgermeisters Tewes, der kurz darauf die Emsstadt verließ, um den Posten des Kreisleiters der NSDAP in Ahaus anzutreten, wurde schließlich nichts weiter als die Kasernenanlage und einige Offiziers- und Unteroffizierswohnungen am Diekamp und der damaligen ‚Mackensenstraße’ realisiert. Es ging letztendlich nur darum, eine Garnison zu begründen. Demgemäß stimmte die Regierung in Münster dem Gesuch zu und verfügte, dass das gewünschte Gebiet zum 1. April 1938 der Kreisstadt Warendorf zugeschlagen wurde, was die erste Eingemeindung in der Stadtgeschichte darstellte.

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Die ehemalige Pferderennbahn an der Tönneburg.
In: Geschichte der Stadt Warendorf.
Bd. 3: Bildung, Kultur, Gesellschaft, Medizinalwesen, Militär und Sport – Entwicklungen und Institutionen. Warendorf 2000. S. 673 – 682.


Doch übersah Hachmann, dass andere Städte und Kreise, die sich ebenfalls dem Pferdsport verbunden fühlten, nicht ohne weiteres aus dem Ausschuss verdrängen ließen. Als Vorbild für seine weitgefaßten Pläne dienten Hachmann zwei „Orte in Westfalen […], die in der Veranstaltung auf pferdesportlichem Gebiete ganz etwas besonderes leisten, einmal ist es Castrop-Rauxel, wo […] eine vorbildliche Rennbahn geschaffen […] und schon Ende August […] ein großer Renntag veranstaltet wird. […] Der andere Platz ist Rheine, wo alljährlich ein […] großzügiges Reit- und Fahrturnier veranstaltet wird.“ Mit seinem Wunsch gemäß dieser Beispiele auch in Warendorf „der arbeitenden Bevölkerung im Laufe des Jahres eine Großveranstaltung sportlicher Art […] zu bieten im Sinne ‚Kraft durch Freude’“, bezog der Nationalsozialist Hachmann seine Werbung für das Projekt in allgemeine politische Zielsetzungen des NS-Staates ein.

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Organisation und Aktionsformen des Widerstandes in den Niederlanden und Belgien.
In: Spuren der Verfolgten. Heft Nr. 7 u. 8. 2001. S. 6 – 18 u. 3 - 17.

Heft 7: Ab 1943 organisierten sich als bewaffneter Arm der Landeshilfsorganisation die nationalen Kampfgruppen, welche zunächst noch ihre Aktionen auf Überfälle gegen Rathäuser und Zuteilungsämtern zur Beschaffung von Lebensmittelmarken und Blankoformularen beschränkten. Es entwickelte sich eine Symbiose zwischen der Unterstützung Verfolgter und aktivem, auch gewaltsamen Widerstand. An der Person des Künstlers Gerrit Jan van der Veen lässt sich der Weg von der persönlichen Resistenz und Verweigerung über ausgedehnte Hilfeleistungen bis hin zu bewaffneten Aktionen anschaulich nachzeichnen.

Heft 8: Ebenso weitete sich die Sabotage aus. Telefonkabel deutscher Fernmeldeeinheiten wurden durchschnitten, Wehrmachtsgebäude in Brand gesteckt, Anschläge auf Garagen und Munitionsdepots verübt, Bahnlinien unterbrochen und Betriebe, die für die Deutschen arbeiten, sabotiert. Zum Ende des Krieges verbesserte sich die Koordination mit dem alliierten Oberkommando. Parallel zur Invasion in der Normandie im Juni 1944 verstärkten die Widerstandorganisationen ihre Anstrengungen. Eine deutsche Meldung aus Belgien bemerkte hierzu: "Wesentlich ist die Zunahme der Eisenbahnsabotagen. Die Schienensprengungen haben ein erhebliches Ausmaß angenommen. In einem Fall wurden in einer einzigen Nacht auf einer Strecke 22 Schienensprengungen bekannt. Auch Eisenbahnbrücken wurden durch Sprengstoffanschläge beschädigt. Schwerpunktgebiete sind die Bezirke um Lüttich, Dinant, Charleroi, Mons und Ath. Auch die Überfälle auf Wehrmachtsangehörige habe eine Steigerung erfahren. In der Berichtszeit wurden im Befehlsbereich 8 Wehrmachtsangehörige getötet und 3 verletzt. Zugenommen haben weiter die Mordanschläge auf Landeseinwohner."

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Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene im Kreis Warendorf.
In: Spuren der Verfolgten. Heft Nr. 7. 2001. S. 3 – 6.

Jüdische Bürger des Kreises gerieten infolge des Antisemitismus und Rassismus in die Mühlen des NS-Zwangsarbeitersystems. Imo Moszkowicz, in Ahlen 1925 geboren und aufgewachsen, musste ab Mai 1941 auf dem RWE-Kraftwerk Essen-Karnap Zwangsarbeit als Kohlentrimmer leisten. Im Frühjahr 1943 wurde er über Dortmund in das KZ Auschwitz-Monowitz deportiert, wo er beim Aufbau des Buna-Werkes für die IG-Farben unter SS-Bewachung Zwangsarbeit leisten musste (Vernichtung durch Arbeit).

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Frühe Kennzeichnung der Jugendopposition seitens der Gestapo und die weitere Entwicklung von Resistenz,
Verweigerung und Widerstand durch nicht systemkonforme Jugendgruppen.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 9 u. 10. 2001. S. 3 – 24.

Heft 9: Es gehört zum Charakter des faschistischen Systems, dass seine Diener und Handlanger jede Widersetzlichkeit gegen den totalitären Macht- und Kontrollanspruch als Dimension in einem Weltanschauungskampf verstanden und die Gegner mit plakativen und diffamierenden Attributen, wie asozial oder kriminell versahen. In diesem Zusammenhang wurde gegenüber den oppositionellen Jugendgruppen z. B. besonders häufig der "Vorwurf homoerotischer oder homosexueller Neigungen oder Handlungen" als Repressionsinstrument benutzt, wobei anhand der Dokumente nicht mehr zwischen tatsächlichen oder erdichteten Geschehnissen differenziert werden kann. Auch die hier zu bearbeitende Quelle enthält ideologisch beeinflusste Urteile, wenn "mangelnde[] Dienstfreudigkeit" von Jugendlichen der HJ beklagt, Disziplin innerhalb der Staatsjugend als unabdingbares Muß betont und die Gefahr der Instrumentalisierung durch so genannte Staatsfeinde beschworen wurde.

Heft 10: Im Gegenteil steigerten sich in der letzten Kriegsphase die Fälle in denen Verfolgte unterstützt oder versteckt wurden und es kam sogar zu Sabotageaktionen militärischen Charakters sowie bewaffneten Widerstand gegen die faschistischen Verfolgungsbehörden. So brachten Kölner Edelweißpiraten im April 1944 einen Nachschubzug der Wehrmacht zum Entgleisen. Im Wuppertaler Raum fanden ebenfalls Anschläge auf Verkehrs- und Militäreinrichtungen statt. Außerdem wurden Maschinen in Rüstungsbetrieben unbrauchbar gemacht. In Dortmund stach im Januar 1945 der Edelweißpirat Kurt Piehl einen Gestapobeamten nieder, als dieser ihn festnehmen wollte.

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Max Reimann (1898 – 1977).
Ein Kommunist aus Ahlen.
In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Bd. Nr. 3. 15. Jahrg. (2001). Heft Nr. 14. S. 263 – 280.


Als er 1919 oder 1920 nach Ahlen, in die östlichste Stadt des rheinisch-westfälischen Industriegebiets kam, hatte sich seine politische Haltung offenbar bereits gefestigt. Zuerst Mitglied im Spartakusbund trat er bereits 1919 der Nachfolgeorganisation des Bundes, der KPD, bei. In veröffentlichten Lebenserinnerungen will Max Reimann dagegen erst in Ahlen Kommunist geworden sein. Über seine dortige Ankunft berichtet Reimann: „Die Partei [KPD] dort war eben erst gegründet worden. Ich wurde auf der Schachtanlage eingestellt und bin, wie man so schön sagt, ‚in Kost gegangen’. Das heißt, ich aß und schließ in der Wohnung eines später führenden Genossen, August Möller. Dieser August Möller war es, der mich zum Kommunisten gemacht hat. Was bis dahin vom Gefühl und von elementaren Lebenserfahrungen kam, das kam jetzt auch vom Verstand.“

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Zeugnisse der Neuen Sachlichkeit.
Dortmunder Nicolaikirche und Warendorfer Wasserturm.
In: Westfalenspiegel. Nr. 3/2001. 50 Jahrg. S. 41.


Vier Jahre nach der offiziellen Einweihung der Dortmunder Nicolaikirche nahm im Oktober 1934 der neue Warendorfer Wasserturm seinen Betrieb auf. Der Wasserturm wurde auf einen rechteckigen Grundriss mit vier diagonalen Betonpfeilern gestellt, die einen quadratischen Wasserbehälter tragen. Die Sichtbetonbauweise lässt die Parallelen insbesondere zum Turm der Nicolaikirche klar hervortreten. Durch das Engagement der Warendorfer Altstadtfreunde, des örtlichen Heimatvereins und anderer interessierter Persönlichkeiten gelang es vor einigen Jahren, den vom Abriss bedrohten Wasserturm unter Denkmalschutz zu stellen.

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Entwicklungslinien der Einwanderungs- und Asylpolitik in den Niederlanden zwischen historischen Traditionen und EU-Harmonisierung.
In: Festschrift für Prof. Dr. Paul Leidinger zum 69. Geburtstag. Münster 2001. S. 43 – 89.

Ghettoisierung und ethnische Zusammenballungen in bestimmten Stadtvierteln wirken konträr zu den Bemühungen um Multikulturalität und Integration. Nicht weniger als 80 % der Angehörigen der ethnischen Minoritäten leben in nur 22 der insgesamt 740 niederländischen Kommunen, davon etwa 40 - 45 % in den vier großen Städten im westlichen Teil der Niederlande, der so genannten 'Randstaad', die in der Hauptsache von Amsterdam, Rotterdam, Den Haag und Utrecht gebildet wird. Hier gehören 15 % der Wohnbevölkerung einer der ethnischen Minderheiten an. In Amsterdam oder Den Haag, stellen Migranten bereits 22 % der Bevölkerung und an den dortigen Grundschulen sind schon nahezu die Hälfte der Schüler ausländischer Herkunft. 1985 waren 132.794 Schüler in den Niederlanden ausländischer Abkunft.

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Heimatgeschichtliches Engagement: Dr. Franz Rohleder.
Eine zentrale Persönlichkeit der Kultur- und Heimatpflege in Stadt und Kreis Warendorf.
In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2002. S. 209 – 214.


Im Juni 1941 brachte Kreisleiter Mierig für die gleichgeschaltete Nachfolgeorganisation der Gesellschaft ‚Harmonie’, dem ‚Brun-Warendorf-Haus’, Dr. Rohleder als Vorsitzenden in Vorschlag. Daraufhin berief man Dr. Rohleder zum Leiter der neuen Gesellschaft. Einerseits sehen einige Beobachter die Initiative bei der Umwandlung der Harmonie zu einem Instrument der NS-Kulturpflege von dem ‚Vereinsführer’ Rohleder ausgehen, weil, wie er sich äußerte, „die Gesellschaft in ihrer alten Form die vielseitigen, das ganze Volksleben umfassenden nationalsozialistischen Kulturideale nicht verwirklichen konnte.“

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Max Reimann, ein Ahlener Kommunist.
In: Der beflügelte Aal. Heimatliches aus Ahlen – Vorhelm – Dolberg. Bd. 20, 2001. S. 46 – 52 und Bd. 21, 2002. S. 44 – 49.

Bd. 20: Am 28.2.1933 hatten die Nationalsozialisten unter dem Vorwand des Reichstagsbrandes allein in Ahlen fast 190 Funktionäre der KPD und SPD festgenommen und unter entwürdigenden Umständen nach Recklinghausen transportiert, wo sich die Gestapostelle für den Gau Westfalen-Nord im Aufbau befand. Die Ahlener KPD besaß mit Siegfried Adler, Max Reimann, Josef Ledwohn, August Kirchner und Selma Englisch bedeutende Persönlichkeiten in ihren Reihen.

Bd. 21: Zwei so gegensätzliche Ereignisse wie Chruschtschows Abrechnung mit Stalin in einer Geheimrede im Februar 1956 und das Verbot der KPD durch das Bundesverfassungsgericht im Oktober 1956 bildeten eine eigenartige ungewollte Symbiose, die seltsame Wirkungen zeitigten, wie das damalige SED-Mitglied Heinz Schenk schildert: „Der XX. [KPDSU]-Parteitag, der das Götzenbild zerschlug, hat die Partei natürlich in allergrößte Schwulitäten gebracht, […] Am gleichen Tag wurde auf dem Platz vor der Humboldt-Universität eine riesige Protestdemo abgehalten gegen das KPD-Verbot [in der BRD]. Während die Protestdemo dort ablief, saß Max Reimann […] stockbesoffen draußen beim [SED]Wochenendheim am Ufer, hatte eine Flasche Wodka im Wasser liegen und lud mich ein, mit ich auf seinen großen Sieg zu trinken. Ich war zunächst perplex, was heißt hier Sieg? ‚Na Mensch, der Adenauer nimmt mir doch die Sorge ab, jetzt vor aller Öffentlichkeit in Westdeutschland die Kritik an Stalin abhalten zu müssen. Diese Sorge bin ich los.’ Und das hat er reichlich begossen.“

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Nikolaus Groß.
Ein Widerständler gegen den Nationalsozialismus aus Glaubensüberzeugung.
In: Spuren der Verfolgten. Heft 11. 2002. S. 3 – 20.


Zu dem ‚Kölner Kreis‘ zählten die christlichen Gewerkschafter Johannes Albers und christliche Politiker wie Jakob Kaiser. Auch Goerdeler und der Münchener Jesuitenpater Alfred Delp nahmen an verschiedenen Unterredungen teil. Über Delp wurden Nikolaus Groß und andere christliche Gewerkschafter immer stärker in die Aktivitäten des Kreisauer Kreises zum Sturz des NS-Regimes einbezogen. Nach dem Sturz des NS-Regimes schwebte Groß gemäß seinem traditionellen Verständnis der katholischen Soziallehre die Errichtung einer christlichen Gemeinschafts- und Gesamtlebensordnung vor, die allerdings auch nicht frei von autoritären Zügen war. Auf der anderen Seite ergaben sich Spannungen zwischen Goerdeler und der Kölner Gewerkschaftsgruppe, der auch Nikolaus Groß angehörte. Die christlichen Gewerkschaften warnten vor den reaktionären Anschauungen einiger Kreisauer, die eine rückwärts gewandte Politik vertraten. 1942 gelang es Groß, den ehemaligen Präsidenten der christlichen Bauernvereinigung Andreas Hermes für die Ziele des Widerstandes zu gewinnen.

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Paul Pleiger.
Das Sittengemälde eines westfälischen Unternehmers.
In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Bd. Nr. 3. 15. Jahrg. (2001). Heft Nr. 16. S. 335 – 340 u. 16. Jahrg. (2002). Heft Nr. 17. S. 343 – 349.


Heft 16: Paul Pleigers politische Karriere nahm mit seinem Eintritt in die NSDAP am 1.3.1932 ihren Anfang. Im Allgemeinen fühlten sich junge Unternehmer, die noch nicht geschäftlich völlig saturiert waren, von dem expansiven Kurs der Nationalsozialisten angezogen, was sich in der Übernahme mehrerer Parteifunktionen während eines kurzen Zeitraums niederschlug. Von Ende 1932 bis 1933 fungierte er in seiner Heimatgemeinde als Ortsgruppenleiter und wurde Anfang 1933 zum kommissarischen SA-Sturmführer ernannt. Allerdings schied er aus der SA noch binnen Jahresfrist wieder aus. Vor der NS-Machtübernahme gelang es offenbar Pleiger, sein Engagement für die NSDAP zu tarnen, denn dem zuständigen Landratsamt, dass an Maßnahmen gegen die NS-Bewegung vor dem Januar 1933 mitwirkte, blieb die Parteizugehörigkeit des Buchholzer Unternehmers verborgen.

Heft: 17: Während sich die traditionellen Montankonzerne nicht darüber einigen konnten in welchem unternehmerischen Organisationsrahmen das kaum bzw. keinen Gewinn versprechende Projekt zur Nutzung der eisenarmen Erze anzugehen wäre und sich in endlosen Diskussionen und Konferenzen verloren, ergriff Paul Pleiger die Initiative. Er schlug seinem Freund Hermann Göring vor, ein staatliches Unternehmen zu gründen. Als er darüber hinaus anregte, diesen Staatskonzern „Reichswerke AG für Erzbergbau und Eisenhütten Hermann Göring“ zu nennen, zeigte sich Hitlers Paladin über diese Firmierung so erfreut und geschmeichelt, dass er Paul Pleiger zum alleinigen Vorstandsmitglied dieses am 15. Juli 1937 gegründeten staatlichen Hüttenbetriebes ernannte. Die Vision gigantischer Hüttenwerke unter seinem Einfluss und Namen verfing bei dem prunksüchtigen Göring sehr schnell. Die private Hüttenindustrie fasste die Etablierung der Reichswerke als offene Kampfansage gegen sich auf. Der leitende Hochofeningenieur der Gutehoffnungshütte, Dr. Harnickell, vertrat die einhellige Meinung, dass das auf dem Wege des sauren Schmelzverfahrens „gewonnene Roheisen [...] nur ‚Ausschuß, jedenfalls keine Qualitätsware‘ sein könne“.

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Partisanenkampf in Ostwestfalen/Lippe 1944.
In: Spuren der Verfolgten. Heft 12. 2002. S. 3 – 20.

Als sich Hellweg der Arbeitsbaracke näherte, eröffnete Langenberg mit einer MP den Schusswechsel. Wieder entspann sich ein intensives Feuergefecht. Langenberg brachte Hellweg eine Handverletzung bei, so dass dieser gezwungen war, seinen Karabiner fallen zu lassen. In diesem Moment trat der Verfolgte aus der Hütte hinaus und lief auf den verwundeten Polizisten zu, der nun nicht mehr an Festnahme dachte, sondern in Richtung Landstraße flüchtete, wo die anderen Angehörigen des Suchkom¬mandos aus 200 m Entfernung auf Langenberg schossen, allerdings ohne ihn zu treffen. Dieser schoss auf den flüchtenden Hellweg und traf ihn im Brustbereich. Der Gendarmeriemeister konnte sich noch 25 m weiterschleppen bis er zusammenbrach. Langenberg lief zu dem am Boden Liegenden und tötete seinen ‚Verfolger‘, der im Handumdrehen zum ‚Verfolgten‘ geworden war, durch Kopfschuss. Dann erschoss sich Willi Langenberg, wie eingangs geschildert, selbst. Das übrige Einsatzkommando war die ganze Zeit in Deckung an der Landstraße geblieben, hatte zwar lebhaft von seinen Schusswaffen aus der Distanz Gebrauch gemacht, doch niemand hatte offenbar einen Augenblick daran gedacht, die Deckung zu verlassen und dem Gendarmeriemeister Hellweg zur Hilfe zu kommen, was auf die viel und oft beschworene Kameradschaft in den bewaffneten Verbänden des NS-Regimes ein bezeichnendes Licht wirft.

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Die Heimatvereine des Kreises Warendorf im Wandel der Zeiten – Zum 100-jährigen Jubiläum des Heimatvereins Warendorf und des Kreisheimatvereins Warendorf (1902 – 2002).
In: Warendorfer Schriften 30 – 32. 2002. S. 14 – 46.

Als erste Anfänge der Heimatbewegung im Landkreis Warendorf können zwei Ereignisse gelten. Am 17. Februar 1882 ehrte die philosophische Fakultät der Münsteraner Akademie den 86jährigen Hofrat Esselen aus Hamm mit der Verleihung des Doctor honoris causa wegen seiner Forschungen über den Ort der Varusschlacht, den er glaubte, in der Beckumer Umgebung lokalisieren zu können. Schon mehr als ein Jahrzehnt vor der Gründung eines Heimatvereins rief der am Warendorfer Laurentianum tätige Oberlehrer Prof. Dr. August Buschmann 1890 über die lokale Presse zur Gründung eines Museums für Altertümer auf. 1895 erhielt die inzwischen zusammengetragene Sammlung einen Raum im Gymnasialgebäude an der Kurzen Kesselstraße.

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Von privaten Brunnen bis zu den Warendorfer Stadtwerken.
Ein Kaleidoskop der modernen Wasserver- und -entsorgung im Altkreis Warendorf.
In: Warendorfer Schriften 30 – 32. 2002. S. 235 – 266.


1924/25 betrug die Gesamtförderung der Wassergewinnungsanlage 118.077 m³. Diese Leistung ermöglichten bis Ende der zwanziger Jahre lediglich zwei ständig im Wasserwerk Beschäftigte, welche auch die Wartung des 35,8 km langen Rohrnetzes wahrnahmen. Tiefbauarbeiten erledigte eine dreiköpfige Arbeiterkolonne, die im Bedarfsfall um zwei Arbeitslose erweitert wurde. 1931 wurden die Einrichtungen des Wasserwerks elektrifiziert. Das Warendorfer Wasserwerk arbeitete so weit dafür Quellen vorliegen anscheinend durchaus rentabel. Um 1925 wies das Werk einen Reingewinn von 15.000 aus.

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Von Menschen und Läusen.
Die Warendorfer Desinfektions- und Entlausungsanstalt an der Gartenstraße.
In: Warendorfer Schriften 30 – 32. 2002. S. 267 – 277.


Bereits am 10. Februar 1943 wurde ein Mietvertrag zwischen Kreis und Stadt bezüglich der Entlausungsanstalt auf dem städtischen Bauhof unterzeichnet. Die Kapazität der Anlage war auf täglich 100 Personen zur Entlausung ausgelegt. Die Gesamtkosten veranschlagte Kreisbaumeister Stegemann auf 16.000 RM. Zwischenzeitlich beschäftigte sich die Bürgermeisterkonferenz Anfang Februar 1944 im Warendorfer Kreishaus mit der Gefahr der Fleckfieberverbreitung durch kranke Zwangsarbeiter. Der Einbau der Entlausungs- und anderer sanitärer Einrichtungen zog sich mehr als ein Jahr hin, denn erst am 18. April 1944 meldete der Münsteraner Regierungspräsident dem Reichsinnenministerium: „Der Kreis Warendorf hat in einem der Stadt Warendorf gehörigen Gebäude eine Entlausungsanstalt [Gartenstr.] eingerichtet. Die Anlage ist nunmehr fertig gestellt.“ Als Betreuer der Anstalt fungierte der Desinfektor des Gesundheitsamtes Karl Kirchner, der in der Bleichstraße wohnte, nahe der neuen Desinfektions- und Entlausungsanstalt.

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Zuwanderung in den 30er Jahren.
Ein Beispiel aus Oelde.
In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Bd. Nr. 3. 16. Jahrg. (2002). Heft Nr. 18. S. 363 – 369.


In seinen weiteren Ausführungen rechtfertigte der Präsident der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung die Handlungsweise seiner nachgeordneten Dienststellen, denn die „Verlängerung der Beschäftigungsgenehmigung und Arbeitserlaubnis für Kitowska ist jeweils nur für einige Monate erteilt worden, da die Firma Ramesohl & Schmidt die baldige Beendigung des Polengeschäftes in Aussicht ge¬stellt und erklärt habe, aus diesem Grunde eine Ersatzkraft nicht mehr einstellen zu wollen. Die trotzdem vom Arbeitsamt Ahlen eingeleiteten Bemühungen zur Beschaffung einer geeigneten inländischen Ersatzkraft waren erfolglos, weil nicht nur die Beherrschung der polnischen, sondern auch der tschechischen Sprache gefordert wurde.“ Abschließend teilte die Reichsanstalt einige Informationen über die Betroffene und ihren familiären Hintergrund mit, der möglicherweise zu der wohlwollenden Behandlungen des Falles durch die Arbeitsverwaltung beigetragen hatte: „Jadwiga Kitowska ist am 19.9.1911 in Köln geboren. Nach ihrer Behauptung soll ihre Mutter eine geborene Deutsche sein; ihr Vater, der im polnischen Staatsdienst beschäftigt sei, stammt angeblich aus Westpreußen. Wie Jadwiga Kitowska angibt, hat ihr Vater seinerzeit zwar für Polen optiert, sei aber unlängst wegen deutsch-freundlicher Gesinnung nach Tarnopol strafversetzt worden.“

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Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene in Europa, Deutschland und Ahlen.
In: Spuren der Verfolgten. Heft 13. 2002. S. 3 – 10.

Abgesehen von der vereinzelten Verwendung in der Landwirtschaft und bei Handwerksbetrieben, kamen in der Stadt Ahlen die meisten Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter vor allem auf der Zeche Westfalen, wie Uwe Rennspieß und die Untersuchungen von Schülerinnen unter der Anleitung des Pädagogen Künnemann zeigen, sowie in der Emaille-, Metall- und Schuhindustrie zum Einsatz. Auch die Dienststellen der Reichsbahn in Ahlen bedienten sich erzwungener Arbeit. Schließlich arbeiteten Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene aus fast allen Ländern des von NS-Deutschland besetzten Europa in Ahlen, vornehmlich Polen, Angehörige der Sowjetunion, Niederländer, Franzosen, Tschechen, Belgier, Jugoslawen und hier in 1. Linie Kroaten. Ab Ende 1943 traten auch Italiener als so genannte Militärinternierte hinzu, ein Status, der die Bestimmungen des Genfer Kriegsgefangenenabkommens im Rahmen der Haager Landkriegsordnung unterlaufen sollte. Dieses völkerrechtlich gesetzwidrige Verfahren wurde deutscherseits bereits 1939/40 gegenüber den polnischen Kriegsgefangenen angewandt, die in großer Zahl einfach formell aus der militärischen Kriegsgefangenschaft entlassen und kurzerhand zu zivilen Zwangsarbeitern umgewidmet wurden.

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Krieg in Westfalen.
Von den Anfängen bis zum 19. Jahrhundert.
In: Spuren der Verfolgten. Heft 13. 2002. S. 10 – 18 und Heft 14. 2002. S. 3 – 12.
Heft 13: 1427 erstürmten im Rahmen des märkischen Bruderstreites bewaffnete Dortmunder die Hörder Burg. Die Städte Hörde und Lünen wurden gebrandschatzt. Während der Soester Fehde besiegten im Gefecht an der Kluse bei Hörde 1448 Clevische und Soester Söldner das Dortmunder Aufgebot und machten 318 Gefangene, deren Freilassung der Reichsstadt ein hohes Lösegeld kostete. Die Fehde wurde schließlich durch den Schiedsspruch von Maastricht 1449 beigelegt, ohne dass damit der lange schwelende Konflikt um die Vorherrschaft in Westfalen zwischen dem Erzbischof von Köln und den Herzögen und Grafen von Cleve und Mark entschieden worden wäre. Die Auseinandersetzung hatte viele Städte und Orte nachhaltig geschwächt, so dass sie immer weniger in der Lage waren, ihre althergebrachten Rechte und Freiheiten gegenüber den Ansprüchen der Territorialfürsten zu bewahren.

Heft 14: In Westfalen hoben die Behörden junge Männer als Kanonenfutter für die Feldzüge Napoleons aus. 1808 bis 1812 hatte allein das Arrondissement Hörde 221 Soldaten zu stellen. Viele kehrten nicht von den Schlachtfeldern in Rußland und Spanien zurück. Das lippische Bataillon zog 1812 mit 1.082 Soldaten nach Osten, von denen 1813 nur noch 166 Mann übrig waren. Wilhelm Ludwig Falkmann, der als Quartiermeister des lippischen Bataillons 1810 bei Kämpfen gegen die aufständischen Spanier in Kriegsgefangenschaft geriet, kehrte über England erst 1814 nach Lippe zurück. Viele andere westfälische Soldaten blieben für immer auf der iberischen Halbinsel. Eine Meldung der in Spanien eingesetzten 2. Westfälischen Division belegt den Kriegstod eines Mindeners: „Todten Bescheinigung. Auszug aus dem Todten Register, durch den Verwaltungs Rath des 3n Linien Infanteries gehalten. Heute den 8n July 1809 ist an seinen Wunden, welche er beym Sturm auf Montjoui bekommen, gestorben Beilip/Carl/Grenadier in der Comp: Grenadier des 1n Bataillions, alt 39 Jahr, gebürtig aus preusisch Minden, Weser Departement.“

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Entwicklungslinien der Einwanderungs- und Asylpolitik in den Niederlanden zwischen historischen Traditionen und EU-Harmonisierung.
In: Brigitta Thomas u. Louise Bielzer (Hg.): Vielfalt in Einheit. Europäische Einigung und westfälische Geschichte.
Festschrift für Paul Leidinger. Münster 2002. S. 89 – 135.


Es verwundert daher nicht, dass gerade nach Ende des II. Weltkrieges die Niederlande eine große Sensibilität gegenüber dem Schicksal von politisch und rassisch Verfolgten an den Tag legten. In den Nachkriegsjahren boten sie Osteuropäern eine neue Heimat, die aufgrund der Aufrichtung kommunistischer Diktaturen in ihren Herkunftsländern Verfolgung zu gewärtigen hatten. So siedelten sich 2.350 polnische Militärangehörige, die im II. Weltkrieg auf Seiten der Westalliierten gekämpft hatten, in Breda und Vlissingen an. Ebenfalls fanden Hunderte von Ungarn, Tschechen, Balten und Russen Aufnahme. Nach der blutigen Niederwerfung des ungarischen Aufstandes durch sowjetische Truppen 1956 suchten viele Bürger dieses osteuropäischen Landes um Asyl nach. Dies wiederholte sich mit Tschechen und Polen bei der gewaltsamen Unterdrückung des 'Prager Frühlings' 1968 sowie der Gewerkschafts- und Bürgerrechtsbewegung 'Solidarnozs' zu Beginn der achtziger Jahre.

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Westfalen im Spiegel der Kriegsnöte seit 1914.
In: Hans-Joachim Behr und Johann Zilien (Hrsg.): Geschichte in Westfalen – Bewahren, Erforschen, Vermitteln.
Festschrift für Paul Lei¬dinger zum 70. Geburtstag. Quellen und Forschungen zur Geschichte des Kreises Warendorf, hrsg. v. Kreisgeschichtsverein Beckum-Warendorf e.V., Bd. 40. Warendorf 2002. S. 145 – 168.


Noch bei ihrem Untergang forderte die NS-Diktatur einen hohen Blutzoll. Der Teutoburger Wald sollte auf einem 60 km langen Abschnitt von 7.000 Mann verteidigt werden, darunter je einem Bataillon Magenkranker und Hörgeschädigter, Versprengte aller Waffengattungen, Genesungskompa¬nien, Hitlerjungen und Volkssturm. Es war nackter Mord! Unter den Gefallenen an der Autobahn bei Lämershagen waren auch zwei 13- und 16jährige Jungen. Bei Bielefeld richtete ein versprengter Soldat aus Bocholt seine Panzerfaust auf einen Panzer mit aufgesessener Waffen-SS und tötete zwei SS-Angehörige. Die Panzerbesatzung trieb den Unglücklichen in ein nahegelegenes Waldstück und erschoss ihn, wobei ein SS-Mann sein ganzes Pistolenmagazin auf den Soldaten abfeuerte. Wenig später wurde der Panzer von vorstoßenden US-Truppen in Brand geschossen. Die Verteidigung von Oerlinghausen, dass am 3.4.1945 von der US-Armee erobert wurde, kostete 75 meist jungen, nur provisorisch ausgebildeten Soldaten des Panzergrenadierersatzbtl. 62 das Leben. Ebenso sinnlos blieb der Widerstand in der Dörenschlucht vor Detmold, der die 30. US-Division nicht aufhalten konnte; aber 35 deutsche Soldaten hatten das Leben verloren. Beim Einmarsch in die lippische Metropole am 4.4.1945 glaubte ein 79jähriger Detmolder, der Oberst a.D. von Velsen, auf die einrückenden US-Soldaten mit einer Pistole schießen zu müssen. Beim Feuerwechsel kamen sowohl er wie seine 83jährige Schwester zu Tode. Ein anderer pensionierter Offizier aus dem I. Weltkrieg, der Pour le mérite-Träger Oberst a. D. Wilhelm Lincke, wurde zum verhinderten Helden. Als Volkssturmbataillonsführer fordert er den Kampf um Detmold ‚bis zum Äußersten‘ und verabschiedete sich von seiner Frau mit dem Hinweis auf seinen baldigen Tod im Kampf, was seine Gattin als ‚Vollendung und Krönung seines soldatischen Lebens‘ verstand. Einen Tag nach der amerikanischen Besetzung Detmolds meldet er sich wieder kleinlaut zu Hause bei seiner Frau mit dem kläglichen Hinweis, dass der Widerstand vergeblich, ja überhaupt nicht möglich gewesen sei, da sich der örtliche Volksturm schon vorher auflöste bzw. erst gar nicht antrat.

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Gustav Freiherr von Bechtolsheim, ein deutscher General.
Verstorben 1969 in Münster.
In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Bd. Nr. 3. 16. Jahrg. (2002). Heft Nr. 19. S. 383 – 392.


Die deutsche Okkupation Weißrußlands dauerte von Juni 1941 bis Juli 1944. Während dieser Zeitspanne wurden 209 Städte und 9.200 Dörfer zerstört. In 60 KZ’s und 70 Ghettos wurden 700.000 sowjetische Kriegsgefangene, ca. eine halbe Million Juden, 340.000 Angehörige der Landbevölkerung und 100.000 Menschen in den Städten umgebracht. Darüber hinaus deportierten die Besatzungsbehörden 380.000 Weißrussen zur Zwangsarbeit nach Deutschland. Im Sommer 1944 hatten von ursprünglich 9,2 Millionen Einwohnern in Weißrußland etwa 2 Millionen ihr Leben verloren. Generalmajor von Bechtolsheim trägt dafür seinen Teil an persönlicher Verantwortung. Die Tatsache, das er bis 1969 in der westfälischen Metropole unbehelligt seine Pension verzehren konnte, wirft dabei neue Fragen grundlegender Natur weit über den militärischen und politischen Bereich auf, deren Beantwortung nicht allein auf historischer Grundlage, sondern mit soziologischem und politikwissenschaftlichem Instrumentarium beantwortet werden müsste und dabei möglicherweise die Sicht auf eine nachkriegsdeutsche ‚Tätergesellschaft‘ freigeben könnte. Hingerichtet im Pankraz.

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Marianne Golz-Goldlust, ein Opfer der NS-Okkupation in der Tschechoslowakei.
In: Spuren der Verfolgten.
Heft 14. 2002. S. 12 – 14 u. Heft 15. 2003. S. 3 – 5.


Heft 14: Seit dem Winter 1941/42 begannen die systematischen Massendeportationen von tschechischen Juden. Mariannes Schwieger mutter wurde am 20.6.1942 nach Theresienstadt deportiert. Ihre Spur verliert sich im Vernichtungslager Treblinka. Diese persönliche Erfahrung trieb Marianne Golz zur Hilfe für Verfolgte an, trotz der persönlichen Risikos, denn die am 3.7.1942 von Heydrich erlassene Verordnung zur ‚Abwehr der Unterstützung reichsfeindlicher Handlungen‘, richtete sich gegen alle, die Juden bei Flucht oder Untertauchen unterstützten. Regelmäßig traf sich Marianne Golz mit Juden, Künstlern und Intellektuellen, wobei verabredet wurde, wie von der Deportation Bedrohten am besten geholfen werden konnte. Marianne stellte den Kontakt zu Leuten her, die – teilweise gegen Bezahlung – den Gefährdeten den Weg über die Grenze ermöglichten. Zeitweise verbarg sie Verfolgte in ihrer Wohnung.

Heft 15: Am 18.5.1943 trat das Prager Sondergericht zusammen und begründete in seiner Urteilsbegründung ausführlich den Todesspruch: „Ein Jude, der sich der Evakuierung entzieht, ist ein Reichsfeind. Die Juden im nationalsozialistischen Deutschland stellen eine Gesamtheit politischen Gepräges dar. Sie sind Bestandteil des internationalen Judentums, das dem Deutschen Reich als eine Feindmacht gegenübersteht... Ein wesentliches Mittel, um der Gefährdung, die von dem Judentum ausgeht, zu begegnen, ist die Evakuierung und Konzentration der Juden an bestimmten dafür eingerichteten Orten. Wenn ein Jude sich einer solchen Maßnahme entzieht, kann er notwendigerweise nicht mehr in einer latent staatsfeindlichen Gesinnung verharren, sondern er muss aktiv werden und diese Gesinnung bestätigen, da er anders das erstrebte Ziel nicht erreichen kann. Wenn er der Aufforderung sich einem Transport zu stellen, nicht Folge leistet, muss er zunächst in der Verborgenheit leben, um seine polizeiliche Festnahme zu vermeiden. Er wird, um sich verborgen halten zu können, sich jedes dazu geeignetes Mittel bedienen und keinen Unterschied machen, ob diese Mittel gesetzlich oder ungesetzlich sind. Er kann aber auch in der Verborgenheit nicht anders existieren, als durch Unterstützung anderer Personen. Das ergibt sich allein schon aus den Normen der Kriegswirtschaftsordnung. Der flüchtige Jude kann Hilfeleistung nur von Elementen erwarten, die auch ihrerseits staatsfeindlich ausgerichtet sind. Eine solche Staatsfeindlichkeit liegt auch schon dann vor, wenn der Helfer sich die staatspolitischen Notwendigkeiten, die für die Evakuierung der Juden sprechen, gleichgültig sein läßt und sich nicht darum schert. Auch diese Gleichgültigkeit ist schon ein politisches Verbrechen. Die Angeklagte Golz-Goldlust hat sich mit einer agilen Geschäftigkeit in den jüdischen Kreisen umgetrieben und sich für ihre jüdischen und halbjüdischen Freunde eingesetzt. Sie hat nicht aus einer Zwangslage, sondern aus innerer Neigung heraus gehandelt. Ihrem Bestreben, sich ihren jüdischen Freunden gefällig zu erweisen, entspricht ihre feindselige Gesinnung gegenüber dem nationalsozialistischen Staat.“

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Islamischer Antisemitismus und arabische Nähe zum Nationalsozialismus.
In: Spuren der Verfolgten.
Heft 14. 2002. S. 14 – 16, Heft 15. 2003. S. 6 – 16, Heft 16. S. 9 – 13, Heft 17. S. 3 – 11, Heft 18. S. 5 – 17, Heft 19. 2004. S. 6 – 18, Heft 20. 2004. S. 7 – 13, Heft 21. 2004. S. 14 – 17, Heft 23. 2005. S. 8 – 18, Heft 28. 2006. S. 9 – 21, Heft 36. 2008. S. 9 – 13, Heft 40. 2009. S. 8 – 18, Heft 43, 2010, S. 15 – 21, Heft 44, 2010, S. 12 – 18, Heft 45, 2010, S. 15 – 18 u. Heft 46, 2010, S. 16 – 20.

Heft 14: 1943 diskutierte man ihm Reichsaußenministerium, ob man England ein Austauschverfahren vorschlagen sollte. Der Austausch jüdischer Kinder gegen in alliierter Internierung befindliche deutsche Zivilpersonen wurde erwogen. Der Gesandte der Schweizer Botschaft in Berlin hatte sich in einer Note an das Reichsaußenministerium gewandt und dort einen Wunsch der britischen Regierung vorgetragen. Die Briten suchten um die Erlaubnis nach, dass „5000 nichtarische Personen, 85 % Kinder und 15 % Begleitpersonal aus Polen, Litauen und Lettland“ nach Palästina ausreisen dürften. Eichmann war allerdings grundsätzlich dagegen. Am 25.6.1943 vermerkte eine Geheim-Aufzeichnung des Außenamtes: „Der Herr Reichsaußenminister und der Reichsführer SS haben sich dahin entschieden, daß hinsichtlich der Anfrage des Gesandten Feldscher an die Reichsregierung eine Antwort dahingehend erteilt werden solle, daß grundsätzliche Verhandlungsbereitschaft bestehe, sofern die englische Regierung sich bereit erkläre, die Juden statt in Palästina in England aufzunehmen und dies durch einen Beschluß des Unterhauses sanktionieren läßt. Weiterhin hat der Herr Reichsaußenminister angeordnet, daß diese Angelegenheit auf breitester Basis propagandistisch ausgewertet werden sollte, und zwar als Beweis unserer proarabischen Einstellung in der Palästina-Frage als auch hinsichtlich der projüdischen Einstellung der Engländer. Es dürfte damit zu rechnen sein, daß britischerseits die Forderung nicht akzeptiert wird. In diesem Falle liegt die Verantwortung eindeutig bei den Engländern. Sollte England wider Erwarten unsere Forderung erfüllen, dürfte dies propagandistisch besonders gut auswertbar sein und darüber hinaus uns noch die Möglichkeit bieten, die Fragen eines Austausches der Juden gegen internierte Deutsche in Vorschlag zu bringen.“

Heft 15: Der arabische bzw. muslimische Antisemitismus bedient sich bis in die jüngste Zeit traditioneller, abendländischer Antijudaismen und wirkt damit auf eine seltsame Art importiert. Ein aktuelles Beispiel hierfür liefert der Aufmacher einer der führenden saudischen Zeitungen, wo behauptet wird, daß Juden Matze (ungesäuertes Brot zum Pessachfest) und Hamantaschen (Mohnsamengebäck) an¬läßlich des Purimfestes mit dem Blut christlicher (und vielleicht auch muslimischer) Jungen backen würden. Die antijüdische Lüge vom Ritualmord, in Europa im frühen Mittelalter von der Kirche verbreitet, feiert somit auf der arabischen Halbinsel (un)fröhliche Urständ.

Heft 16: Arabische und moslemische Medien und die hinter ihnen stehenden Staaten haben die notorische Fälschung der Protokolle der Weisen von Zion wieder auferstehen lassen, die im 19. Jahrhundert durch den zaristischen Geheimdienst ‚Ochrana’in die Welt gesetzt wurde, um von den innenpolitischen Problemen Rußlands abzulenken. Dieses okkulte Dokument enthält den angeblich zionistischen Plan, die Weltherrschaft erobern zu wollen. Diese bizarren Fälschungen sind das tägliche Brot für die Medien in der moslemischen Welt. Eine 30teilige Serie über die angeblichen Protokolle mit 400 Schauspielern wurde für das ägyptische Fernsehen produziert, was viele Millionen gekostet haben muss.

Heft 17: Im Frühjahr 2002 entblödete sich die dubiose Internetfirma ‚Muslim-Market-Team‘ nicht im WWW folgende Suada als Reaktion auf im März 2002 gesendeten ARD-Beitrag ‚Drei Kugeln und ein totes Kind‘ zum Besten zu geben: „Die deutsche Israelin Esther Schapira leistet ganze Arbeit und setzt alle ihre Fähigkeiten zur Verteidigung von Staatsverbrechen und Staatsverbrechern ein und outet sich damit als zionistische Propagandamitarbeiterin. [...] Haben die Zionisten schon alles in der Hand und können die deutschen Medien sich aus diesem Würgegriff nicht befreien?“ Diese antisemitische Reaktion folgte auf einen ARD-Film aus der Reihe ‚Das rote Quadrat‘ mit dem Titel ‚Drei Kugeln und ein totes Kind – Wer erschoß Mohammed Al Dura?“ Vor dem Hintergrund der beständigen Klage, dass es hier im Lande ein Tabu sei, Juden, oder Israel zu kritisieren, ist es schon erstaunlich, wie klar sich selbst eindeutige Antisemiten wieder in die Öffentlichkeit wagen, ohne dass Ihnen Exekutive und Judikative in den Arm fallen.

Heft 18: Der vor den Engländern aus Palästina nach NS-Deutschland geflüchtete Mufti residierte zeitweilig im Berliner Schloß Bellevue. Nach 1945 wurde ihm in Ägypten Asyl gewährt. 1948 befehligte er die erfolglos gegen Israel kämpfende ‚Arabische Legion‘, die kurzzeitig ihr Hauptquartier in Nazareth aufgeschlagen hatte, bevor sie von den israelischen Truppen über die Grenze in den Libanon zurückgedrängt wurde. 1951 wählte man el-Husseini zum Vorsitzenden des ‚Islamischen Weltkongresses‘, der noch heute existiert. Seine deutsche Sektion residiert im westfälischen Soest, Am Kuhfuß 8. Dort hat auch das ‚Zentralinstitut Islam-Archiv Deutschland‘ ihren Sitz. Als Direktor fungiert Mohammed Salim Abdullah, der in Bochum geborene Sohn einer deutschen Christin und eines bosnischen Moslem.

Heft 19: Im Herbst 1944 unternahmen die Deutschen, mit Hilfe des nach Berlin geflohen Ex-Großmufti von Jerusalem, ihre letzten Versuche, die Araber zum offenen Kampf gegen England und die in Palästina lebenden Juden aufzuwiegeln. In der Nacht des 23.10.1944 startete vom Flugplatz Saloniki eine Langstreckentransportmaschine des KG (Kampfgeschwader) 200 z.b.V. in Richtung Naher Osten. An Bord des Flugzeugs befanden sich zwei deutsche Offiziere, die in Palästina geboren und in der deutschen Templer-Kolonie bei Tel Aviv aufgewachsen waren sowie zwei Araber. Bei einem von ihnen handelte es sich um den vom britischen CID seit langem gesuchten Anführer des arabischen Aufstandes von 1936 – 1939, Kifel Abdul Latif. Es war ein Unternehmen ohne Rückfahrkarte und ohne Möglichkeit eine Verbindung zum ständig schrumpfenden deutschen Machtbereich aufrecht zu erhalten. Nur eine Woche später mussten die letzten deutschen Nachhuten Saloniki vor den anrückenden Briten räumen. Für den Rest des II. Weltkriegs besaß die deutsche Luftwaffe keinen Stützpunkt mehr, von dem sich die Länder des Nahen Ostens direkt erreichen ließen. Nur durch Zwischenlandungen auf dem Flugplatz der Insel Rhodos, die auch nach der Räumung Griechenlands bis zur bedingungslosen Kapitulation im Mai 1945 von deutschen Truppen besetzt blieb, waren noch Flüge in den nahöstlichen Raum theoretisch möglich.

Heft 20: In der Nacht des 2./3. Oktober 2000 wurden im Eingangsbereich der Düsseldorfer Synagoge drei Brandsätze gezündet. Eine zufällige Augenzeugin konnte durch ihr mutiges Eingreifen größere Schäden vermeiden. Zwei Monate später konnten die Täter dingfest gemacht werden. Es handelte sich um einen Jordanier und einen Marrokaner mit deutschem Pass, die das Attentat aufgrund antiisraelischer Emotionen durchgeführt hatten. In den Wohnungen der Täter stellte die Polizei antisemitisches Schrifttum und NS-Symbole, u.a. Hitler-Bilder, sicher. Die Öffentlichkeit wie die Presse reagierte auf diese Entwicklung nachhaltig irritiert, nachdem man ähnlich wie beim Bombenanschlag auf osteuropäische Migranten jüdischen Glaubens am Düsseldorfer S-Bahnhof Wehrhahn Ende Juli 2000 ganz selbstverständlich von einer Täterschaft deutscher rechtsextremistischer Krimineller ausgegangen war. Die Verunsicherung war umso größer, als auch bei diesem Verbrechen nun weitere Täterkreise in Betracht gezogen werden mussten. Die Printmedien mussten zwar notgedrungen ihrer Chronistenpflicht über den arabischen Hintergrund der Synagogenattentäter nachkommen, verweigerten aber mehrheitlich eine Analyse der Zusammenhänge. Zu sehr störte das ärgerliche Faktum nichtdeutscher Täter das gesellschaftliche multikulturelle Ideal noch dazu auf dem Höhepunkt des von Bundeskanzler Schröder vollmundig ausgerufenen ‚Aufstand der Anständigen’. Lediglich der taz kommt das Verdienst zu, den Antisemitismus als ideologisches Scharnier zwischen Rechtsextremismus und Islamismus herauszuarbeiten und auf die personellen Verquickungen beider Lager im Bereich der Holocaust-Leugnung hinzuweisen.

Heft 21: Schon im Herbst 1952 waren Otto Ernst Remer, bis 1945 Kommandeur des Wachbataillons ‚Großdeutschland’ und maßgeblich an der Niederschlagung des Putsches vom 20. Juli 1944 beteiligt, und der Waffenhändler Ernst Wilhelm Springer in Ägypten untergetaucht, nachdem die von ihnen gegründete rechtsextremistische Sozialistische Reichspartei (SRP) verboten worden war. Springer arbeitete später in Damaskus mit dem Massenmörder Alois Brunner bei dunklen Geschäften zusammen.

Heft 23: Am 2.1.1943 sandte der deutsche Diplomat Hans Georg Mackensen (1883 – 1947) in Rom ein Telegramm an das Auswärtige Amt in Berlin: „Nur als Verschlusssache zu behandeln. […]
6) Deutsch-arabische Freiwilligentruppe. – An der Besprechung dieses Punktes nahmen auch deutscherseits der stellvertretende Militärattaché [Waldenburg] und als Vertreter des Comando Supremo General Amé teil. Letzterer hatte sich in diesen Tagen bereits eingehend mit Oberstleutnant Meyer-Ricks ausgesprochen. Zunächst wurde sofort Übereinstimmung festgestellt, dass die deutsch-arabische Lehrabteilung, welche bereits auf dem Wege nach Palermo sei, unverzüglich auf dem Luftwege nach Tunis befördert werden solle. Stellvertretender deutscher Militärattaché bezeichnete als Zeitpunkt bis zum vollständigen Eintreffen in Tunis etwa drei Wochen von heute an gerechnet. Nach erfolgtem Eintreffen solle Lehrabteilung Werbung unter Arabern sofort aufnehmen. Ferner bestand Übereinstimmung über Werbung von Freiwilligen in Tunis, bei deren Aufstellung, wie Bismarck hervorhob, vom Gesandten Rahn laufend Verbindung mit dem italienischen Generalkonsul in Tunis gehalten werden solle (vergleiche Drahterlaß 5209 vom 30. Dezember 1942). Sobald von italienischer Seite wie von Moellhausen wurden jedoch Bedenken geäußert, wie sich diese Entwicklung praktisch auswirken werde. Vitetti fasste diesen und vorhergehenden Punkt wie folgt kurz zusammen: Alsbaldige Überführung deutsch-arabischer Lehrabteilung nach Tunis, Anwerbung von Freiwilligen, durch die die Lehrabteilung vergrößert werden soll. Gleichzeitig in Rom Besprechungen mit Bourgiba mit dem Ziel, ihn für Zwecke der arabischen Propaganda einzusetzen.“


Heft 28: Schon der islamische Religionsstifter Mohammed ging zu den Juden auf Konfrontationskurs. Nach dem Scheitern der Bekehrungsarbeit gegen drei jüdische Stämme im Raum Medina führte Mohammed regelrechte Angriffskriege gegen sie, die damit endeten, dass zwei Stämme ihren Besitz verloren und abwandern mussten. Die Sure 9,29 des Koran fordert: „Kämpft wider jene, welchen die Schrift gegeben ward (Juden/Christen!), die nicht glauben an Allah und an den Jüngsten Tag und nicht verbieten, was Allah und sein Gesandter verboten haben, und nicht bekennen das Bekenntnis der Wahrheit“ und in der nächsten Sure heißt es: „Es sprechen die Juden ‚Esra ist Gottes Sohn’, und es sprechen die Nazarener ‚Der Messias ist Gottes Sohn’. Solches ist das Wort ihres Mundes. Sie führen ähnliche Reden wie die Ungläubigen von zuvor. Allah, schlagt sie tot! Wie sind sie verstandeslos!“. Der Iraner Ali Dashti vertritt die Ansicht, die gemäß der ebengenannten Sure durchgeführte „Vertreibung und Vernichtung der Juden, die Inbesitznahme der jüdischen Dörfer Khaybar und Fadak und die Eroberung Mekkas zeigen deutlich, dass der Islam, wenn er erstmals an die Macht gekommen ist, keine höfliche und vernünftige Diskussion mit Andersdenkenden für nötig erachtet. Die Sprache des zukünftigen Gespräches mit ihnen war die des Schwertes.“

Heft 36: Der Schriftsteller Ralph Giordano warnte im Zusammenhang mit dem Bau einer Großmoschee in Köln vor einer unheiligen Allianz radikaler muslimischer Kreise in Deutschland, welche gemeinsam mit deutschen Rechtsextremisten antisemitische Propaganda verbreiteten und jüdische Men¬schen bedrohten oder sogar angriffen. Das Zentrum für Türkeistudien in Essen musste einräumen, dass die Befürchtungen des NS-Verfolgten und Holocaust-Überlebenden Ralph Giordano bezüglich eines islamistisch motivierten Antisemitismus in Deutschland berechtigt seien. Wie zur Bestätigung der Warnung schwadronierte das rechtsextremistische ‚Collegium Humanum – Akademie für Umwelt und Lebensschutz e.V. in Vlotho 2006 in seinem Pamphlet ‚Stimme des Gewissens’: „Das iranische Staatsoberhaupt Ahmadinedjad hatte sich in Mekka […] öffentlich als Holocaustleugner bekannt und einen höchst logischen Vorschlag zu Lösung der Judenfrage unterbreitet.“

Heft 40: Hadsch Amin el-Husseini, mit dem auch der verstorbene PLO-Terroristen¬führer Jassir Arafat weitläufig verwandt war, hielt sich nach zwischenzeitlichem anderweitigem Exil zwischen 1941 und 1945 in Berlin auf und war intensiv in die diplomatischen Ränkespiele und Gewaltaktionen verstrickt, die während des Zweiten Weltkriegs den Nahen Osten prägten, wie z. B. in den 1941 gescheiterten prodeutschen Putsch Raschid Ali al-Gailanis in Bag¬dad. Der Großmufti genoss das Wohlwollen der meisten NS-Größen. El-Husseini war keineswegs nur, weil es die politische Konstellation eben so hergab, weil er von den Nationalsozialisten instrumentalisiert wurde oder sich aus taktischen Gründen einspannen ließ an die Seite der NS-Diktatur geraten. Er warf sich vielmehr aus freien Stücken und als der weitaus aktivere Partner dem NS-Regime an den Hals. Im Mai 1941 erfolgte ein antibri¬tischer Aufstand im Irak, bei dem der NS-Führung seitens der nach wenigen Wochen erfolglosen Rebellen durch das Töten von 180 Juden in Bagdad nicht nur militärische, sondern auch antijüdische Kooperation blutig signalisiert wurde. Am 28. November 1941 versicherte der Großmufti von Jerusalem gegenüber Hitler, dass man mit Engländern, Juden und Kommunisten dieselben Feinde bekämpfe, worauf der deutsche Diktator erwiderte: „Deutschland führt einen kompromisslosen Krieg gegen die Juden. Dies beinhaltet auch einen aktiven Widerstand gegen eine jüdische Heimstätte in Palästina.“ In einem Schreiben bekräftigt das deutsche Außenministerium am 28. April 1942, „das Versprechen, die jüdische Heimstätte in Palästina zu liquidieren, wird ohne Einschränkung gegeben.“
Über die Massenvernichtung der Juden war el-Husseini, der nicht nur antizionistisch sondern auch antijüdisch eingestellt war, und gute Kontakte zum Reichsführer SS Heinrich Himmler unterhielt, nicht nur informiert, sondern er befürwortete sie uneingeschränkt. Er kann sogar als eine durchaus, treibende Kraft in der Vernichtungsmaschinerie des Holocaust angesehen werden. Zum Beispiel verhinderte el-Husseini die Freilassung von 5.000 jüdischen Kindern, die auf Initiative des Roten Kreuzes gegen 20.000 gefangene deutsche Soldaten ausgetauscht werden sollten. Dies wirft ein bezeichnendes Licht auf arabische Argumente, die Palästinenser hätten nach 1945 „für Auschwitz zu büßen gehabt“, an dem sie gar nicht beteiligt und damit ganz unschuldig gewesen seien. Das Erbe des Extremisten Amin el-Husseini, dem auch islamistische Anwandlungen nicht fremd waren, lastet noch heute auf der palästinensischen Gesellschaft.


Heft 43: 1918 lebten im nun britisch besetzten Palästina 60.000 Juden und 700.000 Araber, wovon ein Zehntel Christen waren. Die Mehrheit der palästinensischen Araber empfand die jüdischen Emigranten als Eindringlinge. Vor allem Pächter und Tagelöhner, die bereits unter den einheimischen Grundherren ein entbehrungsreiches Leben führten, sahen ihre karge Existenz bedroht, als a rabische Großgrundbesitzer damit begannen, ihren Boden an jüdische Einwanderer zu verkaufen. Arabische Landarbeiter weigerten sich, ihre Felder zu verlassen, auf denen sie bislang gelebt und gearbeitet hatten. Die nach der Eroberung 1917/18 durch den Völkerbund seit 1920 auch offiziell legitimierte britische Mandatsmacht setzte in einigen Fällen die Ansprüche der neuen Eigentümer mit Gewalt durch. Zu den Arabern, die jüdischen Einwanderern Land verkauften, gehörten bezeichnenderweise auch führende palästinensische Familienclans wie die berüchtigten Husseinis - denen der spätere Großmufti von Jerusalem entstammte -, die öffentlich als militante Antisemiten auftraten.
In den Jahren 1919 bis 1931 wanderten 100.000 Juden nach Palästina ein. In dieser Zeitspanne mussten nach Unterlagen der britischen Mandatsverwaltung 664 arabische Familien den von ihnen bisher bearbeiteten Grund und Boden verlassen. Nicht wenige der Betroffenen konnten zunächst an ihren Wohnorten bleiben, weil auch jüdische Siedler arabische Landarbeiter einstellten oder Teile des von ihnen erworbenen Landes wiederum, wie die arabischen Vorbesitzer, an palästinensische Bauern verpachteten. Von 1931 bis 1939 kamen 200.000 jüdische Emigranten hinzu. Durch das Land, das sie erwarben, waren weitere 899 arabische Familien zur Umsiedlung gezwungen, was etwa 5.000 Personen betraf. Die meisten von ihnen zogen in die Städte. Bis zum Zweiten Weltkrieg waren allerdings mehr Araber aufgrund schlechter Ernten und hoher Schulden bei ihren arabischen Arbeitgebern zur Landflucht gezwungen als wegen der Ansiedlung jüdischer Einwanderer. Auch wird von interessierter arabischer, palästinensischer, muslimischer Seite und ihren westlichen Kollaborateuren heutzutage geflissentlich übersehen, dass palästinensische Landbesitzer bis 1939 den jüdischen Emigranten weitaus mehr Land anboten, als diese kaufen konnten.


Heft 44: Als im Frühjahr 1939 der irakische König Ghasi starb, machten viele Iraker die Briten für seinen Tod verantwortlich. Demonstranten erschlugen in Mossul den britischen Konsul Monck-Mason und setzten das britische Konsulat in Brand. Faschistische Gruppen überfielen derweil in Bagdad das jüdische Wohnviertel und ermordeten mehrere Juden. Festgenommene Täter, darunter nicht wenige Studenten und Schüler, bekannten sich vor Gericht als Nationalsozialisten und erklärten, die Übergriffe unter Leitung ihrer deutschen Lehrer mit Unterstützung der deutschen Botschaft unternommen zu haben. Daraufhin wies man einige der deutschen Drahtzieher, darunter auch Botschafter Grobba, aus dem Irak aus.
Zum Zeitpunkt des Staatsstreiches am 1.4.1941 befanden sich Hunderte Palästinenser vor Ort, die vor den Briten ins Exil nach Bagdad geflohen waren. Der Großmufti rief in Sendungen des irakischen Rundfunks zum Heiligen Krieg (jihad) gegen die Briten auf und erklärte in einer Fatwa diesen zur religiösen Pflicht für die Muslime in der gesamten arabischen Welt. Die Achsenmächte erkannten die neue irakische „Regierung der nationalen Verteidigung“ unter Raschid Ali al-Ghailani umgehend an. Der ausgewiesene Botschafter Grobba, der sich möglicherweise in Erwartung der kommenden Ereignisse lediglich nach Ankara zurückgezogen hatte, kehrte im Hochgefühl des Triumphes am 11.5.1941 nach Bagdad zurück. Sofort nach seiner Ankunft händigte er al-Ghailani Gold im Wert von mehr als 200.000 RM aus und bedachte Husseini mit 62.500 RM. Weitere Zahlungen in namhafter Höhe folgten. Schon im Vorfeld des Staatsstreiches hatte sich der Großmufti von Jerusalem über seinen Privatsekretär Kemal Haddad in Berlin um Waffenlieferungen und militärischen Flankenschutz für die Putschisten im Irak bemüht. Der Staatsstreich kam allerdings für die deutschen Planungen, die auf den Überfall auf die Sowjetunion ausgerichtet waren, zu früh. Berlin wollte allerdings die pro-deutschen Kräfte in den arabischen Ländern nicht verstimmen und sandte Ende April 1941 von den Flugplätzen in Belgrad und Athen-Tatoi, die gerade im Zuge des Balkanfeldzuges erobert worden waren, das ‚Haifisch’-Zerstörer-Geschwader (Me 110-Maschinen) in den Irak. Waffen gingen über das Vichy-kontrollierte Syrien nach Bagdad. Auch das faschistische Italien gewährte den Putschisten zwischen Euphrat und Tigris logistische Unterstützung. Reichsaußenminister Ribbentrop erklärte am 3.5.1941: „Ein sich beständig ausbreitender Aufstand in der arabischen Welt wäre für uns von größter Hilfe bei unserem entscheidenden Vorstoß nach Ägypten.“ Der ägyptische König Faruk fühlte sich durch den Putsch im Irak ermutigt, seine Kontakte zu NS-Deutschland zu intensivieren. Selbst die Berater Ibn Sauds überlegten intensiv, ob sich Saudi-Arabien den Achsenmächten anschließen sollte. Inzwischen waren der irakische König und pro-britische Politiker aus der irakischen Hauptstadt geflohen. Truppen der Putschisten belagerten derweil den britischen Luftwaffenstützpunkt Habbaniya in der Nähe von Bagdad, ohne ihn allerdings einnehmen zu können. Die von der vierköpfigen Militärjunta befehligte irakische Armee zählte zwar 60.000 Soldaten; doch waren diese über das ganze Land verstreut disloziert und schlecht ausgerüstet. Gegen die mobilen Streitkräfte der Briten, die von irakischen Hafenstadt Basra, aus Kuwait und Transjordanien gegen Bagdad vorrückten, waren die Putschisten machtlos. Daran änderte auch die zu späte und unzureichende deutsche und italienische Waffenhilfe nichts. Das mit zwei Dutzend Kampfflugzeugen in den Irak entsandte Zerstörergeschwader der deutschen Luftwaffe wurde während der Kämpfe im Mai 1941 vernichtet. Hitler bekräftigte am 23.5.1941 dennoch seine Unterstützung für die arabischen Nationalbewegungen und erhoffte sich von diesen „natürlichen Bundesgenossen“ eine Stärkung der antibritischen Kräfte im Nahen Osten, eine Unterbrechung des britischen Nachschubs und die Ablenkung britischer Truppen und Schiffe von anderen Kriegsschauplätzen. Doch keine Woche später, am 29.5.1941 marschierten britische Truppen in Bagdad ein. Der Großmufti, der Regierungschefs Ghailani und die Putsch-Generäle mussten mit Hilfe des deutschen Gesandten Grobba in den Iran flüchten. Am 31.5.1941 befand sich das ganze Land unter britischer Kontrolle, nachdem die letzten am Putsch beteiligten irakischen Militäreinheiten die Waffen gestreckt hatten. Am folgenden Tag kehrte der irakische König zurück. Während der militärischen Auseinandersetzung zwischen den Briten und den Putschisten verhielten sich dagegen die Iraker außerhalb ihrer verbalen Bekundungen auffallend passiv, wie der Hauptmann der deutschen Abwehr, Kohlhaas, einräumen musste: „Die Feindseligkeit der Bevölkerung gegen England ist unstreitig, und ebenso, dass der Name des Führers auch dem geringsten Araber bekannt ist und dass das Auftreten der Deutschen freudig begrüßt wurde. Trotzdem blieb aber die Volksmasse gegenüber dem Krieg selbst völlig teilnahmslos, wie im Straßenbild von Bagdad täglich, zumal am Tage vor dem Fall der Hauptstadt, und ebenso in Mossul, festgestellt werden konnte; der kriegerische Geist der Wüstenbevölkerung setzt sich engere Ziele als den Kampf um ein nationales Arabien.“


Heft 45: So erfüllt der Nahostkonflikt etliche Rollen. Ein Teil der arabischen youth bulges verschont die eigenen Eliten und kämpft gegen Jerusalem oder stellt seine Energien darauf ein. Man kann die frommen jungen Männer schließlich nicht für die muslimischen Brüder in Sinkiang kämpfen lassen, da China nicht lange fackeln würde. Sollte man gegen Israel einmal siegreich sein, werden allerdings selbst die größten arabischen Fanatiker schnell merken, dass auch nach Millionen getöteter Juden nicht ein einziger interessanter Posten für sie herauskommen wird. Der weltweite Irrglaube vom Nahostkonflikt als größtem Menschheitsproblem käme zumindest den direkten Tötern vor Ort schnell abhanden. Von dem zu einem weiteren Sandhügel in den arabischen Weiten gewordenen zerstörten Israel würde es ohne Ablegen der Kampfanzüge schnurstracks zurück in die arabischen Hauptstädte gehen. Dann könnte man vielleicht aus Harvard heimgekehrte Prinzen noch im Todesröcheln gegen daheim gebliebene Scharfmacher wüten hören: „Ein bedrohtes und verteufeltes Israel sollte unser Blitzableiter sein. Sie sollten die Juden hassen und immer mal wieder welche töten, um nicht uns anzugreifen. Habt ihr Algerien vergessen, wo verfluchte Rebellen schon viele tausend aus unseren Rängen massakriert haben? Israel war unser Lebensanker! Wie konntet ihr Wahnsinnigen zulassen, daß man ihn herausreißt?“
Indem europäische Regierungen in ihrer wahnhaften Fehlwahrnehmung vor und nach dem zweiten Irakkrieg „eine Endlösung der Israelfrage als Bedingung für den Weltfrieden fordern“, übersehen sie, dass Israel nur einen Vorwand für den antiwestlichen Hass liefert. Hätte Palästina nicht mehr zu tötende Juden an seiner Seite, würde es sehr schnell zu einem zweiten Algerien werden. Bei einem wirklichen Frieden mit Israel ebenso wie bei seiner Vernichtung könnten die um Positionen kämpfenden jungen Palästinenser sich nur noch gegenseitig eliminieren. So bringen sich im libanesischen Ein el-Hilweh mit seinem enormen Kinderreichtum Anhänger Bin Ladens und Gefolgsleute der PLO – letztere unter dem klingenden Namen ‚Jugend des bewaffneten Kampfes’ – mit den gewohnten Sprengladungen gegenseitig um und müssen damit fertig werden, daß europäische Fernsehcrews ausbleiben, „weil Stories gegen Juden dabei nicht abfallen.“


Heft 46: Wenn irgendwo in Deutschland gegen Israel auf die Straße gegangen wird, kann man ziemlich sicher sein, dass neben Anhängern der Terrororganisationen Hamas und Hisbollah auf jeden Fall schon einmal Pseudolinke mitmarschieren und dies auch dann noch, wenn die angebliche Solidaritätsveranstaltung mit den Palästinensern in offenen Antisemitismus umschlägt. In Berlin beteiligten sich Mitte Januar 2009 neun Bundestagsabgeordnete der Linken an einem Protestzug, auf dem „Tod Israel“ und „Hisbollah bis zum Sieg“ skandiert wurde. Die Fahne der Linkspartei flatterte dabei fröhlich neben Transparenten mit der Aufschrift „Holocaust in Gaza“. Niemand fand auf der nächsten Fraktionssitzung etwas dabei. Dafür musste sich der Berliner Landesvorsitzende der Linken, Klaus Lederer, von seinen ‚Genossen’ in einem Offenen Brief vorhalten lassen, ein Kriegsunterstützer zu sein, weil er es gewagt hatte, auf einer Pro-Israel-Demonstration an der Berliner Gedächtniskirche zu sprechen. Dies sind alles keine einmaligen Entgleisungen der Pseudolinken. Als der Bundestag im November 2008 eine gemeinsame Resolution gegen Antisemitismus verabschieden wollte, verließen elf Abgeordnete der Pseudolinken den Saal, weil in der fraktionsübergreifenden Entschließung klargestellt wurde: „Wer an Demonstrationen teilnimmt, bei denen Israelfahnen verbrannt und antisemitische Parolen gerufen werden, ist kein Partner im Kampf gegen den Antisemitismus.“

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Geschichte des Kreises Warendorf von 1918 bis 1945.
In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2003. S. 43 – 66.

Eine konfessionelle Durchmischung fand mit Ausnahme der Stadt Ahlen und der benachbarten Bergbaugemeinde Heessen vor 1945 für das Untersuchungsgebiet nicht statt. Im Amtsbezirk Telgte bekannten sich 98 % der Bevölkerung zur katholischen Kirche. Ähnliche Verhältnisse herrschten auch im übrigen heutigen Kreisgebiet. Im Altkreis Beckum bekannten sich 1939 zur katholischen Konfession 80.219 Einwohner und zur evangelischen 13.153 Menschen. Im heutigen Nordkreis waren 96,5 % der Bevölkerung Gläubige der katholischen Kirche. Zum Gnadenbild der schmerzhaften Mutter pilgerten die gläubigen Menschen aus nah und fern nach Telgte. In Zeiten politischer Bedrückung und Repressionen gegenüber der Kirche, namentlich während der NS-Diktatur, stiegen die Pilgerzahlen bemerkenswert an. Über die Menschen im Kreise Beckum berichtete ein auswärtiger Beobachter: „Die Bevölkerung des Kreises, die sich durch großen Kinderreichtum auszeichnet, ist fast ausschließlich katholisch.“

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Zur Geschichte des Kreises Warendorf von 1945 bis 1975.
Vom demokratischen Aufbau zur kommunalen Neuordnung.
In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2003. S. 67 - 81.


Mit ihrer Verordnung Nr. 21 erließ die britische Militärregierung für ihre Zone am 1.4.1946 die ‚Revidierte Deutsche Gemeindeordnung’ in Verbindung mit der Instruktion Nr. 100 der britischen Kontrollkommission und legte damit auf Kreisebene in Umkehrung des ‚Führerprinzips’ die politischen und gesetzlichen Machtbefugnisse in die Hände des Kreistages. Der Vorsitzende des Kreistages, der Landrat, wurde demgemäß zum politischen Beamten, der nicht mehr an der Spitze der Verwaltung stand und sie auch nicht mehr als seine Hauptaufgabe anzusehen hatte, sondern die gewährleistete Durchsetzung der politischen Beschlüsse des Kreistages, die er als repräsentativer Vertreter des Kreises gegenüber der Öffentlichkeit zu vermitteln hatte.

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Zuwanderung vor 70 Jahren.
Illustriert an einem Beispiel aus der Stadt Oelde im damaligen Kreis Beckum.
In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2003. S. 252 – 257.


Das Thema Migration beherrscht zur Zeit die bundesdeutsche politische Diskussion und beeinflusst den Wahlkampf. Lenkt man den Blick in die Vergangenheit, zeigt sich, dass Zuwanderung zu allen Zeiten in Abhängigkeit von spezifischen gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen steht und von diesen maßgeblich beeinflusst wurde und wird. Ein interessanter Fall aus den 30er Jahren des 20. Jh. läßt sich anhand der überlieferten Quellen dokumentieren. Die Firma Ramesohl & Schmidt AG, Vorläuferunternehmen der Westfälischen Seperator AG, informierte im Januar 1933 den Oelder Amtmann: „Wir haben unsere Verkaufsstelle für Polen in Danzig aufgelöst und besorgen die weitere Abwicklung der Geschäfte jetzt von unserer hiesigen Zentrale aus. Um eine ordnungsmäßige Abwicklung hier bei uns zu gewährleisten, müssen wir die bisherige polnische Korrespondenz unserer Verkaufsfiliale Danzig, Fräulein Hedwig Kitowski bis auf weiteres hier in Oelde beschäftigen. Fräulein Kitowski ist polnische Staatsangehörige und in Tczew [Dirschau], Ul. Zielona 1 wohnhaft. Wir bitten, die Aufenthalts- und Beschäftigungsgenehmigung zu erteilen.“

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Ernst Busch, ein gehorsamer westfälischer General.
In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Bd. Nr 3. 16. Jahrg. (2002). Heft Nr. 20. S. 405 – 416.

Trotz allen Gehorsams erkannte Busch die Schwere seiner neuen Aufgabe, denn die Stellungen der Heeresgruppe Mitte ragten wie ein Balkon mit gefährdeten Flanken aus der übrigen Ostfront heraus. Er sprach deshalb am 20.5.1944 bei Hitler vor und unterbreitete zwei Vorschläge zur Frontverkürzung. Die kleine Lösung bestand in einer Rücknahme der deutschen Linien hinter den Dnjepr, die große Lösung in einem Rückzug hinter die Beresina. Hitler sah den Generalfeldmarschall erstaunt an: „Ich habe nicht gewusst, daß sie auch zu den Generalen gehören, die immer nach hinten blicken.“ Er be¬fahl, die in einem weiten Bogen nach Osten vorspringende Frontlinie der Heeresgruppe Mitte „unter allen Umständen zu halten.“ Busch verstand, erwiderte, dass er alle Befehle stets treu ausführen werde und ließ seinen Stab den unmissverständlichen Willen Hitlers mitteilen, keinen Fußbreit Boden auf¬zugeben. Er beschwichtigte seine Untergebenen mit der Zusicherung Hitlers, der ihm für die Heeres¬gruppe Mitte einen ruhigen Sommer versprochen hatte. Im Übrigen akzeptierte Busch die Führerwei¬sung Nr. 11, welche befahl „einige Städte im Bereich der Heeresgruppe Mitte zu ‚Festen Plätzen‘ aus-zubauen. Dazu gehörten im frontnahen Bereich: Bobruisk, Mogilew, Orscha, Witebsk, außerdem Minsk.“ Um die so genannten ‚Festen Plätze‘ bauten sowjetische Zwangsarbeiter und Kriegsgefan¬gene unter großen personellen Opfern Schutz-, Riegel- und Sehnenstellungen, die eine ausreichende Verteidigung der zu ‚Festungen‘ erklärten Orte auch mit schwachen Kräften gewährleisten sollten. Doch auch diese geringen Kräfte fehlten im entscheidenden Augenblick.

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Kollaboration kaukasischer Völker mit NS-Deutschland während des II. Weltkriegs.
In: Spuren der Verfolgten. Heft 15. 2003. S. 16 – 19, Heft 16. S. 13 – 19 und Heft 17. S. 12 – 25.

Heft 15: Im Herbst 1943 hatte sich die militärische Lage NS-Deutschlands grundlegend geändert. Jetzt ließ es sich Heinrich Himmler bei seiner berüchtigten Rede vor den Reichs- und Gauleitern nicht nehmen, die aus Muslimen formierten Verbände der Waffen-SS auf dem Balkan zu erwähnen, welche dort im Einsatz gegen die jugoslawischen und albanischen Partisanen standen: „Bei jedem Bataillon ist ein Iman. Die Imane sind für die Bosniaken und Albaner meine weltanschaulischen Schulungslei¬ter.“

Heft 16: Ende Mai 1941, keine vier Wochen vor dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion, ver¬ständigte sich Admiral Wilhelm Canaris, der Chef des Amtes Ausland/Abwehr im OKW mit Alfred Rosenberg, der an der Spitze eines so genannten Ostministeriums stehen sollte, über die Verwaltung der zu erobernden Gebiete und die Auswahl von Kollaborateuren auf dem Gebiet der Sowjetunion. Für den kaukasischen Raum war ein „Föderativstaat mit deutscher Spitze“ vorgesehen. Kaukasier, die mit der deutschen Abwehr militärisch zusammenarbeiteten, sollten zur Beherrschung ihrer Heimat deutscherseits Hilfspositionen in der Verwaltung übernehmen. Das so genannte Lehrregiment ‚Bran¬denburg‘ z.b.V. 800, eine Spezialeinheit der deutschen Abwehr zur Spionage, Sabotage, Subversion und ähnlichen Aktionen hinter den gegnerischen Linien, sollte im Kaukasus entsprechende Kollabo¬rateure rekrutieren. Die mit Kriegswirtschaft befassten Stellen im OKW strebten an, „im Hinblick auf mögliche Auflösungserscheinungen im russischen Reich nach ersten großen deutschen Erfolgen einem selbstständigen Kaukasus-Staatsgebilde, das naturgemäß an unversehrten Ölrevieren interessiert wäre, mit politischen und anderen Mitteln vorzuarbeiten.“

Heft 17: Die Tatarenkomitees gerierten unter diesen Rahmenbedingungen zwangsläufig zum Kern für die freiwillige Mitwirkung der Krimtataren an der deutschen Militärverwaltung. Organisatorische Grundlage stelle eine Vereinbarung zwischen dem Oberkommando der 11. Armee und der Einsatz¬gruppe D der Sicherheitspolizei und des SD unter dem Befehl des berüchtigten SS-Oberführers Otto Ohlendorf dar. Ziel einer ersten Werbekampagne war es, unter den Tataren so genannte Selbstschutz¬kompanien aufzustellen, die gemeinsam mit den Mordkommandos der Einsatzgruppe D tatsächliche und vermeintliche Partisanen bekämpfen sollten. Aus Sicherheitsgründen wurden die tatarischen Selbstschutzkompanien von deutschen Kommandeuren befehligt. Mit allen Fragen der Versorgung wie Sold, Verpflegung. Ausrüstung, Bewaffnung bezüglich der Selbstschutzkompanien waren die in der Nähe liegenden Einheiten der Wehrmacht unter Beteiligung der örtlichen Kommandanturen der Militärverwaltung zuständig. Die Freiwilligen der tatarischen Selbstschutzkompanien erhielten deut¬sche Uniformen ohne Rangabzeichen und wurden mit Infanteriewaffen, allerdings ohne Maschinen¬waffen, ausgerüstet. Die unmittelbare Verantwortung bei der Stationierung und Ausbildung der tatari-schen Selbstschutzkompanien lag bei der Einsatzgruppe D.

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August Ahlke, Pädagoge, Exponent der Heimatbewegung, Täter im Kreis Beckum der 1920er Jahre.
In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Bd. Nr 4. 17. Jahrg. (2003). Heft Nr. 1. S. 14 – 19 u. Heft Nr. 2. S. 23 - 30.

Nr. 1: Im Herbst 1928 kippte das positive Persönlichkeitsbild August Ahlkes urplötzlich ins Negative. Anfang Oktober 1928 berichtete die Beckumer Kreisschulinspektion der Regierung in Münster: „Am 29. September ging bei mir ein Bericht des Rektors der Schule I in Beckum ein, daß der Lehrer Ahlke sich einer sofortigen Operation unterziehen müsse. [...] Zu gleicher Zeit hörte ich von einem in Be¬ckum verbreiteten Gerücht, daß Ahlke sich sittlicher Verfehlungen mit Jugendlichen habe zu Schulden kommen lassen. [...] Wie ich weiter erfahre, ist gegen Ahlke Anzeige bei der Polizei erstattet. [...] Was die Krankheit des Lehrers angeht, so hat er schon seit langer Zeit über ein inneres Leiden geklagt, doch ist anzunehmen, daß das Gerücht über seine sittlichen Verfehlungen ihn veranlasst hat, nunmehr sich in ärztliche Behandlung zu begeben.“ Bereits einige Tage zuvor hatte Schulrat Schmalohr den Vorsitzenden des Kreislehrerrates aufgefordert: „Lehrer Ahlke wird sittlicher Verfehlungen mit Ju¬gendlichen beschuldigt. Er darf nicht mehr zum Unterricht zugelassen werden, falls er von seiner Krankheit bald wiederhergestellt sein sollte. Falls Ihnen bekannt ist, daß an den sittlichen Verfehlun¬gen auch schulpflichtige Kinder beteiligt sind, [...] ersuche ich um sofortigen Bericht.“ Wenn es schwer wird flüchten sich manche Menschen in die Krankheit. Ein Verhaltensphänomen, daß auch in unseren Tagen möglicherweise bei einem Kandidaten für die Bundestagswahl 2002 aus dem Kreis Warendorf zu beobachten war, der politisch sittenwidriges Verhalten an den Tag legte.

Nr. 2: Viele Täter, selbst wenn sie oder gerade dann im sozialen Bereich ihre Verbrechen verüben, bleiben auch heute unerkannt, ähnlich den zuständigen Aufsichtsbehörden während der 1920er Jahre im Kreis Beckum, wie die weitere gutachterliche Stellungnahme des Schulrats über August Ahlke erkennen lässt: „In seinem gesamten Verhalten habe ich nie etwas wahrgenommen, was auf diese Ver¬fehlungen hätte schließen lassen und ich kann auch nachträglich, nachdem ich lange über seine Per¬sönlichkeit nachgedacht habe, nicht derartiges in seiner ganzen Persönlichkeit finden. Das rührt wohl daher, daß er von vielen höhern Interessen beherrscht war. Ein Mann, der sich mit solch leidenschaft¬licher Energie einer Sache widmet und für seine Interessen solche Arbeit leistet, ist wohl eine leiden¬schaftliche Natur und auch wohl mit niedern Leidenschaften behaftet. Durch sein vieles Sitzen und Arbeiten hat er dieser Leidenschaft wohl mehr Vorschub geleistet als sich abgelenkt. [...] Ich habe, als mir die Verfehlungen bekannt wurde, impulsiv ausgerufen: ‚Der Mensch hat sich verrückt gearbeitet.‘ Er hat sich in diesem Punkte übernommen“. Im letzten Satz seines Gutachtens könnte Schulrat Schmalohr dann der tieferen Wahrheit des Falles näher gekommen sein als es ihm selber vielleicht bewusst war, denn „es ist ihm nicht gelungen, in seinem täglichen Leben die Harmonie herzustellen, ohne die einer nicht glücklich ist.“

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Prof. Theodor Lessing- Ein frühes Opfer des NS-Terrors.
In: Spuren der Verfolgten. Heft 16. 2003. S. 3 – 9.

Auch während der folgenden Universitätskarriere, die mit seiner Habilitation in Hannover Ende 1907 beginnt, bleibt Lessing ein Außenseiter. Zwar kann er bis 1922 an der Technischen Hochschule in Hannover vom Privatdozenten zum Professor für Philosophie und Pädagogik aufsteigen, doch wird seine Fachrichtung an der naturwissenschaftlich ausgerichteten Hochschule als Luxus angesehen, dem seine Kollegen, die Techniker und Ingenieure für eine angestrebte deutsche Weltmachtstellung ausbil¬deten, nur wenig abgewinnen konnten. Zu Lessings ‚Philosophie der Tat‘ zählte auch die Umsetzung seiner Ideen im gesellschaftspolitischen Bereich. Diesem Zweck diente eine breite publizistische Tä¬tigkeit, vor allem in den beiden herausragenden liberalen Blättern ‚Prager Tagblatt‘ und ‚Dortmunder Generalanzeiger‘, wodurch er sich nicht nur Freunde machte. Während des I. Weltkrieg äußerte er sich in Vorträgen und Publikationen kritisch hinsichtlich der Politik des wilhelminischen Kaiserreichs und macht Bekanntschaft mit Spitzeln und der Militärzensur. Allerdings wusste er von was er redete und schrieb, denn mit Beginn des Krieges war er als Hilfsarzt in einem Hannoveraner Reservelazarett ein¬gesetzt.

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Wilhelm Schneider – Aus der Sicht eines Benutzers des Kreisarchivs Warendorf - .
In: Zwischen Weihrauch und Aktenstaub. Wilhelm M. Schneider. – Auswahlbibliograhie.
Zum 65. Geburtstag von Wilhelm Schneider zusammengestellt, bearbeitet und hg. v. d. Mitarbeitern und Benutzern des Kreisarchivs Warendorf. Warendorf 2003. S. X – XI.


Neben der Erschließung der Archivalien für die Benutzer zeugt eine lange Publikationsliste von den intensiven lokal- und regionalgeschichtlichen Forschungen Wilhelm Schneiders, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf der Kirchengeschichte liegt. Als Beispiel kann sein Beitrag über die „Pfarrgemeinde St. Josef in Schalke“ gelten, der im Rahmen des Buches „750 Jahre Schalke 1246 – 1996“ über die „Geschichte eines weltberühmten Stadtteils“ erschien. Dieser Beitrag weist gleichzeitig auf die Wur¬zeln Wilhelm Schneiders hin, welche im Ruhrgebiet liegen.

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Die Zeit des Nationalsozialismus 1933 – 1945.
In: 200 Jahre Kreis Warendorf. Werden und Identität im Wandel der Zeit. Hg. v. Kreis Warendorf – Der Landrat.
Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im Museum Abtei Liesborn v. 4.7. – 17.8.2003. Wadersloh 2003. S. 83 – 93.


Für die Festsetzung der NSDAP im Amtsbezirk Telgte, wenn auch zahlenmäßig stark zurückgesetzt gegenüber dem Reichsdurchschnitt, machen Historiker und Politologen das „Vorhandensein nationa¬listischen und antisemitischen Gedankenguts im Amtsbezirk“ verantwortlich. In den meisten Orten des heutigen Kreises Warendorf konnten die Nationalsozialisten nicht leicht und schnell Fuß fassen. In Ahlen gelang es der NSDAP dagegen, sich ab 1933 relativ schnell durchzusetzen, wenn sich auch nur in wenigen Gemeinden, wie in Greffen mit 52,3 % bei der letzten halbwegs freien Reichstagswahl am 5. März 1933, eindeutige Mehrheiten für die neuen Machthaber ergaben, während das Zentrum im heutigen Nordkreis noch über 60 % der Stimmen erzielte. Die RGO(Revolutionäre Gewerkschaftsop¬position)-Liste der Kommunisten konnte bei den bereits von zahlreichen Behinderungen seitens der Nationalsozialisten gekennzeichneten Betriebsratswahlen auf der Ahlener Zeche Westfalen im März 1933 50,7 % der Stimmen erreichen. Die politische Gleichschaltung gewährleistete der Übertritt von Vertretern der Kommunalverwaltungen und der Kreistage als Hospitanten zur NSDAP. Mittlere Funktionäre der NSDAP übernahmen oft die Stellen leitender Kommunalbeamter, wie der Kreisleiter Tewes, welcher 1934 zum Bürgermeister der Kreisstadt Warendorf ernannte wurde.

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Demokratischer Aufbruch nach 1945.
In: 200 Jahre Kreis Warendorf. Werden und Identität im Wandel der Zeit. Hg. v. Kreis Warendorf – Der Landrat.
Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im Museum Abtei Liesborn v. 4.7. – 17.8.2003. Wadersloh 2003. S. 100 – 109.


Im Rahmen des demokratischen Wiederaufbaus sollte sich Ahlen 1947 durch das von der CDU im damaligen Kloster St. Michael verabschiedete ‚Ahlener Programm‘ unverwechselbar in das Buch der politischen Geschichte der späteren Bundesrepublik Deutschland eintragen. Das in der Wersestadt beratene Wirtschaftsprogramm fußte auf der Annahme, dass das kapitalistische Wirtschaftssystem, den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden war. Die CDU-Delegierten der britischen Zone forderten eine Neuordnung des ökonomischen Sektors nach gemeinwirtschaftlichen Grundsätzen. Die Zerschlagung monopolistischer Unternehmen, die Begren¬zung des privaten Aktienbesitzes, die Vergesellschaftung des Bergbaus, eine Stärkung des Genossen¬schaftswesens und schärfere Kontrollen der Geldwirtschaft, der Banken und Versicherungen stellten weitere Forderungen der damaligen CDU dar, welche in den Kerngedanken vor dem Zeithintergrund selbstverständlich und plausibel klangen: „Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neu¬ordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlerge¬hen unseres Volkes sein.“ Auch Ahlener CDU-Vertreter waren an den Beratungen beteiligt, so z. B. der Ortsvorsitzende Wilhelm Buschoff. Im Vorfeld der Beratungen hatte sich ein Kreis um den Fabri¬kanten Dr. August Pannhoff formiert. Dieser hatte eine „Konzeption für eine nichtsozialistische neue Gesellschaftsordnung der Gerechtigkeit entworfen, die er in seinem Unternehmen auch zu praktizieren versuchte.“

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Oberst Georg Freiherr v. Boeselager.
Ein Kavalleriekommandeur des II. Weltkrieges, hervorgegangen aus westfälischen berittenen Einheiten.
In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Bd. Nr 4. 17. Jahrg. (2003). Heft Nr. 3. S. 54 – 60 und Heft Nr. 4. S. 63 - 65.


Heft 3: Wie sah nun die ‚Taktik’ von Boeselagers und die Wirklichkeit des Partisanenkampfes aus? Im April 1943 schlug die Führungsabteilung der Heeresgruppe Mitte beim OKH auf Initiative der 3. Pan¬zerarmee vor, große Waldgebiete vollständig zu evakuieren und zu Sperrgebieten für die Bevölkerung zu erklären. Hierbei handelte es sich um Vorschläge zur Ergänzung der „Kampfanweisung für die Bandenbekämpfung im Osten“. Am 23.6.1943 hatte der Kommandeur des Kavallerie-Regiments Mitte, Major Georg Freiherr v. Boeselager, dem Oberkommando der Heeresgruppe Mitte einen Erfah¬rungsbericht zur Partisanenbekämpfung mit Vorschlägen zu einer neuen Vorgehensweise übersandt. Sie besagten in der Quintessenz: „Für den deutschen Soldaten ist es unmöglich, den Partisan von dem Nichtpartisan zu unterscheiden. Die Partisanen besitzen sämtliche Ausweise, sämtliche Arten von Uniform und Zivil. Nach Ansicht des Regiments muss das Gebiet eingeteilt werden in a) befriedetes Gebiet b) bandengefährdetes Gebiet c) bandenverseuchtes Gebiet. Zu a) Befriedetes Gebiet ist nur dort, wo deutsche Truppen sind. Die Zivilbevölkerung lässt sich dort überwachen. Partisanen können nur ganz vereinzelt mal auftreten. […] Zu b) Im bandengefährdeten Gebiet dürfen die Männer nur geschlossen arbeiten. […] Alle in diesem Gebiet einzeln oder in kleinen Trupps herumgehenden Männer müssen sofort erschossen oder gefan¬gen genommen werden. Dies lässt sich durch intensive Spähtrupptätigkeit der eigenen Truppe […] erreichen. Zu c) Aus den bandenverseuchten Gebieten müssen alle Männer weggeschafft werden. Bis zu einem bestimmten Zeitpunkt werden die Männer bis 50 Jahre von der Truppe aufgegriffen und der Wirt¬schaftsinspektion als Arbeitskräfte zugeführt. Nach dieser Zeit werden die Männer in diesem Gebiet erschossen. Das Regt. glaubt durch diese Maßnahmen die Grenzen des befriedeten und partisanengefährdeten Gebietes immer weiter in bisher partisanenverseuchtes Gebiet verschieben zu können“.

Heft 4: Georg v. Boeselager gehörte zu den ausgewählten Offizieren, die auf Betreiben der Generalstabsoffiziere der Heeresgruppe Mitte Henning v. Tresckow und Rudolph v. Gersdorff sich bereiterklärten, bei entsprechender Gelegenheit ein Pistolenattentat auf Hitler durchzuführen. Dabei war es notwendig, den Diktator ins Gesicht zu treffen, da die wichtigsten K örperstellen gegen Pistolenmunition geschützt und die Mütze Hitlers mit Stahleinlagen versehen waren. Für ein Attentat aus nächster Nähe hatten sich neben Georg v. Boeselager Oberleutnant v. Kleist, Rittmeister Schmidt-Salzmann und zehn weitere Offiziere aus dem Kavallerieregiment Mitte gemeldet. Wegen der Unentschlossenheit seitens der Generalität an der Spitze der Militäropposition fanden alle diese Pläne jedoch keine Realisierung. Allerdings stand Georg v. Boeselager nach einem 36stündigen Ritt über 200 km mit 1.200 Reitern des Kavallerieregiments 31 am 20.7.1944 auf einem Militärflugplatz in Ostpolen bereit, auf dem Luftwege Berlin zu erreichen, um den erhofften Erfolg Stauffenbergs in der Hauptstadt militärisch abzusichern. Das Attentat in der ‚Wolfsschanze’ bei Rastenburg misslang jedoch.

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Der Genozid des Osmanischen Reiches an der Armenischen Minderheit.
In: Spuren der Verfolg¬ten. Heft 18. 2003. S. 3 – 5, Heft 19. 2004. S. 3 -6, Heft 20. 2004. S. 3 – 7, Heft 23. 2005. S. 3 – 7, Heft 37. 2008. S. 11 – 18 und Heft 38. 2008. S. 3 – 10.

Heft 18: Während des I. Weltkriegs wurden im damaligen Osmanischen Reich drei Viertel des armenischen Volkes aus machtpolitischen Gründen in den Tod getrieben. Dies ereignete sich in einem Land, das an der Seite des Deutschen Reiches und Österreich-Ungarns kämpfte. Nach dem Ende des I. Weltkriegs senkte sich der Schleicher des Vergessens über den ersten systematischen Völkermord im 20. Jahrhundert. Erst die historischen Forschungen während der 1980er und 1990er Jahre brachten „die kriminellen Hintergründe der jungtürkischen Völkermörder nach und nach ans Licht.“ Der seit Frühjahr 1915 betriebene Genozid an den Armeniern stellt bis heute eine Belastung für Türkische Republik dar, denn bis heute zeigte kein türkischer Staatsmann Betroffenheit über das furchtbare Geschehen. Offizielle Vertreter der Türkei, wie der 1993 verstorbene Ministerpräsident und spätere Präsident Özal bestritten zwar nicht, dass die osmanische Regierung die Deportation der Armenier 1915 anordnete. Doch verneinte Özal wie seine Amtsvorgänger, dass es einen vorsätzlichen Vernichtungsplan, einen Befehl zum Völkermord gegeben hat. Vielmehr wird die Deportation von offizieller türkischer Seite auch heutzutage wie schon im I. Weltkrieg als angeblich kriegsnotwendige Maßnahme gerechtfertigt, „bei der infolge organisatorischer Unzulänglichkeiten einige hunderttausend Armenier spontanen Übergriffen, vor allem der Kurden, zum Opfer gefallen seien.“

Heft 19: Die praktischen Methoden des Völkermords waren denkbar simpel. Die armenischen Soldaten wurden entwaffnet, aus ihren Einheiten herausgezogen, kompanieweise zu so genannten Bau- und Arbeitseinheiten zusammengestellt und anschließend erschossen. Die Aktionen gegen die armenischen Soldaten begannen bereits Mitte Januar 1915, wobei ihr Schicksal davon abhing, wohin sie einberufen worden waren. Wer in den arabischen Provinzen des osmanischen Reiches diente besaß eine Überlebenschance, während die Rekruten in Anatolien systematisch dem befohlenen Mord zum Opfer fielen. Die beiden DRK-Schwestern Thora von Wedel-Jarlsberg und Eva Elvers, welche in einem Missionshospital im zentralanatolischen Sivas arbeiteten, erlebten wie ca. 100 osmanische Soldaten armenischer Nationalität auf ein freies Feld geführt und dort ermordet wurden. Wenig später flüchtete sich ein Überlebender einer solchen Mordaktion in das Missionshospital und erzählte, er sei mit 95 anderen Schicksalsgenossen „in eine Reihe aufgestellt worden. Dann erschossen die zehn beigegebenen Gendarmen so viel wie sie konnten, die übrigen wurden mit Messern oder Steinen getötet.“

Heft: 20: Die Tragödie nahm ihren Anfang in Konstantinopel am 24.4.1915. Die türkische Polizei setzte nach vorbereiteten Listen ca. 600 Menschen armenischer Herkunft fest, vornehmlich Politiker, Lehrer, Händler, Rechtsanwälte, Publizisten, Ärzte, Apotheker, Priester, Schriftsteller, Drucker, Künstler und andere Intellektuelle. Die meisten sollten die folgenden Ereignisse nicht überleben. Nach wenigen Tagen schaffte man sie in das Landesinnere, wo die vorläufige Deportation in dem Dorf Ajasch und in der Kleinstadt Tschangri endete. Von dort sollte der Transport über Adana nach Diyarbakir und Aleppo weitergehen. Auf dem Weg dorthin ermordete man die Mehrzahl der in der Hauptstadt Verhafteten. Zwölf Armenier, die das Gefängnis in Diyarbakir erreichten wurden dort während Verhören zu Tode geprügelt. Der armenische Bischof der ostanatolischen Stadt beging daraufhin aus Verzweifelung Selbstmord. Nur acht der ursprünglich 600 sollten schließlich überleben.

Heft 23: Die osmanischen Behörden verstärkten ab Ende 1915 den Islamisierungsdruck gegenüber den armenischen Überlebenden. Armenische Frauen wurden zwangsweise mit Muslimen verheiratet. Am 4.12.1915 informierte der Direktor des Deutschen Hilfsbundes für christliches Liebeswerk im Orient das Auswärtige Amt in Berlin über die osmanischen Pläne, „die Überreste des armenischen Volkes gewaltsam zum Islam zu bekehren“. Christliche Waisenhäuser und Hilfswerke unter deutscher Leitung wehrten sich bis 1917 verzweifelt gegen Versuche der osmanischen Regierung, ihre armenischen Zöglinge und Schutzbefohlenen in türkische Einrichtungen zu überführen, wo Frauen und Mädchen sowie Knaben bis zum 13. Lebensjahr zwangsislamisiert wurden. Die älteren Jungen brachte man einfach um. Den Präfekten von Aleppo, der zentralen Durchgangsstation der meisten Deportations¬konvois, erreichte am 12.12.1915 folgendes Telegramm des osmanischen Innenministers Talaat: „Nehmen Sie auf und unterhalten Sie nur diejenigen Waisen, die sich nicht an die Schrecklichkeiten erinnern können, denen ihre Eltern ausgesetzt waren. Verschicken Sie die anderen mit den Karawanen“.
Heft 37: Der Zeitzeuge Atem Ohanian, 101 Jahre alt, 2004 in Kanada lebend, berichtete: „Vor der Abfahrt wurden wir zum Gouverneur gebracht. Sein Sekretär schrieb von jedem von uns den Namen auf. Anschließend mussten wir unseren Daumenabdruck unter ein Papier setzten, das besagte, wir gingen aus freiem Willen. Wir verließen unsere Heimat ein für allemal. Die Karren, mit denen wir abtransportiert wurden, gehörten Türken und die Armenier mussten ihre eigenen zurücklassen.“
Interviewer: „Haben sie mit den türkischen Karrenführern gesprochen?“
Ohanian: „Ja, wir haben uns unterhalten.“
Interviewer: „Wußten die Türken was mit ihnen geschehen sollte?“
Ohanian: Sie meinen, ob die Türken wussten, daß man uns ermorden würde, aber 100 %ig. Die Türken wussten, wohin sie uns brachten.“
Interviewer: „Wie waren die Konvois eingeteilt, nach Familien, nach Vierteln?“
Ohanian: „In so einem Viertel kannten sich alle Leute. Die wollten zusammenbleiben. Da fuhr ein Konvoi hinter dem anderen. Hinter Malantia kamen wir in einen Ort, dort war eine kleine Holzbrücke. Auf der einen Seite waren die Berge auf der anderen Seite eine Schlucht. Die Polizisten standen beiderseits der Brücke. Sie nahmen allen die Kopftücher ab und sahen sich die Gesichter an. Mein Onkel hatte sich als Frau verkleidet. Fünfhundert Männer hatten sich auf diese Weise versteckt. Sie wurden alle abgeführt. Am Morgen sagte meine Tante zu mir: ‚Laß die Esel weiden.’ Weiter oben sah ich Gras stehen. Ich ging dort hin und kam an einen kleinen Bach. Und was sah ich dort: die fünfhundert Männer. Sie waren entlang des Baches umgebracht worden. Ich nahm die Esel und lief zurück. Vielleicht war mein Vater auch unter den Ermordeten.“


Heft 38: Der deutsche Konsul Rössler informierte am 27. Juli 1915 Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg: „Die türkische Regierung hat ihre armenischen Untertanen, wohlgemerkt unschuldige, unter dem Vorwande, sie aus dem Kriegsgebiet entfernen zu müssen, zu tausenden und abertausenden in die Wüste getrieben, weder Kranke und Schwangere noch die Familien der […] einberufenen Soldaten ausgenommen, hat sie ungenügend und unregelmäßig ernährt und mit Wasser versorgt, hat nichts gegen die unter ihnen ausgebrochenen Epidemien getan, hat die Frauen in Not und Verzweifelung getrieben, dass sie ihre Säuglinge und ihre Neugeborenen am Wege ausgesetzt, ihre dem mannbaren Alter entgegengehenden Mädchen verkauft, dass sie sich selbst mit ihren kleinen Kindern in den Fluß gestürzt haben, sie hat sie der Willkür der Begleitmannschaft und damit der Schande preisgegeben, einer Begleitmannschaft, die Mädchen an sich genommen und verkauft hat, sie hat sie den Beduinen in die Hände gejagt, die sie ausgeplündert und entführt haben, sie hat die Männer in einsamen Gegenden ungesetzlich niederschießen lassen und lässt die Leichen ihrer Opfer den Hunden und den Raubvögeln zum Fraß, sie hat angeblich in die Verbannung geschickte Abgeordnete ermorden lassen, sie hat Sträflinge aus den Gefängnissen entlassen, in Soldatenkleider gesteckt und in die Gegenden geschickt, wo die Verbannten durchziehen mussten, sie hat tscherkessische Freiwillige angeworben und sie auf die Armenier hingelenkt.“ Schon zuvor war der deutsche Botschafter bei der Hohen Pforte, Freiherr Hans von Wangenheim zu der Einschätzung gelangt, dass die osmanische Regierung „tatsächlich den Zweck verfolgt, die armenische Rasse im türkischen Reiche zu vernichten.“ In einem weiteren Bericht an den Reichskanzler bemerkte Konsul Rössler zutreffend, man habe behördlicherseits die Verbannten mit Vorsatz in ein „Chaos hineingetrieben, das viele nicht überleben konnten.“

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Die Verbrechen des Khomeini-Regimes im Iran.
In: Spuren der Verfolgten. Heft 20. 2004. S. 13 – 18 und Heft 27. 2006. S. 16 – 22.

Heft 20: Nach dem Sturz des Schah lieferte der Imanatsgedanke die Legitimation für die absolute Herrschaft Khomeinis und der Geistlichkeit. Im Herbst 1988 erließ Khomeini eine Fatwa, die innerhalb kürzester Zeit Tausende politischer Gefangener in den iranischen Gefängnissen das Leben kostete, weil man ihnen eine angeblich ‚unislamische Haltung’ vorwarf. Unter seinen Opfern waren nicht wenige, die 1979 den Machtantritt des greisen Mullahs frenetisch gefeiert hatten. Doch der Umschwung deutete sich schon wenige Tage nach der Rückkehr Khomeinis aus dem französischen Exil auf dem Campus der Teheraner Universität an. Während einer Großveranstaltung für die Opfer des Schah-Regimes formierte sich um den Platz eine große Gruppe von schwarzgekleideten Bärtigen, unter denen sich auch Geistliche mit den unverkennbaren Turbanen befanden. Bewaffnet mit Messern, Ketten und Latten marschierten sie um den Platz und skandierten Parolen gegen Linke, Liberale und Kommunisten. Außerdem ließ der Mob Khomeini hochleben. An seiner Spitze befand sich ein junger Geistlicher mit Namen Hade Ghaffari, dessen Vater, ein Ayatollah in den Gefängnissen des Schah umgekommen war. Dieser Geistliche hatte vom Pariser Exil aus den Propagandaapparat Khomeinis organisiert und dort den Demokraten gemimt. Immer wieder griff bewaffneter Mob literarische Zirkel, Parteizentralen und Jugendorganisationen an, die nicht zu den religiösen Gruppierungen gehörten und zerschlugen Kundgebungen und Streiks der Andersdenkenden. Das war kein spontan entfesselter Volkszorn sondern zentral gesteuerter Pöbel aus den kriminellen Milieus Teherans, der gezielt angeheuert wurde, um Demonstranten mit Ketten und Messern anzugreifen. Diese Tagelöhner der Gewalt, welche ohne eigene Überzeugung auf Befehl Angst und Schrecken verbreiteten stellten im Iran kein neues Phänomen dar. Bereits beim Sturz des Ministerpräsidenten Mohammed Mossadegh waren die Schwarzhemden 1953 aus den Slums rekrutiert worden.

Heft 27: Ayatollah Ruhollah Khomeini rief 1979 erstmals zum Al-Quds-Tag auf. In Deutschland beging man diesen Tag erst ab 1995 in Berlin, als sein Urheber bereits das Zeitliche gesegnet hatte. In den nächsten Jahren konnten in der deutschen Hauptstadt Islamisten ungestört aufmarschieren und ihre Hassparolen gegen Amerikaner und Israelis ungestört verbreiten. Erst im Vorfeld der Demonstration im November 2003 kam es zu Protesten. Die bisherige Leisetreterei des rot-roten Berliner Senats ließ sich nun nicht mehr durchhalten, doch der Innensenator wollte keine Handhabe besitzen, den antiisraelischen Aufzug vornehmlich schiitischer Migranten libanesischer, irakischer und iranischer Herkunft zu verbieten. Am 14.12.2001 erklärte der damalige iranische Präsident Akbar Hashemi Rafsanjani während einer Rede an der Teheraner Universität: „Wenn eines Tages die islamische Welt ebenfalls mit Waffensystemen ausgerüstet ist, wie sie Israel schon jetzt besitzt, wird die Strategie der Imperialisten zusammenbrechen, denn der Abwurf einer einzigen Atombombe auf Israel wird dort alles zerstören.“ Vier Jahre später, im Oktober 2005, entblödete sich der neue iranische Präsident von Mullahs Gnaden, Mahmud Ahmadineschad, nicht, öffentlich die Vernichtung Israels zu fordern.

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Adolf Spelmeyer.
Hintergründe eines evangelischen Seelsorgers.
In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Bd. Nr 4. 18. Jahrg. (2004). Heft Nr. 6. S. 103 – 109.

Das Verbandorgan des Westfälischen Herbergsverbandes 'Der Wanderer' funktionierte Spelmeyer in seiner Eigenschaft als verantwortlicher Redakteur ab 1934 von einem ursprünglichen Informationsblatt für die in der Obdachlosenfürsorge Tätigen zu einer regelrechten „Fahndungskartei für Asoziale“ um. Die Publikation veröffentlichte unter Spelmeyers Anleitung und Verantwortung bis zu ihrer Einstellung im Jahre 1941 regelmäßig zahlreiche und umfangreiche Personenprofile von Nichtsesshaften in steckbrieflicher Form unter Nennung der Aufenthaltsorte. Aufgrund dieser groß angelegten Denunziation publizistischer Art sahen sich Ordnungspolizei und Gestapo praktisch mühelos in die Lage versetzt ohne langwierige und aufwendige Fahndungsmaßnahmen umfangreiche Verhaftungsaktionen durchzuführen.
Dabei hatte Spelmeyer vor der Errichtung der NS-Diktatur unter den Bedingungen der Weltwirtschaftskrise im Jahre 1931 sogar das Umherziehen von Erwerbslosen als systemstabilisierende Beschäftigungstherapie gepriesen und Arbeitslose zum 'Wandern', was ihnen dann wenige Jahre später zum Verhängnis werden sollte, regelrecht animiert: "Statt dass die besten Kräfte unseres Volkes in versumpfender, untätiger Arbeitslosigkeit [...] untergehen, bleiben die [...] Wanderer in einer bestimmten, festen, täglichen Regel, die unbedingt, stützenden, sittlichen Wert hat [...]. Auch innenpolitisch [...] eine nicht zu unterschätzende Bedeutung, indem sie die Massierung von arbeitslosen Menschenhaufen in den Ortschaften und Städten verhindert, während gerade diese beschäftigungslosen Massen nur zu leicht die Garde des Umsturzes werden können."

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Deutsche Rüstungslieferungen in den Irak bis 1990 – eine Firmenliste.
In: Spuren der Verfolgten. Heft 21. 2004. S. 3 – 13.

Firma Ort Lieferungen Quelle
ABB Mannheim Elektrische Einrichtungen und Öfen für das Stahlwerk im Rüstungszentrum Tadschi
Generalvertrag für die gesamte Elektrizitätsversorgung im Irak entweder de facto oder im Verhandlungsstadium
Spiegel 28/1990 v. 9.7.1990 und BUKO
ABC (Anlagen Bau Contor) Stutensee bei Karlsruhe Hinweise auf Unterstützung bei Raketenprojekten
Treibstoffent-wicklung mit denen die Reichweite irakischer Raketen bis Israel gesteigert wurde
Spiegel 42/90 v. 14.10.1990
AEG-Telefunken Frankfurt/M. Militärelektronik
1.000 Funkempfänger Typ E 6862
Die Neue v. 15.10.1982
Aviatest
Tochterunternehmen der Rheinmetall Düsseldorf
Neuss Konstruierte für die Rakete Sa’ad 16 zwei Windkanäle Profil 12 v. 20.3.1989
Blumhardt Wuppertal-Vohwinkel mind. 500 Auflieger für den Panzertransport, die zu FAUN-Panzertransportern passen
Verschiffung über Bremen
BUKO
Bosch Mainburg München Polizeiausrüstung Protokolle

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Besuch von unserer Partnergemeinde St. Matthew, Wigmore.
In: Nicolai-Nachrichten. Sommer 2004. S. 10 – 11.

Zum 35. Mal trafen sich englische und deutsche Christen zum gemeinsamen freundschaftlichen Austausch, Erleben, Besinnung und gemütlichen Beisammensein. Die regelmäßigen, wechselseitigen Begegnungen haben ihre Wurzeln in der Überzeugung, dass eine freundschaftliche Beziehung zwischen zwei christlichen Gemeinden zu einer Verständigung zwischen Kirchen und Völkern beiträgt, die sich vor 60 Jahren auf den Schlachtfeldern des II. Weltkriegs gegenüberstanden. So jähren sich 2004 sowohl die alliierte Landung in der Normandie als auch die beiden verheerenden Luftangriffe auf Dortmund am 23.5. und 6.10.1944. Und die Menschen in unserem Land mussten leidvoll erkennen, dass Gott seiner nicht spotten ließ!

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Die Familie Alsberg.
In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Bd. Nr 4. 18. Jahrg. (2004). Heft Nr. 7. S. 129 – 134 u. Heft Nr. 8. S. 152 – 156.

Heft 7: Die Wurzeln der Familie Alsberg sind in Sendenhorst allerdings älteren Datums. Schon 1768 erwähnen die städtischen Akten neben anderen Juden auch einen gewissen Salomon Ansell. Wahrscheinlich handelt es sich hier um eine Namenvariante der Sendenhorster Stadtverwaltung für den Großvater von Salomon Alsberg, der zwischen 1773 und 1795 als die Judenschaft des Ortes auf fünf und dann sechs Familien angewachsen, als Familienoberhaupt unter dem Namen An[m]schel Salomon (Jacob Salomon) in den städtischen Akten geführt wird. Es handelt sich hier um den Stammvater der modernen Alsberg-Dynastie, welcher 1773 das Schutzgeleit des münsterschen Bischofs erhielt. Er war aus Beckum zugezogen, denn womöglich fand er in Sendenhorst bessere Erwerbsmöglichkeiten. Von dem bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts für die Sendenhorster jüdischen Familien verliehenen Geleite hatte Anschel Salomon (Alsberg) ein solches fürstbischöfliches Schutzpatent als erster erhalten.

Heft 8: Folgende Geburten, Heiraten und Sterbefälle verzeichnen die Sendenhorster Stadtakten für die Familie Alsberg:

Geburten
Datum Name Eltern
19.12.1821
03.05.1825
02.05.1828
Freidchen
Ida Alsberg
Julie Alsberg
Handelsmann Levi Alsberg u. Mädelchen Wolf
03.05.1825 Helene Rothschild Handelsmann Pintus Rothschild u. Esther Alsberg
10.07.1826
17.2.1828
Ansel Alsberg
Malchen Alsberg
Handelsmann Jüdel Alsberg u. Caroline Weinberg
20.08.1828 Friederica Rothschild Handelsmann Pintus Wolf Rothschild u. Emilie Alsberg
20.09.1830 Wolf Rothschild, 28.09. beschnitten Handelsmann Pintus Wolf gnt. Rothschild u. Ester Ansel gnt Alsberg
28.08.1832 Abraham Alsberg Handelsmann Hirsch Alsberg u. Schemette Weinberg
25.09.1837
10.12.1838
24.02.1841
03.10.1843
30.05.1846
Aloises Alsberg
Friederica Alsberg
Eliese Alsberg
Heinemann Alsberg
Sophia Alsberg
Handelsmann Hirsch Alsberg u. Hanchen Aloises (Moses)
25.07.1849
14.12.1850
20.05.1852
17.02.1854
21.01.1856
24.08.1857
06.02.1859
Louis Alsberg
Siegfried Alsberg
Johanna Alsberg
Cecilie Alsberg
Adolf Alsberg
Mathilde Alsberg
Wilhelm Alsberg
Handelsmann Salomon Alsberg u. Henriette Spiegel
18.05.1962
23.9.1863
10.1.1865
24.2.1872
Pauline Alsberg
Hugo Alsberg
Hulda Alsberg
Adele Alsberg
(lebte 1938 noch, daher Vorname Sara)
Handelsmann Salomon Alsberg u. Helene Rosenberg
30.05.1872 Friderike Steinberg Handelsmann Ephraim Steinberg u. Friderike Alsberg

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Innenansichten der Islamisten.


In: Spuren der Verfolgten.
Heft 22. 2004. S. 3 – 19,
Heft 25. 2005. S. 3 – 15,
Heft 26. 2005. S. 10 – 22,
Heft 29. 2006. S. 5 – 18,
Heft 30. 2006. S. 8 – 17,
Heft 31. 2007. S. 15 – 18,
Heft 32. 2007. S. 10 – 20,
Heft 33. 2007. S. 11 – 19 und Heft 48, 2011, S. 27.

Heft 22: Im Dezember 2001 trafen sich die afghanischen Khane und Kriegsherren auf dem Petersberg in Bonn, um ihre ‚Schora’, den großen Rat, abzuhalten und sich als Demokraten aufzuführen. Für diesen Zweck hatten die meisten Designeranzüge und Seidenkrawatten angelegt. Lediglich ein Paschtunenführer trat in seiner traditionellen Tracht auf. Doch die anderen glaubten sich - der Umgebung angepasst – modern geben zu müssen und hatten sogar einige Vorzeigefrauen in dezentem Kopftuch-Chic mitgebracht. Die deutschen Gastgeber der Konferenz durften sich als Akteure der Weltpolitik fühlen und so eröffnete Außenminister Fischer mit Stolz und Ernst das politische Spektakel und äußerte visionäre Worte von Demokratie und Wohlstand. Kenner der mittelasiatischen Szene erkannten unter den Teilnehmern den Tadschiken Junes Khanuni.
1993 kommandierte er große Teile von Rabbanis und Masuds Truppen. Damals trug er stets afghanische Tracht. Auf dem Petersberg trat er mit gestutztem Bart und im westlichen Anzug auf. Während der Bruderkämpfe unter den Mujahedin stand er an vorderster Front und für den Besuch im Rheinland hatte er gelernt, als Demokrat aufzutreten.
1992, als die Mujahedin in Kabul einmarschierten, sah das noch ganz anders aus, wie afghanische Künstler damals leidvoll erfahren mussten. Seit jeher existierte in Kabul eine lebhafte Musikszene. Hunderte Meister der traditionellen afghanischen Musik hatten sich zu Verbänden zusammengeschlossen, um ihre Interessen zu wahren. Da die Betroffenen zu Recht die musik- und kulturfeindliche Haltung der Mujahedin fürchteten, entsandten sie unter Führung des alten Musikers Abdul Wahid eine Delegation zu den neuen Machthabern. Kanuni sollte sie empfangen. Nach stundenlangem Warten endlich vorgelassen, setzte Wahid traditionsgemäß zu einem Glückwunsch der Musikergilde für die neuen Machthaber an, doch er sah sich jäh von Kanuni unterbrochen, der brüsk schrie, Wahid mit seinem grauen Bart solle sich schämen solche Reden zu führen. Musik sei Sünde und im islamischen Staat Afghanistan verboten. Derselbe Kanuni versicherte während seiner Schlussansprache auf dem Bonner Petersberg, die Afghanen seien nicht nur große Krieger sondern auch zu Demokratie fähig. Der anwesende Bundeskanzler Gerhard Schröder und sein grüner Vasall mochten es nur zu gerne glauben.


Heft 25:
An der Gustav-Heinemann-Gesamtschule in Dortmund-Huckarde vernahmen die erstaunten deutschen Pädagogen oft die Feststellung von Mitschülern: „Dieses Mädchen kommt nicht mehr zur Schule, sie wird in der Türkei verheiratet.“ Bei den Opfern handelt es sic um 14-, 15 oder 16jährige.
Als Kronzeugin für diese islamistische Sitte kann die Autorin Serap Cileli dienen. Mit 12 Jahren sollte sie zum ersten Mal zwangsweise verheiratet werden. Lediglich ein Selbstmordversuch verhinderte den Vollzug der Zwangsehe. Mit 15 Jahren wurde sie dann doch zwangsverheiratet. Es folgte die Scheidung, obwohl die Eltern nur äußerst widerwillig zustimmten. Heute hat sie zu ihrer Familie keinen Kontakt mehr.
Interessant ist die Reaktion der ausländischen Schüler auf eine Lesung der vorgenannten Autorin an der ebenerwähnten Dortmunder Gesamtschule. Sie gaben sich unberührt von der Problematik, „sprachen von glücklichen Zwangsehen in der Familie und im Bekanntenkreis. Sogar der Ehrenmord fand Befürworter. ‚Wenn meine Schwester vergewaltigt wird, dann sollen die oder der Täter ruhig sterben’, so ein Schüler.“
Befremdliche Sätze der Unmenschlichkeit, die allerdings für Serap Cileli zum traurigen Alltag gehören.


Heft 26:
1991 wurde die prominente Menschenrechtlerin, Psychiaterin und Schriftstellerin Nawal El Saadawi von Fundamentalisten auf die Todesliste gesetzt, damit gezwungen ihre Ägypten zu verlassen und fünf Jahre im Exil zu leben.
Auch im Jahre 2001 wurde sie wieder von Fundamentalisten bedroht. In einem Leserbrief der Zeitung ‚Al Midan’ wurde gefordert: „Hackt ihr den Kopf mit dem Schwert ab“. Sie hatte in einem Interview für eine ägyptische Wochenzeitung bestritten, dass die Verschleierung von Frauen islamischen Ursprungs sei. Außerdem wies sie nach, dass das Küssen der Schwarzen Steins in Mekka während der Hadsch auf ein heidnisches Relikt aus vorislamischer Zeit zurückginge. Darauf stürzte sich der islamistische und sensationslüsterne Anwalt Nabih El-Wahsch, d. h. ‚der Wilde’ oder ‚das Monster’ auf Nawal El Saadawi. Vor einem religiösen Gericht erhob er Anklage gegen sie, bezichtigte sie der Abtrünnigkeit vom wahren Glauben und wollte die Zwangsscheidung von ihrem Mann, Sherif Hetata, nach 37jähriger Ehe erreichen. El-Wahsch betrachtete sich in seinem religiösen Wahn als Vertreter Gottes und der islamischen Nation. Er nutzte für sein Vorgehen die ‚Hisba’, eine obskure islamische Praxis aus dem 9. Jahrhundert, die es einem Moslem gestattet, eine Person vor Gericht anzuklagen, wenn diese seiner Ansicht nach dem Islam schade. Mehrere islamistische Anwälte haben sich auf die ‚Hisba’ konzentriert und z. B. 1995 dafür gesorgt, das der Universitätsprofessor Abu Zaid zwangsweise geschieden wurde. Nur durch eine breite Solidaritätskampagne in Ägypten sowie innerhalb und außerhalb der islamischen Länder konnte der Prozess nach fünf Mona¬ten gegen den Fanatiker El-Wahsch gewonnen werden.


Heft 29:
Die Frauenrechtlerin Khalida Messaoudi berichtet, „wenn ich mit meinen Cousinen auf die Straße ging, machten die Männer uns unentwegt an. Das war für uns die Hölle, eine ungeheure Belästigung! Im Bus wurden wir betatscht. Die Kerle maßten sich dieses Recht an. Wenn ich mich wehrte, wenn ich laut protestierte, antworteten sie höchstens: ‚Du hast nichts zu sagen! Ein Mädchen aus guter Familie geht nicht aus dem Haus, es ist nicht draußen!’ Eines Tages wollte ein Typ mich schlagen. Ich bin aus dem Bus gestiegen, habe einen Polizisten gesehen, habe ihn um Schutz gebeten, und er hat zu mir gesagt: ‚Mach, daß du wegkommst, ein Mädchen aus guter Familie ist um diese Zeit zu Hause.’ Zum erstenmal in meinem Leben habe ich begriffen, daß ich in einem Land lebte, in dem der Staat mein Existenzrecht nicht so verteidige, wie ich es wünschte, ich habe begriffen, daß ich keinerlei Rückhalt hatte. Aber der richtige, bestimmt entscheidende Schock kam etwa 1977, als ich mit meinen Cousinen durch die Rue Michelet-Didouche-Mourad schlenderte. Wir begegneten Männern, die sich vor uns aufbauten, unsere Brüste ansahen und uns Schweinereien an den Kopf warfen. Sie beleidigten unsere ‚grässlichen Titten’ und sagten, wir sollten ‚bei unseren Männern sein und stillen’!“
Über die algerischen Medien und ihre Wirkungen konstatierte Messaoudi: „Die Filme, häufig ägyptische, verbreiten eine einzige Botschaft: Die muslimischen Araber sind die Schönsten, die Intelligentesten, die Mutigsten, die Besten. Sie haben nie einen Fehler gemacht, und überall, wo sie hinkamen, hat sich die Bevölkerung natürlich spontan zum Islam bekehrt. Der Prophet war ein toller Kerl, seine Gefährten ebenfalls, aber alle anderen, die nicht einig mit ihnen waren, waren Bösewichte und Schweine, die auf jeden Fall den Kürzeren ziehen würden. Es war alles in allem eine unerträgliche Umgebung. Hätte ich mich nur auf die algerische Schule verlassen müssen, um etwas über Geschichte zu erfahren – und auf das staatliche Fernsehen -, wäre ich heute eine Fundamentalistin, die zum Lynchen aufruft!“


Heft 30:
Aus dem Koran holt sich der islamistische Terrorismus seine vermeintliche Legitimation: „Neben dem ‚Haus des Islam’ (dar al-islam), in dem Muslime herrschen und das Gesetz des Islam gilt, gibt er nur das ‚Haus des Krieges’ (dar al-harb), das sich über den Rest der Welt erstreckt. Zwischen beiden Welten herrscht ein von Recht und Religion vorgeschriebener Kriegszustand, der erst mit dem endgültigen und unvermeidlichen Sieg des Islams über den Unglauben aufgehoben wird.“
Der rennomierte Orientalist Bernhard Lewis zeigt, dass Dschihad nicht nur ’persönliche Anstrengung’ auf dem Wege Gottes, sondern eben auch den Krieg gegen Ungläubige bedeutet: „Der Verpflichtung zum Dschihad liegt die Allgemeinverbindlichkeit der islamischen Offenbarung zugrunde. Das Wort und die Botschaft Gottes richten sich an die gesamte Menschheit. Wer sie angenommen hat, muß sich unermüdlich anstrengen (dschahada), die anderen zu bekehren oder wenigstens zu unterwerfen. Diese Verpflichtung kennt keine zeitlichen und räumlichen Grenzen. Sie bleibt bestehen, bis die ganze Welt entweder den islamischen Glauben angenommen oder sich der Macht des islamischen Staates gebeugt hat.“


Heft 31:
In Deutschland stellt die vom Verfassungsschutz observierte Milli Görüs (IGMG) die größte islamistische Organisation dar. Die 1985 gegründete Bewegung IGMG gebietet allein in Deutschland über 26.000 Mitglieder und zeichnet sich durch ein kompromissloses Bekenntnis zur Schari’a aus. 1996 griff der Vorsitzende von Milli Görüs, Ali Yüksel, auf einer Veranstaltung in der Dortmunder Westfalenhalle – wer hatte von deutscher Seite den Mietvertrag unterschrieben?! – „die Demokratie und die neue Weltordnung der US-Imperialisten“ an. Er geißelte „die Laster der Ungläubigen […] und den deutschen Staat, der zulasse, dass die Deutschen zu Drogensüchtigen und Kriminellen würden.“
In der Vereinszeitung Milli Gazete werden den Lesern als Feindbilder die Juden und die westliche Dekadenz präsentiert.


Heft 32: Die großen Moscheen in Deutschland dienen den Islamisten als Kontaktbörsen. Ihre menschenverachtenden Ideologien verbreien sie konspirativ in vielen privaten Wohnungs-, Keller- und Garagenmoscheen. Ende 2000 verhaftete das BKA fünf Algerier, die in Afghanistan in der Handhabung von Sprengstoffen und anderen terroristischen Techniken ausgebildet wurden. Sie waren zum Teil, wie der 37jährige Fouhad Sabour, der 30jährige Salim Boukhari und der 31jährige Lamine Ma¬roni, erst wenige Wochen zuvor in das Bundesgebiet eingereist. Die zwei anderen Festgenommen, der 26jährige Aeurobi Beandali und Samir Karimou, hielten sich in Deutschland seit 1992 bzw. 1993 illegal in Deutschland auf und waren als Kleinkriminelle hervorgetreten. Wegen eines geplanten Anschlags auf den Straßburger Weihnachtsmarkt mussten sich die Täter ab April 2002 vor einem Frankfurter Gericht verantworten, wo sie hohe Haftstrafen erwarteten. Der Angeklagte Boukhari hatte Besucher des Straßburger Weihnachtsmarktes, das dortige Münster und ein Kaufhaus an der Place Kleber gefilmt und das daraus entstandene Video mit den Worten unterlegt: „Da sind die Feinde Allahs. Sie werden in der Hölle schmoren.“

Heft 33: Türkische Islamisten halten Deutschland für ein ideales Terrain für die Propagierung der angeblich unübertrefflichen Lehre des Propheten. Der heutige türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan erklärte als Oberbürgermeister von Istanbul im Jahre 1998 auf einer Großveranstaltung: „Unsere Minaretts sind unsere Lanzen, unsere Kuppeln sind unsere Helme, unsere Moscheen sind unser Kasernen, unsere Gläubigen sind unsere Armee.“ Es war der gleiche Erdogan, der vor einigen Jahren in einem Dortmunder Stadion 40.000 Anhänger der islamistischen Organisation Milli Görüs versammelte, eine Vereinigung, die seit Jahr und Tag vom Bundesverfassungsschutz beobachtet wird.
In der Türkei verübten 1978 und 1979 Islamisten Massaker an der alevitischen Minderheit in den Städten Sivas, Kahramanmaras und Corum, wobei Hunderte ihr Leben verloren, Häuser und Geschäfte zerstört wurden. Am 02.07.1993 fand in Sivas ein weiteres Massenverbrechen statt. Die Gesellschaft ‚Pir Sultan Abdal’ hatte in diese Stadt zu Festlichkeiten im Beisein des Kulturministeriums geladen. Auch der weltweit bekannte Schriftsteller Aziz Nesin nahm an dieser Feier teil. Das Hotel, in dem sich Nesin und andere alevitische Dichter, Autoren, Musiker und Intellektuelle logierten, wurde durch fanatische Muslime eingekreist und dann gestürmt. Die Besetzung des Gebäudes währte sieben Stunden. Anschließen wurde das Hotel in Brand gesteckt. 33 Intellektuelle, Schriftsteller, Künstler und andere Festgäste verbrannten bei lebendigem Leibe.
Aziz Nesim entkam dem Tod nur durch Zufall. Im März 1995 ereigneten sich mörderische Ausschreitungen im Istanbuler Stadtteil Gaziosmanpasa. Innerhalb von vier Tagen ermordeten Islamisten 21 Aleviten. Die Verantwortlichen für diese Verbrechen wurden nicht bestraft.

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Die katholische und evangelische Kirche im Kreis Warendorf.
Streiflichter der Entwicklung von 1914 bis 1945.
In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2005. S. 155 – 184.


Für die kleinen protestantischen Diasporagemeinden im heutigen Kreis Warendorf brach mit dem verlorenen Krieg und dem daraus resultierenden Zusammenbruch des Kaiserreiches eine Welt zusammen. Die militärische Niederlage und der politische Umsturz von 1918 trafen die Katholiken ebenso unvorbereitet. Es gab unter ihnen „zwar demokratische Traditionen, aber keinerlei Neigungen zur republikanischen Staatsform“. Der spätere münsterische Bischof Clemens Graf von Galen zeigte offen seine Skepsis gegenüber der Weimarer Republik und blieb ein scharfer Kritiker der Koalition zwischen Zentrum und SPD. Katholische Adlige und Teile der Geistlichkeit machten aus ihrer Gegnerschaft einer längst überfälligen Wahlrechtsreform keinen Hehl. Wenn der größte Teil des katholischen Milieus sich dann doch rasch auf den Boden der Realitäten stellte, dann geschah es, um eine vermeintliche sozialistische Diktatur und einen angeblich drohenden neuen Kulturkampf zu verhindern. Der Sozialdemokratie unterstellte man pauschal antikirchliche Positionen zu vertreten. Hier hatte besonders der kurzzeitige preußische Kultusminister Adolph Hoffmann (USPD) mit seiner entkonfessionalisierten Schulpolitik abschreckend auf das katholische Milieu gewirkt. Auf einer Versammlung der Zentrumspartei des Kreises Warendorf Ende 1918 forderte man der „religionsfeindlichen Tätigkeit dieses Mannes“ zu begegnen, wenn nötig unter der Parole: „Los von Berlin!“ Die Versammlung des Sendenhorster Arbeiter- und Soldatenrats nahm die Entschließung des Zentrumsvertreters, Lehrer Knieper an, in der Freiheit der Kirche und religiösen Erziehung gefordert wurde. In Liesborn betrachtete eine Resolution „die Religion als die Grundlage des staatlichen Lebens und des Familienlebens und daher untrennbar vom Unterrichts- und Erziehungswerke der Schule.“

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Das Schicksal der Zeugen Jehovas während der NS-Zeit.
Die Verfolgung religiöser Minderheiten durch die Nationalsozialisten am Beispiel der Warendorfer Familie Jeremias.
In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2005. S. 184 – 194.


Auch das Verfahren gegen die Eheleute Jeremias hielten die NS-Behörden für so bedeutend, dass ein Verhandlungstermin des Sondergerichts Dortmund im Sitzungszimmer des Warendorfer Amtsgerichts anberaumt wurde. Der Sitzungsverlauf entpuppte sich kaum besser als ein Polizeiverhör, wie die folgenden Ausschnitte der Befragung durch den Vorsitzenden, den schon durch die Verhandlung gegen Böcker in der Kreisstadt bekannten Landgerichtsdirektor Eckardt, und den Staatsanwalt des Sondergerichtes Arnold Reese beweisen. Reese galt als überzeugter NS-Anhänger und genauso willfähriger Diener der Diktatur wie Eckardt. Zuerst konzentrierte sich das Gericht auf Max Jeremias.

Gerichtsvorsitzender Eckardt: "Sind Ihnen nicht die Angriffe bekannt, die auf dem Bibelforscherkongress in Luzern auf Deutschland gerichtet worden sind?"
Schon mit der ersten Frage hatte das Sondergericht die Zeugen Jehovas als Feindbild und Gefahr für den NS-Staat herausgestellt, was sich in der weiteren Vernehmung noch verdeutlichen sollte.
Max Jeremias: "Nein."
Gerichtsvorsitzender Eckardt: "Wie werden Sie nun Ihr Verhalten in Zukunft einrichten?"
Max Jeremias: "Ich werde Zeuge Jehovas sein und werde das Wort Gottes verkünden."
Gerichtsvorsitzender Eckardt: "In welchem Umfange?"
Max Jeremias: "Nur wenn ich gefragt werde."
Gerichtsvorsitzender Eckardt: "Sie verweigern den Kriegsdienst?"
Max Jeremias: "Ich halte mich an das fünfte Gebot."
Gerichtsvorsitzender Eckardt: "Wenn Sie nun Heimat, Frau und Kind verteidigen müssten? Die Bibel steht Ihnen über Frau und Kind?"
Max Jeremias: "Ja."

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Wie aus einem Niederländer ein Deutscher wurde oder Beutegermanen für die Wehrmacht.
In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Bd. Nr 4. 18. Jahrg. (2004). Heft Nr. 8. S. 147 – 151.

Die schweren Verluste an der Ostfront 1941/42 nötigte NS- und Wehrmachtsführung Ausschau nach personellen Ressourcen zu halten, die man als Kanonenfutter an die Fronten schicken konnte. Dabei gerieten schnell die 1940 besetzten westeuropäischen und skandinavischen Länder in den Focus. Während die Waffen-SS rasch nationale Freiwilligenformationen aus den jeweiligen Ländern aufstellte, tat sich die Wehrmacht hier schwerer, da sie darauf bestand, dass nur Soldaten, welche die deutsche Staatsbürgerschaft besaßen, in ihren Reihen dienten. Daher konnte auch der Kriegfreiwillige Godefrydus Reynaerts, der sich am 10.3.1941 beim Wehrbezirkskommando Münster gemeldet hatte und bei der anschließenden militärärztlichen Untersuchung „als k.v. gemustert“ wurde, nicht sofort einrücken, denn es handelte sich um einen Niederländer, der erst am 14.2.1941 in Münster eingetroffen war. Godefridus Reynaerts wurde am 29.1.1914 in Belfeld, in der niederländischen Provinz Limburg geboren.
Seine Eltern waren der Gemeindebeamte Karel Joseph Reynaerts und Dorothea Petronella geb. Konings. Er wuchs mit mindestens einem Bruder in einem katholisch geprägten Elternhaus auf, wie es für die beiden südlichen niederländischen Provinzen Limburg und Brabant typisch war. Bis 1926 lebte er in seinem Geburtsort Belfeld. Anschließend wohnte er bis 1939 in der Grenzstadt Maastricht. In der Beurteilung zur Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft des Ostbeverner Amtsbürgermeisters Haase hörte sich das so an: „Der Antragssteller hat sich von Geburt bis Juni 1939 im Auslande [Niederlande] aufgehalten.“ Dass Ausländer auch eine Heimat haben könnten war dem Nationalsozialisten Haase offenbar unbekannt.

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Kriegsende und Gefangenschaft im Spiegel der Aufzeichnungen eines 16jährigen Wehrmachtssoldaten.
In: Spuren der Verfolgten. Heft 24. 2005. S. 3 – 18.

„Gegen Abend kam dann der Amerikaner in dieses Dorf. Wir verließen dieses schnell und zogen uns laut Kompaniebefehl in die Berge zurück. Am anderen Tage, es ist der 1.5.45, bekommen wir unsere Entlassungspapiere vom Kompanieführer. Werner Lahrmgel und ich blieben nun noch einige Tage auf der Sommleithütte bis uns endlich am 7.5.45 der Gedanke zum Aufbruch kam. Es ist Montag, als wir morgens um 10 Uhr die Hütte verlassen und in Richtung Prien marschierten.
Aber Kaum waren wir einige Kilometer gewandert, als uns der Ami kontrollierte und festnahm. Dieses geschah in Teisendorf in der Brauerei. Nun saßen wir im Hofe derselben von 14 – 18 Uhr. Um 19 Uhr wurden wir auf LKWs verladen und nach dem 20 km entfernten Salzburg gebracht. Dort verbrachten wir die Nacht im Keller der Kaserne ohne Verpflegung. Es ist mittlerweile der 8.5.45 geworden. Wir wurden um 7 Uhr geweckt und mussten auf dem Hof mit Gepäck antreten. Wir waren aber nicht allein. Als wir alle standen, kam der Ami und zählte jedes Mal 100 Mann ab. Kaum abgezählt wurden wir auch schon zu den KKWs geführt, dort zu 50 Mann auf jede Wagen und ab ging die Fahrt um 10 Uhr in Richtung München – Heilbronn.“

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Spuren des II. Weltkriegs: Gräber!
In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Bd. Nr 4. 19. Jahrg. (2005). Heft Nr. 10. S. 192 – 200.

Erlittene schwere Verwundungen zogen oftmals den Tod nach sich. So teilte der Chefarzt im österreichischen Oberndorf einer Frau K. im Kreis Warendorf mit, „daß ihr Bruder, der am 18.2.1945 erfolgten Verwundung erlegen ist. Er wurde angeblich […] durch Kopfschuß verwundet. Am 02.03. wurde er in das Reserve-Lazarett Oberndorf eingeliefert. Er war bereits bei der Einlieferung nicht mehr bei klarem Bewusstsein, sodaß er auch nicht gefragt werden konnte, in welcher Gegend die Verwundung erfolgte. Trotz sofortiger Maßnahmen änderte sich sein Zustand nicht, sondern er verschlechterte sich immer mehr, sodaß er schließlich am 13.03.1945 um 09.30 vormittags, ohne jemals das Bewusstsein erlangt zu haben, starb. Es hat sich bei ihm um einen Kopfschuß mit Verletzung des Gehirnes gehandelt. Die Verständigung über den eingetretenen Tod dürften Sie infolge der damals bestehenden Verhältnisse nicht bekommen haben. Er wurde am 17.03.1945 am hiesigen Ortsfriedhof begraben. Sein Grab befindet sich im Feld C 3 Reihe Nr. 627.“

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Zwangsprostitution.
Formen und Wirkungen.
In: Spuren der Verfolgten. Heft 26. 2005. S. 3 – 9 u. Heft 27. 2006. S. 3 – 15.


Heft 26: Seit Beginn der 2000er Jahre befindet sich in Cheb eine tschechisch-deutsche Beratungsstelle für die Opfer sexueller Gewalt. Eines Tages sprach ein elfjähriger Junge vor, der den Sozialarbeitern bereits in einem Park an der Hauptstraße aufgefallen war. Seit seinem neunten Lebensjahr war er auf den Kinderstrich geschickt worden, um deutsche Pädokriminelle zu befriedigen. Es hieß, die „zahlen gut […] und das ist gut für die Familie. Er tat das, was von ihm verlangt wurde, andere Kinder machten das auch. […] Er wollte nicht mehr, dass die deutschen Männer kommen und ‚so etwas’ mit ihm machen.
“ Bereits zu Beginn des Jahres 1996 war eine deutsche Sozialarbeiterin auf ein besonders widerwärtiges Verbrechen gestoßen. Im Straßengraben einer großen Europastraße fand sie ein Mädchen, das kaum noch ansprechbar und ganz blass war. Beim Versuch, die Hilflose seitlich zu lagern, griff die Sozialarbeiterin in eine riesige Blutlache. Ein anderes Mädchen, dass sie wie versteinert in der Nähe stand, berichtete, ein Mann habe sie in einem nahe gelegenen Wald mit einem Messer im Genital- und Analbereich schwer verletzt und anschließend aus seinem silbergrauen BMW mit deutschen Kennzeichen herausgeworfen. Aufgeschnitten von der Scheide bis zum Steiß konnte sich das Opfer gerade noch bis zum Graben schleppen. Eine vorbeikommende Polizeistreife bat die Sozialarbeiterin, einen Rettungswagen zu rufen. Als die Polizisten keine Reaktion zeigten, schrie die Frau sie an.
Die Beamten kontrollierten jedoch zunächst in aller Seelenruhe die Papiere der 15jährigen Verletzten. Der tschechische Mitarbeiter der deutschen Sozialarbeiterin bat sie flehentlich ruhig zu bleiben, denn die Polizei wisse schon, was sie tue. Die Polizisten hievten anschließend das halbtote Mädchen in ihren Streifenwagen und bedeuteten den beiden Sozialarbeitern mit entsprechenden Handbewegungen und eindeutigen Gesten, den Ort des furchtbaren Geschehens schnellstens zu verlassen.


Heft 27: Die Betroffene wurde von 1943 bis 1945 im SS-Bordell des Konzentrationslagers Buchenwald zur Prostitution gezwungen. Frau D. stammt aus Hamburg, wo sie 1921 zur Welt kam. Ihre Mutter musste sie und ihre beiden Geschwister allein aufziehen. W eil die Mutter Bibelforscherin und der Bruder Mitglied in der Kommunistischen Partei war, wurde die Betroffene im Alter von neun Jahren – also noch während der Weimarer Republik – zusammen mit ihrer Schwester, der Mutter weggenommen und in ein Heim gebracht. Kurz nach ihrer Konfirmation wurde Frau D. zwangsweise sterilisiert. 1935 wurde Frau D. zwangssterilisiert. Ihr weiterer Lebensweg führte Frau D. in den Folgejahren durch verschiedene Heime. Sie musste in der Wäscherei der Verwahrungsanstalt ‚Arbeitshaus Farm¬sen’ in Hamburg arbeiten. Als Frau D. volljährig wurde, ließen die Behörden sie entmündigen. Nach den schweren Bombenangriffen auf Hamburg im Juli und August 1943 am Frau D. mit anderen Heiminsassen in das Zwangsarbeiterlager Tiefstack im Osten der Hansestadt. Das Opfer berichtet weiter: „Einen Grund hat man gar nicht angegeben, wir galten als schwer erziehbar, und weil ich nicht auf alles stillgehalten habe, hat man mich von einem Heim ins andere gebracht, und so kam ich nach Tiefstack. In Tiefstack haben wir im Straßenbau arbeiten müssen. Wir mussten schwere Steinloren fahren. Eines Tages wurden wir wieder einkassiert; das ging ganz stillschweigend vor sich, da wurde nicht viel geredet, da wurdest du an der Schulter umgedreht, geschubst und dann musstest du zugehen. Mit einem Auto, mit einer grünen Minna, wurden wir nach Buchenwald gebracht.
Als wir in Buchenwald angekommen sind, war ich ganz erstaunt, wo ich war. Ich hab mich nach links und nach rechts gedreht und mich gewundert, was das sein soll. Wir kamen in ein Büro, da mussten wir unsere Namen nennen und sagen, wo wir herkommen, wurden abgehakt. Dann wurden wir von zwei Aufsehern in eine Baracke gebracht und dann wurde zugemacht, fertig; Ende der Durchsage. In der Baracke waren schon Frauen, und die habe ich gefragt, was für ein Club das ist, und die haben gesagt, das wirst du morgen früh erleben. Die Zimmer in der Baracke waren mit einfachen Holzmöbeln eingerichtet. Da waren ein Aufenthaltsraum, ein Waschraum und kleine Zimmer, so Schlafkabinetts, in denen haben wir gewohnt, und da kamen auch die SS-Männer hin. Da war noch eine andere Baracke, da waren mehr Frauen drin. Die war für die Häftlinge. Die Baracken standen nebeneinander, aber nicht so mittendrin, die standen abseits von den anderen Gebäuden, mehr am Rand, daß nicht jeder so dahingucken konnte. Mit den anderen Frauen kamen wir aber gar nicht zusammen. Mit denen hatten wir nichts zu tun. Wir wurden abgeschottet. Wir waren ja die Elite, zu uns kam das bessere Volk.
So haben die das gemacht.
Zwei Tage später ging es los. Und ich war so dämlich, ich hatte doch überhaupt keine Ahnung. Was wusste ich, was der Mann mit mir anstellt. Die kamen an, und dann musste das klappen, und wenn es nicht geklappt hat, gab es Prügel. Ich habe Schläge eingesteckt, die ich mein Leben lang nicht vergessen werde […] und da haben sie mir das Gehör und alles kaputtgeschlagen.“

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Die Ahlener Industrie vom Ersten Weltkrieg bis zur kommunalen Neuordnung 1975.
In: Der beflügelte Aal. Heimatliches aus Ahlen – Vorhelm – Dolberg. Bd. 24. S. 58 – 70.

Menetekelhaft beherrschte in den ersten Wochen des Krieges ein Konkursverfahren die lokale Ahlener Wirtschaft. Die Glocke (Beckumer Volkszeitung) meldete am 10.08.1914, dass das Konkursverfahren über die Vereinigte Ahlener-Gelsenkirchener Stanz- und Emaillierwerke eröffnet wurde. Schon vor Kriegsbeginn war das Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Durch den Krieg verschlechterte sich die finanzielle Lage so, dass der Vorstand sich genötigt sah, das Konkursverfahren zu beantragen. Zuviel Geld war in den Vorräten gebunden und besiegelte das Schicksal eines Unternehmens, das 1907 gegründet, nie sonderlich erfolgreich war. Genau einen Monat später berichtete die Glocke (Beckumer Volkszeitung) am 10.09.1914, dass die Konkursverwaltung der Vereinigten Ahlen-Gelsenkirchener Stanz- und Emaillierwerde AG eine Konkursquote von etwa 80 % erwartete.
Bald traten jedoch kriegsbedingte Probleme, Produktionsumstellungen auf den Heeresbedarf und Versorgungsengpässe in den Vordergrund. Anfang 1915 wandte sich das Westf. Stanz- u. Emaillierwerke AG an das Kgl. Bezirkskommando in Münster: „Der Anschläger Theodor Sasse ist zur Fahne einberufen. Wir bitten [...], uns diesen Mann nicht fortzuholen, da wir denselben dringend zur Herstellung von Feldkesseln für Heereslieferung benötigen. […] Nachdem bereits mehrere Facharbeiter eingezogen sind, können wir diesen Mann unmöglich entbehren, wenn nicht die Lieferung in Frage gestellt werden soll. Sasse ist ein langjähriger Anschläger und mit diesen Arbeiten vertraut. Ersatz dafür haben wir nicht.“

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Das Medizinalwesen in Kriegszeiten im 19. und 20. Jahrhundert im Kreis Warendorf.
In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2006. 55. Jahrgang. S. 72 – 89.

Noch im Frühjahr 1862 grassierte unter den in Warendorf stationierten Soldaten eines Füsilierbataillons die Krätze, eine durch Milben hervorgerufene ansteckende Hautkrankheit, deren Ausbreitung nicht zuletzt aufgrund der ungünstigen Unterbringungsverhältnisse in Bürgerquartieren gefördert wurde. Da die Übertragung der Krankheit auf die nicht immer ganz freiwilligen Quartiergebern drohte, entspann sich daraus eine lokale Kontroverse zwischen dem Warendorfer Magistrat und dem Generalkommando sowie der Bezirksregierung in Münster, die im so genannten ‚Bettenkrieg’ gipfelte, denn aufgrund der beschränkten Verhältnisse hatte man bisher geduldet, dass Soldaten und Bürger in den gleichen Betten nächtigten. Die hygienischen Vorteile von Kasernenbauten wurden bei dieser uner¬quicklichen Affäre deutlich und führten zur Auflösung der Warendorfer Garnison 1878, was auch das Ende des militärischen Lazarettwesens bis zum Ersten Weltkrieg in Warendorf bedeutete. Seuchen blieben Begleiterscheinungen kriegerischer Auseinandersetzungen. Den Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 begleitete eine Typhus- und Ruhrepidemie. Außerdem schleppten französische Kriegsgefangene die Pocken ein. Zwischen November 1870 bis Juli 1871 wurden in Warendorf 51 Pockenfälle registriert.
Betroffen waren „5 Kinder im Alter von 15 Jahren und 46 Erwachsene. Es gab 8 Todesfälle [,obwohl] alle erkrankten Personen geimpft waren.“ In Beckum wurde ein Lazarett im alten Hospital, dem späteren Vinzenzhaus, während der Kriegsjahre 1870/71 eingerichtet. Die Frauenvereine versorgten die Verwundeten mit Erfrischungen und stellten Verbandsmaterial zur Verfügung.

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Ein Konflikt im Ostbeverner Gesundheitswesen der Nachkriegszeit.
In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2006. 55. Jahrgang. S. 210 – 213.

In den nächsten zwei Jahren scheint sich neue Arzt mit dieser Situation abgefunden zu haben, oder er versuchte intern zu einer für ihn günstigen Regelung mit dem Kuratorium des Krankenhauses zu gelangen. 1949 suchte er dann allerdings die Öffentlichkeit, denn die Angelegenheit beschäftigte nun die lokalen politischen – und Verwaltungsgremien. Anfang März 1949 beantragte der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Ostbevern, Bruland, beim Amtsdirektor Dr. Kölling für die nächste Amts- und Gemeinderatssitzung eine „Debatte über die Einweisung des 2. Arztes (Dr. Kleffner) zur Ausübung seiner Praxis und Zuweisung von Betten für seine Patienten im hiesigen St. Josefs-Krankenhaus. Zu dieser Frage liegt ein öffentliches Interesse vor.“ Sechs Wochen später wandte sich die Amtsverwaltung Ostbevern an den Vorsitzenden des Kuratoriums, Dechant Hoepper: „Auf Antrag der SPD, Ortsgruppe Ostbevern […] hat die Gemeindevertretung auf ihrer letzten Sitzung am 01.04.1949 einstimmig beschlossen, eine Empfehlung an das Kuratorium des St. Josefs-Krankenhaus zu richten, es möge die Zulassung des Dr. Kleffner als Arzt am Krankenhaus gewährleisten und ihm dort die Behandlung seiner Patienten ermöglichen.“

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Die industrielle Entwicklung der Stadt Ahlen von 1914 bis 1975.
In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2006. 55. Jahrgang. S. 276 – 285.

Der Steinkohlebergbau begann seine Förderung unter schwierigen Bedingungen mit dem I. Weltkrieg. Obwohl die Lagerstätten beste zur Verkokung geeignete Fettkohle enthielten und trotz neuzeitlicher Fördereinrichtungen stand das Bergwerk wirtschaftlich am unteren Ende der Skala der Wettbewerbsfähigkeit, da die Flöze teilweise nur eine geringe Mächtigkeit aufwiesen und darüber hinaus in sehr großer Tiefe lagen.
Unter den Bergleuten war die Zeche Westfalen als ‚Kilometerpütt’ verschrien, da dort erstmals in Tiefen von über 1.000 m bei höheren Temperaturen als auf anderen Schachtanlagen gearbeitet werden musste. Darüber hinaus war die Staubentwicklung in den langen Abbaustreben hinderlich und das Antreiber- und Kontrollsystem der Reviersteiger berüchtigt.
Noch in den letzten Wochen des I. Weltkriegs wurde am 1. Oktober 1918 in Ahlen der Grundstein zu einem zukunftsweisenden Unternehmen, der Firma Kaldewei, gelegt.
Fertigte man zuerst Haus- und Küchengeräte, begann die Fertigung von Badewannen ab 1932, was nach 1945 zur Marktführung des Unternehmens in Europa führen sollte.

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Die Rüstungsindustrie während des Zweiten Weltkriegs in Ahlen im Spiegel der Berichte der Rüstungskommandos Osnabrück und Recklinghausen.
In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2006. 55. Jahrgang. S. 298 – 306.

Die Kriegstagebücher der RüKdos Osnabrück und Recklinghausen zeigen die Bedeutung der Ahlener Metallindustrie für die Rüstungsfertigung. Aus den Fertigungsberichten der RüKdos geht hervor, dass die Firma Buschoff außer den 15-cm-Granaten Modell 19 auch die Bombe SD 70 L I herstellte. Linnemann, Schulte & Co. produzierte Munitionskästen für die 7,5-cm-Pak (Panzerabwehr)granate Modell 40 und 30-cm-Wurfkörper.
Kaldewei stellte die Feldhaubitzgranate Modell 38 her. Stephan Nahrath produzierte neben der Bombe SD 70 L Gurtkästen.
Bereits ab Oktober 1939 fertigte die Firma Buschoff 1.500 Bomben des Typs SC 250 I, Ausführung C.
Im November 1939 stellte Kaldewei 5.000 Sprenggranaten 10,5 cm und 7.500 Sprenggranaten 8,8 cm her. Im gleichen Monat war die Firma Stephan Nahrath für die Produktion von 3.000 Bomben vom Typ KC 250 oder 10.000 Trommeln für FF-Kabel vorgesehen.
Handwerksbetriebe sollten in die Kriegswirtschaft mit einbezogen werden. Daraufhin bildete sich im Frühjahr 1940 eine Arbeitsgemeinschaft der Kreishandwerkerschaft Ahlen, welche die Produktion von 2.500 Feldhaubitzgranaten im Monat anvisierte.
Allerdings stieß die Beschaffung von Sondermaschinen für die Endfertigung auf Schwierigkeiten, so dass die Produktion in den Handwerksbetrieben zunächst zurückgestellt werden mußte.
Als die NS-Behörden ab Mitte 1942 zahlreiche Handwerksbetriebe auf administrativen Wege kurzerhand schlossen, wurden deren Inhaber als Arbeitskräfte in die Rüstungsindustrie verpflichtet.
Der Sohn eines betroffenen Ahlener Malermeisters berichtete nach dem Krieg, dass sein „Vater bei Buschoff Granatenhülsen gedreht“ habe. Der Malerbetrieb blieb bis 1946 stillgelegt.
Vor diesem Hintergrund erwies sich die von den Nationalsozialisten gebetsmühlenhaft beschworene Mittelstandspolitik als reine Makulatur.

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Freckenhorst im Zweiten Weltkrieg (1939 – 1945).
In: Freckenhorst. Schriftenreihe des Freckenhorster Heimatvereins. Heft 17. Januar 2006. S. 56 – 73 und Heft 18.Juli 2007. S. 30 – 46. Heft 17: Der Evakuierungsstrom schwoll nach dem überaus schweren Luftangriff auf Münster vom 10. Oktober 1943 an. Außer Münsteraner Luftkriegsbetroffenen kamen 1943/44 Frauen und Kinder aus den bombardierten Städten des Ruhrgebiets. Im Frühjahr 1944 waren vier Familien von Bediensteten der Westfälischen Landesbank und der Westfälischen Provinzial-Feuersozietät aus Münster nach Freckenhorst evakuiert worden. Im Herbst 1944 wurde der Aachener Raum zur unmittelbaren Kriegszone.
Aufgrund der Evakuierung der dortigen Zivilbevölkerung mussten ca. 50 Aachener untergebracht werden. Zur Versorgung der Evakuierten in Gemeinschaftsverpflegung richtete man 1943 im Saal Heuer eine Volksküche ein.
Zur Unterbringung der meist unfreiwilligen Neubürger wurden 30 Behelfsheime an verschiedenen Stellen des Ortes errichtet, zum großen Teil von der Gemeinde aber auch auf Initiative von Privatleuten und nach Freckenhorst verlagerter Firmen.
Angesichts des kriegsbedingten Anstiegs der Einwohnerzahl reichte die örtliche Infrastruktur nicht mehr aus. Anfang September 1943 forderte Schulrat Dr. Knops aus Münster einen zusätzlichen Lehrer für Freckenhorst an, da die Schülerzahl im Gefolge der Evakuierungsmaßnahmen stark angestiegen war. Im Herbst 1943 sollte ein freier Fabrikraum der Firma Kreimer und die Flintruper Kapelle sowie im Frühjahr 1944 ein 400 m² großer Lagerraum für die Unterbringung von Möbeln Evakuierter dienen. Im Frühjahr 1944 drohte Wassermangel, wie aus einem Bericht des Warendorfer Bürgermeisters Haase an den Landrat hervorging: „Das Wasserwerk versorgt Warendorf und Freckenhorst. Die Wasserversorgung ist aber nur durch äußerste Einschränkung möglich, da in den letzten Jahren der Zuzug nach […] Freckenhorst infolge Evakuierung, Verlagerung der Industrie, Behörden usw. erheblich gestiegen ist. Die Fördermenge reicht nicht mehr aus für den Bedarf.“


Heft 18: Schon wenige Tage nach dem ersten Todestransport fertigte der Warendorfer Auktionator Schoneberg für den Oberregierungsrat Heising vom Landesfinanzamt akribische Listen über den Hausrat der Familie Rosenberg an, um Gegenstände, die ein ganzes Leben ausgemacht hatten, an Interessierte zu veräußern. Amtsbürgermeister Lücke, Aloys Arens und Frau Henne zahlten im Laufe des Krieges zum Teil namhafte Beträge für Möbel der Rosenbergs bei der Amtskasse ein.
Nach dem Krieg bestritten sie, Hausrat der Deportierten erworben zu haben und wollten nur Gelder anderer Erwerber weitergegeben haben.
Der Kreisbeauftragte für Wiedergutmachung, Dr. Hermann, resümierte 1952 angesichts dieses Falles: „Es liegt hier ganz offensichtlich der Fall vor, wo sämtliche Beteiligten für sich erklären, nichts zu wissen und nichts zu sagen und auf andere Stellen und Personen verweisen, die ihrerseits angeblich ebenfalls nichts wissen und nichts haben.“

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Schicksale der Nachkriegszeit [Teil 1].
In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Bd. Nr 4. 20. Jahrg. (2006). Heft Nr. 13. S. 227 – 250; [Teil 2]. Heft 14. S. 266 – 274; [Teil 3]. Heft 15. S. 283 – 291.

Heft 13: Im Frühjahr 1947 berichtete Anna Z.: „Am 12.01.1945 bin ich von Breslau nach Frankenstein (Schles.) infolge Frontnähe umquartiert worden. In Frankenstein war ich bis Anfang September 1946 und bin dann am 05. September 1945 mit dem Flüchtlingstransport nach Ostbevern umquartiert wor¬den.“
Ende Juni 1947 unterrichtete die Flüchtlingsfürsorgestelle Ostbevern das Landesflüchtlingsamt in Münster: „Artur Pauluweit hat am 16.08.43 in Posen geheiratet, eigener Haushalt hat seit dieser Zeit in Posen, Schwabenstr. 43 (2 Zimmer und Küche) bestanden. Ehefrau wurde im November 1944 zur Wehrmacht eingezogen, Wohnung und vollständige Ausstattung wurden 2 Flüchtlingsfrauen aus Lyck/Ostpr. durch das Wohnungsamt Posen zur Verfügung gestellt. Ehemann wurde am 22. Juni 1945 aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft entlassen, wandte sich nach Freudenstadt/Schwarzwald zum Flüchtlingsort seiner Schwiegereltern und fand dort auch seine Ehefrau, die am 28.05.45 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen worden war. Beide wurde am 01.09.45 nach Münster und von dort nach Ostbevern ausgewiesen.“


Heft 14: Anfang Februar 1946 wandte sich Hilde Wenzel aus Warendorf an den Bürgermeister in Ostbevern: „Im Januar vorigen Jahres musste ich mit meinen Kindern und meiner Hausangestellten un¬sere Heimat Breslau verlassen. Nach vielen Zwischenstationen bin ich von Münster nach Lembrock zu Bauer Tewes evakuiert. Seit Oktober 1945 arbeite ich in Warendorf bei der UNRRA und habe nur die Möglichkeit Sonntag zu meinen Kindern zu fahren. Nun habe ich eine Bitte.
Ist es nicht möglich, dass in Ostbevern eine kleine Wohnung bekommen kann? Vor allen Dingen wäre mir das wegen der Kinder besonders lieb. Sie sind 9 und 6 Jahre alt und müssen alle Tage den weiten Weg in die Schule gehen. Das wäre an sich nicht schlimm, wenn sie nur mit den Schuhen besser bestellt wären.
Mein Junge war vor einiger Zeit sehr krank. Er hatte wohl mit nassen Füßen in der Schule gesessen und konnte auf einmal nicht mehr laufen. (…) Sie werden verstehen, dass mir die Trennung von den Kindern schwer fällt, zumal sie das einzige sind, was mir geblieben ist. Von meinem Mann und meinen Eltern habe ich ein Jahr nichts mehr gehört.“


Heft 15: Mitte April 1946 wandte sich der Ingenieur Hermann Hummelt, einquartiert im Gasthof Esselmann, an den Ostbeverner Amtsbürgermeister: „Seit ca. 4 Jahren ist meine Familie von Münster nach Ostbevern evakuiert und zuletzt im Hause Wierlemann, Engelstr. 14 untergebracht gewesen. Durch die Beschlagnahmung des Hauses durch die Militär-Polizei am 08.04.1946 mußte ich auch meine Wohnung räumen. Meine Möbel konnte ich nur durch gutes Zureden in der ganzen Nachbarschaft verstreut unterbringen.
Meine Familie wurde auf ein Zimmer im Gasthaus Esselmann untergebracht. Durch diese Maßnahme ist meiner Frau jegliche Möglichkeit genommen, selbst für die Kinder etwas herzustellen, da sie nur auf das Gasthaus angewiesen ist und keine Kochmöglichkeit dort hat.
Die Verpflegung soll von Seiten des Gastwirts gegen Abgabe der Lebendmittelkarten durchgeführt werden. Bei 2 Kindern im Alter von 4 Jahren wird es daher verständlich sein, daß ich darum bemüht bin, mir eine andere Wohngelegenheit zu verschaffen, um derartigen Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen.“

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Julius Lücke und die Dortmunder Schwanenwallaffäre.
In: Eine Frage beantwortet – tausend Fragen offen…
Festschrift Alfred Smieszchala zum 65. Geburtstag.
Hg. v. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kreisarchivs Warendorf. Warendorf 2006. S. 11 – 17.


1938 gab SA-Obersturmbannführer Julius Lücke im Vorfeld seiner ‚Bewerbung’ um das Amt in Freckenhorst in einem Lebenslauf selbst Auskunft über seine Aktivitäten in den NS-Organisationen: „Im März 1930 erklärte ich erstmalig meinen Beitritt zur NSDAP. Da diese Aufnahmeerklärung in einer Parteidienststelle in Dortmund verloren ging, wiederholte ich meinen Antrag im November 1930 [NSDAP-Nr. 500143].
In der Zeit vom 1. September bis zum 31. Dezember 1931 war ich als Blockwart […] und vom 01. Januar 1931 bis 15. Mai 1933 als Zellenleiter von 2 (bezw. teilweise 3) Zellen und zugleich als stellvertretender Propagandaleiter der Ortsgruppe Dortmund-Ost der NSDAP tätig. Um mich in der nationalsozialistischen Weltanschauung weiter zu festigen, besuchte ich regelmäßig die vom Bezirk Dortmund der NSDAP eingerichteten weltanschaulichen Schulungsabende.
Daneben war ich vom 1. März 1931 an aktiver SA-Mann. Bei allen befohlenen Aktionen der SA, wie Saalschutz in und außerhalb Dortmunds, Propaganda-Aufmärschen, Flugblattverteilungen in den Häusern und auf den Straßen, Plakatankleben bei Nacht usw., auch bei der bekannten blutigen Propagandaak¬tion […] 1932 in Dortmund, habe ich aktiv mitgewirkt.“

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Die Ausstellung ‚Oneg Schabbat’, das Untergrundarchiv des Warschauer Ghettos.
Eröffnungs¬vortrag im Kulturforum Kapelle in Waltrop am 27. Januar 2006.
In: Spuren der Verfolgten. Heft 28. 2006. S. 3 – 9.


Abschließend möchte ich kurz auf drei zentrale Botschaften dieser Ausstellung für die heutige Zeit zu sprechen kommen. Das Untergrundarchiv des Warschauer Ghettos und diese aus ihm hervorgegangene Ausstellung sind ein herausragenden Beispiel einer lebendigen Erinnerungskultur, in einer Zeit, in der die Zeitzeugen immer weniger werden.
Ein zweites Anliegen der Ausstellung wird durch die Stellwand symbolisiert mit den Namen und Fotos der Mitglieder der Ringelblum-Gruppe. Von manchen Mitgliedern existiert noch nicht einmal ein Bild.
Diese Ausstellung möchte den unbekannten Opfern des Warschauer Ghettos ein Gesicht geben.
Würde man sie der Vergessenheit anheimgeben, wären sie damit symbolisch zum zweiten Mal umgebracht.
Die dritte Botschaft spannt den Bogen in sehr praktischer Weise von der Geschichte in die Gegenwart und Zukunft.
Sie fordert Wachsamkeit gegenüber jedem neuerlichen Aufkommen von Antisemitismus und Rassenhass, sei es hierzulande oder jenseits der Grenzen. Am 27. April 1943 appellierte die jüdische Kampforganisation ZOB an die Alliierten: „Unser tragischer Aufstand…müsste doch die übrige Welt endlich zu Taten anregen.“
Diese verzweifelten Worte vom Frühjahr 1943 erhalten durch die unverhüllten antisemitischen Drohungen des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad eine erschreckende Aktualität.
Während der 1930er Jahre nahm „die übrige Welt“, an der die ZOB sich im Frühjahr 1943 verzweifelt wandte, den deutschen Antisemitismus nicht zur Kenntnis und übte sich weitgehend in beschwichtigender Appeasementpolitik.
Heute ist es deshalb umso notwendiger, neben der Zurückdrängung neonazistischer Umtriebe, sich mit der Herausforderung des islamistischen Antisemitismus und seinen nationalsozialistischen Wurzeln auseinanderzusetzen, damit ähnlichen Bedrohungen, wie sie seiner Zeit im Genozid am Judentum in Europa gipfelten, wirksamer begegnet werdet kann, als das während des 1930er und 1940er Jahre möglich war.
Damit wären dann die wichtigsten Vermächtnisse von Emanuel Ringelblum und seinen Mitstreitern, Erinnerung und Wachsamkeit, in bestem Sinne erfüllt.

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Die internationale Aufrüstung der Türkei.
In: Spuren der Verfolgten. Heft 29. 2006. S. 3 – 5.

Name Produkte Lizenzerteiler
Aselsan Funkgeräte, Stingerraketen, Einzelteile F 16, Granatzünder, Wärmepeiler für Panzer Philips (Niederlande)
Litton (USA)
Philips USFA (Niederlande)
Texas Instruments (USA)
Arifiye Panzerüberholungswerkstatt optische Instrumente
M-48 Kampfpanzer
Zeiss (BRD)
Rheinmetall (BRD)
MTU (BRD)
GLS (BRD)
ENKA-Holding Black Hawk-Hubschrauber United Technologies (USA)
Eskizihir Triebwerke für
F 104, F 4, F 5 und C 160
Rolls Royce (Großbrit.)
FNSS Schützenpanzer FMC (USA), Detroit Steel (USA)
GIAT (Frankreich)
Gölcük-Schiffswerft U-Boote, Meko-Fregatten HDW (BRD)
Blohm + Voss (BRD)

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Das Schützenwesen im Kreis Warendorf zwischen 1871 und 1945.
Waffenübung, Geselligkeit und Sport im Spannungsfeld zwischen Vereinsautonomie und politisch/ gesellschaftlicher Einflussnahme.
In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2007. 56. Jahrgang. S. 39 – 66.


Der siegreiche Krieg gegen Frankreich 1870/71, die mit diesem Waffengang in engem Zusammenhang stehende Reichsgründung und der damit aufkommende Nationalismus bescherte den bestehenden Schützengesellschaften zum Teil einen Niedergang.
Diese Regression ging mit der Tendenz einher, dass Schützenvereine in den neugegründeten und aufstrebenden Kriegervereinen aufgingen. Als ebenfalls gemeinschaftsfördernde Vereinigungen traten die Kriegervereine, welche sich des besonderen staatlichen Wohlwollens sicher sein konnten, in eine gewisse Konkurrenz zum althergebrachten Schützenwesen.
Die neuen Vereine warben damit, dass in ihrem Rahmen „endlich wieder die soldatischen Traditionen des Schützenwesens gepflegt und mit zeitgemäßen Formen zum Ausdruck gebracht werden“ konnten.
Spätere Schützenvereine, wie die St.-Antonius-Schützenbruderschaft in Benteler gingen aus solchen Verbänden hervor.
Der ebengenannte Verein wurde als Krieger- und Landwehrverein im Jahre 1900 gegründet. Der heutige Schützenverein Stromberg geht auf einen 1892 gegründeten Kriegerverein zurück. Allerdings muss gewisse Zeit ein Vorläuferverein existiert haben, wie die Genehmigungen von Schützenfesten durch den Amtmann in Oelde aus den Jahren 1869, 1873, 1874 und 1875 ausweisen.

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Das Schützenwesen im Kreis Warendorf nach 1945.
Zäsur, Neubeginn und weitere Entwicklung. In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2007. 56. Jahrgang. S. 66 – 81.

Carl Leopold fragte im Neuen Emsboten während des Sommers 1949 polemisch-rhetorisch: „Wollten wir also wieder die weiße Hose anziehen, das Holzgewehr oder den Spazierstock schultern oder auch die Armbrust, weil es der Militärregierung besser gefällt?“ Außerdem kritisierte er, die „Bräuche und Traditionen sind sinnentleert, unsinnig, Unsinn geworden […und] die Schützenvereine im Laufe der Zeit ihren eigentlichen Zweck, nämlich lebensverpflichtende Hilfs- und Schutzmaßnahmen, aus den Augen verloren hätten, und nur das Feiern übrig geblieben sei.“ Darüber hinaus mahnte Leopold angesichts der Vermissten und Gefallenen nicht aus seiner Sicht lächerliche Schützenfeste zu feiern und stellte als Beispiel eine Wiedenbrücker Schützenbruderschaft heraus, die das Geld für eine Fest dem sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt habe, was der Paderborner Erzbischof lobend gewürdigt hatte.
Bei seiner Philippika übersah Carl Leopold, dass seit Beginn des 19. Jahrhunderts die Schützenvereine ihren Hauptzweck in der Pflege der Geselligkeit und von Festen sahen, zumal besonders in den ländlichen Räumen die Möglichkeiten für Zerstreuung und Ablenkung vom harten Arbeitsalltag sehr dünn gesät waren. Wehr und Schutz für die Bevölkerung, eine mittelalterliche Wurzel des Schützenwesens, war bereits während der frühen Neuzeit mehr und mehr in den Hintergrund getreten.
Bis ins frühe 20. Jahrhundert versuchten Behörden und Kirchen gegen die nach ihrer Lesart übertriebene Feierei vorzugehen und das Schützenwesen zu behindern. Auf dieser asketisch-weltverneinenden Linie lagen offenbar auch die Einwände Leopolds.
Doch die Menschen ließen sich Geselligkeit und Freude sowohl damals nicht verderben als auch nicht wenige Jahre nach dem Krieg, als es die Verhältnisse wieder zuließen, Feste zu feiern.
Dass in der allgemeinen Aufbruchstimmung nach der Währungsreform im Zeichen des Wiederaufbaus bei solchen Gelegenheiten die Kriegsopfer oft ‚Draußen vor der Tür’ blieben, wie es Wolfgang Borchert in seinem epochalen Theaterstück während der unmittelbaren Nachkriegszeit menetekelhaft formulierte, lässt die Kritik des Warendorfer Verlegers trotz ihrer Harschheit zumindest zum Teil berechtigt erscheinen.

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Das Schützenwesen in Ostbevern.

„von oldes her und nach altem Gebrauch“.

In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2007. 56. Jahrgang. S. 161 – 166.

Für den heutigen Schützenverein St. Ambrosius wird allgemein das Gründungsjahr 1872 genannt, aber es existieren darüber keine schriftlichen Belege.
Die ältesten, noch vorhandenen Insignien sind zwanzig Jahre jünger und stammen aus dem Jahre 1892. Ab diesem Zeitpunkt können erst fortlaufende Vereinsaktivitäten lückenlos nachgewiesen werden.
Wie der Schützenverein Ostbevern führt der entsprechende Verein in Westbevern-Brock seine organisierten Aktivitäten mindestens auf das Jahr 1872 zurück, wenn auch in Gemeindeprotokollen von einem Vogelschießen bereits im Jahre 1853 berichtet wird.

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Das Schicksal der Gertrud Albermann.

Ein Kind aus Warendorf fiel 1929 dem Düsseldorfer Serienmörder Peter Kürten zum Opfer.

In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2007. 56. Jahrgang. S. 358 – 3 64.

Das Kind, in Warendorf geboren, war von Verwandten in Düsseldorf aufgenommen worden, um sie vor der Tuberkulose zu schützen, welche in ihrem Elternhaus grassierte.
Sie hielt sich abwechselnd bei ihren Verwandten in der Rethelstraße im Stadtteil Derendorf und in der Ackerstr. 196 auf. Seit Anfang 1929 trieb in der rheinischen Metropole der Serienmörder Dieter Kürten sein Unwesen. Mehrere Menschen waren ihm bereits zum Opfer gefallen.
Am Tattag, den 7. November 1929, spielte die Kleine wie gewöhnlich vor dem Geschäftslokal ihrer Pflegeeltern. Eine Nachbarin konnte beobachten, wie ein junger, mit einem dunklen Mantel bekleideter Mann sich mit dem Mädchen entfernte.
Irgendein Geschenk oder Versprechen schien bei dem Kind Freude erregt zu haben. Es winkte noch der Nachbarin freundlich, welche sich keine weiteren Gedanken machte, als Gertrud Albermann mit dem Unbekannten in Richtung des Stadtteiles Flingern, dem späteren Tatort, verschwand.
Das Mädchen wurde an diesem Tag um 18.45 Uhr das letzte Mal lebend gesehen.

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Von Beelen nach Honduras.

Die erzwungene Emigration der jüdischen Familie Baer nach Zentralamerika 1939.

In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2007. 56. Jahrgang. S. 364 – 374.

Baer wurde bis zum 24. November 1938 festgehalten.
An diesem Tag informierte der Beelener Amtsbürgermeister Dr. Lüke das Landratsamt, dass man "Leopold Baer [...] heute aus der Inschutzhaft¬nahme entlassen [habe], weil er beabsichtigt, sein Haus zu verkaufen."
Bemerkenswerterweise wurde Leopold Baer damit als letzter von allen festgenommenen jüdischen Bürgern im Kreis Warendorf aus der Haft entlassen, wie auch aus einer entsprechenden Meldung an die Gestapo in Münster hervorgeht.
Der Entlassungsgrund, seine Person benötige man zur Arisierung des Baerschen Besitzes, erklärt nicht die vergleichsweise lange Haftzeit, denn bereits am 17. November 1938 hatte Landrat Gerdes einen Funkspruch der Gestapoleitstelle Münster empfangen, die bezüglich der festgenommen jüdischen Bürger anordnete: "Arisierungsmaßnahmen dürfen durch die Inschutzhaftnahme der Besitzer [...] nicht gestört werden. [...]
Juden, die bereits im Besitz von Ausreisepapieren sich befinden oder deren Ausreisetermine bevorstehen, dürfen an der Auswanderung nicht gehindert werden“.

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Buchbesprechung – Bernd Haunfelder: Nordrhein Westfalen – Land und Leute 1946 – 2006.

In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2007. 56. Jahrgang. S. 455.

Neben nicht weniger als 640 Lebensbeschreibungen bietet das Handbuch einen einleitenden Überblick bezüglich der 1946 erfolgten Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen als Teil der damaligen britischen Besatzungszone. Hinzu tritt ein kurzer aber prägnanter Abriss der Geschichte dieses Bundeslandes, wobei seine Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland ebenso verdeutlich wird, wie die politischen und sozioökonomischen Kontinuitäten und Wandlungen, die das Land zwischen Rhein und Weser aufzuweisen hat bzw. denen es unterworfen war.

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Die Ahlener weltliche Schule (Teil 1).

Eine neue Schulform in der Kolonie/Neustadt während der Weimarer Republik.
In: Der beflügelte Aal. Heimatliches aus Ahlen – Vorhelm – Dolberg. Bd. 25, 2006. S. 97 – 100.


Für das Jahr 1918 vermerkte die Schulchronik der Diesterwegschule: „In Ahlen wurde der Wunsch nach einer weltlichen Schule wach. Zahlreiche Kinder wurden vom Religionsunterricht abgemeldet.“ Die Befürworter der neuen Schulform schlossen sich in Ahlen zu einer ‚Arbeitsgemeinschaft der freigeistigen Verbände’ zusammen.
Dagegen regte sich Widerstand.
Vor allem von Seiten der Kirchen, der katholischen Bevölkerung und dem Zentrum entwickelte sich angesichts entsprechender Modernisierungsversuche des Bildungswesen durch Teile der Politik vehementer Protest „gegen die de[m] christlichen Geist der Schule entgegenstehenden Maßnahmen der Regierung“.
Die zentrumstreue Ah¬lener Volkszeitung sekundierte diese Haltung mit folgendem Artikel Mitte Januar 1919: „Wenn ich der Teufel wär’ und die Leute wählten mich in der Verblendung zu ihrem Abgeordneten und schickten mich ins Parlament, wie tät ich es dann angreifen? – Es versteht sich, daß ich nicht stillsitzen, sondern einen Antrag einbringen würde. – Aber was für einen? – Natürlich einen, der der Hölle am meisten Kundschaft, und den größten Profit brächte. Ich würde darum kurz den Antrag stellen, man solle die Schule von der Kirche trennen und gänzlich losmachen; die Schule solle nichts mehr mit der Religion und die Religion nichts mehr mit der Schule zu tun haben“.
Anfang Mai 1919 fanden sich im Ahlener Gertrudenhof 1.200 Katholiken zusammen, die scharfen Protest erhoben „gegen alle Maßnahmen der Regierung, die eine Entchristlichung des Schulwesens zur Folge haben“ Auf der Gegenseite polemisierte die USPD Anfang 1920 auf ihren Versammlungen anlässlich der bevorstehenden Elternbeiratswahlen: „Wählt revolutionäre Elternbeiräte, damit die Kinder nicht länger unter der Fuchtel der Pfaffen stehen müssen. In letzter Zeit mehren sich die Fälle, daß sich der Stock in der Schule hauptsächlich bei Gebetsübungen schwingt.“
Allerdings konnten die freigeistigen Eltern keine Mehrheit in den Beiräten erringen. Trotzdem verfolgten sie das Projekt der weltlichen Schule beharrlich weiter.

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Die Ahlener weltliche Schule (Teil 2).

Eine neue Schulform in der Kolonie/Neustadt während der Weimarer Republik.
In: Der beflügelte Aal. Heimatliches aus Ahlen – Vorhelm – Dolberg. Bd. 26, 2007. S. 71 – 77.


Nachdem im Herbst 1923 die katholischen Klassen in der Diesterwegschule in die neugebaute Josefsschule umgezogen waren, konnte die weltliche Schule endlich mit ihren nun schon sechs Klassen im Ostflügel des Schulgebäudes am Glückaufplatz konzentriert werden. Der Schulbetrieb orientierte sich hauptsächlich an den Auffassungen der Sozialdemokraten und Kommunisten.
Der Elternbeirat nahm auf diese Weise Einfluss auf den Lehrplan. Ehemalige Schüler erinnern sich, dass es keine Schulgebete gab und die allgemeine Schulatmosphäre nicht so autoritär und von Strenge geprägt war als an herkömmlichen Schulen.
Angesichts von Kindern aus christlich, sozialdemokratisch und kommunistisch geprägten Elternhäusern versuchte man Toleranz als Prinzip durchzusetzen, wobei nun unter den Ahlener Verhältnissen ‚Toleranz’ jenseits der Bahn etwas ganz anderes bedeuten konnte als diesseits der Bahn!
Zur Schulentlassung feierten die Schulabgänger der weltlichen Schule meist nicht die kirchliche Konfirmation sondern die sozialistische Jugendweihe.
Die Lehrinhalte spiegelten oft die soziale Situation der Schüler wider. An den weltlichen Schulen wurde zur Weihnachtszeit folgendes Lied gesungen:
„Stille Nacht, heilige Nacht
ringsumher Lichterpracht
in der Hütte nur Elend und Not
kalt und öde, ein Licht und kein Brot
liegt die Armut auf Stroh
Stille Nacht, heilige Nacht
drunten im tiefen Schacht
Wetterblitzen bei harter Fron
gräbt der Bergmann für wenigen Lohn
für die Reichen das Gold
Stille Nacht, heilige Nacht
hast du Brot mitgebracht?
Rufet der Kinderchen hungrige Schar
Sträubt dem Vater
vor Schmerz sich das Haar
Ich bin arbeitslos!
Stille Nacht, heilige Nacht
Arbeitsvolk halte wacht.
Kämpfe nur mutig mit ruhiger Pflicht,
bis die Weihnacht der Menschheit anbricht.
Bis die Freiheit ist da.“

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Die Ahlener weltliche Schule (Teil 3).

Eine neue Schulform in der Kolonie/Neustadt während der Weimarer Republik.
In: Der beflügelte Aal. Heimatliches aus Ahlen – Vorhelm – Dolberg. Bd. 27, 2008. S. 76 – 86.


Ende Juni 1931 äußerte sich der ehemalige Rektor gegenüber dem Schulrat des Schulaufsichtsbezirks Ahlen über seine Zeit an der weltlichen Schule.
Es stellt ein erschütterndes Dokument dar, wie von interessierter politischer Seite konstruktive Pädagogik systematisch zunichte gemacht wurde, und erscheint angesichts der Ausschreitungen an der Berliner Rütli-Hauptschule, der Dortmunder Anne-Frank-Gesamtschule und einer Realschule in Sachsen-Anhalt von bedrückender Aktualität: „Die Verhältnisse unter denen ich in Ahlen als Schulleiter zu arbeiten hatte, waren für mich durchaus unerträglich. Von den mehr als trüben Erfahrungen, die ich mit dreien unserer Lehrer machen musste, wissen sie vielleicht.
Von der Flut von Verleumdungen, Beschimpfungen, Bedrohungen und Herabsetzungen, die in Versammlungen und kommunistischen Zeitungen über mich herniedergegangen ist, wird ihnen Ihnen weniger bekannt sein.
Herr Schulrat Schmalohr sagte mir einmal: ‚Sie scheinen nur nach Ahlen gekommen zu sein, um eine Kette Unannehmlichkeiten zu erleben.’ Was mich jedoch am meisten und unaufhörlich gekränkt und bedrückt hat, war die mir täglich vor Augen tretende Tatsache, dass die Mehrzahl der unsere Schule besuchenden Kinder vom eigenen Elternhause im Sinne eines parteipolitischen Programms planmäßig beeinflusst wurde gegen alles, was uns hoch und erstrebenswert erscheint, ohne dass der Schule Möglichkeit gegeben war, erfolgreich dagegen einzuschreiten. Ich mag vor allem die Mitverantwortung für eine Erziehung, die in der genannten unheilvollen und gefährlichen Weise beeinflusst wird, nicht übernehmen.“

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Szenen aus dem türkischen Gesundheitswesen.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 31. 2007. S. 3 – 5.

Bei einer Abtreibung in einem türkischen Krankenhaus geht es nach dem Bericht einer Patientin wie folgt zu: „Dicht aneinandergedrängt stehen wir im Vorzimmer – wie eine verängstigte Schafherde. Zwanzig, dreißig Frauen. Viele von ihnen sind blutjung. Fast alle zittern, manche weinen. Andere beten. Eine nach der anderen wird aufgerufen. Dann stehe ich im Behandlungszimmer direkt vor dem Behandlungsstuhl, auf dem meine Vorgängerin noch angeschnallt liegt. Sie schreit, das Gesicht ist schmerzverzerrt. Tief ist die Sonde in sie eingeführt. Ich muss zusehen, wie durch das Glasrohr ihr Baby abgesaugt wird – zerstückelt wie Hackfleisch. Alles ist mit Blut verspritzt. Ich fange wieder an zu zittern, meine Knie werden weich. ‚Stell dich nicht so an, daran hättest du denken sollen, als du dir das Baby hast machen lassen.’ Die Schwester gebraucht die übelsten Ausdrücke.
Dann liege ich auf dem Stuhl. Ein stechender, alles verbrennender Schmerz raubt mir fast die Sinne. Der Arzt führt die Sonde mit heftig drehenden Bewegungen ein, als gelte es, einen schweren Lastwagen zu lenken.
Nur nicht schreien, nur nicht schreien.
Mit beiden Händen klammere ich mich so fest an den Haltegriffen, dass ich glaube, meine Finger brechen ab. Gott vergib mir. Wie eine Endlosschleife rast dieser Satz ungezählte Male durch meinen Kopf. Dann ist es vorbei. Erst jetzt ‚gönnen’ sie mir eine Spritze gegen die Schmerzen. Eine halbe Stunde darf ich auf einer schmierigen Liege ausruhen. Dann muss ich gehen. Ein Fußweg von über einer Stunde liegt vor mir.“

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Die gescheiterte Integration.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 31. 2007. S. 5 – 15, Heft 33. 2007. S. 5 – 11, Heft 36. 2008. S. 13 – 22, Heft 38. 2008. S. 10 – 20, Heft 39. S. 18 – 20, Heft 43. 2010 S. 3 – 9 und Heft 46. 2010. S. 3 – 9.

Heft 31: Diese Andersartigkeit herauszustellen und zu bewahren, darum ging es den Muslimen von dem Zeitpunkt an, da sie als Familien in Deutschland lebten. Sie bauten eigene Gesellschaftsstrukturen auf und versuchten, ihre Segregation auch formell über die Gerichte institutionalisieren. Ihr nächstes Angriffsziel war der gemeinsame Sportunterricht für Jungen und Mädchen. Das Bundesverwaltungsgericht, dass sich schon als Förderer faschistischer Interessen offenbart hatte, urteilte ganz im Sinne der radikal-islamistischen Organisationen, es sei Mädchen selbst dann nicht zuzumuten, am Sport teilzunehmen, wenn ihnen erlaubt würde, ein Kopftuch zu tragen, weil sie dabei den Anblick von Jungen in Sportkleidung und möglicherweise gar flüchtige Berührungen ertragen müssten. Dieses Schandurteil bewirkte praktisch die Verbannung der Mädchen aus dem Sportunterricht. Statt den Islam für die Erziehungsmethoden eines freien, aufgeklärten und demokratisch verankerten Schulsystems zu öffnen, scheuten sich die Richter nicht, die muslimischen Mädchen auszuschließen.

Heft 33: Sehr oft haben jugendliche Intensivtäter einen Migrationshintergrund, wie es so schön heißt. Diese Verbrecher kommen oft mit geringen Strafen davon, weil es ein absurdes Jugendgerichtsgesetz in NRW gibt, dass Straftaten fördert statt verhindert. Serientäter wie Erdinc H. profitieren von solchen Zuständen. Mitte Februar 2007 machte er sich des versuchten Mordes schuldig, als er einen Familienvater so schlug, dass das Opfer ins Koma fiel. Schon mehrfach war der ausländische Jugendliche aus dem Kölner Stadtteil Ostheim wegen Körperverletzung und Raubdelikten aufgefallen. Doch die Polizei hatte keine Handhabe ihn festzusetzen. Noch eine Woche vor dem versuchten Mord hatte der Intensivtäter Erdinc H. vor dem Jugendrichter gestanden.
Doch der ließ den 17jährigen laufen, damit er weitere Straftaten begehen konnte. Der Richter kam zwar wegen der Gewalttaten zu einer Schuldfeststellung. Eine ‚schädliche Neigung’ wollte er aber nicht feststellen, obwohl H. längst als Intensivtäter geführt wurde. Die schädliche Neigung bekam die Justiz ein paar Tage später auf dem Tablett geliefert: Vor dem Haftrichter legte H. ein Geständnis ab. Nur deshalb wanderte er in U-Haft. Der Kölner Jugendrichter hat sich offenbar durch sein absurdes Verhalten der Beihilfe zum versuchten Mord schuldig gemacht. Das Opfer liegt nach wie vor im Koma.
Aufgeschreckt durch die öffentliche Anteilnahme für das Opfer beeilten sich die Strafverfolgungsbehörden, in persona des Oberstaatsanwalts Günther Feld, zu verkünden, man wolle nun „mit aller möglichen Härte im Rahmen des Jugendstrafrechts gegen solche Intensivtäter vorgehen“. Dazu hatten die Juristen vorher Zeit genug, warum haben sie es nicht getan?!
Der rosa-rote Senat in Berlin griff zu einem Taschenspielertrick, um die Zahl der Intensivtäter rein optisch zu senken.
Man erhöhte einfach die Eingangsschwelle von fünf auf zehn Straftaten. Damit betrug die Zahl der Vielfachtäter, zumindest auf dem Papier nur noch 442 statt vorher mehr als 3.600.


Heft 36: Gegen einen Türken war Anklage erhoben worden in einem besonders schweren Fall. Doch zum Prozess vor dem Landgericht Münster erschien der 39jährige Angeklagte nicht. Die Dortmunder Ausländerbehörde hatte ihm am 19. Dezember 2007 eine Grenzübertrittsbescheinigung ausgestellt, obwohl die Anklage in seiner Akte vermerkt war. "Wir wussten von der Anklage wegen Vergewaltigung“, bestätigte Steitz. Denn die Staatsanwaltschaft Münster hatte die Ausländerbehörde nach eigenen Angaben bereits im August 2007 darüber informiert. Aber: „Wir müssen die Staatsanwaltschaft nur bei Abschiebungen oder Ausweisungen unterrichten“, sagte Steitz. Der Mann habe das Land aber freiwillig verlassen. Er habe seinen Asylantrag zurückgezogen. Ein selbst bezahltes Flugticket vorgelegt und daraufhin die Bescheinigung des Amtes erhalten.
So eilig hatte es der 39jährige, der zuletzt in einem Grill in Altenberge arbeitete, zuvor offenbar nicht, aus Deutschland wegzukommen. Schon 1996 war er eingereist und am 17. März 2004 abgeschoben worden.
Im Jahr 2005 reiste er illegal ein und wurde in Sicherungshaft genommen. Danach lebte er geduldet in Deutschland. Der plötzliche Sinneswandel zur Ausreise habe die Behörde nicht stutzig gemacht. „Dafür kann es doch tausend Gründe geben“, sagte Behördenleiter Ingo Moldenhauer. Für den münsterschen Oberstaatsanwalt Wolfgang Schweer kaum nachvollziehbar: „Gesetzlich ist es zwar genauso geregelt, aber ein kurzer Anruf aus der Ausländerbehörde hätte gereicht und wir hätten einen Haftbefehl beantragt.“ Zuvor hätten keinerlei Haftgründe vorgelegen, eben weil der Angeklagte nicht den Eindruck gemacht habe, das Land verlassen zu wollen. Der Anwalt des Opfers hält die Verhaltensweise der Dortmunder Behörde für einen Witz: „Jeder normal denkende Mensch hätte doch bei Durchsicht der Akte stutzig werden müssen.“
Die Staatsanwaltschaft Münster erließ nun Haftbefehl gegen den 39jährigen erlassen.
Wo er sich aufhält, ist nicht bekannt (AZ 30 Js 60/07).
Angesichts der Zuneigung des Bündnisgrünen Wilhelm Steitz zu extremistischen Muslimen bleibt bei diesem traurigen Fall nur das bittere Bonmot: ‚Ein Schelm, der Böses dabei denkt.


Heft 38: Die Mehrheit der Multikultis ist deshalb verantwortungslos, weil sie sich lediglich in einer unverbindlichen Toleranz gegenüber anderen Kulturen üben. Solange sie von anderen Lebenswelten nicht beeinflusst werden, können ‚die Anderen’ machen, was sie wollen. Da der echte Multikulti im Grunde ein Staatsgegner, manchmal gar Staatsfeind ist, kann er auch nur schwer oder gar nicht davon überzeugt werden, dass der Sozialstaat die bisherige Form einer vermeintlichen Integrationspolitik nicht mehr tragen kann.
Zu beobachten ist diese Einstellung ganz besonders bei den so genannten Autonomen. Als guter ‚Autonomer’ ist man ein Feind des Staates. Und wenn der Staat die Tore für alle ‚Ausländer’ nicht aufmacht, dann ist er zu bekämpfen.
Die Toleranz des klassischen Multikulti gegenüber ‚Ausländern’ hat allerdings deutliche Grenzen. Wenn er Nachwuchs erwartet, sucht er sich sehr bald einen anderen Bezirk mit weniger ‚Ausländern’. Denn seine Sprösslinge sollen ja eine Chance haben. Der Multikulti-Fanatiker hingegen, das muss man ihm lassen, schafft es sogar, seinem Multikulti-Stadtteil treu zu bleiben. Wenn der Nachwuchs den schulischen Anschluss verpasst, weil sinnvoller Unterricht nicht möglich ist, wenn die Mehrheit der Schüler kaum Deutsch spricht, kommen von den Multikulti-Fanatikern Sprüche wie: „Ich habe mein Kind der Multikulti-Idee geopfert“, ohne dass die Jugendämter einschreiten.
Angesichts einer solchen verquasten Geisteshaltung verwundert es nicht, dass sich in Deutschland aus Minderheitengesellschaften Parallelwelten entwickeln konnten, als Konkurrenz und in Abgrenzung zur Mehrheitsgesellschaft mit dem erklärten Ziel, Strukturen dieser Gesellschaft, die nicht mit der eigenen Kultur vereinbar sind, zu verändern. Die Mehrheitsgesellschaft soll sich den Traditionen und Gewohnheiten der Minderheitsgesellschaft anpassen oder gar unterordnen. Wir haben es mit einer sehr starken, selbstbewussten und teilweise ausgesprochen arroganten muslimischen (gleich ob praktizierend oder nicht) Gemeinschaft zu tun, die sich eine von der Mehrheitsgesellschaft unabhängige Welt mit eigenen Legislative, Judikative und Exekutive geschaffen hat. Kontakt zu Deutschen ist in dieser Welt gar nicht mehr nötig und oft auch nicht erwünscht.
Sehr viele Türken und Kurden leben heute in Deutschland ohne Beziehungen zu Deutschen, selbst wenn sie im selben Haus oder in derselben Straße wohnen. Die Mehrheitsgesellschaft hat die Existenz solcher Parallelgesellschaften lange ignoriert. Der Multikulti kauft sein Gemüse beim ‚Türken’, seinen Kebap an der Dönerbude und ist mächtig stolz auf seine gelebte angebliche Multikulturalität und sein Anti-Deutschtum. Dabei interessiert er sich nicht im Geringsten für die Kultur des Gemüsehändlers oder des Dönerbudenbesitzers. Der kann ein fundamentalistischer Patriarch voller Verachtung für den Deutschen und seine Lebensweise sein, und der verblendete Multikulti merkt es gar nicht einmal. In seinem Multikultiwahn glaubt er, der ‚Türke’ müsse ihn lieben, weil er ja ein ‚Ausländerfreund’ sei.
Erstaunlich dabei bleibt, dass sich letztendlich der Multikulti mit dem bildungsfernen, einfach strukturierten, Gewalt in der Familie befürwortenden türkischen oder kurdischen Patriarchen solidarisiert, während er dies niemals mit dem bildungsfernen, einfach strukturierten deutschen Mitbürger tut, der seine Frau schlägt und gerne in der nächsten Eckkneipe das Haushaltsgeld vertrinkt oder am Spielautomaten verschleudert.
In der so genannten semikriminellen Hausbesetzerszene war dieses verantwortungslose Verhalten besonders ausgeprägt.
Für diese war alles ganz einfach: „Der Staat ist schlecht zu den ‚Ausländern’, deshalb sind wir gut zu ihnen.“
Saryan Ates kritisiert, dass „die meisten der so vorbildlichen Pseudolinken aus der Hausbesetzerszene uns bei aller Solidarität auch ‚Ausländer’ nannten, wurde jahrzehntelang dezent übergangen, ebenso wie die Tatsache, daß der anatolische Bauer, mit dem sich die Multikulti-Traumtänzer verbündet fühlten, mit diesen genauso wenig am Hut hatte wie mit den Homosexuellen in Berlin-Kreuzberg.“
Bis zur Ermordung des niederländischen Filmemachers Theo van Gogh wurden in nahezu jeder Diskussion über veraltete Traditionen und fundamentalistische religiöse Praktiken in der Parallelgesellschaft die Niederlande als gelungenes Beispiel für eine multikulturelle Gesellschaft genannt. 'Dort funktioniert es doch, warum also nicht auch in Deutschland?, fragten die Multikultis. Dabei hat es in den Niederlanden überhaupt nicht funktioniert.
Für jeden vorurteilsfreien und aufmerksamen Beobachter war erkennbar, dass es unter der Oberfläche des scheinbaren multikulturellen Miteinanders mächtig brodelte, und zwar ziemlich knapp unter der Oberfläche. Nach Saryan Ates „ist dieser Siedepunkt in Deutschland längst erreicht. Es fehlt nicht mehr viel, bis die Situation auch hier überkocht. Dann wird viel geseufzt werden, und man wird den Schuldigen suchen, der uns alle blind gemacht hat. Jeder Verantwortliche, den wir heute nicht für den Kampf gegen die Parallelgesellschaften gewinnen können, wird dann versuchen, seine Hände in Unschuld zu waschen. Es gibt keinen logischen Grund, warum eine muslimische Parallelgesellschaft in Deutschland oder sonst wo auf dieser Welt anders funktionieren sollte als in Holland oder auch in Frankreich oder Großbritannien.
Deshalb bin ich der Ansicht, daß uns in Deutschland die gleichen Zustände drohen wie in diesen Ländern. Es kann auch in Deutschland passieren, daß ein Islamkritiker auf offener Straße erstochen wird wie in den Niederlanden, daß Jugendliche aus sozialen Randbezirken Autos anzünden und sich mit der Polizei Straßenschlachten liefern wie in Frankreich oder daß hier geborene und aufgewachsene junge Männer zu Selbstmordattentätern werden wie in Großbritannien.
Schon jetzt sind die Zustände mehr als alarmierend.“


Heft 39: Ein 14jähriger bekam vom Dortmunder Jugendschöffengericht drei Jahre Gefängnis zudiktiert, weil er einen Zeitungsboten brutal zu Boden getreten hatte. Die Zeitung schaffte es, die Herkunft des Gewalttäters – ein Marrokaner – der Leserschaft zu verheimlichen. Erst durch den Hinweis der Ruhr-Nachrichten, dass der Vater des Täters während des Prozesses in seine Heimat geflogen sei, kam diese für die Presse beschämende Tatsache ans Licht.
Mitte Juli 2008 kam es in der Dortmunder Nordstadt zu einer Messerstecherei zwischen libanesischen Drogenhändlern. Über die Schillerstraße in diesem Problemviertel berichtet ein Hauseigentümer: „In den 80er Jahren war das eine richtig tolle Straße […], aber jetzt sind die Zustände katastrophal. Das ganze Viertel geht den Bach runter […]. Den letzten drogenabhängigen Mieter bin ich erst vor ein paar Monaten losgeworden. Der hat mir die ganze Wohnung verunstaltet“. Viele Klingelschilder in den verschmutzten Hauseingängen sind verwaist, Wohnungen stehen leer.
Auf Inserate von Vermietern melden sich höchstens Interessenten, deren Miete von der Arge übernommen wird.
„Andere bekommen Sie doch kaum noch“, sagt ein Hauseigentümer mit einer wegwerfenden Handbewegung.


Heft 43: Mitte Februar 2008 kollabierte der halbnackte und unter Drogeneinfluss stehende 26jährige Türke Adem Özdamar auf einer Hagener Polizeiwache, nachdem er dort handgreiflich geworden war.
Seine Familie, in Sonderheit sein Bruder Salih, sowie die bereits im Fall Ludwigshafen berüchtigt gewordene türkische Presse starteten daraufhin eine Hetzkampagne.
„Deutsche Polizei schlägt türkischen Jugendlichen ins Koma“, ereiferte sich die Tageszeitung ‚Vatan’.
Das Blatt ‚Takvim’ entblödete sich nicht, etwas vom „Deutschen Terror“ zu phantasieren, welcher „mit der Amtsgewalt des Staates“ verübt wäre. Wäre es tatsächlich so, käme kein Türke mehr aus Deutschland heraus und erst recht nicht herein.
Der türkische Generalkonsul Dr. Hakan Akbulut hatte nichts Eiligeres zu tun, als an das Krankenbett des offenbar Drogenabhängigen zu eilen.
Sollte der Konsul dies zur Gewohnheit werden lassen, dürfte er in Zukunft für nichts anderes mehr Zeit haben.
Nach dem Tode des Drogenabhängigen Anfang März 2008 ging die Posse weiter. Obwohl die Dortmunder Rechtsmedizin die bereits festgestellte Todesursache „Herzversagen durch Drogenkonsum“ bestätigte und keinerlei Anzeichen für äußere Gewaltanwendung feststellen konnte, erwog die Familie eine weitere Obduktion in Deutschland oder der Schweiz. Schließlich scheuten sich einige deutsche Blätter nicht, sich der Hetze in der türkischen Presse anzuschließen. Auch amnesty international beschädigte sein Ansehen und Anliegen, indem es eine Behandlung des Täters kritisierte, welche in NRW ausdrücklich erlaubt ist.


Heft 46: Von der deutschen Mehrheitsgesellschaft dürfte schon das Erscheinungsbild, die Lebensweise, die islamische Religion und die unterschiedliche Wertorientierung von türkischen Migranten als kulturelle Andersartigkeit aufgefasst werden. Die Differenz wird oft als konfrontativ zu dem westlich-christlichen Kulturkreis empfunden. Oft wird als Voraussetzung für Akzeptanz und Gelingen einer Integration die Assimilation der Migranten erwartet. Die Migranten erleben ihrerseits die Kulturdifferenz als Kulturschock oder –konflikt. Sie sind mit der Erfahrung konfrontiert, dass ihre kulturellen Wahrnehmungs-, Handlungs- und Bewertungsschemata in Frage gestellt werden. Sie sind kulturellen Ambivalenzen, sozialen Unsicherheiten und Diskriminierung ausgesetzt. Eine nahe liegende Reaktion auf unbewältigten Assimilationsdruck einerseits und soziale Marginalisierung andererseits ist ihr Rückzug in traditionale Milieus, Ghettos, Einwanderersubkulturen, in denen den Ansprüchen der Mehrheitsgesellschaft die eigene Kultur, und sei es als Defensivkultur unter Rückgriff auf identitätsstiftende Traditionen, entgegengehalten wird. Aus beiden Blickwinkeln wird die wahrgenommene Kulturdifferenz mit Ethnizität erklärt.
In Fragen der schulischen Perspektiven der eigenen Kinder spielt die religiöse Orientierung der Eltern offenbar eine wichtige Rolle. Streng religiös Befragte, äußern Ängste vor den negativen Einflüssen der deutschen Gesellschaft, der Schule, dem Umgang mit deutschen Kindern. Eine Mutter schickt ihre Tochter nicht mehr in den Kindergarten. Ein Vater überlegt, seine Tochter „zu retten“ und in die Türkei in die Schule zu schicken. Beide setzen auf Institutionen wie einen Korankurs, welche die Religiosität verankern sollen.
Der Schulerfolg junger Ausländer bleibt von diesen Rahmenbedingungen nicht unberührt. Er beziffert sich in Deutschland 1998 wie folgt:
ohne Hauptschulabschluss 14,7 % (Deutsche 4,9 %),
mit Hauptschulabschluss 43,6 % (Deutsche 24,8 %),
Realschulabschluss 27,6 % (Deutsche 41 %) und
Hochschulreife 8,5 % (Deutsche 25,8 %).

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Im Namen des Volkes!

Heinrich Pohlmann und die zweite Chance oder Verwaltungsgeschichte einmal anders.
In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Bd. Nr 4. 20. Jahrg. (2007). Heft Nr. 17. S. 323 – 332, Heft Nr. 18. S. 343 – 350, Heft Nr. 19. S. 363 – 381 u. Heft 20. S. 387 – 388.


Heft 17: Dass es sich bei dieser Anfrage um keine bloße Formsache handelte zeigt das Gebaren des höchsten NS-Repräsentanten vor Ort. Mitte 1939 drohte König dem NSDAP-Mitglied, Gemeindevorsteher von Neubeckum und Ersten Amtsbeigeordneter Dr. med. Bernhard Everke:
„Durch Ihre Stellungnahme haben Sie im letzten Jahre das Vertrauen der Partei des öfteren mißbraucht und sich zu solchen üblen Zeitgenossen benannt, die mit Recht von der Partei und vom Führer als wenig nützlich für die Volksgemeinschaft bezeichnet werden. Ich bedauere diese Feststellung umsomehr feststellen zu müssen, als ich gerade von Ihnen erwarten musste, dass Sie solche Elemente mit der nötigen Zurückhaltung hätten begegnen müssen, wenn Sie dieselben als Freunde nicht schroff ablehnen konnten. Ich habe bislang noch von keinem meiner Parteigenossen, für die ich eingetreten bin, Dank und Anerkennung verlangt; wenn ich es aber jemals erwarten durfte, dann waren Sie der Einzigste, der sich dazu verpflichtet hätte fühlen müssen. Dankgefühl scheint Ihnen aber fremd zu sein. Ich lege im übrigen auch keinen Wert darauf. Sollten Sie jedoch annehmen, was nach Ihrer Einstellung der Fall zu sein scheint, mein überaus starkes Eintreten für Ihre Person wäre eine Selbstverständlichkeit oder sogar Pflicht gewesen, so irren Sie sich gewaltig. Ich persönlich habe mir 1933 schon bei Ihrer Einsetzung und dann laufend die ganzen Jahre sehr, sehr viele Feinde eben durch mein Eintreten für Sie zugezogen.“

Heft 18: Die Eröffnung des Disziplinarverfahrens war sofort mit einer vorläufigen Suspendierung vom Dienst und mit der am 13. Januar 1961 verfügten Einbehaltung von zunächst 40 % der Bezüge des Betroffenen verbunden. Diesen Satz ermäßigte am 2. Juni 1961 die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Münster durch ihren Beschluss auf 30 %. Die vom Beschuldigten dagegen erhobene Beschwerde wies der Disziplinarsenat des Oberverwaltungsgerichts in Münster am 3. Oktober 1961 zurück, da „dem Beschuldigten […] soviel verbleibt, daß seine wirtschaftliche Existenz nicht vernichtet wird und bei sparsamer Lebensführung und Einsatz seiner nicht genutzten Arbeitskraft der Unterhalt für sich und seine Familie ausreichend gesichert“ sei, wie der Senat in seinem Beschluss ausführte. Das waren keine leeren Worte, denn man hatte dem Beklagten im Februar 1961 eine Nebentätigkeit im Vertreter-, Versicherungs- und Pressewesen amtlich genehmigt.

Heft 19: Solange die Berufung lief entwickelte sich ein Tauziehen, um die Versorgungsansprüche des formell noch nicht entlassenen Gemeindedirektors, der bis zum Eintreten der Rechtskräftigkeit des Urteils auch seiner Beamteneigenschaft vorläufig noch nicht verlustig gegangen war. Am Nikolaustag 1961 beschied Bürgermeister Maximilian Waldmann dem Suspendierten, „daß Ihnen nach dem Initiativgesetz-Entwurf die Zahlung eines Weihnachtsgeldes nicht zusteht. Ziffer 4 dieses Initiativgesetz-Entwurfes hat folgenden Wortlaut: „Nicht empfangsberechtigt sollen die Beamten, Richter und Versorgungsberechtigte sein,
a) die unter teilweisem oder völligem Wegfall ihrer Bezüge im Monat Dezember beurlaubt sind.“
Der Rat der Gemeinde Neubeckum hat in seiner Sitzung vom 1.12.1961 beschlossen, Ihnen aus diesem Grund kein Weihnachtsgeld zu zahlen.“ Daraufhin entgegnete der Betroffene zwei Tage später gegenüber dem Neubeckumer Bürgermeister: „Obgleich am 01.12.1961 eine Gesetzesverabschiedung durch den Landtag noch nicht erfolgt war, überrascht es mich sehr, daß die Ratsversammlung unter Hinweis auf ein noch nicht verabschiedetes Gesetz die Gewährung eines Weihnachtsgeldes an den vorl. dienstenthobenen leitenden Beamten und dessen Familie ablehnt, der in einer nahezu 25-jährigen ununterbrochenen Tätigkeit bei der Gemeindeverwaltung seine Arbeit verrichtet hat. Zwar kenne ich den Wortlaut des verabschiedeten Gesetzes nicht, bin aber der Überzeugung, daß der Zuständigkeit der Selbstverwaltung auch durch dieses Gesetz keine Einschränkung erteilt worden ist. Wenn ein Wille für eine sinngemäße Anwendung auch für einen vorl. dienstenthobenen Beamten vorliegt, dann lässt sich das sicherlich durchführen, auf die Durchführung in den vergangenen Jahren möchte ich nur in diesem Zusammenhang verweisen. […] Sicherlich gehe ich nicht Fehl in der Annahme, hier die Vermutung auszusprechen, daß die ablehnende Haltung der Ratsversammlung auf die Erläuterung bezw. Einstellung der Verwaltung zurückzuführen ist. Persönlich kann ich auf irgendeine Freude beim diesjährigen Weihnachtsfest gerne verzichten.
Denken sie aber bitte daran, daß ich eine Familie mit zwei kleinen Kindern habe, denen ich bei meiner Schuldenlast und den gekürzten Einkommensverhältnissen in diesem Jahre durch die ablehnende Haltung des Rates aber auch gar keine Weihnachtsfreude bereiten kann.“
Der Rat der Gemeinde Neubeckum blieb trotz dieser dramatisierenden Einlassung bei seiner Entscheidung.


Heft 20: Spätestens seit Mitte der 1970er sollte sich die Situation für den ehemaligen Stadtdirektor grundlegend ändern.
In der Glocke war unter dem 20. Juni 1984 über Heinrich Pohlmann zu lesen: „Nachdem er von 1952 bis 1960 in Neubeckum Gemeindedirektor gewesen war und 1972 der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) beigetreten war, arbeitete er von 1975 bis 1979 als sachkundiger Bürger im Volkshochschul- und Sportausschuss stets engagiert mit.
Das Vorstandsmitglied im SPD-Stadtverband Beckum und langjährige Mitglied im SPD-Ortsverein Neubeckum arbeitete als Ratsmitglied ab 1979 im Sportausschuss mit und war als selbstständiger Kaufmann zugleich auch finanzpolitischer Sprecher der Sozialdemokraten im Rat der Stadt Beckum. Auch für die Kommunalwahl am 30. September war der verdiente Sportler und Politiker Kandidat der SPD Beckum für Rat und Kreistag.“
1969 war der ehemalige Bürgermeister Waldmann verstorben, der wohl einer lokalen Karriere von Pohlmann in der SPD im Weg gestanden hätte. Auch durch die Eingemeindung Neubeckums in die Kreisstadt Beckum im Rahmen der kommunalen Neuordnung 1975 hatten sich wohl politische Gewichte verschoben, was für den Wiederaufstieg Heinrich Pohlmann wahrscheinlich positive Auswirkungen hatte.

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Die vernichteten Kunstwerke des Bildhauers Benno Elkan.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 32. 2007. S. 3 – 6.

Das 1930 in Mainz eingeweihte Denkmal zur Erinnerung an die Befreiung der Rheinlande von der französischen Besatzung war das zweite große Werk des Künstlers Benno Elkan, das auf Veranlassung der Nationalsozialisten 1933 entfernt und später zerstört wurde. Das Monument war vier Meter hoch. Der Schillerplatz in Mainz wurde zu Beginn des Jahres 1930 wesentlich umgestaltet, weil man zum Gedenken an den endgültigen Abzug der französischen Besatzungstruppen ein Denkmal errichten wollte. Darüber kam es schon hinsichtlich der Standortwahl zu einer Kontroverse, denn das „Denkmal Friedrich Schillers, aufgestellt im Oktober 1862, wurde in der Richtung der Längsachse des Platzes etwa um 38,50 m nach der Großen Bleiche hin verschoben.“
Allein die Tatsache, dass man wagte, die Bronze des großen Dichters anzutasten sorgte für nicht wenig kulturpolitischen Zündstoff. Auf Initiative des hessischen Innenministers Wilhelm Leuschner erhielt Benno Elkan den Auftrag zum Entwurf und zur Ausführung, die er in die Hände der Grant-, Syenit- und Mamorwerke in Wunsiedel gab. Die fertige Figur stand auf einem etwa zwei Meter breiten Sockel. Sie stellte eine überlebensgroße kniende Figur dar, in der Pose der ‚Aufatmenden’, der Wiedererwachenden’ lange niedergehaltene Persönlichkeitsgefühle ausdrückt.

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Die deutsche Beteiligung an der Atomrüstung in Pakistan, Iran und Nordkorea.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 32. 2007. S. 6 – 10.

1983 stieg Rudolf M. Ortmayer mit seiner kleinen Firma NTG Nukleartechnik GmbH & Co. KG in Gelnhausen in das lukrative Atomwaffengeschäft mit Quadeer Khan ein. Ortmeyer ging raffiniert vor. Ende 1984 sprach er, der inzwischen in pakistanischen Kreisen inzwischen zum ‚Mr. Tritium’ avanciert war, beim Referenten Hans-Jürgen Spies im Bundeswirtschaftsministerium vor, um auszuloten, welche Voraussetzungen für die Lieferung einer Tritium-Reinigungsanlage erfüllt sein müssten. Das radioaktive Gas sollte als ‚Verstärker’ in thermonuklearen Sprengsätzen dienen. Dies sollten allerdings die Bonner Beamten nicht erfahren. So säuselte Ortmeyer etwas von einem reizvollen Geschäft zum Wohle aller Beteiligten. In Pakistan betreibe man einen schon sehr betagten Reaktor bei Karatschi, dort trete Tritium aus vielerlei Leckagen aus und brächte Gefahr für die Ingenieure und Techniker. Aus Gründen des Arbeits- und Umweltschutzes wolle er nun eine Schwerwasser-Reinigungsanlage nach Pakistan liefern. Ob das wohl in Ordnung gehe?!
Der skrupellose hessische Nuklearhändler schaltete auch den damaligen Bundesforschungsminister Heinz Riesenhuber, von manchen ‚Partei¬freunden’ in der CDU hinter vorgehaltener Hand als ‚Riesenross’ tituliert, ein. Ortmeyer hatte als Parteitagsdelegierter einige Male neben Riesenhuber gesessen. Man kannte sich also und die CDU-Connection funktionierte reibungslos. Ein Referent Riesenhubers fragte kurz beim Kernforschungszentrum Jülich an und sandte dann eine Unbedenklichkeitsbescheinigung per Eilbrief an das Wirtschaftsministerium und das Auswärtige Amt mit dem Tenor:
„Sowohl die anfallenden Mengen als auch der Reinheitsgrad des abgetrennten Tritiums sind nicht strategisch verwertbar.“
Ein klarer Fall von ‚wenn du denkst, dann denkst du nur du denkst’ bei der Bonner Ministerialbürokratie.
So verließen Ende 1986 die wesentlichen Teil von Ortmeyers Tritiumanlage die Bundesrepublik.

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Gemeindeaustausch Ostern 2007 (7. bis 14. April) St. Nicolai, Dortmund/St. Matthew’s, Wigmore

In: Nicolai-Nachrichten, Pfingsten 2007. S. 6 – 8.

Nach einem freien Vormittag am Mittwoch besichtigen wir am Nachmittag die Bischofsstadt Canterbury mit ihrer altehrwürdigen Kathedrale und der sehenswerten Altstadt. Die Jugendlichen besuchten währenddessen das „Laser Gun Shooting“ im benachbarten Whitstable. Abends trafen sich alle am Marlowe Theater um eine gelungene Vorstellung von Rudyard Kiplings ‚Jungle-Book zu erleben.

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Die Wirklichkeit der SED-Diktatur.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 33. 2007. S. 3 – 5 u. Heft 45. 2010. S. 3 – 6

Heft 33: Nach dem so genannten Prozess verfrachtete man die Verurteilten im Bahnhof Rummelsburg in den ‚Grotewohl-Express’.
Hierbei handelte es sich um Gefangenentransportwaggons mit Zellen 1,5 m² Grundfläche. Die Fahrt endete im Gefängnis Naumburg.
Dort begrüßte Oberstleutnant Fintsch die neu eingetroffenen Gefangenen: „Mir sind zwei Mörder lieber als ein Politischer, und danach handeln wir hier.“ Bernd Sickert wurde in das so genannte ‚Baukommando’ eingeteilt.
Jeden Morgen ging es in einem vergitterten Bus und unter Bewachung von scharfen Hunden in das Möbelkombinat Naumburg. Die Gefangenen wurden mit dem Bus in eine Schleuse hineingefahren, die sich zu riesigen Betonhallen hin öffnete. Schleuse und Hallen besaßen keinerlei Fenster und wurden durch Leuchtstofflampen beleuchtet. Mit Stanzen mussten die Gefangenen Scharniere herstellen. Mit der Zeit merkte Sickert, dass er durch den ausschließlichen Umgang mit dem künstlichen Licht nicht mehr in der Lage war, eine Zeitung zu lesen. Er sah alles nur noch verschwommen. Er kam auf die Gefängniskrankenstation und wurde dort durch einen Augenarzt untersucht der lakonisch meinte: „Ja, Sie haben recht. Es sieht nicht gut aus, aber Sie sind ja hier politischer Gefangener. Sie sind ja hier, weil Sie ja wohl nach dem Westen wollen, und Sie werden ja wohl auch bald dort hinkommen. Und dann können Sie sich das mal dort machen lassen. Von uns hier nicht mehr. Wir werden da kein Geld mehr für investieren.“
Als Sickert nach einem Jahr Haft im Herbst 1985 in die BRD kam, war man erschüttert, dass er es jetzt einen Augenarzt konsultiere. Nachdem er seine Geschichte erzählte hat man ihn sehr schnell behandelt, denn es war wirklich höchste Zeit, die Operation durchzuführen.


Heft 45: Während der 1950er Jahre wurden Schauprozesse gegen angebliche oder tatsächliche Mörder, NS-Verbrecher und Spione noch öffentlich für propagandistische Zwecke instrumentalisiert. Zum Teil fanden die Verhandlungen auf Bühnen in Kulturhäusern statt. Insgesamt wurden in der DDR 221 Todesurteile ausgesprochen, von denen man 164 vollstreckte. Bis 1956 verrichteten die Henker vor allem in Dresden mit Guillotinen ihr blutiges Handwerk. Später funktionierte man dann die ehemalige Wohnung des Heizers in der Leipziger Justizvollzugsanstalt als zentrale Hinrichtungsstätte um. Dort wurde ab 1968 durch Genickschuss, ganz nach bolschewistischer Tradition, gemordet.
Im Einäscherungsbuch des Krematoriums diffamierte man die Opfer durch Eintragungen als ‚Abfall’. A uf den Totenscheinen waren Todesursache und –ort stets gefälscht. Alle Prozesse waren im Vorhinein politisch gesteuert, unabhängig vom konkreten Tatvorwurf. Die Todesurteile wurden von Walter Ulbricht und Erich Honecker in ihrer Funktion als Generalsekretär des Zentralkomitees der SED genehmigt oder sogar angeordnet.
Erst am 17. Juli 1987 gab SED-Chef Erich Honecker die Abschaffung der Todesstrafe bekannt.
Dies geschah nicht aus humanitären Gründen. Honecker wollte sich vor dem deutsch-deutschen Gipfeltreffen mit Helmut Kohl im September desselben Jahres einen Anstrich von Gesellschaftsfähigkeit geben.

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Die Wehrmachtsjustiz.

Teil I.
In: Spuren der Verfolgten. Heft 34. 2007. S. 3 – 23.


Ein Gefangener der Feldstrafgefangenenabteilung Döllersheim bemerkte beim Anblick der Hakenkreuz-Lagerflagge: „Vielleicht ist sie nächstes Jahr nicht mehr oben, sondern eine andere“. Das Zentralgericht des Heeres verurteilte den Soldaten am 10.8.1944 zu zwei Jahren Zuchthaus, denn: „Die Hakenkreuzfahne ist das Symbol des Großdeutschen Reiches, das mit der Fahne steht und fällt. Wenn der Angeklagte also eine Beseitigung dieser Fahne wünscht, spricht er gleichzeitig den Wunsch nach einer Änderung unserer heutigen Staatsform aus. […] Außerdem stellt sich der Angeklagte damit bewusst außerhalb der nationalsozialistischen deutschen Volksgenossen […]. Es ist seiner gesamten Haltung und geistigen Einstellung nach für die Truppe ohne jeden Wert […]. Unter Berücksichtigung seiner minderwertigen Charaktereigenschaften kam nur eine Zuchthausstrafe in Betracht.“
Über den Alltag in den Feldstrafgefangenenabteilungen hieß es: „Der Außen- und Arbeitsdienst ist wegen der bewusst harten, schmutzigen und teils ekligen Arbeit (Aufsuchen und Ausgraben von scharfen Minen und Blindgängern, Aufräumen von militärischen Anlagen, Entfernen von Leichen aus Kampf- und Mannschaftsräumen von Befestigungsanlagen, Entleeren der Beutemunitionsbestände aus unterirdischen Munitionskammern usw.) nur in der Drillichgarnitur ausführbar. Diese muß daher täglich getragen werden, und deren Verschmutzung wird außergewöhnlich stark. Bei der Diensteinteilung findet einmal wöchentlich, am Samstagnachmittag, das Waschen der unvorstellbar verschmutzten und beanspruchten Bekleidung statt.
Der Insasse führt es aus […]. Einweichen in warmem Wasser kann nicht stattfinden. Seife fehlt praktisch vollständig […]. Am folgenden Morgen müssen die Leute die feuchte Bekleidung wieder anziehen.
Verpflegung: im Winter wird die Morgenkost mit warmem Getränk um 7 Uhr eingenommen. Dann folgt der Einsatz in Schwerarbeit ununterbrochen und länger als 8 Stunden ohne Zuführung irgendeiner Kalorie (Das unerlaubte Essen in dieser Zeit wird als Nichtbefolgung eines gegebenen Befehles bestraft). Erst nach 16.30 Uhr wird eine warme Mittagskost verausgabt.
Anschließend folgt Fuß- und Innendienst und um 19 Uhr kommt kalte Kost mit warmem Getränk zur Ausgabe. Jedem Insassen der FSA stehen täglich z. Zt. 80 % des normalen Verpflegungssatzes des Feldheeres bei 10 bis 14stündigem Dienst zu. Trotz der niedrigen Außentemperatur und der fast ständig feuchten bis nassen Bekleidung wird aus erzieherischen Gründen eine hohe Arbeitsleistung vom Körper gefordert. Der Kalorienbedarf ist so groß, daß allgemein eigene Körpersubstanz eingeschmolzen wird, sichtbar an teils erheblichen Gewichtsabnahmen.“

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Historiker Jürgen Gojny auf Spuren des Fettmarkts.

In: Die Glocke. Sonderbeilage Fettmarkt 350 Jahre in Warendorf. Nr. 243. 42. W. 127 Jahrg. 19.10.2007. S. 4 – S. 19.

Trotz aller Probleme wurde jedoch deutlich, dass die Warendorfer durch ihre rege Teilnahme zu ihren traditionellen Markt standen, wie ein zeitgenössischer Beobachter vermerkte: „Wenn man von der Kriegszeit absieht, so ist wohl kaum je die Warendorfer Kirmes so still gefeiert worden wie in diesem Jahre. Kahl und leer stand der Wilhelmsplatz da. Kein Karussell, keine Schaubude – nur eine einzige Kuchenbude. Und doch wimmelte nachmittags die Münsterstraße von Menschen – es war Fettmarktsonntag, aber es lag wie stille Wehmut über den Menschenmassen. Und es war gut so, denn die Eltern haben kein Geld zu Kuchen und Karussell für die Kinder. Sie sind froh, wenn sie die Ihrigen mit Kartoffeln sättigen können.“

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Die Wehrmachtsjustiz.

Teil II.
In: Spuren der Verfolgten. Heft 35. 2007. S. 3 – 19.


Ein Befehl des Kommandierenden Admirals der U-Boote, Generaladmiral v. Friedeburg, befand am 4.1.1945: „Der zum Tode Verurteilte ist ein Mensch, der sich durch ein ehrloses Verbrechen so schwer gegen das Volk, die Gemeinschaft, seine Kameraden oder seine militärischen Pflichten vergangen hat, dass er aus der Wehrmacht ausgestoßen werden musste und durch einen schimpflichen Tod sein Verbrechen sühnen soll. Er muss deshalb alles vermieden werden, was den Verurteilten etwa vor sich selbst oder seinen früheren Kameraden als Märtyrer oder überzeugten Helden erscheinen lassen kann.“ Ab Februar 1945 drohte man den Wehrmachtsangehörigen die Sippenhaft an, wenn sie den Durchhaltebefehlen nicht wortgetreu gehorchten, was allerdings auch nicht mehr die gewünschte Wirkung für die NS-Diktatur erzielte, denn der Chef des NS-Führungsstabes im OKH, General der Gebirgstruppe Georg Ritter von Hengl, notierte empört nach einem Frontbesuch in Westdeutschland am 19.3.1945:
„Eine unerfreuliche Erscheinung, die doch schon weit um sich gegriffen hat, ist der apathische und müde Soldat, der nur kämpft, wenn er vom Offizier ausgerichtet wird, dann aber rasch wieder zusammenklappt. Er ist zum Teil absolut gleichgültig, ihm imponieren weder Standgerichte noch schärfste Befehle. Der nächste Typ ist der Feigling und Deserteur, der sich ohne zu schießen glatt überrollen lässt.“
Der Chef des Stabes der 19. Armee, Oberst Brandstädter, befahl Ende März 1945:
„Aus einem Haus, aus dem eine weiße Fahneerscheint, sind alle männlichen Personen zu erschießen. Es darf bei diesen Maßnahmen keinen Augenblick gezögert werden.“
SS-General Hoffmann ergänzte dazu, als männliche Personen hätten alle vom 14. Lebensjahr an aufwärts zu gelten. Am 04.05.1945, vier Tage vor der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht, hielt Generaladmiral Warzecha die Vollstreckung eines Todesurteils wegen Desertion gegen einen 19jährigen Soldaten „aus Abschreckungsgründen“ für notwendig.

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Das Markt- und Kirmeswesen des Kreises Warendorf im 19. und 20. Jahrhundert.

Strukturen und Entwicklungen.
In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2008. Volksfeste und Traditionsmärkte im Kreis Warendorf als Zentren von Handel und Geselligkeit.
57. Jahrg. Warendorf 2008. S. 26 – 55.


Das Zusammenspiel von NSDAP und Verwaltung sorgte für den Ausschluss der jüdischen Viehhändler vom Warendorfer Fettmarkt. Diese Diskriminierung war für die Betroffenen ein ökonomisch nicht zu verkraftender Schlag. Im August 1935 propagierte der NSDAP-Ortsgruppenleiter Heinrich Vannahme im Neuen Emsboten ‚rassische Sauberkeit’ und forderte unverhohlen, es „soll künftig der […] Fettmarkt judenfrei sein.“ Als der Landesverband Ostwestfalen des Centralverein deutscher jüdischer Staatsbürger Landrat Josef Gerdes in dieser Angelegenheit um Aufklärung baten, antwortete an seiner Stelle Bürgermeister Lorenz Tewes in seiner Eigenschaft als NSDAP-Kreisleiter und erklärte scheinheilig: „Die Bauern und übrigen Volksgenossen des Kreises Warendorf wünschen mit jüdischen Viehhändlern nicht mehr in geschäftliche Verbindung zu treten und steht zu befürchten, dass, falls zum Viehmarkt am 20.10.1935 in Warendorf jüdische Viehhändler zugelassen werden, die interessierten Käufer nicht erscheinen werden und somit ein für die Volksernährung wichtiger Markt ausfallen würde. Die Ernährung des deutschen Volkes sicherzustellen, erscheint mir wichtiger als die Rücksichtnahme auf eine Minderheit". Dass Kreisleiter Tewes nicht für alle Warendorfer sprach, zeigte der Bescheid des Oberpräsidium in Münster durch seinen Landesfürsorgeverband, Abteilung Hauptfürsorgestelle für die Opfer des Krieges, an Hermann Stückenschneider Ende 1938: „Ich habe auf Grund Ihrer Beschwerde […] bezüglich der Entziehung der Erlaubnis zum Freihalten von Waren auf dem Fettmarkt und Einziehung Ihrer Verkaufsbude festgestellt, daß […] sich nach Ihrem eigenmächtigen Verhalten die aufsichtsführende Behörde zum Einschreiten gegen Sie gezwungen sah […]. Anspruch auf gerechte Behandlung oder sogar Entgegenkommen kann nur verlangen, wer durch seine Haltung und sein Tun beweist, daß er sich gern und freudig der Volksgemeinschaft einordnet. Diesen Eindruck habe ich […] nicht gewonnen. Auch als Kriegsbeschädigter können Sie nicht nach Ihrem Gutdünken handeln. Ich sehe keine Veranlassung, in ihrer Angelegenheit etwas zu unternehmen.“ Der Betroffene hatte öffentliche Solidarität mit den verfolgten jüdischen Bürgern bekundet und so Repressalien des NS-Apparats auf sich gezogen.

Die Entwicklung des Marktwesens in Ostbevern.
Vom traditionellen Viehmarkt „nach Jubilate“ zum etablierten Wochenmarkt.
In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2008. Volksfeste und Traditionsmärkte im Kreis Warendorf als Zentren von Handel und Geselligkeit.
57. Jahrg. Warendorf 2008. S. 96 – 99.


Im Hinblick auf die Einhaltung der Sonntagsruhe unterrichtete Ende 1886 der Amtmann in Ostbevern den Warendorfer Landrat Carl Freiherr von Wrede-Meschede, „daß obwohl der einzigste Viehmarkt zu Ostbevern seit undenklicher Zeit immer am Montag nach Jubilate […] abgehalten wird, doch keinmal der Fall eingetreten ist, daß schon am Sonntage ein Antreiben von Vieh stattgefunden. Der ganze Marktverkehr erstreckt sich fast ausschließlich auf junge Schweine (Ferkeln) und wird ausnahmslos nur von Züchtern aus der näheren Umgebung von Ostbevern besucht.“ Trotzdem wurde der Ostbeverner Markt wie viele andere auf den Dienstag verlegt.

„Nach 235 Jahren wieder Kirmes in Marienfeld“.
Ein Fest im Spannungsfeld zwischen NS-Ideologie, Wirtschaft und Verwaltungsinteressen.
In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2008. Volksfeste und Traditionsmärkte im Kreis Warendorf als Zentren von Handel und Geselligkeit.
57. Jahrg. Warendorf 2008. S. 109 – 113.


Einen Monat später sollten sich die noch vagen Vermutungen des Amtsbürgermeisters bestätigen, dass die Kreisgruppe des ambulanten Gewerbes offenbar einem ihrer Mitglieder einen ökonomischen Vorteil verschaffen wollte unter dem Vorwand der Wiederbelebung einer althergebrachten Kirmes und der allgemeinen Wirtschaftsförderung, als der Ortsbauernführer von Marienfeld, Johann Westmeier-Fischer, in einem Bericht gegenüber dem Warendorfer Landrat Josef Gerdes Klartext redete:
„Am 11. August 1935 fand hier nach vielen Jahren zum erstem Male wieder eine Kirmes statt, die – wie es der Zeitungsbericht sagte – von der Wirtschaftsgruppe für ambulantes Gewerbe zur Belebung der Wirtschaft aufgezogen wurde. Anstatt diese Kirmes nun auf dem Klosterplatz oder wenigstens in der Nähe derselben aufzubauen, wo man schon vor mehreren hundert Jahren Kirmes gefeiert hat, hat man den Platz direkt beim Deutschen Hause gewählt. Den meisten hiesigen Einwohnern war es unerklärlich, wie man eine Kirmes, die doch zur allgemeinen Wirtschaftsbelebung dienen soll, als eine Veranstaltung für einen einzelnen Wirt, in diesem Falle A. Viehmeyer, aufzieht, damit dieser allein seinen Nutzen daraus zieht. Man hat es nicht einmal für nötig gehalten, die anderen Geschäftsleute bezw. Wirte von dieser Kirmes in Kenntnis zu setzen.
Der Erfolg war auch der, dass sich von den hiesigen Bewohnern nur wenige an dieser Veranstaltung beteiligten. Zwar hatte Viehmeyer mit geschickter Reklame, die ihm ja doch besonders gut liegt, viele Volksgenossen aus dem benachbarten Gütersloh dorthin gelockt. Wenn der Bericht der Nationalzeitung sagt: ‚Die ganze Gemeinde stand im Zeichen des Kirmestrubels’ und weiter ‚Es ist in Marienfeld ein echtes Volksfest in wahrer Volksgemeinschaft gefeiert worden’, so ist das eine völlige Entstellung der Tatsachen. Bezeichnend dafür, was für ein Publikum sich dort versammelt hatte, ist – wie mir von bestimmter Seite gesagt wurde – die Tatsache, dass verschiedentlich von einzelnen Personen die Internationale angestimmt wurde!
Sollte weiterhin mal wieder eine Kirmes hier veranstaltet werden, so möchte ich Herrn Landrat bitten, zu veranlassen, dass diese dann auch in der Mitte der Gemeinde abgehalten wird und nicht als eine Veranstaltung eines Einzelnen aufgezogen wird.“

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Die Wehrmachtsjustiz.

Teil III.
In: Spuren der Verfolgten. Heft 36. 2008. S. 3 – 9.


Täter konnten dagegen auf staatliche Protektion hoffen. 1947 fragte Curt Staff, als SPD-Mitglied wäh¬rend der NS-Diktatur aus dem Justizdienst entlassen und nun Generalstaatsanwalt in Braunschweig, den Vorsitzenden des Braunschweiger Strafsenats, Dr. Hans Meier-Branecke, ob er für die Besatzung vakanter Stellen unbelastete Juristen vorschlagen könne. Meier-Branecke schlug Militärjuristen vor, da diese sich angeblich völlig aus der NS-Politik herausgehalten hätten und nicht einmal der NSDAP beigetreten wären. Das Letztere war sogar richtig, denn Wehrmachtssoldaten war traditionell die Zu¬gehörigkeit zu politischen Parteien verboten. Meier-Branecke, von einem Sozialdemokraten als Bock zum rechtspflegerischen Gärtner gemacht, konnte als ‚Fliegender Armeerichter’ beim Überfall auf die Sowjetunion und als späterer Oberstkriegsgerichtsrat auf zahlreiche Todesurteile aus seiner Hand zu¬rückblicken. Seiner Grundhaltung blieb er auch nach 1945 treu. In Braunschweig verhinderte er, als Vorsitzender des Strafsenats sowie in gleicher Position auch beim Senat für Entschädigungssachen, die Verurteilung von Richtern der NS-Sondergerichte und hintertrieb die Wiedergutmachung für die überlebenden Opfer dieser Gerichte. Zwischen 1959 bis 1965 verurteilte er zahlreiche Kommunisten wegen bloßer Meinungsäußerung. 1962 sanktionierte Meier-Branecke die Mehrfachverurteilung von Zeugen Jehovas wegen Wehrdienstverweigerung mit dem Verdikt: „Eine Grundanschauung, die […den Wehrdienst] missbilligt, muß als staatsfeindlich, asozial und unchristlich bezeichnet werden.“

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Agnes Miegel.

In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Bd. Nr 5. 22. Jahrg. (2008). Heft Nr. 1. S. 8 – 16.

Von 1920 bis 1926 leitete sie das Feuilleton der Ostpreußischen Zeitung und verfasst 284 Beiträge. In den Jahren nach dem ersten Weltkrieg hatte sie Kontakte zur sozialistischen Frauenbewegung in persona der Tochter von Lily Braun, welche sie finanziell fördern wollte. Das Paradoxe war ihr deutlich bewusst, wie aus einem Brief vom Sommer 1923 hervorgeht, wobei deutlich wird, dass sie nicht als weltfremde, vergeistigte Literatin gelten kann:
„Ich bin nun mal an der immer krasser deutschnationalen Zeitung und im Dienst der Partei [DNVP] angestellt und muß, so wenig herrlich es ist, Gott danken, daß ich jetzt was Regelmäßiges […] habe […]. Ich kann nicht bei rechts angestellt sein und mich von links aushalten lassen, auch wenn es mir so gern und freundlich gegeben wird. […] kam noch von rechts her eine ganz ähnliche Frage. Ich winkte auch ab. Der Strick, den ich von daher schon um den Hals habe, schnürt fest genug, ich brauche keine verstärkte Abhängigkeit. Ich bin zu gewissenhaft, um unter all dem nicht schwer zu leiden. Rechts stehen meine nächsten Blutsverwandten, stehn die Menschen, die ich hier am höchsten achte, stehn Vorgesetzte und Menschen, die zu mir hielten – und ich stehe innerlich nicht zu ihrer Sache, wie sie sich auswuchs – so konservativ wie mein Wesen auch ist – und ich weiß doch ziemlich genau, daß ich mit Blut und Leben dafür einstehen werde. Links steht neben vielem, was mir fremd ist, doch das, dem die Zukunft gehört […] Ach ich wollte, ich […] könnte ein Mensch sein im goetheschem Sinn!“
Von 1919 bis Anfang der 1930er Jahre war die republikfeindliche Deutsch-Nationale-Volkspartei (DNVP) die stärkste politische Kraft im ostpreußischen Provinziallandtag.

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Sendenhorst.

In: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe.
Die Ortschaften und Territorien im heutigen Regierungsbezirk Münster.
Hg. v. Susanne Freund, Franz-Josef Jakobi und Peter Johanek. Münster 2008. S. 631 – 641.


Die jüdische Gemeinde in Sendenhorst beschäftigte ca. 70 Jahre lang eigene Lehrer. Die Kinder erhielten im Wechsel in den Häusern der jüdischen Familien eine Grundunterweisung in jüdischer Religion, dazu in Lesen, Schreiben und Rechnen. Der früheste Nachweis stammt aus dem Jahr 1808, als sechs Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren von dem unverheirateten, 32-jährigen Lehrer Levi Michel unterrichtet wurden, der für ein Jahresgehalt von 40 Rtlrn. Außerdem als Vorsänger und Schächter fungierte. Zudem hatten die Lehrer noch andere administrative Aufgaben zu erledigen.
So wies Bürgermeister Langen 1810 den Lehrer J.A. Königsberger an, ein Personenregister der jüdischen Gemeinde zu führen. Für dasselbe Jahr ist ein neuer Lehrer, Joseph Portugies, nachgewiesen. 1814 bekleidete Leser Bacharach das Amt. Die hohe Fluktation dürfte u.a. auf das geringe Gehalt zurückzuführen sein. Beköstigung und Unterkunft erhielten die Lehrer abwechselnd bei den jüdischen Familien. 1818 bemängelten sowohl der Sendenhorster Bürgermeister Langen als auch jüdische Eltern die Leistungen in der Schule. 1819 monierte der Beckumer Landrat den viermaligen Lehrerwechsel innerhalb von zwei Jahren. Der letzte Lehrer hatte sich unter Hinterlassung von Schulden heimlich davon gemacht. Seither sollte der Landrabbiner die Eignung der Kandidaten prüfen. 1823 bekam Samuel Schreiber aus Breslau die strengeren Modalitäten zu spüren und wurde erst eingestellt, nachdem er seine pädagogischen und fachlichen Fähigkeiten gegenüber Landrabbiner Sutro nachgewiesen hatte.

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Die Verbrechen der iranischen Mullahkratie und ihre deutschen Unterstützer und Kritiker.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 37. 2008. S. 3 – 10.

Seit Oktober 1987 hatte die Frankfurter Lurgi GmbH den Iran bei der Erstellung von Ausschreibungsunterlagen für eine Pflanzenschutzmittelfabrik beraten. Pflanzenschutzmittelfabriken können – nach entsprechenden Umrüstungen – auch für die Produktion von Nervengas benutzt werden. Der Anlagen¬bau-Konzern hatte den Auftrag für die Fabrik schon so gut wie sicher. Auf Druck der Bundesregierung musste sich Lurgi jedoch 1989 aus dem Geschäft zurückziehen. Die Iraner gaben jedoch ihre Pläne nicht auf. Sie strebten nun den Bau einer Anlage zur Herstellung des phosphororganischen Pflanzenschutzmittels Dimethoat an, einem weniger giftigen Insektenvernichtungsmittel. Doch bei der Synthese des Mittels werden Chemikalien benötigt, die als Vorprodukte für Nervengase tauglich sind. Der Iran wollte vor allem VX herstellen, einen schwerflüchtigen Kampfstoff, der weit gefährlicher ist als Senfgas oder Tabun. Von Senfgas, Lost, Sarin, Tabun, Phosgen und Hydrogenzyanid (im II. Weltkrieg berüchtigt geworden als Zykon B) legten die iranischen Streitkräfte bis zum Jahr 2000 umfangreiche Lagerbestände an, seitdem Anfang 1986 den Iranern der Durchbruch bei der Synthese von Senfgas gelang.
Eine neue Kampfstoffproduktionsanlage wurde in Arak, 350 km südwestlich von Teheran errichtet, wobei die Mullahs sich der Hilfe indischer und schweizerischen Firmen versicherten. Außerdem arbeitet der Iran auch an biologischen Waffen. Anthrax und Botulin werden bereits in einer Fabrik nahe Täbris produziert. Russland soll zumindest Nährlosungen für B-Waffen geliefert haben.

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Agnes Miegel.

In: Im Garten der Roswindis. 63 Frauenporträts aus dem Kreis Warendorf.
63 Frauenporträts aus dem Kreis Warendorf. Hg. v. Christa Paschert-Engelke. Münster 2008. S. 62 – 63.


Ihre Beiträge für deutschnational orientierte ostpreußische Zeitungen fanden eine breite öffentliche Resonanz, sie wurde nach dem Ersten Weltkrieg zur „Stimme Ostpreußens“. In dieser Zeit hatte sich auch Kontakte zur sozialistischen Frauenbewegung. Deren finanzielle Förderung lehnte sie allerdings ab:
„Ich kann nicht bei rechts angestellt sein und mich von links aushalten lassen.“

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Die Alsbergs.

Eine jüdisches Familie aus dem Kreis Warendorf.
In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2009. 58. Jahrg. Warendorf 2008. S. 70 – 80.


1936 wechselte auch in Hildesheim das Kaufhaus der Alsbergkette den Besitzer. Heinz und Wilhelm Fiedler, Käse- und Molkereigroßhändler aus Köln, wiesen als Qualifikation für die Übernahme des Hildesheimer Zweiges der Fa. Alsberg ihre Mitgliedschaft bei der NSDAP vor. Die Ariseure pachteten das Gebäude von den jüdischen Eigentümern und übernahmen das Geschäft für „nen Appel und ein Ei“. Zwei der vorherigen Inhaber, Regina Schoenenberg und ihr Sohn Robert wurdens 1941 ins KZ deportiert.
Dies war Grund genug für die neuen Geschäftsbesitzer,im festen Vertrauen auf die NS-Diktatur, die Pacht für das Geschäftsgebäude nicht mehr an die Eigentümer, sondern gleich auf ein eigenen Konto zu überweisen. Ein Nachfahre der tatsächlichen Firmengründer stellt im Hinblick auf die Geschäftsjubiläen in Duisburg und Hildesheim im Jahre 1986 fest, in „Wahrheit feierte man […] die Arisierung der Gebrüder Alsberg!“

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Agnes Miegel und Warendorf.

In: Münsterland. Jahrbuch des Kreises Warendorf 2009. 58. Jahrg. Warendorf 2008. S. 181 – 190.

In Ihrer Heimat, im nördlichen Ostpreußen, dem heutigen Oblast Kaliningradskaja, erlebte ihr Werk seit der Wende 1989 unter der dortigen russischen Bevölkerung eine Renaissance, was bei deutschen Beobachtern, je nach politischem Standort, positive Überraschung oder stirnrunzelnde Irritation auslöste.
Im Museum für Geschichte und Kunst in Kaliningrad werden Werke von Agnes Miegel gezeigt. An ihrem ehemaligen Wohnhauss in der ul. Serzanta Koloskova (bis 1945 Hornstraße) erinnert seit 1992 eine zweisprachige Gedenktafel an die Dichterin. Regelmäßige Festakte und Tagungen in Kaliningrad mit Vorträgen und Ausstellungen einnern an sie.
Außerdem erscheinen dort Veröffentlichungen ihrer Werke in russisch-deutschen Ausgaben. Arbeiten von russischen Studenten und Schülern beschäftigen sich mit Agnes Miegel. Nach einer Untersuchung einer litauischen Germanistin versuchte „Miegel in ihren Dichtungen darzustellen, was das Phänomen und die Vielseitigkeit des Charakters und der Denkweise der ostpreußischen Bewohner geformt und bestimmt hat.“

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Das Schicksal der Shamsa Shajjar in Ennigerloh-Westkirchen und die soziologischen sowie religiösen Hintergründe.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 39. 2009. S. 3 – 18.

Dieses Motiv für die Auswanderung stellte keine isolierte Entscheidung der Familie Shajjar dar. Ein türkischer Migrant bekannte:
„Wenn es das deutsche Sozialsystem nicht gäbe, wären wir nicht hier. In den türkischen Cafés gibt es nur ein Thema: Warum sind wir nicht in unsrer Heimat? Wie sind wir bloß hierher geraten? Wenn wir bloß das gute System der Deutschen hätten, würden wir hier nicht versauern.“
Hamburg-Wilhelmsburg beispielsweise ist ein ‚Problemstadtteil’ mit einem weit überdurchschnittlichen Anteil von Migranten. Er beträgt bei der Stadtteilbevölkerung 37 %, wobei er bezüglich der Jugendlichen unter 18 Jahren bereits eine Quote von 52 % erreicht hat. Sie leben häufig von Sozialhilfe und Arbeitslosengeld und der islamische Einfluss gewinnt bei ihnen kontinuierlich an Boden. Die oft ausweglose Sozialhilfekarriere der Eltern trug sicher dazu bei, dass die Migranten der dritten Generation als die absoluten Verlierer dastehen. Sie wachsen mit der Einstellung auf, dass sie in Deutschland weder erwünscht sind, noch gebraucht werden und, egal wie sie sich anstrengen, auf dem Arbeitsmarkt sowieso keine Chancen habe. Außerdem lernen sie, wie viele deutsche Kinder auch, dass man einigermaßen gut von Sozialhilfe leben kann nach dem Motto: ‚Wir latschten durch die Beete, wir trampeln durch die Saat, denn für uns bezahlt der Staat.’ Wenn junge Migranten nach ihrem Berufswunsch gefragt werden, antworten sie häufig: „Ich will Hartz IV werden“. Das unterscheidet die türkischen Communitys in Deutschland von den Dörfern Anatoliens. Dort bekommt niemand etwas vom Staat.

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Philipp Rosenthals westfälische Wurzeln.

In: Spuren. Beiträge zur Familienforschung. Bd. 5. 22. Jahrg. (2008). Heft 4. S. 71 – 75.

Um 1819 hatte er, von seiner Frau Sara, geborene Rosenberg, aktiv unterstützt, das Geschäft um eine Baumwollweberei erweitert, um vom Fremdbezug etwas unabhängiger zu werden. Damit war Philipp Abraham Rosenthal Werls erster Fabrikant und sein Betrieb stellte für lange Zeit die einzige großgewerbliche Anlage der Stadt dar. Die Aufsicht über diese Weberei übergab Philip Abraham Rosenthal später seinem 1821 geborenen Sohn Abraham. Der Vater wurde nicht enttäuscht.
Abraham Rosenthal, der Großvater Philip Rosenthals, verlieh der Weberei Schwung, erweiterte die Produktion, bemühte sich mit Erfolg um neue Absatzmärkte, was nicht zuletzt damit zusammenhing, dass er alljährlich die Leipziger Messe besuchte.
Dem ökonomischen Erfolg hinkte die gesellschaftliche Anerkennung im katholisch dominierten Werl hinterher. Zwar war die Konfessionsklausel schon 1846 in den Statuten der örtlichen Schützenbruderschaft gestrichen worden, doch erst zwei Jahre später finden sich die Namen von Söhnen jüdischer Familien in den Mitgliederlisten der Junggesellenschützen, darunter auch der von Abraham Rosenthal.

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Julius Lücke.

Abgründigkeiten in der Lebensgeschichte eines Freckenhorster Amtsbürgermeisters während der NS-Diktatur.
In: Freckenhorst. Schriftenreihe des Freckenhorster Heimatvereins. Heft 19. Januar 2009. S. 4 – 18.


Die letztgenannte Aktion musste für Lücke eine größere Bedeutung haben, denn noch Jahre nach dem Untergang der NS-Diktatur bekannte sich der ehemalige SA-Führer ausdrücklich dazu. Anfang der 1950er Jahre verbreitete er sich während der Auseinandersetzung um seine staatliche Versorgung in einem privaten Mitteilungsblatt, das offensichtlich an Sympathisanten und Unterstützer gerichtet war, die er noch in Freckenhorst besaß oder zu besitzen glaubte:
„Meinen Freunden zur Aufklärung, allen übrigen zur Kenntnis. […] Die blutige, erbarmungslose Niederknüppelung der SA bei der Propagandaaktion am Schwanenwall in Dortmund […] 1932 durch die Polizei […] war […] keineswegs eine unehrenhafte Angelegenheit der SA!“
Hier stellt sich die Frage, was für eine NS-Aktion Julius Lücke zu rechtfertigen und zu verteidigen wagte und damit bewies, dass er seine Gesinnung auch in den jungen Jahren der Bundesrepublik beibehalten hatte. Als so genannte Schwanenwallaffäre ging das Zusammenwirken der örtlichen Justiz mit den Nationalsozialisten noch vor ihrer Machtergreifung in die Dortmunder Lokalgeschichte ein. Während der Endphase der Weimarer Republik entwickelten sich NSDAP und SA in der Ruhrmetropole, obwohl zahlenmäßig stark zurückgesetzt gegenüber anderen vergleichbaren Städten, zu einem massiven Problem für die öffentliche Sicherheit.
Die Polizei sah sich mit einer zunehmenden Gewaltbereitschaft und Brutalisierung auf nationalsozialistischer Seite konfrontiert.

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Von Dirschau/Westpreußen nach Oelde/Westfalen.

Zuwanderung in den 1930er Jahren.
Ein Beispiel aus dem damaligen Landkreis Beckum.
In: Westpreußen-Jahrbuch. Aus dem Land an der unteren Weichsel. Hg. v. Hans-Jürgen Kämpfert. Bd. 59. Münster 2009. S. 85 – 91.


Im Herbst 1935 erhielt die Angelegenheit eine neue Dimension. Die deutsche konsulare Dienststelle in der Bydgoska 36 zu Thorn war offenbar zum Generalkonsulat aufgewertet worden, denn nun kontaktierte der dortige Generalkonsul den Beckumer Landrat:
„Ich habe davon Kenntnis genommen, daß der Nationalpolin Hedwig Kitowski wiederum Arbeitserlaubnis erteilt ist. Ich bitte, mir mitzuteilen, auf welchen Zeitraum die Erlaubnis befristet ist.“
Außerdem schaltete der Generalkonsul seine „vorgesetzte Dienststelle, das Auswärtige Amt,“ ein, denn nach seiner Auffassung gab „es eine ganze Anzahl Volksgenossen aus den abgetretenen Gebieten, die die gleiche Sachkenntnis wie die K. besitzen und gern eine Arbeitsstelle übernehmen würden.“

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Max Reimann – ein Kommunist aus Elbing.

In: Westpreußen-Jahrbuch. Aus dem Land an der unteren Weichsel.
Hg. v. Hans-Jürgen Kämpfert. Bd. 59. Münster 2009. S. 119 – 135.


Auffallend blieb die betont nationale Attitüde, unter häufigen Gebrauch der Vokabeln ‚gesamtdeutsch‘, ‚Volk‘ und ‚Heimat‘, mit der die Kommunisten ihre Ziele durchsetzen wollten. Auf der 4. Tagung des Parteivorstandes der KPD am 04.05.1952 kritisierte Max Reimann die Haltung der führenden SPD-Politiker Kurt Schumacher, Erich Ollenhauer und Carlo Schmid zum Generalvertrag:
„Es gibt heute nur […] das wirkliche Eintreten gegen den Generalkriegsvertrag, für den Friedensvertrag und die Einheit Deutschlands. Das ist die Bereitschaft zum Massenkampf für diese Forderungen, die Stellung zu Massenaktionen und nicht oppositionelle Reden im Bundestag.“
Entgegen dem vorgeschobenen nationalen Pathos sagte er sich von seiner eigenen Heimat los und wollte dies auch den übrigen Betroffenen aufoktroyiert wissen, wobei er die Verbrechen des Nationalsozialismus für seine Argumentation instrumentalisierte:
„Ich selbst stamme aus Elbing in Westpreußen und ich musste seit 1945 all denen, die sich über die Abtrennung der Ostgebiete empörten, immer wieder sagen: Diese Empörung kommt zu spät. Sie hätte kommen müssen, ehe der Hitlerfaschismus der slawischen Bevölkerung jedes Lebensrecht absprach, diese Gebiete zum Aufmarschraum, zum Kriegsschauplatz, zur verbrannten Erde machte. Sie hätte kommen müssen, bevor der Hitlerfaschismus Millionen Bürger der Sowjetunion, Polens und der Tschechoslowakei als Arbeitssklaven für die deutsche Rüstungswirtschaft deportierte, ein Viertel des polnischen Volkes innerhalb und außerhalb der Ghettos verhungern ließ oder in Konzentrationslager ausrottete. Wenn später immer wieder auf die deutschen Kulturleistungen in diesen Gebieten hingewiesen wurde: Was von ihnen war dann geblieben? Ich habe meine Vaterstadt nach dem Kriege wiedergesehen. Es war nicht mehr die Stadt, in der ich geboren war und gearbeitet hatte. Von ihr standen noch zwei Häuser. Alles übrige hatte der Krieg dem Erdboden gleichgemacht. Wem sollen sie jetzt gehören, die neuen Wohnhäuser, Werften, Betriebe und auch die rekonstruierten Zeugen der Vergangenheit, wenn nicht denen, die sie geschaffen haben, ihren Familien, ihren Kindern.“
Wohl war die Elbinger Altstadt aus der Ordenszeit praktisch dem Erdboden gleichgemacht worden, doch in den Vorstädten und Außenbezirken waren mehr als die erwähnten ‚zwei Häuser’ erhalten geblieben.
Die Industrieanlagen waren sogar relativ unbeschadet geblieben, so dass in den Werkhallen der ehemaligen Schichau-Werke schon im Frühsommer 1945, teilweise mit zwangsweisen deutschen Arbeitskräften, wieder produziert wurde.
Die angeblich neuen polnischen Betriebe waren zum Zeitpunkt von Reimanns Visite also noch immer die alten deutschen Anlagen, nur eben unter neuer Regie. Er hätte bei seinen Besuch auf einen ehemaligen Genossen stoßen können.
Auf die Zeit der sowjetischen Eroberung und Besatzung im Frühjahr 1945 angesprochen, hätte der Mann entschieden erwidert:
„Ich war überzeugter Kommunist, aber damit ist jetzt Schluß. Wie die Russen uns behandelt haben, das vergesse ich nie. Jedenfalls Kommunist bin ich die längste Zeit gewesen!“

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Die Verbrechen der Mullahkratie im Iran.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 40. 2009. S. 3 – 7 u. Heft 44, 2010, S. 3 - 5.

Heft 40: Chomeini führte sein Land mit großer Entschlossenheit und einem ausgeprägten Sendungsbewusstsein in die internationale Isolation. Er tolerierte die Besetzung der US-Botschaft durch radikale iranische Studenten im November 1979. Die Täter nahmen 62 Amerikaner als Geiseln und hielten sie 444 Tage lang fest. Chomeinis revolutionärer Eifer richtete sich auch gegen den irakischen Diktator Saddam Hussein. Hussein Ali Montaseri, zweiter Mann der Islamischen Republik Iran, teilte im Juni 1980 den Muslimen in aller Welt mit, der ‚Schlächter Saddam Hussein’ sei ein Todfeind des Islam. Das kam einer Kriegserklärung gleich und war ein an die schiitische Bevölkerungsmehrheit des Irak gerichteter Aufruf zur Revolte.
Saddam ließ sich nicht lange bitten.
Im September 1980 griffen seine Truppen den Iran an. Chomeini rief die Iraner dazu auf, in Massen zu den Schlachtfeldern in der Provinz Chusestan zu strömen, um sein theokratisch-islamistisches Regime zu retten. Viele glaubten seinem Versprechen, sie würden ins Paradies eingehen, wenn sie in diesem Krieg ihr Leben ließen.
Während des irakisch-iranischen Krieges machte ein deutscher Journalist folgende Beobachtungen Mitte 1982:
„Längs der Straße, die von Ahwas nach Westen zur irakischen Grenze führte, wurden wir immer wieder von bewaffneten Halbwüchsigen angehalten und streng kontrolliert. Sie spaßten nicht, diese Knaben mit der Kalaschnikow, die oft erst dreizehn Jahre alt waren und noch mit Kinderstimmen redeten. Selbst Oberst Kafei, der mir zur Begleitung beigegeben war, musste diesen ‚Bassidschi’, wie man sie nennt – das Wort bedeutet soviel wie ‚Mobilisierung’ oder ‚Aufgebot’ – umständlich seine Papiere zeigen. ‚Sie werden es nicht glauben’, sagte Kafei, ‚aber diese Jünglinge sind es, die die irakischen Panzerbrigaden zur Strecke gebracht haben. Sie melden sich freiwillig, werden einen Monat lang an der Panzerfaust oder zum Räumen von Minenfeldern ausgebildet. Sie tragen bei den Vorbeimärschen vor dem Fronteinsatz die weiße Schärpe der Selbstaufopferung, und ihr Kampfschrei lautet:
Schahid – Märtyrer.
Gegen die sowjetischen Tanks setzen wir sie in Trupps von drei oder vier ein. Sie sickern bei Nacht hinter den feindlichen Linien ein und stiften Panik. Vier oder fünf solcher Teams bedarf es, um einen einzigen irakischen Panzer zu knacken. Sogar das modernste russische Modell, der T 72, hat ihren primitiven Bazookas nicht standgehalten. Die Verluste der Bassidschi sind natürlich hoch.“ Ruhollah Khomeini, in seiner Eigenschaft als ‚Faqih’ und als oberster Befehlshaber der Streitkräfte, hatte seinen Offizieren die Weisung erteilt, die Einkreisung von Abadan um jeden Preis zu sprengen. Die Losung des obersten Ayatollahs hieß: „Der Weg nach Jerusalem führt über Bagdad“.


Heft: 44: In dem neuen Iran blieb somit zunächst politisch alles offen – bis zum 4.11.1979. An diesem Tag besetzen ein paar Tausend Studenten die US-Botschaft in Teheran und nehmen 66 Diplomaten als Geiseln. Die Besetzer wollen offiziell die Auslieferung des Schahs von den USA erzwingen. Cho¬meini soll angeblich von der Aktion nichts gewusst haben. Wenn es so sein sollte, der Ayatollah erkannte jedenfalls die Chance, die Geiselnahme als Instrument zu benutzen, die ganze Macht im Iran endgültig in die Hände der Mullahs zu konzentrieren. Während die durch die Geiselnahme tatsächlich überraschte offizielle iranische Regierung noch damit beschäftigt war, die US-Regierung zu beschwichtigen und die baldige Freilassung der Diploma¬ten in Aussicht stellte, sandte Chomeini seinen Sohn zu den Studenten in der besetzten US-Botschaft, um ihnen zu ihrer Geiselnahme zu gratulieren. Dar¬aufhin nahm der auf diese Weise desavouierte Ministerpräsident seinen Hut. Genau das hatte Chomeini erreichen wollen. Nun begann ein interner Machtkampf gegen die Liberalen und Linken, gegen Kommunisten und Militärs – ver- und überdeckt durch das Geiseldrama, welches 444 Tage dauern wird. Während dieser Zeit brachte Chomeini den Iran auf Linie hin zu seinem ersehnten Gottesstaat. Während die Studenten die Geiseln bewachten wurden ihre Universitäten geschlossen. Die Frauen unterwarfen die Mullahs einem strengen islamischen Dresscode. In Schulen, Ministerien und der Armee fanden umfangreiche Säuberungen statt, denen Tausende missliebige Beamte und Offiziere zum Opfer fielen. Im Evin-Gefängnis, der schon unter dem Schah traditionellen Haft- und Folteranstalt Teherans, wurden Oppositionelle des Chomeini-Regimes einer Gehirnwäsche und anderen Torturen unterzogen, bis sie sich zu willenlosen Instrumenten für die Propaganda und Verherrlichung des Imans gewandelt hatten. Wer anderer Meinung als die Mul-lahs war, wurde als Verräter während der Konfrontation mit dem großen Satan USA gebrandmarkt. Die rituelle Verdammung mit der Formel „Marg bar Amrika – Tod für Amerika“ wurde nun zu einer tragenden Säule der Mullahkratie, vergleichbar mit den öffentlichen Flüchen im alten Persien gegen die Osmanen zur Zeit der Safawiden.

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Sklavenjagd und Zwangskonversionen zum Islam im Sudan.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 41. 2009. S. 3 – 7.

Seit Jahrzehnten leisten die Südsudanesen Widerstand gegen die Arabisierung und Islamisierung des Südsudan. Als 1985 der Widerstand der Südsudanesen in den Grenzgebieten zum Nordsudan zunahm, bewaffnete die sudanesische Armee arabische Milizen und befahl ihnen, die südsudanesische Bevölkerung zu terrorisieren. Die Milizionäre überfielen daraufhin südsudanesische Dörfer, plünderten die Häuser, raubten das Vieh der Bauern und entführten Kinder und Frauen. Planmäßig wird die Sklaverei von der sudanesischen Regierung als Mittel der Kriegsführung gegen die aufständische Bevölkerung im Südsudan eingesetzt.
Viele der in die Sklaverei verschleppten Kinder müssen als unbezahlte Haushaltshilfen für die Milizionäre und ihre Angehörigen arbeiten. Andere werden auf Märkten in den Städten des Nordsudans zum Kauf angeboten. Kostete 1989 ein Sklavenkind noch 325 DM, so sank der Preis 1990 auf 37 DM, da ständig neue Kinder auf den Märkten angeboten wurden. Ein Teil der geraubten Kinder wird in Umerziehungslager verschleppt und dort im muslimischen Glauben unterrichtet. Ziel der Umerziehung ist es, die jungen Südsudanesen zu islamisieren. Schon Kindern soll deutlich gemacht werden, dass sie im Sudan nur eine Überlebenschance haben, wenn sie sich zum muslimischen Glauben bekennen und ihre Abstimmung aus einer schwarzafrikanischen Familie leugnen.

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Der Mörder Karl-Heinz Kurras oder Eine deutsche Karriere.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 41. 2009. S. 7 – 19 u. Heft 42. S. 3 – 18.

Heft 41: Ostdeutsche Agenten, welche die Seiten wechselten, ließen jedenfalls Kurras nicht kalt, sondern brachten ihn regelrecht in Rage. Als eine festgenommene MfS-Agentin gegenüber Kurras sofort geständig war, ließ er seine Ostberliner Vorgesetzten unmissverständlich wissen: “Gebt mir den Auftrag, die würde ich umbringen, so eine Verräterin.“ Dies zeugte von einem fest gefügten Feindbild, gepaart mit eindeutigem Vernichtungswillen bei dem SSD-Agenten innerhalb der Westberliner Polizei.
Kurras war im Berliner Geheimdienstdschungel kein Solitär. Der Vorsitzende der Westberliner Pressekonferenz, Karl-Heinz Maier, Journalist und SPD-Mitglied, war ein hochkarätiger West-IM des MfS und versorgte Ostberlin mit Unmengen von Material aus den Chefredaktionen der Berliner Medien, alliierten Dienststellen sowie den politischen und wirtschaftlichen Kreisen, in denen er verkehrte. Maier wurde dafür nie belangt. Nach seinem Tode 1996 würdigte der damalige Regierende Bürgermeister Diepgen wie in einer Realsatire den Verstorbenen als jemanden, der „mit Umsicht und menschlicher Wärme den Regierenden ihre Geheimnisse entlockte“, und konnte damals noch nicht wissen, wie recht er damit hatte.
Als weiterer West-IM betätigte sich der Westberliner Journalist und stellvertretender Vorsitzender des CDU-Ortsverbandes Kurfürstendamm, Felix-Erik Laue. Mindestens 104 Berichte sind von ihm an das MfS geliefert geworden, aus der Berliner Politik bis hin zu den innersten Zirkel des Bundeskanzleramtes in Bonn.
Als 1995 gegen Laue Anklage erhoben werden sollte, beging Laue Selbstmord.
Mit am skrupellosesten und in seiner kriminellen Motivation durchaus mit Kurras vergleichbar sei in dieser willkürlich herausgesuchten Galerie der Agenten Walter Barthel genannt. Als linksorientierter Journalist für verschiedene Westberliner Zeitungen tätig arbeitete er bereits seit Ende der 1950er Jahre für das MfS. Der zeitweilige Berliner Landessekretär des SDS scheute sich nicht, konkrete Vorschläge zur Entführung eines in den Westen geflüchteten ehemaligen FDJ-Funktionärs, damit diesem anschließend in Ostberlin ein Schauprozess gemacht werden sollte. Das Perfide daran: Barthel war mit dem potentiellen Opfer – wahrscheinlich zum Schein – eng befreundet. Bei anderer Gelegenheit schlug er dem MfS vor, einen WDR-Redakteur, der sich in Polen aufhielt, auf der Rückreise auf dem Transit durch die DDR festzusetzen als Faustpfand für einen im Westen verhafteten MfS-Agenten.
Kurras selbst befand sich offenbar im Frühjahr 1967 in einer psychologischen Situation, in der er zum folgenden Mord mental bereit war.


Heft 42: Abschließend lässt sich feststellen, dass für den Gang der globalen Ereig¬nisse die Geheimdienste insgesamt nur eine nachgeordnete Rolle spielten, wie das im Sommer 1988 vom SSD aufgezeichnete Gespräch zwischen dem ehemaligen SS-Obersturmbannführer und nach 1945 sowjetischen Spitzen¬agenten beim BND, Heinz Felfe und dem Direktor des internationalen Pressezentrums in Ostberlin und MfS-Mitarbeiters, Fred Müller, verdeutlicht. Gleichzeitig stellen die abgehörten Äußerungen ein bezeichnendes Dokument für die Geisteshaltung von sowjetischen bzw. DDR-Agenten dar:
„Felfe: Wenn du die Zeitung aufschlägst, wirst du doch belogen. Heute steht: ‚400 000 Trockenrasierer für die Bevölkerung’. Ich brauche keinen Trockenrasierer. Ich brauche was anderes. Kauf doch mal Zement in Bautzen – nichts da, der geht nach Frankreich zum Kanalbau. Meine Verwandtschaft war jetzt da und erzählt, sie waren an der Ostsee in Urlaub. Dort ist die Versorgung noch mieser als in Bautzen. Ist denn das nun in der ganzen DDR so schlimm?
Müller: Meine Masseuse war in Reichbach/Vogtland. Es gibt dort keine Zwiebeln und Senf. Da sitzen bestimmt ein Haufen Leute im Handel, die denken, die Leute sollen sich doch ihre Zwiebeln anbauen.
Felfe: Ich war in der Lausitz und die bekommen kein Sauerkraut. Die Leute sagen, erst mal wird nach Berlin und in die Bezirksstädte geliefert, der Rest ist für uns. Geh doch mal in Westberlin einkaufen. Alle Geschäfte sind voll! Apfelsinen, Bananen, Pfirsiche. Meine Frau, die jetzt auch rüber darf, sagt: ‚Man wird verrückt, was es da alles gibt. Wie machen die denn das mit dem Zeug, was sie am Tag nicht verkauft haben...?’
Müller: Ich sag das schon laufend. Ich fahre nun ja schon 20 Jahre rüber…Ich hab mit vielen Rentnern diskutiert, die fahren und das selbst sehen. Wenn du auf den Markt einer kleinen und mittleren Stadt gehst – dort ist alles da.
Felfe: Meine Frau hat jetzt Früchte gesehen, da hatte sie nie was von gehört: Nektarinen, Avocatos [sic!]…
Müller: Das fressen dort sogar die Arbeitslosen.

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Elisabeth Schragmüller.

Eine Geheimagentin aus Westfalen.
In: Spuren, Beiträge zur Familienforschung, 23. Jahrg., 2009, Heft Nr. 7, S. 136 – 140 u. Heft Nr. 8, S. 143 – 152.


Heft 7: Wirklich Greifbares wusste die Gegenseite nicht über Elisabeth Schragmüller. Nicht einmal ihr richtiger Name war den alliierten Stellen anscheinend präsent. Bei den Franzosen rangierte sie aus unerfindlichen Gründen unter dem Namen Anne-Marie Lesser. So falsch wie der Name waren auch die Erkenntnisse, welche die alliierten Dienste sonst sammelten. So kursierte die Legende, dass ihr Geliebter ebenfalls Agent gewesen sei und bei einer Aufklärungsaktion ums Leben gekommen sei. Sie selber, so wurde kolportiert, sei Morphinistin und verfalle dem Wahnsinn. Wahrscheinlich war hier bei den Alliierten der Wunsch der Vater dieser unhaltbaren Erkenntnisse. Fünfzig Jahre nach den Ereignissen stellte der Germanist und Offizier des Zweiten Weltkriegs Gert Buchheit klar:
„Es gibt […] Frauen, die in einem Nachrichtendienst am Schreibtisch hervorragende Arbeit geleistet haben – nicht etwa nur als Sekretärinnen, sondern auch als Sachbearbeiterinnen oder sogar Abteilungsleiterinnen, ohne jemals persönlich ‚Spionage’ getrieben zu haben […]. Eine dieser Frauen war Dr. Elisabeth Schragmüller.“


Heft 8: Elisabeth Schragmüller beschäftigte sich allerdings nicht allein mit Deserteuragenten. Oberst Nicolai beauftragte sie und den Führungsoffizier Major von Roepell 1915 mit der Instruktion der wichtigen Agentin mit dem Decknamen ‚H 21’.
Sie wurde von Elisabeth Schragmüller, in die elementaren Geheimnisse des Agentengeschäfts eingeführt. Unter ‚H 21’ verbarg sich die legendäre Mata Hari, die sich als Nackttänzerin einen zweifelhaften, jedoch offenbar gerade für große Teile der höheren Gesellschaftskreise attraktiven Ruf erworben hatte. Elisabeth Schragmüller lebte etwa zwei Wochen mit der hochkarätigen Agentin im gleichen Hotel und berichtete:
„Das Benehmen von Mata Hari […] beim Mittagessen und im Theater entspricht den Manieren einer ‚Grande Dame’, obgleich ihre exzentrische Persönlichkeit und auserlesene Eleganz ihr die allgemeine Aufmerksamkeit zuwenden. Sie erträgt nur mit Mühe Beschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit, welche sie sich gemäß ihrer neuen Rolle auferlegen muß. Trotz allem gelingt es ihr nicht, sich an einen festgelegten Rahmen zu halten.“
1917 wurde Mata Hari von der französischen Abwehr enttarnt und festgenommen. Nach einem Militärgerichtsprozess wurde sie in Vincenne hingerichtet.

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Ablieferung von Kirchenglocken im Kreis Warendorf während des Ersten Weltkriegs und ihre teilweise Restitution.

In: Münsterland, Jahrbuch des Kreises Warendorf 2010, 59. Jahrg., Warendorf 2010, S. 116 – 122.

Auf eine Anfrage der Gemeinde St.-Josef in Ahlen antwortete die Glockengießerei Petit & Gebr. Edelbrock in Gescher im Sommer 1922,
„daß wir bei den heutigen unglücklichen Verhältnissen Ihnen den Preis für die fertigen Bronce-Glocken auch nicht annähernd genau angeben können. Bei dem augenblicklichen Dollarstande wird der Preis auf etwa M. 350,- bis 380,- p.kg. stehen. Wir bitten, um Mitteilung, ob sie unter den obwaltenden Umständen der Anschaffung näher treten wollen. […] Wir werden dann sofort das entsprechende Metallquantum zum mögl. billigen Satze eindecken und Ihnen dann den genauen Glockenpreis aufgeben. […] Wir müssen uns eine Erhöhung des Preises um 2 % bei je 10 % Lohnerhöhung vorbehalten.“
Drei Wochen später, nach Eingehen der Bestellung, musste die Glockengießerei einräumen, es wären
„die von uns angegebenen Preise bereits überholt. Unsere Erwartung auf eine Preisermäßigung hat sich nicht bestätigt, weshalb wir Ihnen leider mitteilen müssen, daß wir den Auftrag nicht annehmen können. Inzwischen sind nun die Preise noch weiterhin gestiegen. Wir haben kein Interesse daran, die Aufträge zu den hohen Preisen zu bekommen; es wäre uns vielmehr angenehm, wenn Sie die Angelegenheit bis zum Eintritt stabiler Verhältnisse zurückstellen und alsdann erneut bei uns anfragen würden. Im Augenblick kostet das Kilogramm ca. 580 bis 600 Mk.“
Wiederum nach einen Monat beschied die Fa. der Ahlener Gemeinde,
„daß unter Zugrundelegung des augenblicklichen Metallpreises das Kilogramm der Ihnen im August angebotenen Glocken M. 690,-- kostet. Diese Preis ist in Anbetracht der unsicheren Verhältnisse wiederum freibleibend. Nach Erhalt Ihres Auftrages wollen wir sofort das erforderliche Metallquantum zu einem festen Preis einkaufen, müssen uns aber vorgehalten, bei Lohnerhöhungen einen Aufschlag eintreten zu lassen und zwar werden wir berechnen bei je 10 % Lohnerhöhung 3 % auf den Glockenpreis. […] Bezügl. des Preises würden wir Ihnen gern entgegengekommen sein, wenn uns dies die misslichen Wirtschaftsverhältnisse gestatten würden. Wir haben unübersehbare Verluste dadurch, daß wie langfristige Aufträge zu festen Preisen haben und noch ausliefern müssen. Es sind noch Aufträge zum Kilopreise von M. 44,-- auszuliefern und werden Sie es begreiflich finden, wenn wir Ihnen der gewünschten Weise nicht entgegenkommen können.“
Nach zweieinhalb Wochen bekräftigten Petit & Gebr. Edelbrock,
„daß wir beim besten Willen nicht in der Lage sind, Ihnen die Glocken unter dem Preise des Kostenanschlages von heute zu liefern. Durch die misslichen Wirtschaftsverhältnisse und dadurch, daß wir bis vor ganz kurzer Zeit nur Aufträge mit einem Kilopreise um 40 Mk. ausgeliefert haben, wobei wir ganz enorme Verluste zu verzeichnen hatten, können wir Ihnen leider im Preise weiterhin nicht entgegenkommen, zumal auch heute das Kilogramm schon über 1.300 Mk. kostet. Wir wollen die beiden Glocken so schnell wie möglich herstellen, damit möglichst wenig von der Lohnklausel Gebrauch gemacht werden muß. […] Wir erkenne es dankbar an, daß Sie uns s. Z. den Auftrag für Neubeckum erteilt habe. Wir würden Ihnen auch unser großes Entgegenkommen nicht versagt haben, wenn nicht uns die traurigen Verhältnisse davon abhielten.“
Zum Vergleich für die rapide gestiegenen Preise kann der Schriftwechsel seitens der gleichen Firma mit der Kirchengemeinde Westkirchen betreffend einer neuen Glocke zu Rate gezogen werden. Dort war im Sommer 1919 von einem Metallkilopreis von 10,90 M. die Rede!

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Lediglich „der Gewalt gehorchend“.

Der Ahlener Bürgermeister Eduard Corneli während der Novemberrevolution 1918 und des Kapp-Putsches 1920.
In: Der beflügelte Aal, Heimatliches aus Ahlen – Vorhelm – Dolberg, Bd. 28, 2009, S. 79 – 84.


Die aktuelle weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise, durch das verantwortungslose Handeln der ökonomischen und politischen ‚Eliten’ ausgelöst, sowie das damit in Zusammenhang stehende Raunen über angeblich drohende ‚soziale Unruhen’, insbesondere im Vorfeld der diesjährigen Bundespräsidentenwahl bietet Anlass, sich der tatsächlichen gesellschaftpolitischen Auseinandersetzungen in Ahlen nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg zu erinnern und dabei das Verhalten des damaligen Bürgermeisters Eduard Corneli in den Focus zu nehmen.
Mit der Errichtung der Zeche Westfalen vor und im Ersten Weltkrieg hatte sich Ahlen zu dem damals am meisten industrialisierten Teil des damaligen Beckumer Kreisgebiets entwickelt. Das Antreiber- und Strafsystem auf der Schachtanlage unter den von sich aus schon erschwerten Arbeitsbedingungen im 1.000 Meter tiefen ‚Kilometerpütt’ sorgten für wachsenden Unmut unter den Bergleuten. Hinzu trat das selbstherrliche Regiment des Zechendirektors Reinhold Morsbach, der sich mit seinem autoritären Habitus gegenüber den Bergleuten und dem vehementen Entgegentreten hinsichtlich der Emanzipationsbestrebungen der Belegschaft in die lange Reihe von Industrievertretern einreihte, die vor den sozialen Entwicklungen weitgehende Blindheit an den Tag legten. Darüber hinaus sahen sich die Neubürger in der Kolonie ‚jenseits der Bahn’ seitens den alteingesessenen Ahlenern in der Altstadt einer zunehmenden sozialen Ausgrenzung gegenüber. Verschärft wurde diese lokale negative Entwicklung noch durch die allgemeinen Entbehrungen des Ersten Weltkriegs.
Mit der Novemberrevolution entlud sich die aufgeladene Situation. Das unverblümte Vorbringen sozialer und politischer Forderungen im Spätherbst 1918 stellten nun die lokalen Behörden und ihre Vertreter vor bisher ungekannte und ungewohnte Situationen. So auch den seit 20 Jahren amtierenden Bürgermeister Eduard Corneli, der sich um die Modernisierung und den Ausbau der Infrastruktur in Ahlen im Zuge des endgültigen Übergangs der Wersegemeinde von einer Ackerbürger- zur Industriestadt verdient gemacht hatte. Politisch stand er wohl dem Zentrum nahe, obwohl es keine Belege für eine formale Parteimitgliedschaft gibt. Dies ist nicht weiter verwunderlich, denn damals verstanden sich die Bürgermeister als Verwaltungsbeamte, die damals aus dem Rathaus die Politik verbannt sehen wollten, die sich nun genau nach dorthin mit Vehemenz die Bahn brach.

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Die Ceausescu-Diktatur in Rumänien.

In: Spuren der Verfolgten, Bd. 5, 2010, Heft 43, S. 9 – 15, Heft 44, 2010, 5 – 12, Heft 45, 2010, S. 7 – 15 u. Heft 46, 2010, S. 9 – 16.

Heft 43: Während der letzten Jahre der Ceausescu-Diktatur nahmen die Krankenhäuser ältere Menschen gar nicht auf. Die erste Frage des Arztes, wenn man einen Rettungswagen bestellte, war: „Wie alt war der Patient?“ Wenn der Kranke älter als 65 Jahre alt war, kam der Notarzt nicht mehr.
Es war nicht zu übersehen, dass der Tod alter Menschen für den kommunistischen Staat eine Sparmaßnahme war. Der Tod sparte den Kommunisten die gefrorenen Brocken aus Fleisch und die Renten, welche das Ceausescu-Regime dem Volk zubilligte.
In den rumänischen Krankenhäusern der Ceausescu-Ära wimmelte es von Kakerlaken. Sie krochen über die Treppen und an den Beinen der Betten hoch. Es waren die gleichen rötlichen, flachen Käfer, die man in den Lebensmittelläden hinter der Theke sah. Die aus den Herden in den Küchen zu Hunderten, von der Hitze betäubt, herauskrochen, wenn die Backröhre eingeschaltet wurde. In allen Wohnblocks wimmelte es von diesen Käfern. Sie wurden von der rumänischen Bevölkerung ‚Russen’ genannt.
Vor allen Wohnblocks quollen die Mülltonnen über. Im Sommer stanken sie nach Verwesung. Ratten liefen sie um sie herum.
Die Läden, die großen ‚Universal-Läden’ in ganz Rumänien waren immer mit den wenigen gleichen unbrauchbaren Dingen gefüllt. Im Lebensmittelladen standen in den Regalen zweierlei Konservenbüchsen und zweierlei Einweckgläser. Es waren Fischkonserven und Marmeladengläser. Sowohl der Fisch als auch die Marmelade waren ungenießbar. Die Rumänen mussten für diese Art von Waren “Geld bezahlen, viel Geld, für das sie lange gearbeitet hatten.“ Der kommunistischen Nomenklatura und Kleptokratie war es als Minderheit gelungen, „einen Zustand zu schaffen, in dem sie die Mehrheit für sich arbeiten“ ließen.
Die Kommunisten hatten ihre eigene Sprache geschaffen. Die verbalen Floskeln und Fertigteile ihrer Ideologie waren in Jahrzehnten so angewachsen, dass die Vertreter des Ceausescu-Regimes schließlich in der Lage waren, stundenlang den Mund mit lauter Stimme zu schließen und zu öffnen, ohne etwas zu sagen. Durch den Personenkult waren Ceausescu und seine Ehefrau die einzigen Herrschenden im Land. Alle anderen Mitglieder der Nomenklatura waren Sklaven. Sie mussten die Macht des Herrscherpaares vertreten. Sie mussten sich, in allem, was sie sagten, auf das Ehepaar Ceausescu beziehen. Sie mussten die Sprache des Herrscherpaares wiederkäuen, was wiederum auch auf die übrige rumänische Bevölkerung abfärbte.
Der Schriftsteller Mircea Dinecu bemerkte dazu zwei Monate nach dem Sturz der Ceausescu-Diktatur:
„Wenn Sie zu einem Eingeborenenstamm einen Fernseher bringen, aus dem es fortwährend nur ‚Kuckuck’ ruft, werden die Eingeborenen nicht anderes zu sagen lernen als eben ‚Kuckuck’“.

Heft 44: Der Ceausescu-Clan hinterließ Ende 1989 ein völlig zerstörtes land, das ökonomisch, ökologisch, politisch, sozial, kulturell und moralisch am Boden lag. Die Wurzeln dieser Zerstörung waren in Ceausescus größenwahnsinnigen Plänen zur Modernisierung des Landes angelegt. Ceausescu ließ seit den 1970er Jahren eine überdimensionierte Schwerindustrie aufbauen mit den Schwerpunkten Maschinenbau, Stahlerzeugung und petrochemische Industrie. Letztere war das besondere Steckenpferd von Frau Ceausescu. Die Expansion der Stahlindustrie führte dazu, dass Rumänien zu einem der größten Stahlproduzenten in der Welt wurde. Doch wegen seiner schlechten Qualität ließ sich der Stahl nur schwer auf dem Weltmarkt absetzen und essen konnte man ihn auch nicht.
Ceausescu bastelte an einer industriellen Fiktion. Er trieb Projekte weiter voran, an denen seine Vorgänger während der 1950er Jahren gescheitert waren. So ließ den damals aufgegebenen Donau-Schwarzmeer-Kanal fertig stellen, der allerdings keinerlei Bedeutung für den Verkehr erlangen konnte. In Konstanza am Schwarzen Meer erweiterte man großzügig den Hafen, wofür es nach dem Frachtaufkommen allerdings nicht die geringste Veranlassung gab. 1989 besaß Rumänien zwei Autofabriken aber unter Ceausescu war das Benzin rationiert. Die Industrien des Landes arbeiteten nie mit Gewinn.
Um überhaupt auf dem Weltmarkt etwas absetzen zu können verlegte man sich seitens der wirtschaftlichen Planungsgremien in Bukarest auf Dumpingpreise.
Die Industrie in Rumänien war meist durch Kredite aus dem Westen finanziert worden. Dem vermeintlich weltoffenen Ceausescu floss viel Geld aus der Bundesrepublik Deutschland zu, die sich der deutschen Minderheit in Siebenbürgen verbunden fühlte.
Die USA verfolgten die antisowjetische Linie des Diktators mit Sympathie. 1975 gewährte ihm Washington die Meistbegünstigungsklausel. Die Kontakte Rumäniens zum IWF und zur Weltbank waren gut.

Heft 45: Das wichtigste Instrument zur Machterhaltung Ceausescus war die Geheimpolizei Securitate. Diese war keine Erfindung des Ceausescu-Regimes. Sie ging aus der Siguranja des Königreichs Rumänien hervor und wurde von den Kommunisten nach deren Machtübernahme Ende der 1940er Jahre entsprechend personell und konzeptionell umgeformt. Für die repressiven Maßnahmen der beginnenden 1950er Jahre war die Securitate veranwortlich, für die Verhaftung Hunderttausender Menschen, für Terror und Folter.
Beispiellos in Osteuropa war das Lager Pitesti, wo die Gefangenen einem gegenseitigen Prozess der physischen und psychischen Vernichtung unterworfen wurden. Demaskierung und Selbstdemaskierung nannte die Securitäte dies in Anlehnung des traditionellen kommunistischen Herrschaftsinstruments der Kritik und Selbstkritik. Wer dieses Lager überlebte war ein gebrochener Mensch. Wer dort eingewiesen wurde, war unschuldig, wer zur Entlassung kam, schuldig.
Zwei große Verhaftungswellen kennzeichneten den stalinistischen Terror in Rumänien während der 1950er Jahre. Die erste vollzog sich im Anschluss der kommunistischen Machtübernahme. Die zweite war eine Reaktion auf die sowjetischen Enthüllungen über Stalin im Jahre 1956. In diesen Jahren entwickelten sich Angst und Misstrauen zu Grundempfindungen des rumänischen Volkes. Jeder fürchtete die Geheimpolizei.
Die Securitate war territorial organisiert: Sie hatte ihre Stützpunkte und Verbindungsleute in allen Orten und Institutionen des Landes. Wie ein Spinnennetz hatte sich die Organisation über das ganze Land gelegt. Spitzel gab es überall: Friseure und Postbeamte, Lehrer und Schüler, Parteimitglieder und Parteilose, Pfarrer und Schriftsteller, Armeeoffiziere und Betriebsleiter. Das Abhören von Telefongesprächen und das Öffnen von Briefen waren alltäglich. Willkür und Desinformation ließen Angst und Misstrauen wachsen. Angst und Misstrauen verhinderten die Solidarität zwischen den Menschen.
Angst und Misstrauen waren jedoch durchaus berechtigt.
Immer wieder verloren Menschen auf Betreiben der Securitate ihre Arbeit, wurden verhört, verprügelt, verschwanden. Niemand war vor der Geheimpolizei sicher. Unter Ceausescu war praktisch alles verboten. Gespräche mit Ausländern konnten ebenso zur Verhaftung führen wie das Einsammeln von Kolbenmais auf den Staatsfeldern nach der Ernte. Prominente konnten noch auf einen gewissen Schutz durch ihren Bekanntheitsgrad vor allem im Ausland rechnen. Durchschnittsbürger wurden oft totgeprügelt oder verschwanden in psychiatrischen Anstalten.

Heft 46: Als Ceausescu Mitte 1977 die Renten der Bergarbeiter zu kürzen versuchte, brachte er das Fass zum Überlaufen.
Die ohnehin unter miserablen Bedingungen arbeitenden und lebenden Bergarbeiter traten mit über 10.000 Teilnehmern in den Ausstand. Ceausescu entsandte seinen Vertrauten Ilie Verdet und zwei hohe Funktionäre nach Petrosani-Lupani ins Schiltal (Valea Jiului), um die Bergleute zu besänftigen. Doch diese ließen sich von Versprechungen nicht irreleiten, hielten die Emissäre als Geiseln fest und forderten, dass Ceausescu selbst vor Ort erschien.
Der Diktator sah sich gezwungen, zu erscheinen und ging zum Schein auf den Großteil der Forderungen seitens der Bergarbeiter ein. Er versicherte auch, auf Sanktionen gegen die Delegation von Streikenden, die mit ihm verhandelt hatte, zu verzichten.
Der Diktator appellierte an die Vernunft der Bergleute, sie sollten nicht anderen den Anlass verschaffen,
„zu intervenieren und uns zu überrollen“.
Mit ‚anderen’ war die Sowjetunion gemeint.
Das Dekret über die Rentenverkürzung wurde tatsächlich geändert und die Versorgung erfuhr eine kurzfristige Verbesserung.
Die 20 Delegierten der Bergleute verhaftete die Securitate allerdings und die Betroffenen galten als ‚verschollen’. Dann schlug die Repression der Diktatur in breiterem Rahmen zu. 22 Bergleute berichteten darüber in einer Nachricht an Radio Free Europe:
„Seit dem 15. September haben militärische Einheiten um alle Gruben des Tales Positionen bezogen, Agenten der Geheimpolizei wurden als Arbeiter in die Gruben gebracht. Wir Bergarbeiter nennen sie Bullen der Partei. Sobald du es wagst, ein Wort zu sagen, werfen sich diese Bullen auf dich und verladen dich wie zu Tabak gepresst auf einen Lastwagen. Sie schlagen dann vor allem auf den Schädel, um dich geistig zu schädigen.“
Als Ceausescu Anfang November 1977 wieder im Schiltal auftauchte, hatte die Securitate ganze Arbeit geleistet.
Ca. 4.000 Bergarbeiter wurden deportiert und ihre Arbeitsplätze in den Gruben von Petropam-Lupeni mit Arbeitern aus anderen Landesteilen besetzt.

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Das Minenschiff Hansestadt Danzig.

In: Westpreußen-Jahrbuch, Aus dem Land an der unteren Weichsel, hg. v. Hans-Jürgen Kämpfert, Bd. 60, Münster 2010, S. 151 – 157.

Doch nirgends sind Erfolge so kurzlebig wie im Krieg.
Im System der deutschen Minensperren in der Ostsee klaffte vor der Insel Öland, da es sich hier um schwedisches Hoheitsgebiet handelte, eine große Lücke, die sowjetischen Schiffen die Möglichkeit zum Durchstoß bot. Deutscherseits wurde nun Schweden, dass zu dieser Zeit keine Wahl hatte, als der Forderung nachzukommen, gezwungen, diese Lücke verminen zu lassen.
Die schwedische Marine meldete die Lage der neuen Minensperre den deutschen Stellen per Fernspruch. Der Minenreferent beim OKM zeichnete den Funkspruch ab und gab ihn als GeKados-Meldung auf dem Dienstweg weiter. Auf den Gedanken, dass die Marinegruppe Nord umgehend über die erfolgte Minenlegung unter der schwedischen Küste informiert werden müsste, kam der Offizier allerdings nicht.
Aufgrund dieser organisatorischen Unkenntnis hatte man dem Minenschiffsverband befohlen auf dem Rückmarsch von Finnland nach Swinemünde dicht unter der schwedischen Küste entlangzulaufen und notfalls dabei auch schwedische Hoheitsgewässer zu verletzten. Dass sich die deutschen und schwedischen Minensperren inzwischen überlappten, davon ahnte man an Bord der drei Minenschiffe nichts. Die schwedische Marine hatte zu allem Überfluss den Minensucher Sandön vor der neuen Sperre stationiert, um aufkommende Schiffe vor der Gefahr zu warnen.
Als der Kommandant des schwedischen Minensuchers den deutschen Verband sichtete, ließ er umgehend entsprechende Flaggensignale setzten, um die deutschen Einheiten auf das Minenfeld aufmerksam zu machen.
An Bord der deutschen Schiffe glaubte der Verbandschef offenbar, die Warnsignale des neutralen Kriegsschiffes ignorieren zu können. So ereilte die Hansestadt Danzig vor der schwedischen Öland ihr Schicksal. Zusammen mit ihren Schwesterschiffen Preussen und Tannenberg sank die Hansestadt Danzig am 09. Juli 1941, um 19.08 Uhr südlich Ölandsund Östbygrund auf der Position 56°12n/16°17o in dem schwedischen Mienenfeld. Neun Besatzungsmitglieder fanden bei dem Untergang den Tod, darunter der Schiffsarzt, Marine-Oberassistenzarzt Dr. Wiedenmann.
Auf der Preussen waren vier und auf der Tannenberg zehn Tote zu beklagen.

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Der Warendorfer Fettmarkt.

In: Warendorfer Schriften, Bd. 38/39, hg. v. Paul Leidinger, Warendorf 2009, S. 51 – 66.

Die Institution Fettmarkt instrumentalisierten die Nationalsozialisten als Rahmen für ihre spezifischen Ziele. Landrat Hans Querfeld rief im Oktober 1933 bei Eröffnung des Marktes die Bauern zur Pflichterfüllung gegenüber Adolf Hitler auf, denn dieser habe „das Bauerntum wieder zur Grundlage des Staates gemacht“.
Allerdings weist die relativ geringe Berichterstattung in der Presse darauf hin, dass der Fettmarkt offenbar im Schatten der kurz zuvor reichsweiten Handwerker-Werbewoche gestanden hatte, die durch das neue Regime initiiert worden war. 1934 fanden die Aufführungen altwestfälischer Bühnenstücke auf dem Marktplatz den Beifall der neuen Machthaber. Doch während dieser Fettmarktwoche überlagerte bereits ein durch die NS-Organisation Kraft durch Freude (KdF) und die Fliegerortsgruppe organisierter Volksflugtag diese bodenständige Kultur. Der propagandistische Hintergrund dieser Großveranstaltung war die Gewöhnung der Bevölkerung an die noch getarnte, aber ab 1935 dann offen betriebene, umfangreiche Luftrüstung zur Kriegsvorbereitung. SA-Männer, zur Verkehrsregelung eingesetzt, dokumentierten auch nach außen hin, den Kontroll- und Machtanspruch des neuen Regimes.
Der Fettmarkt 1935 diente als Hintergrund für die Werbeaktion zugunsten des deutschen Weins.
Allerdings scheiterte das in diesem Zusammenhang geplante Projekt eines Brunnens auf dem Marktplatz, denn nur wenige Gewerbetreibende waren bereit, für den Fonds zur Errichtung des Marktbrunnens in ausreichendem Maße zu spenden.
Auch die Mahnung des Bürgermeisters und NSDAP-Kreisleiters Tewes verfing nicht, dass bei den Warendorfer Kaufleuten durch die Übernahme der Patenschaft für den Pündericher Wein seitens der Kreisstadt in Verbindung mit den Fettmarktveranstaltungen und der damit einhergehenden Weinwerbewoche ein außerordentlicher Zuwachs ihres Umsatzes zu verzeichnen gewesen wäre.
Nach der erzwungenen Auflösung der landwirtschaftlichen Verbände funktionierten die Nationalsozialisten deren obligatorische Versammlungen am Fettmarkttag zu Kreisbauerntagen der NS-Organisation Reichsnährstand um.
Der Warendorfer Fettmarkt 1936 sollte dann ganz im Zeichen des Bauern stehen, dem ein besonderer Platz in der NS-Volksgemeinschaft eingeräumt wurde. Doch nicht alle sollten nach dem Willen der Nationalsozialisten dieser neuen Gemeinschaft angehören. Im Zusammenspiel von NSDAP und Verwaltung sorgten Landrat Gerdes, NSDAP-Ortsgruppenleiter Vannahme, Kreisbauernführer Schwegmann sowie Bürgermeister und NSDAP-Kreisleiter Tewes für den Ausschluss der jüdischen Viehhändler und Gewerbetreibenden vom Warendorfer Fettmarkt. Diese Diskriminierung war für die Betroffenen ein ökonomisch nicht zu verkraftender Schlag.
Im August 1935 forderte der NSDAP-Ortsgruppenleiter Heinrich Vannahme im Neuen Emsboten unverhohlen, es
„soll künftig der Fettmarkt judenfrei sein.“
Als der Landesverband Ostwestfalen des Centralvereins deutscher jüdischer Staatsbürger in dieser Angelegenheit um Aufklärung bat, antwortete Bürgermeister Lorenz Tewes in seiner Eigenschaft als NSDAP-Kreisleiter selbstherrlich wie zynisch:
„Die Bauern und übrigen Volksgenossen des Kreises Warendorf wünschen mit jüdischen Viehhändlern nicht mehr in geschäftliche Verbindung zu treten und […] die Ernährung des deutschen Volkes sicherzustellen, erscheint mir wichtiger als die Rücksichtnahme auf eine Minderheit".
Dass Kreisleiter Tewes nicht für alle Warendorfer sprach, zeigte der Bescheid des Oberpräsidiums in Münster durch seinen Landesfürsorgeverband, Abteilung Hauptfürsorgestelle für die Opfer des Krieges, an Hermann Stückenschneider Ende 1938:
„Ich habe auf Grund Ihrer Beschwerde […] bezüglich der Entziehung der Erlaubnis zum Freihalten von Waren auf dem Fettmarkt und Einziehung Ihrer Verkaufsbude festgestellt, daß […] sich nach Ihrem […] Verhalten die aufsichtsführende Behörde zum Einschreiten gegen Sie gezwungen sah […]. Anspruch auf gerechte Behandlung oder sogar Entgegenkommen kann nur verlangen, wer durch seine Haltung und sein Tun beweist, daß er sich gern und freudig der Volksgemeinschaft einordnet. Diesen Eindruck habe ich […] nicht gewonnen. Auch als Kriegsbeschädigter können Sie nicht nach Ihrem Gutdünken handeln. Ich sehe keine Veranlassung, in ihrer Angelegenheit etwas zu unternehmen.“
Der Betroffene hatte öffentliche Solidarität mit den verfolgten jüdischen Bürgern bekundet.
Jeder Bauer und Gewerbetreibende, der den Mut aufbrachte, weiter mit jüdischen Händlern in geschäftlichem oder persönlichem Kontakt zu bleiben, musste damit rechnen, Repressalien des NS-Apparats auf sich zu ziehen.

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Die Entstehung der athenischen Demokratie und ihre spätere Rezeption.

Lüdinghausen 2010.

Demokratie bezeichnet heute – im Gegensatz zu einer mehr als zweitausendjährigen Rezeptionsgeschichte – eine eindeutig positive Norm. Mit ihr ist auch die Erinnerung an das große Experiment der Athener verbunden.
Die athenische Demokratie ist aus heutiger Sicht als Basisdemokratie für jenen kleinen Bevölkerungsteil zu werten, der die politischen Rechte besaß. Aufgrund dieser Beschränkung wird die athenische Polis von der historischen Forschung nicht als moderne Demokratie angesprochen.
Doch was heißt schon in diesem Zusammenhang ‚moderne Demokratie’, wenn man sich vor Augen hält, dass von den rund zweihundert UN-Mitgliedsstaaten allenfalls ein Zehntel den ethischen Normen einer Regierungsform entsprechen, von der Winston Churchill einst sagte, sie sei die schlechteste mit Ausnahme aller anderen.
Vor welchen globalen Problemen die Demokratie steht, soll uns drastisch eine öffentliche Stimme aus Pakistan vor Augen führen:
„Der Parlamentarismus muß so weit gewandelt werden, dass er sich den Überlieferungen des Islam anpassen kann; sonst hat der Parlamentarismus hier nichts zu suchen.“
Sehr ähnlich klingt der antisemitische und radikalislamistische iranische Präsident Ahmadinedschad:
„Wir haben die Revolution nicht gemacht, um die Demokratie zu bekommen!“

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Schicksale der Familie von Mengede.

Karrieren im Baltikum und am russischen Hof – Verbannung in Sibirien und Haft in den Kerkern des Zarenreiches.
In: Spuren, Beiträge zur Familienforschung, Bd. 5, 24. Jahrg. (2010), Heft Nr. 9, S. 163 – 174.


Als sich Livland 1710 während des Nordischen Krieges dem Zaren Peter dem Großen unterwerfen musste, wusste sich die deutsche Ritterschaft die Gewogenheit des neuen Herrschers zu sichern. Am Petersburger Hof wirkten zahlreiche deutsch-stämmige Adlige aus dem Baltikum, darunter auch Mitglieder der Familie von Mengden. Unter Zarin Anna Iwanowna stieg Baron Carl Ludwig von Mengden zum Kammerherrn, Geheimrat und Präsident des Kommerzkollegs auf. 1740 beteiligte er sich zusammen mit Feldmarschall Münnich, der nun die Leitung der Staatsgeschäfte übernahm, und anderen Größen des russischen Hofes am Sturz und Verhaftung Birons, der mit seinen nächsten Verwandten und Vertrauten zuerst in der Festung Schlüsselburg eingekerkert und anschließend nach Sibirien verbannt wurde. Doch konnte die Gunst der russischen Herrscherinnen schnell ein Ende finden. Im Zuge der Palastrevolution durch Elisabeth wurde Ende 1741 auch Baron von Mengden mit anderen Parteigängern der bisherigen Regentin arretiert und mit anderen Mitgliedern von Anna Leopoldownas Regierung als angebliche Verräter vor Gericht gestellt. Schließlich musste Carl Ludwig von Mengden in folgenden Jahr den entsagungsvollen Weg der Verbannung nach Sibirien antreten, im gleichen Jahr wie auch Münnich und Ostermann, während seine Verwandte Juliane Augusta von Mengden in die Kerkerhaft auf der Festung kam. Der 1726 geborene Ernst Reinhold von Mengden blieb von solchen Schicksalswendungen verschont, diente als Kammerjunker unter der Regentin Anna Leopoldowna, wurde später livländischer Landrat und 1774 in den Grafenstand erhoben. 1779 erhielt der kaiserlich russische Legationsrat Ernst Burchard von Mengden, Herr auf Mohran, die Grafenwürde von der Zarin Katharina der Großen verliehen. Augusta Juliana Freifrau (Baronesse) von Mengden, geb. 1715, kam im Alter von 17 Jahren 1732 als Hoffräulein und spätere Hofdame an den russischen Zarenhof und machte zunächst, nicht zuletzt aufgrund ihrer Schönheit, eine hoffnungsvolle Karriere. Diese beschleunigte sich noch, als die Zarin Anna Iwanowna, eine Nichte Peters des Großen, am 17.10.1740 an einem Steinleiden verstarb.

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Friedrich Bagdons.

Ein westfälischer Bildhauer mit ostpreußischen Wurzeln.
In: Spuren, Beiträge zur Familienforschung, Bd. 5, 24. Jahrg. (2010), Heft Nr. 11, S. 203 – 208.


Obwohl zahlreiche seiner Werke noch in der Öffentlichkeit präsent sind und sogar wie das Denkmal auf der Hohensyburg Jahr für Jahr von ungezählten Menschen besichtigt werden, ist Friedrich Bagdons heute, auch in Dortmund, wo er drei Jahrzehnte gelebt und gewirkt hatte, nahezu völlig vergessen. Friedrich Bagdons hat zur ‚Kultivierung’ der alten, traditionsreichen aber bis zur Bedeutungslosigkeit herabgesunkenen Reichs- und Hansestadt und daher von der raschen Industrialisierung des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts umso mehr überformten jungen Großstadt Dortmund und der erst im Entstehen begriffenen Kulturlandschaft Ruhrgebiet und dessen Urbanisierung beigetragen. Dabei beschränkte sich sein Wirken keineswegs auf die Region und Westfalen selbst, sondern strahlte bis nach Nord- und Südwestdeutschland aus.
In seinen privaten politischen Anschauungen soll er deutschnational gewesen sein. Diese Annahme veranlasste einige Vertreter der veröffentlichten Meinung und politischen Klasse, Bagdons als ‚umstrittenen’ Künstler hinzustellen. Es sind die gleichen Zeitgenossen, welche die hervorragende Idee einer ‚Kulturhauptstadt Ruhr’ durch eine Sprinkleranlage im neuen Dortmunder Museum für Aquarelle und Ölgemälde, mit der als ‚Kunstwerk’ ausgegebenen riesigen Kunststoffbanane über einem stillgelegten Hochofen und nicht zuletzt durch eine medial herbeigeschriebene Loveparade, die sich zur Todesparade mit 21 Toten und Hunderten von Verletzten entwickelte, im Gegensatz zu Bagdons Lebzeiten ganz ohne kriegerischen und ideologischen Hintergrund, in der Öffentlichkeit mittlerweile zu einer ‚umstrittenen’ Veranstaltung haben werden lassen.

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Republik, Krise, Diktatur und Krieg.

Der Kreis Warendorf und Ennigerloh in der Zeit von 1914 – 1945. Ein Überblick. In: Münsterland, Jahrbuch des Kreises Warendorf 2011, 60. Jahrg., Warendorf 2010, S. 15 – 24.

Die Frage, wie die bis dahin politisch tonangebenden Schichten - Adel, Großbürgertum, bäuerliche Grundbesitzer - die Demokratisierung des kommunalen Wahlrechts und den damit verbundenen Machtverlust aufnahmen, stellte sich für das heutige Kreisgebiet – abgesehen von Ahlen und Heessen - aufgrund der traditionellen sozio-ökonomischen Strukturen in der andern Orts zutage tretenden Schärfe nicht. Die Verbundenheit der verschiedenen Bevölkerungsschichten im katholischen Milieu tat ein Übriges. Hinzu kam ein überkommenes Verständnis bei der Regelung kommunaler Angelegenheiten. Auch nach 1918 galt vielfach der Grundsatz, dass Parteipolitik und ihre damit verbundenen Auseinandersetzungen in den Rat- und Amtshäusern sowie in den dörflichen Gemeindevertretungen nichts zu suchen hätten, sondern unpolitische ‚Sacharbeit’ die Aufgabe der lokalen Gremien sei. Dass seit 1919 die kommunale Selbstverwaltung gemäß den Grundlagen der Republik eine prägende politische Funktion ausüben sollte, wurde als sachfremde Politisierung der Städte und Gemeinden abgelehnt. Bürgermeister, Amtmänner und Gemeindevorsteher verstanden sich daher als Verwalter und nicht als Politiker. Für die Tätigkeit in den Gemeinde- und in den Amtsvertretungen war die formale Parteizugehörigkeit nahezu bedeutungslos. In manchen Landgemeinden begnügte man sich sogar unter Aushebelung des demokratischen Gedankens bei den Wahlen zeitweise mit der Aufstellung von Einheitslisten. In Ennigerloh und der Kreisstadt Beckum bestritten Listen mit gewerkschaftlichem, religiösem und berufsständischem Charakter die lokalen Wahlen, ohne parteipolitische Bindung. In der Kreisstadt verwahrten sich die Träger der Liste ‚Deutsche Demokraten’ öffentlich mit der DDP in Zusammenhang gebracht zu werden. Vor dem Hintergrund eines solchen lokalen Partikularismus verwundert es nicht, dass die Vertreter der Stadt Beckum weder den Zumutungen des landesweit agierenden Zementkönigs ten Hompel wirksam entgegentreten, noch in den Auseinandersetzungen gegenüber extremistischen politischen Gruppierungen bestehen konnten.

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Ablieferung von Kirchenglocken im Kreis Warendorf während des Zweiten Weltkriegs und ihre teilweise Restitution.

In: Münsterland, Jahrbuch des Kreises Warendorf 2011, 60. Jahrg., Warendorf 2010, S. 167 – 177.

Ende November 1941 wandte sich der Reichsminister für die kirchlichen Angelegenheiten in einem vertraulichen Schnellbrief an die Kirchenkanzlei der Deutschen Evangelischen Kirche in Berlin-Charlottenburg und den Vorsitzenden der Fuldaer Bischofskonferenz, Kardinal Bertram, in Breslau:
„Nachdem in Ausführung der Anordung des […] Beauftragten für den Vierjahresplan über die Erfassung von Nichteisenmetallen vom 15. März 1940 […] die erforderlichen Vorarbeiten abgeschlossen sind, wird demnächst mit dem Ausbau der Bronceglocken begonnen werden. Die künstlerisch oder geschichtlich wertvollen Glocken werden nicht abgenommen. Darüber hinaus ist dafür Sorge getragen, daß in jeder Kirchengemeinde eine Glocke verbleibt. […] Besondere Glockenabnahme-Feiern sind zu unterlassen. Ich stelle aber anheim, in den gewöhnlichen Gottesdiensten vor der Glockenabnahme eine von der vorgesetzten kirchlichen Stelle einheitlich vorgeschriebene Kanzelerklärung verlesen zu lassen, welche die Kirchenbesucher von der bevorstehenden Glockenabnahme im obigen Sinne unterrichtet. Dagegen, daß die Geistlichen im Anschluß hieran noch einige Worte an die Kirchenbesucher richten, ist nichts einzuwenden, wenn die Ansprachen kurz und in politischer Hinsicht nicht zu beanstanden sind. Es ist darauf Bedacht zu nehmen, daß die Erklärung den Siegeswillen der Bevölkerung und die Bereitwilligkeit der Kirchenangehörigen, einen Beitrag zur allgemeinen Sache des Vaterlandes leisten zu können, nicht schwächt, sondern unterstützt.“
Offenbar war den Behörden daran gelegen, kein Aufsehen bezüglich der Beschlagnahme entstehen zu lassen, welche signalisierte, dass, entgegen der nationalsozialistischen Propaganda, mit einer sehr langen Kriegdauer gerechnet werden musste.
Wahrscheinlich schlug sich bei den Anweisungen auch die antikirchliche Einstellung des nationalsozialistischen Systems nieder. Dabei waren die Befürchtungen der Nationalsozialisten, welche durch die Anweisungen durchschimmerten, unbegründet, denn Ende 1941 stellte das Bischöfliche Generalvikariat gegenüber den Pfarreien klar:
„Der Abschied von den Glocken, die uns so oft und treu zum Dienst des Allerhöchsten, zur Feier des heiligen Opfers an Fest- und Trauertagen gerufen haben, ist ein schweres Opfer, das der Krieg uns auferlegt. Wir wollen es für unser liebes Vaterland im Verein mit den vielen Opfern, die das Volk auf sich nimmt, bereitwillig erbringen, gerade im Hinblick auf den, er am Kreuze für uns alles geopfert hat; wollen es bringen mit dem heißen Flehen zu unserm Erlöser, daß er unsern Brüdern an der Front sieghafte Kraft zum Durchhalten verleihen möge und unserm Volk bald den ersehnten Frieden in Gerechtigkeit und Freiheit, um den wir täglich nach dem heiligen Opfer gemeinsam beten.“

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Ein Ahlener Bürgermeister in unruhiger Zeit.

Eduard Corneli während der Novemberrevolution 1918 und des Kapp-Putsches 1920.
In: Münsterland, Jahrbuch des Kreises Warendorf 2011, 60. Jahrg., Warendorf 2010, S. 236 – 239.


Der Ahlener Bürgermeister Eduard Corneli, der sich so schwer mit dem Bekenntnis zur Republik getan hatte, begrüßte den Einmarsch dieser zum Teil recht zweifelhaften Regierungstruppen und brachte nun,
„den bitteren Eindruck zum Ausdruck [...], der in der Beamtenschaft allgemein herrschte, unter dem Regiment der Spartakisten Dienst zu leisten [...]. Es ist der Beamtenschaft nicht leicht gefallen, auf den gefährdesten Posten auszuharren. Von der Stimmung der übrigen terroristischen [!] Bevölkerung will ich ganz schweigen. Die Truppen waren eine Erlösung und wurden von allen ordnungsliebenden Bewohnern begrüßt.“
Diese eindeutige Haltung behielt Corneli bei. Als es im März 1921 in Ahlen zu Solidaritätsstreiks mit den marxistischen Aufständischen in Mitteldeutschland kam, behauptete der Bürgermeister ohne jede Zurückhaltung, dass er „es hier mit den radikalsten Elementen wohl des gesamten Industriegebietes zu tun“ habe und nur schärfstes Vorgehen bis hin zur „Anwendung von Waffengewalt“ helfen könne.
Hatte sich der Ahlener Bürgermeister währen der Novemberrevolution noch eine direkte Stellungnahme vermieden und versuchte er auch noch während des Kapp-Putsches anfänglich politisch zu lavieren, möglicherweise um Deeskalation bemüht, so bezog er letztendlich im März 1920 und in der folgenden gesellschaftpolitischen Auseinandersetzungen eindeutig Stellung, auch gegen Teile der ihm anvertrauten Bevölkerung.
Trotzdem erntete Corneli wie schon nach der Novemberrevolution seitens der bürgerlichen Stadtverordneten Kritik wegen vorgeblicher Nachgiebigkeit gegenüber der Arbeiterschaft.
Vielleicht wollte er tatsächlich ausgleichend wirken, doch wurde er wohl zunehmend zum Spielball verschiedener politischer und wirtschaftlicher Interessengruppen, so dass er sich gleichsam als Getriebener zu den obigen Äußerungen genötigt sah. Seine Parteinahme gegen große Teile der Arbeiterschaft nutzten jedenfalls weder ihm selbst noch der Stadt Ahlen. Gesundheitlich angeschlagen, sah sich Eduard Corneli gezwungen, 1922/23 seine Versetzung in den Ruhestand zu betreiben und sang- und klanglos,
„ohne auch nur ein Wort des Dankes und der Anerkennung von Seiten der damaligen Stadtverordneten und ohne jedwede äußere Ehrung“
verließ er die Wersestadt.

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Der Kapp-Putsch und seine Folgen in Ahlen, Vor 90 Jahren im März 1920.

In: Der beflügelte Aal, Heimatliches aus Ahlen – Vorhelm – Dolberg, Bd. 29, 2010, S. 91 – 101.

Unter Bruch des Bielefelder Abkommens stieß Ende März 1920 die Reichswehrbrigade Epp, die sich hauptsächlich aus den Freikorps Oberland, Schwaben und Zeitfreiwilligen zusammensetzte, welche sich noch vor wenigen Tagen für Kapp erklärt hatten, unter Beteiligung des Pionier Bataillon 21 und des Schützenregiments 41 auf Ahlen vor, obwohl sich die meisten revolutionären Arbeiterformationen bereits „auf das Südufer der Lippe“ zurückgezogen hatten. Am 27. März 1920 standen sich an der Ahlener Stadtgrenze am Galgenberg bayrische Reichswehrsoldaten und Angehörige der ‚Roten Ruhrarmee’ gegenüber.
Infolge eines kurzen Gefechtes trug ein Bergmann eine Schussverwundung am Bein davon. Ein weiterer Feuerwechsel soll dadurch verhindert worden sein, dass eine Gruppe von Schülerinnen aus dem Pensionat St. Michael zwischen die Fronten geriet. Einen Augenblick schwebten die Mädchen in großer Gefahr.
Offenbar durch Besonnene auf beiden Seiten unterblieb jedoch ein Gefecht, und die Kontrahenten wechselten kampflos ihre Stellungen.
Der Ahlener Bürgermeister Eduard Corneli, der sich so schwer mit dem Bekenntnis zur Republik getan hatte, pries den Einmarsch der Reichswehrbrigade Epp, als „eine Erlösung“ und gab seine und der Beamtenschaft Unmut zum Ausdruck, zwei Wochen lang dem Regime radikaler, linksgerichteter Arbeiter unterworfen gewesen zu sein. Entsprechend der Einstellung des Ahlener Stadtoberhaupts fiel die Berichterstattung in der bürgerlichen Presse aus:
„Befreit! Ein Aufatmen geht durch die gesamte Bürgerschaft in der Stadt und durch die Landwirtschaft in der Landgemeinde […], weil man sich, dank den wackeren bayrischen Truppen, endlich befreit fühlt von dem allmählich unerträglich gewordenen Druck des roten Terrors in Ahlen. Unsere Kommunisten, verstärkt durch schwer bewaffnete Gesinnungsgenossen aus Radbod, Hövel und Bockum, führten ein strenges Regiment. Wehe dem, der an ihrer Macht und Herrlichkeit oder gar an ihrer Regierungskunst zweifelte! Wie Despoten im grauen Altertum, so empfingen die Ahlener Machthaber Einzelpersonen und Deputationen aus anderen Gemeinden, nahmen gnädigst Ergebenheitserklärungen entgegen und gaben ihnen Auskunft über die Fragen, wie sie ihren Arbeiterrat, ihre Einwohnerwehr, die Kontrolle ihrer Behörden etc. so einzurichten hätten, dass die Herren von Ahlen nur keinen Anstoß daran nähmen. Die übelbeleumundesten Subjekte in der weiteren Umgebung, Leute, bei deren Anblick einem anständigen und ehrlichen Menschen übel wird, bekamen ‚Oberwasser’ durch Ahlen. Sie verrieten den Ahlener Kommunisten alles Wissenswerte (Lagepläne etc.) aus ihren Gemeinden und hielten sich gleichzeitig (das war der Zweck der Übung) bestens empfohlen für die Besetzung einträglicher Posten bei dem sehnlichst erwarteten weiteren Vordringen des Bolschewismus. Um diese Hoffnung sind die Lumpen betrogen worden… Als sich gestern Mittag hier die Kunde verbreitete: Die Bayern kommen, da sammelten sich unsere bewaffneten Spartakisten mit Blitzesschnelle, aber nicht etwa, um Ahlen zu verteidigen, sondern um das Hansenpanier zu ergreifen. Jeder Wagen, der sich um die Mittagsstunde in Ahlen sehen ließ, wurde von den Kommunisten ‚im Namen des Gesetzes’ requiriert, und der Fuhrwerkslenker musste wohl oder übel mit den Brüdern Richtung Heessen davonfahren. Wer sich weigerte, zu fahren, wurde mit dem Tode bedroht. Gegen 1 Uhr rückten die Vorposten der Bayern in Ahlen ein. In der Nähe des Klosters hielten sich noch einige Spartacus-Leute auf. Sobald die Bayern das Feuer eröffneten, rannten sie wie besessen davon. Zwei von ihnen wurden durch Schenkelschüsse leicht verwundet. Heute Morgen gegen 8 Uhr zog der Haupttrupp der Bayern in Ahlen […] ein, von der Bevölkerung herzlichst aufgenommen. Um die Mittagsstunde wurden vom Oberkommando in Ahlen Flugblätter verbreitet, in denen zur Waffenabgabe bis 4 Uhr nachmittags aufgefordert wird. Von 4 Uhr ab soll eine Hausdurchsuchung beginnen. Man hält hier nach den Erfahrungen, die man mit unsern Kommunisten gemacht hat, deren Sache im Industriegebiet für verloren und würde es nicht verstehen, wenn ihnen von der Regierung weitgehende Zugeständnisse auf Kosten anderer Schichten der Bevölkerung gemacht würden.“

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Das Schicksal der Shamsa Shajjar in Ennigerloh-Westkirchen,
Annäherung an die soziologischen, politischen, kulturellen und religiösen Hintergründe einer grausamen Tat im Kreis Warendorf – Familienforschung einmal anders.


In: Spuren, Beiträge zur Familienforschung, Bd. 5, 25. Jahrg. (2011), Heft Nr. 14, S. 269 – 283.

Nur drei Tage nach der Tat konnte der 40jährige Mörder Abed Shajjar, ein im Libanon aufgewachsener Türke, durch ein SEK der Polizei in Hannover gestellt, der Warendorfer Kreispolizei übergeben und dem Haftrichter vorgeführt werden.
Die Festnahme verlief unspektakulär und ohne Komplikationen, wobei die Tatwaffe, eine 16schüssige 9 mm Pistole sichergestellt werden konnte. Der Täter legte gegenüber dem Haftrichter ein Geständnis ab, zeigte allerdings keinerlei Reue und war „absolut ruhig“.
Oberstaatsanwalt Wolfgang Schweer erklärte dazu: „Man konnte das Gefühl haben, dass er mit sich sehr zufrieden war.“
Der Mörder hatte die Tat an seiner Frau bewusst geplant und vermittelte den Ermittlungsbehörden den Eindruck „einen Auftrag erfüllt zu haben“. Nach seinem Geständnis wurde er in die Justizvollzugsanstalt Münster überführt.
Als Reaktion auf den Mord rief in Westkirchen der Warendorfer Verein ‚Frauen helfen Frauen’ zu einer Gedenkfeier ein und appellierte an die Öffentlichkeit: „Alle, die Trauer und Wut mit uns teilen, alle, die ihre Abscheu vor Männergewalt an Frauen und Kindern, und alle, die die Forderung nach wirksamen Schutz für betroffene Frauen öffentlich machen wollen, rufen wir auf, sich uns anzuschließen“.
Glocke-Kommentator Peter Wild bemerkte dazu: „Der Täter und die Opfer sind türkischer Nationalität, und es geschah mitten in Deutschland. Wie wichtig wäre es, wenn heute abend Deutsche und Türken gemeinsam ein Zeichen setzten würden.
Solidarisches Miteinander im Leid bedarf nicht einmal der Aufgabe der eigenen kulturellen Identität. Nur der Besinnung auf die Menschlichkeit.“
Das dieser zwar gut gemeinte Wunsch im besten Falle naiv war zeigte nicht nur die beschämende Tatsache, dass lediglich einhundert Deutsche, überwiegend Frauen, dem Aufruf folgten und in Westkirchen mit „Trauer und Wut […] der Bluttat“ gedachten, sondern lag auch darin begründet, dass die Lokalpresse die politisch-gesellschaftlichen Grundlagen des Falles außer Acht gelassen hatte.

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Islamischer Antisemitismus und arabische Nähe zum Nationalsozialismus.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 49. 2011, S. 18 – 23.

Heft 49: Der Antizionismus liegt heute wie ein Schutzmantel über dem Antisemitismus. Die ihm inhärente Wut auf Juden lähmt ihn bei der Bekämpfung des traditionellen Judenhasses, aus dessen nichtüberwindenden Tabuisierung nach 1945 er entstanden ist.
Der Antizionismus ist also ein Geschöpf des Antisemitismus und könnte mit ihm ununterscheidbar verschmelzen, wo er sich seiner selbst nicht bewusst wird. Die Antisemiten spüren das und wittern ihre Chance. Sie benutzen die klammheimliche und auch aktive Komplizenschaft des Antizionismus ebenso geschickt wie die arabischen Gegner Israels. Ihnen entgegenzutreten wird solange schwierig bleiben, wie die Antizionisten nicht zur einfachsten Lösung für ihre Erregung finden:
Durchschauen und Überwinden des Judenhasses.
Das Auftauchen der iranischen Mullahkratie auf diesem Feld sowie dem hilflosen Umgang Europas und der USA mit dieser Bedrohung lässt allerdings nichts Positives erwarten.
Abschließend drängt sich das so sarkastische wie treffende Bonmot auf:
Wie bei den Palästinensern und Teilen der übrigen Arabern die Ausrottungsabsicht bisher nicht der Ausrottungsfähigkeit entsprach, so entspricht bei den deutschen Antizionisten die politische und ideologische Absicht nicht der politischen und ideologischen Fähigkeit!
Der selbsternannte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas entblödete sich nicht, angesichts der israelischen Militäroperationen gegen die Terrororganisation Hamas und Islamischer Dschihad zu behaupten:
„Was wirklich in Gaza geschieht, ist mehr als ein Holocaust“.
Nicht einmal von den eigenen Leuten wurde diese Entgleisung honoriert. Der politische Chef der Hamas, Chaled Meschaal, sagte in Damaskus, Abbas habe den Israelis einen Vorwand geliefert, als er die Hamas beschuldigte, das Terrornetz El Kaida zu unterstützen.
Ein lange Zeit in der BRD agierender palästinensischer Diplomat, Abdallah Frangi, glaubt, in Hitlers Judenausrottung die zionistisch gewollte Beseitigung der an die europäische Kultur angepassten Juden zu erkennen. Zum Beleg seiner Theorie verweist er auf den Großmufti Hadsch Amin el Husseini, der im Zweiten Weltkrieg aktiv am Holocaust mitwirkte und für die Nationalsozialisten in Bosnien islamische SS-Verbände aufstellen durfte, der nach Frangi „von den Deutschen vollkommen ignoriert“ wurde.
Das gilt in der Tat ein Stück weit für das von dem Großmufti unterbreitete Angebot mit Hitler in Arabien gegen die Engländer zu kämpfen. Die Deutschen verfolgten nämlich im Nahen Osten eigene Herrschaftspläne und wollten dort mit Arabern keineswegs teilen.
In einem Punkt gab es jedoch für den in während des Krieges vornehmlich bei Berlin residierenden geistlichen Führer voll Unterstützung von Hitler:
„Das Versprechen, die jüdische Heimstätte in Palästina zu liquidieren wird ohne Einschränkung gegeben“.
1941 gingen die Nationalsozialisten ein regelrechtes Bündnis mit der Palästinenserführung zur Vernichtung der Juden in Britisch-Palästina ein.

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Die gescheiterte Integration.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 49. 2011, S. 3 – 11.

Heft 49: An der Berliner Rütli-Schule terrorisierten 2006 türkische und arabische Schüler ihre Lehrer. Vier Jahre später schlugen erneut Pädagogen Alarm.
‚Kartoffelfresser’, ‚Streber’, und ‚Opfer’ schallte es in Berlin über die Schulhöfe. Lehrer weisen auf „eine Art von Deutschenfeindlichkeit“ hin, auf verhärtete Fronten zwischen deutschen Jugendlichen einerseits und vor allem arabisch- und türkischstämmigen Schülern andererseits.
Deutsche Kinder und Jugendliche hätten „zuweilen das Gefühl, dass sie aus der Schule gedrängt werden sollen“. Sehr oft würden sie „mit Wut im Bauch nach Hause“ gehen und fühlten sich unterwegs bedroht, berichteten die beiden Berliner Pädagogen Andrea Posor und Christian Meyer.
Anfang Oktober 2010 hatte die GEW dem Thema einen Fachkongress gewidmet.
Angesichts der Debatte um Macho-Gebaren und Verbal-Attacken von Migrantenkindern und eine zunehmende Deutschenfeindlichkeit an Berliner Schulen lässt die Bundesregierung aufhorchen.
„Wir müssen die Berichte von Berliner Schulen ernst nehmen: Es sind offensichtlich keine Einzelfälle mehr, dass sich Schüler und Lehrer deutsch-feindliche Äußerungen anhören müssen“, erklärte Maria Böhmer (CDU), Integrationsbeauftragte der Bundesregierung und stellte klar:
„Wenn sich Schüler nicht mehr auf den Pausenhof trauen oder wenn Lehrer eingeschüchtert werden, dann können wir das nicht hinnehmen.“
Berlin-Neukölln und Duisburg-Marxloh sind Stadtteile mit hohem Migrantenanteil. In vielen Klassen sind deutsche Schüler in der Minderheit. Viele der nicht-deutschen Schüler würden sich durch ihr ‚Nichtdeutschsein’ definieren.
„Die Deutschen sind die Anderen, gehören nicht zum Wir“, analysieren die beiden Berliner Lehrer Posor und Meyer.
In Problemvierteln würden die Migranten weitgehend unter sich bleiben. Deutsche werden verachtet und „Deutschland nur als Beutegesellschaft“ betrachtet. Die jugendlichen Migranten seien gefangen in einem Kreislauf von Transferabhängigkeit und Bildungsversagen: „Sie kompensieren Frustrationen und Perspektivlosigkeit durch Macho-Gehabe.“
Deutschsprachige Mitschüler würden durch gezielte Benutzung des Türkischen ausgeschlossen. Ähnliche Phänomene hatte Thilo Sarrazin vor kurzem in seinem umstrittenen Buch „Deutschland schafft sich ab“ beschrieben.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung zeigte sich erschrocken angesichts des Alarmrufs der Lehrer.
„Klar ist: Deutsch ist die Schulsprache – das muß eine Selbstverständlichkeit sein. Wenn eine Sprache gesprochen wird, verhindert dies Konflikte, die durch Ausgrenzung oder Missverständnisse entstehen“.

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Innenansichten der Islamisten.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 49. 2011, S. 11 – 17.

Heft 49: In der Öffentlichkeit wird die Diskussion über Terrorismus fälschlicherweise immer wieder so geführt, als ob die Terroristen Opfer wären.
Ihnen wird von bestimmten interessierten politischen Kreisen zugebilligt, gleichsam in angeblicher Notwehr gegen unterdrückerische Ordnungssysteme anzukämpfen. Gerade der islamistische Terrorismus wird dann gern als logische Reaktion einer scheinbaren ungerechten Weltwirtschaftsordnung oder des historischen Kolonialismus hingestellt.
Der Öffentlichkeit soll der Eindruck vermittelt werden, dass gesellschaftliche Verlierer einen verzweifelten Abwehrkampf gegen den übermächtigen Westen führen. Mit historisch fragwürdigen Anspielungen auf den Imperialismus des 19. Jahrhunderts oder sogar mit dem Verweis auf die Kreuzzüge des Mittelalters werden solche kruden Deutungen unterfüttert.
Neuerdings wird auch das Schlagwort von der Globalisierung als angebliche Motivation der islamischen Terroristen in die Debatte eingebracht. Die Formel Globalisierung wird dabei mit der Vorherrschaft der westlichen Industrienationen, insbesondere der USA, gleichgesetzt. Die islamischen Verlierer der Globalisierung verteidigen sich durch Terror, vernimmt man oft.
Diese eigenartige Sichtweise speist sich mehr aus alten europäischen Illusionen vom ‚edlen Wilden’ oder literarischen Vorlagen wie vom ‚Verbrecher aus verlorener Ehre’ als aus der politischen Realität. Betrachtet man die wirklichen Verlierer der Globalisierung wie Äthiopien, Burkina Faso, Malawi oder Mali, so fällt auf, dass sich dort kaum terroristische Aktivität regt.
Diese Tatsache fällt umso mehr ins Gewicht, als das Fehlen des Terrorismus dort völlig unabhängig von der jeweils vorherrschenden Religion in diesen Ländern ist.
Viele terroristische Bewegungen haben dagegen ihren Ursprung in Ländern, die von der Globalisierung profitierten.
Iran und Saudi-Arabien haben am Ölexport verdient.
Ägypten, einer der Quellen des islamischen Fundamentalismus in Gestalt der Moslembrüder, gehörte stets zu den reichsten Staaten Afrikas.
Folgerichtig handelt es bei den islamistischen Terroristen nicht um ‚Hinterwäldler’, die ein religiös-fundamentalistisches Weltbild einfach deshalb vertreten, weil sich ihnen sonst keine Alternative böte. In der Tat stammen die meisten islamistischen Gewalttäter aus der Mittelschicht. Sie haben oft keine fundierten theologischen Kenntnisse, sondern absolvierten ein Studium oder eine Ausbildung im technischen Bereich.
Nahezu die Hälfte der mehr als 300 Terroristen der ägyptischen Organisation Islamischer Dschihad, die allein im Jahre 1981 gefasst und vor Gericht gestellt wurden, hatten ein Universitätsstudium absolviert.
Von den Selbstmordattentätern, die 2000/01 Israel angriffen, besaßen über 70 % einen höheren Schulabschluss.

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Die Wirklichkeit der SED-Diktatur.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 50. 2011. S. 3 – 20.

Heft 50: Die folgende Begebenheit spielte sich an einem Dezemberabend des Jahres 1949 auf dem Flugplatz Schönefeld bei Berlin ab.
Die höchsten Repräsentanten der gerade zweieinhalb Monate bestehenden DDR hatten sich auf dem Flugfeld versammelt, um nach Moskau zu fliegen und dort Stalin zum 70. Geburtstag zu gratulieren. Vor der sowjetischen Militärmaschine standen Walter Ulbricht im dunkelblauen Tuchmantel mit Pelzkragen, der sowjetische General Tschuikow – im Zweiten Weltkrieg hatte er als Kommandeur der 8. Gardearmee am 30.1.1943 die Kapitulation von Generalfeldmarschall Paulus in Stalingrad entgegengenommen und am 2.5.1945 den Stadtkommandanten von Berlin, General Weidling, zur Aufgabe gezwungen, nach 1945 befehligte er die sowjetischen Truppen in der DDR/SBZ und hatte am 7.10.1949 als wahrer Herrscher zwischen Oder und Elbe bei der DDR-Gründungzeremonie an führender Stelle sekundiert - , der jugendlich wirkende FDJ-Chef Erich Honecker, seine Geliebte, die Pionierverbandvorsitzende Margot Feist und der Außenminister Georg Dertinger, Mitglied der Ost-CDU.
1954 ging er als angeblich „christdemokratischer Agent der Imperialisten“ ins Zuchthaus nach Bautzen.
Um die Politiker und Militärs herum wuselten aufgeregt Zivilisten in grauen Ledermänteln. In ihrer Mitte befand sich in goldbetresster blauer Uniform der SSD-General Erich Mielke.
Nicht weit davon machte sich ein junger Mitarbeiter des DDR-Rundfunks daran, ein Mikrofon aufzubauen, um von dem Abflug der DDR-Prominenz nach Moskau zu berichten. Er wusste nicht viel vom SSD und der General Mielke war ihm bis zu diesem Zeitpunkt völlig unbekannt.
Das sollte sich schlagartig ändern. Noch ehe er das Standmikrofon ganz installiert hatte, zu dieser Zeit eine technisch komplizierte Arbeit, die seine ganze Aufmerksamkeit beanspruchte.
So war er völlig überrascht, als ihn ein Fausthieb plötzlich mitten ins Gesicht traf. Vor Schreck ließ er das Mikrofon fallen.
Zwei weitere Fausthiebe trafen ihn gegen die Brust und er ging zu Boden, genau vor die Beine in den schwarz lackierten Reitstiefeln des SSD-Generals. Empört schrie der junge Reporter: „Sind wir hier bei der SS…?“
Sein Chef, der Rundfunkkommentar Alfred Duchrow, riss den Geschlagenen nach hinten, außerhalb der Reichweite des wütenden SSD-Generals, und herrschte ihn an: „Bist du wahnsinnig geworden? Das ist Genosse Mielke!“
Auf der Rückfahrt zum Haus des Berliner Rundfunks an der Masurenallee las Duchrow seinem jungen Untergebenen die parteiamtlichen Leviten:
„Du sprichst wie ein bürgerlicher Provokateur! Wie kannst du dir erlauben, einen so wichtigen Genossen mit den SS-Verbrechern gleichzusetzen? Das kann ein Parteiverfahren geben, wenn nicht mehr“, drohte der linientreue Rundfunkkommentator.
Der Betroffene, selbst SED-Mitglied und FDJ-Funktionär der unteren Ebene, entgegnete:
„Und welches Recht hat dieser Mielke, mich als Genossen der Partei zu schlagen, nur weil ich ein Mikrofon […] aufstellte? Hast du mir nicht selbst dazu die Anweisung gegeben?“
Diese empörte Gegenrede versetzte Duchrow noch weiter in Rage. Er verbat, dass sich sein Untergebener auf ‚Anweisungen’ berief und fragte erregt, ob er ihn, seinen Chef, auch noch mit hineinreißen wolle. Überhaupt stellte Duchrow klar gemäß der SED-Ideologie:
„Begreifst du denn nicht, dass überall Agenten und Spione des Klassenfeindes lauern? Wachsamkeit und Schutz für die Führer der Arbeiterklasse ist eine der wichtigsten Aufgaben. Der Genosse Erich Mielke leitet den persönlichen Schutzapparat des Genossen Ulbricht. Triffst du mit ihm zusammen, dann hast du bedingungslos zu gehorchen“
und sich gegebenenfalls auch schlagen zu lassen, vergaß der Chefrundfunkkommentator hinzuzufügen.

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Ankunft und Eingliederung von Ost-Flüchtlingen und Ost-Vertriebenen zwischen Ems und Lippe nach 1945 – der ostmünsterländische Kreis Warendorf als Beispiel.

In: Deutsche Ostflüchtlinge und Ostvertriebene in Westfalen und Lippe nach 1945, Beiträge zu ihrer Geschichte und zur deutsch-polnischen Verständigung,
hg. v. Paul Leidinger, Münster 2011, S. 431 – 452.


Über die seit dem 05.11.1945 bestehenden Durchgangslager Ahlen, auf dem Güterbahnhof, und Warendorf, auf dem Gelände des Westfälischen Landgestüts sowie in Telgte (auf dem Gelände eines ehemaligen RAD-Lagers) fand die Aufteilung der Vertriebenen transporte auf die Kreise Beckum, Warendorf und Münster statt.
Zwischen dem 21. Oktober und 4. November 1945 passierten in 30 Sonderzügen ca. 29.000 Menschen, die man während des Krieges nach Ostdeutschland evakuiert hatte, das Warendorfer Durchgangslager.
In den Monaten April bis September 1946 kamen im Rahmen der Aktion Schwalbe mit 12 Sonderzügen 19.503 Vertriebene, vornehmlich aus dem schlesischen Reichenbach im Eulengebirge und der Grafschaft Glatz.
Insgesamt erreichten mit 44 Zügen über 64.000 Vertriebene das Warendorfer Durchgangslager.
Die Menschen mussten zunächst in den Pferdeboxen des Landgestüts auf Strohlagern untergebracht werden. Freiwillige, unterstützt aus kirchlichen Einrichtungen, stellten eine erste Versorgung der Ostvertriebenen bei ihrer Ankunft im Warendorfer Durchgangslager sicher. Die Hilfskräfte mussten bei der Verpflegungsausgabe Acht geben,
„dass nicht Schwächere und Mütter mit Kindern immer wieder zurückgedrückt wurden. Jeder kämpfte nur ums eigene Überleben. Besondere Jungen von 14 – 16 Jahren versuchten immer wieder, 2 – 3 Portionen zu ergattern.“
Bis zum 14. Dezember 1945 hatte bereits der 27. Transport den damaligen Kreis Beckum erreicht. Es steigerte sich noch ab Frühjahr 1946, als wöchentlich zwei Transporte mit durchschnittlich 1.800 Personen im Durchgangslager Ahlen eintrafen.
1945/46 durchliefen 94.800 Menschen aus ca. 60 Zügen dieses Lager, davon zwei Drittel Frauen. Mitunter mussten Erfrorene aus den Güterwaggons geborgen werden. Arbeiter-Wohlfahrt, Caritas und Innere Mission übernahmen die tägliche Versorgung der Ankommenden. In Ahlen kamen 60 bis 70 Hilfskräfte dieser sozialen Organisationen zusammen mit Polizei und Feuerwehr zum Einsatz.
Diese Vorsorge war umso notwendiger, als die Vertriebenen sich bei ihrer Ankunft nur allzu oft in einem kritischen gesundheitlichen Zustand befanden. Bei Kindern diagnostizierten Ärzte häufig Tuberkulose, Typhus, Krätze, Gelenkrheumatismus und Unterernährung. Bei den Erwachsenen sah es nicht besser aus, wie ein Bericht des Ahlener Meldeamtes vom 16. Juli 1946 schilderte:
„Die Personen höheren Alters mussten zum größten Teil einem Altersheim zugeführt werden, da sie pflege- und wartebedürftig waren. Eine Unterbringung von diesen Personen auf Familien war auf Grund ihres körperlichen und seelischen Zustandes nicht möglich. Desgleichen war eine Zunahme von lungenkranken Patienten zu verzeichnen. Selbst ohne Röntgenuntersuchung konnten fast bei jedem Transport offene Lungenkranke festgestellt werden. Die Transporte aus Oberschl. lassen im Verhältnis zu anderen Transporten ein deutliches Ansteigen schwerster Ernährungsstörungen der Säuglinge erkennen. Ferner mehren sich die Todesfälle von alten Leuten kurz nach dem Eintreffen ohne ersichtliche Krankheitsursache. Todesursache war fast immer Erschöpfung und akute Herzschwäche. Die Bekleidung ist teilweise sehr schlecht. Viele Frauen und Kinder treffen ohne Schuhe und ohne Strümpfe, ebenfalls ohne Unterzeug ein.“
Nach dem Zeugnis einer Vertriebenen aus der Grafschaft Glatz kam ihr das Ahlener Durchgangslager nach den Drangsalen der Ausweisung als fast komfortabel vor.

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Buchbesprechung – Schwarze, Gisela: Es war wie Hexenjagd…
Die vergessene Verfolgung ganz normaler Frauen im Zweiten Weltkrieg.


In: Heimatpflege in Westfalen, 24. Jahrg., 5/2011, S. 27 – 28.

Gisela Schwarze redet Klartext, bezeichnet die verantwortlichen Täter an der Spitze der Hierarchie des NS-Repressionsapparates in Gestalt von Gestapo, Polizei und Justiz und vergisst auch nicht die subalternen „Wichtigtuer und Denunzianten“ aus allen Teilen der Bevölkerung zu benennen, welche als Resonanzboden für die inhumane NS-Ideologie und als aktive Täter zugleich die Verfolgungs maßnahmen größtenteils erst möglich machten.
Darüber hinaus nennt die Autorin den materiellen Aspekt der hexenjagdähnlichen Verfolgung von Frauen beim Namen.
Am Beispiel des Gefangenenlagers Oberems bei Gütersloh und anderen Haftanstalten wird die Zusammenarbeit mit zahlreichen Firmen der Rüstungswirtschaft sehr anschaulich geschildert, die ihren Nutzen aus der Zwangsarbeit der inhaftierten Frauen zogen.
Ideologische, Herrschafts- und ökonomische Aspekte verschränkten sich und entwickelten eine Eigendynamik, welche durch eine inflationäre Bestrafungspraxis gespeist und befördert wurde.
In den Nachkriegsjahren waren die NS-Diktatur und ihre Ideologie noch immer im Bewusstsein der Bevölkerungsmehrheit präsent. In den Augen vieler waren Andersdenkende, NS-Verfolgte und Widerstandskämpfer schlicht ‚Volksverräter’.
Emmi Bonhoeffer, die Witwe des sozialdemokratischen Widerstandkämpfers Klaus Bonhoeffer, fasste die gesellschaftliche Missachtung und Diskriminierung ihrer Familie nach dem Krieg in der klaren Erkenntnis zusammen:
„Wir waren für sie die Leute, die auf der anderen Seite gestanden hatten.“
Als Beweis konnte sie von einem Erlebnis ihrer Tochter Cornelie berichten, die in Eutin in die Schule ging.
„Sie hatte ihren Zug verpasst und fuhr per Anhalter. Da hat der Fahrer sie gefragt, wo denn ihr Vater sei, und da hat sie geantwortet, ihr Vater lebe nicht mehr. ‚Ja ist er im Krieg gefallen?’ – ‚Nein, er ist nicht im Krieg gefallen’, sagte Cornelie. ‚Er ist von den Nazis umgebracht worden, weil er gegen Hitler gearbeitet hat.’ – ‚Armes Verräterkind!’, hat da der Fahrer gesagt.“
Soziale Missachtung traf nach 1945 selbst Kriegerwitwen und ostvertriebene Frauen, weil sie durch ihre bloße Existenz die Mehrheit der Nachkriegsgesellschaft an ihre in der neueren Geschichte beispiellose militärische, politische und vor allem moralische Niederlage erinnerten. Auch berufstätige Frauen betrachtete man in den 1950er/1960er Jahren mit Misstrauen, da sie nicht dem Raster einer männerorientieren Anschauung entsprachen.

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Von Neu Grunau nach Westfalen, Vertreibung einer westpreußischen Familie aus dem Kreis Flatow 1945.
Ein Schicksal von vielen.


In: Westpreußen-Jahrbuch. Aus dem Land an der unteren Weichsel. Hg. v. Hans-Jürgen Kämpfert. Bd. 61. Münster 2011. S. 151 – 153.

Westlich des Flusses funktionierte noch die zivile Verwaltung. In dem Städtchen Penkum (Vorpommern) teilten die Behörden den Treck auf. Die Familie aus Neu Grunau erhielt eine Einweisung nach Liepe bei Pasewalk (Vorpommern), das sie am 3. März 1945 erreichte. Die dortige ruhige Zeit sollte nur sechs Wochen dauern.
Mit der sowjetischen Großoffensive an der Oder Richtung Berlin am 16. April 1945 begann der Krieg die Familie wieder einzuholen. Am 26. April floh sie wieder vor den vorstürmenden Sowjets. Wegen der Tieffliegergefahr konnte die Familie allerdings nur die Nächte für ihren Weg nach Westen nutzen, obwohl dies auch keine vollständige Sicherheit versprach.
Schon in der ersten Nacht während der erneuten Flucht erlebte die Familie die Bombardierung des am Wege liegenden Bahnhofs Jatznick (Vorpommern). Zum Zeitpunkt des Angriffs stand ein Munitionszug im Bahnhofsbereich. Ein getroffener Wagen ließ nacheinander alle anderen Waggons explodieren. Zwar befand sich die Familie mit ihrem geliehenen Pferdewagen während der Explosionen noch in sicherer Entfernung, aber sie musste mit den vor dem Feuer scheuenden Tieren den brennenden Bahnhof passieren. Dabei sahen sie, dass im unmittelbaren Umkreis der Explosionen viele Wagen mit Menschen und Pferden durch die Druckwellen in die Straßengräben geschleudert worden waren. Wie viele Opfer es in Jatznick gegeben hatte, war nicht feststellbar.

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Innenansichten der Islamisten, Teil IX.

In: Spuren der Verfolgten, Bd. 6, Jahrgang 2011, S. 27.

Heft 48: Wohl scheint in der deutschen politischen Klasse das Bewusstsein zu wachsen, dass dem Islam höchst problematische Kräfte innewohnen, aber im Grundsatz scheut man weiterhin, das Thema in seiner ganzen Tragweiter ohne Tabus und ideologische Scheuklappen zu diskutieren.
„Der Islam ist uns willkommen, der Islamismus nicht“, proklamierte der ehemalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière in seiner Antrittsrede vor dem Bundestag in Berlin.
Bei seinen Worten war sich der Minister wahrscheinlich nicht bewusst, dass er die ganz vernünftige und aus westlicher Sicht logische Rechnung ohne den islamistischen Wirt gemacht hatte. De Maizière hätte sich mit dem türkischen Ministerpräsidenten Erdogan vorher unterhalten müssen, der 2008 erklärte:
„Es gibt keinen Islam und Islamismus. Es gibt nur einen Islam. Wer etwas anderes sagt, beleidigt den Islam.“
Der Politikwissenschaftler Bassam Tibi erläutert dazu:
„Der Islam ist sehr vielfältig, er schließt gleichermaßen Toleranz und Intoleranz ein. Als eine spirituelle Religion ist er indes keine politische Denkweise. Im Gegensatz dazu ist der Islamismus […] eine totalitäre Ideologie mit rechtsradikalen Zügen, der man nicht erlauben darf, Kapital aus einer Öffnung Deutschland für andere Kulturen zu schlagen.“

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Die Wirklichkeit der SED-Diktatur.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 51. 2012. S. 3 – 7.

Heft 51: Doch die beiden Rundfunkmitarbeiter hatten erhebliche Probleme, mit den Gefangenen ins Gespräch zu kommen. Erst beim dritten Versuch reagierte ein angesprochener Häftling brüsk:
„Ich möchte keine Erklärung abgeben. Lassen sie mich zufrieden!“
Duchrow sprach den nächsten Internierten an:
„Wie lange waren Sie hier, können Sie mir sagen, wohin Sie gehen und ob sie während der Haft human behandelt wurden?“
Der angesprochene junge Mann antwortete:
„Ich war drei Jahre hier. Wohin ich gehe, weiß ich nicht, ich muß meine Mutter suchen, der ich ja nicht schreiben durfte!“
Duchrow, der selbst in NS-Zuchthäusern inhaftiert gewesen war, fragte sichtlich verärgert weiter:
„Aber vielleicht sagen sie noch etwas über die korrekte Behandlung durch die sowjetischen Organe?“
Doch der Internierte äußerte keine Silbe und wandte sich mit einem hasserfüllten Blick von den beiden Journalisten ab. Während sich Alfred Duchrow nach einem bereitwilligeren Interviewpartner umsah, fasste sein junger Mitarbeiter den Internierten an der Schulter und bat:
„Sagen Sie mir, warum die Russen Sie eingesperrt haben und wie Sie behandelt wurden, privat, nicht für den Rundfunk.“
Der junge Internierte berichtete daraufhin leise:
„Ich bin mit fünfzehn Jahren in meinem Dorf verhaftet worden als angeblicher ‚Werwolf’, weil mich ein Nachbar denunzierte, der die Wohnung meiner Eltern haben wollte. Ich bekam fünfzehn Jahre Haft, das war noch eine niedrige Strafe. Die Gefangenen hier sind zu Tausenden gestorben an Hunger, Typhus und Lungentuberkulose. Jeder hatte nur ein Gefühl: zu verhungern. Es war fürchterlich! Sehen Sie sich mal die frischen Gruben bei den Kiefernschonungen vor dem Dorf Schmachtenhagen an, da liegen unsere Toten in riesigen Massengräbern.“
Inzwischen befragte Duchrow im Krankenrevier im Beisein des sowjetischen Offiziers den Arzt:
„Können Sie uns etwas über die Versorgung der Kranken sagen, Herr Doktor?“
Der Arzt schwieg. Als daraufhin der Offizier den Kopf hob, zuckte der Mediziner mit den Schultern und sagte müde und resigniert:
„Die sowjetischen Lagerbehörden haben das Lazarett immer unterstützt. Es gab Medikamente und wir konnten sogar die Verpflegungssätze anheben, wenn die Diagnose auf Dystrophie lautete.“
Der Offizier, offenbar zufrieden mit dem Statement des Arztes, ging. Alfred Duchrow setzte jedoch nach:
„Aber sie würden mir doch folgen, wenn ich feststelle, dass die Besatzungsmacht sich aktiv um die Gesundheit der hier Verurteilten gekümmert hat. Es ist doch alles im Sinne der Humanität geschehen, um den Erkrankten hervorragend zu helfen.“
Das Gesicht des Lagerarztes verzog sich zu einer Grimasse, er verlor die Beherrschung und schrie:
„Läuft das Mikrofon noch? Mein Gott, fragen Sie doch Ihre russischen Genossen mal, wie viele Menschen hier täglich starben, wie sie verscharrt wurden, Nacht für Nacht in den Kalkgruben bei Schmachtenhagen. Und lassen Sie sich sagen, dass Tausende von Jugendlichen völlig unschuldig eingesperrt waren. Auch von ihnen mußten die meisten sterben, weil nicht mal die Kartoffelschalen und Rübenschnitzel ausreichten, um sie zu ernähren!“
Alfred Durchrow reagierte mit grotesk zornig verzerrten Gesichtszügen und wütend verkniffenen Lippen auf die Eröffnungen des Mediziners.

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Islamischer Antisemitismus und arabische Nähe zum Nationalsozialismus.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 51. 2012. S. 7 – 10.

Die palästinensiche Terrororganisation Hamas ist ein Ableger der früheren ägyptischen Moslembrüder. In ihrer Charta aus dem Jahre 1988 heißt es:
„Der finstere Plan der Zionisten ist in den Protokollen der Weisen von Zion niedergelegt worden, und ihr heutiges Betragen ist dafür der beste Beweis.“
Diese angeblichen Protokolle, ein Machwerk aus dem Umfeld der zaristischen Geheimpolizei Ochrana, können überall in der arabischen Welt frei erworben werden. In den dortigen Medien werden sie immer wieder zitiert.
Nach Hamas haben die Juden die französische und die amerikanische Revolution angezettelt sowie die Rotary und die Lions Clubs, die Freimaurerei und den Völkerbund ins Leben gerufen, „um die Welt über Mittelsmänner regieren zu können“.
Diesen Verschwörungsphantasien der Islamisten entspricht es auch, dass der Holocaust schlichtweg geleugnet wird. In der regierungsamtlichen syrischen Tageszeitung Tishreen erschien am 31. Januar 2000 ein Leitartikel mit folgender Behauptung:
„Die Zionisten haben den Mythos vom Holocaust produziert, um die Intellektuellen und Politiker der Welt erpressen zu können.“
Aktuell bedient sich der iranische Präsident Ahmadinedschad dieser Lügen.
Die ägyptische Muslimbrüderschaft ist z. Zt. in drei Fraktionen gespalten: konservative Ideologen der alten Garde, konservative Pragmatiker, zu denen viele Abgeordnete zählen, sowie eine Handvoll Reformer, die eine offenere Interpretation des Koran befürworten. Welcher Flügel am Ende die Oberhand behält, lässt sich schwer vorhersagen.
Die Muslimbruderschaft ist die älteste und bestorganisierte islamistische Gruppierung im Land. Ihre Zentren sind Alexandria sowie Städte in Mittel- und Oberägypten. Sie zählt etwa 100.000 aktive Mitglieder. Berufsverbände wie die der Anwälte, Ärzte und Apotheker sind von den Muslimbrüdern dominiert. Die Ziele der Bruderschaft sind eine islamistische Verfassung mit Bezug auf die Scharia, mindere Rechte für Frauen und der Bruch mit Israel.

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Innenansichten der Islamisten.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 51. 2012. S. 11 – 19.

Heft 51:
Auch der Verein Islamischer Kulturzentren (VIKZ) ist umstritten – seine Bildungsarbeit gilt als integrationsfeindlich. Die Kölner Polizei erhob Mitte April 2008 schwere Vorwürfe gegen den Verband mit seinen 300 Moscheen, zu dem auch vier Dortmunder Gotteshäuser gehören. Der Verband sei antisemitisch und antiwestlich.
In Dortmund entblödeten sich der Pfarrer Friedrich Stiller, Ehemann der bündnisgrünen NRW-Vorsitzenden Schneckenburger und selbsternannter
Sprecher einer ominösen Integrationsinitiative, Ahmad Aweimer, Sprecher des Rates der muslimischen Gemeinden in Dortmund zu der auch die verfassungsschutznotorische islamistische Organisation Milli Görüs zählt und der bündnisgrüne Rechtsdezernent Wilhelm Steitz nicht, eine missglückte Ehrenerklärung für den VIKZ abzugeben.
Was unterstützen die Gutmenschen da eigentlich?
Der VIKZ unterhält neben den genannten Moscheen 80 Koranschulen mit ca. 5.000 Schülern. 1.000 Schüler halten sich in Internaten des VIKZ auf. Der Monatsbeitrag dafür beträgt 125 €. Etwa 4.000 Schüler werden am Wochenende betreut.
Insgesamt zählt der VIKZ in 300 Gemeinden 21.000 Mitglieder.
Die Mitgliedsbeiträge belaufen sich auf etwa 5 Mio. € pro Jahr. Zwischen 13 und 15 Mio. € Spendengelder bringen Mitglieder alljährlich auf. Allein die Koranschulen spülen jährlich 4,4 Mio. € in die Kassen des einflussreichen Verbandes.
Koran-Schüler werden durch Schläge zum Beten gezwungen.
Anders als offiziell dargestellt vertritt der VIKZ antiwestliche, antidemokratische und antisemitische Auffassungen. Der heilige Krieg und das Märtyrertum werden vom VIKZ verherrlicht.
In den Wohnheimen hätten die Schüler keine wirklichen Außenkontakte.
Im April 2008 wurde ein illegales Heim der VIKZ in Waltrop geschlossen. Während der Dortmunder Pfarrer Friedrich Stiller an „einen guten Dialog mit den VIKZ-Moscheen“ glauben will, äußert sich das Landesjugendamt in Münster ganz anders:
„Wir sehen den Verband ausgesprochen kritisch. Niemand kann wirklich hinterblicken, was mit den Jugendlichen dort geschieht.“
Claudia Dantschke, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Islamismus-Expertin des Vereins Exit-Familienhilfe aus Berlin versucht seit Jahren Einblicke in die Strukturen des VIKZ zu gewinnen:
„Wir wissen, daß Jugendliche hier entmündigt und der Gemeinschaft unterworfen werden, aber diese Gemeinschaft lässt niemanden von außen wirklich herein“.
Potentielle Aussteiger hätten es schwer, denn „der Sozialdruck ist zu hoch.“

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Ankunft und Eingliederung deutscher Ostflüchtlinge und Ostvertriebener im Kreis Warendorf nach 1945.

In: Münsterland, Jahrbuch des Kreises Warendorf 2012, 61. Jahrg., Warendorf 2011, S. 11 - 30.

1945/46 ließen die Vertriebenenzüge bei den Einheimischen den Eindruck einer vereldendete3n Masse entwurzelter und ökonomisch 'unbrauchbarer' Menschen aufkommen. Der Liesborner Amtsdirektor berichtete Anfang März 1946 über die aus dem Durchgangslager Ahlen im Amtsbezirk ankommenden Menschen: "Die bisher hier eintreffenden Ostflüchtlinge sind im allgemeinen nur Frauen und kleine Kinder. Alle übrigen Personen sind in körperlich so schlechtem Zustand, dass auf lange Sicht hin nicht mit ihrer Arbeitsfähigkeit zu rechnen ist." Tatsächlich bestanden die ersten geregelten Vertriebenentransporte im Frühjahr 1946 in der Mehrheit aus alten Menschen, Kindern, Frauen und Erwerbsunfähigen. Die Männer jüngeren und mittleren Alters, vor allem Facharbeiter und Bergleute, wurden noch jenseits von Oder und Neiße festgehalten, irrten als entlassene Kriegsgefangene durch die verschiedenen Besatzungszonen auf der Suche nach ihren Angehörigen umher oder hatten sich als Einzelne zu Bekannten und Verwandten durchgeschlagen, ohne von den Behörden als Vertriebene registriert zu werden.

Die Vertriebenen sahen sich gezwungen, berufsfremde Arbeiten zu übernehmen und Betriebe mussten in einzelnen Industriebranchen mangels Facharbeiter auf Hilfs- und Anlerntätigkeiten zugeschnittene Arbeitsplätze schaffen. Nicht zuletzt den Vertriebenen, die auf den großen Schachtanlagen Sachsen in Heessen und Westfalen in Ahlen als Bergleute arbeiteten, ist es zu verdanken, dass der Kohlenengpass bis 1948 überwunden werden konnte. Sie trugen wesentlich dazu bei, Lücken in diesem Schlüsselbereich der Wirtschaft, der durch den Raubbau während der NS-Zeit und den hohen Zwangsarbeiteranteil in den Kriegsjahren entstanden waren, zu schließen. Sicherlich konnten sie vor allem durch die materiellen Anreize gewonnen werden, die ihnen eine wesentliche Besserstellung im Vergleich zum übrigen Vertriebenendasein versprach, aber sie mussten diese Vergünstigungen mit schwerer körperlicher Arbeit unter äußerst schwierigen Arbeitsbedingungen bezahlen. In den späteren Jahren war unter den aufstiegsorientierten Vertriebenen die Abwanderungsrate vom Bergbau groß, doch im Vergleich zu anderen Gruppen von Neubergleuten waren sie eher bereit, 'vor Kohle' zu bleiben.

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Betrug dankend erhalten. Neues aus der Welt der 'Bankster'.

In: Spuren der Verfolgten, Heft 52, 2012, S. 5 - 7.

Gunnar Meyer ist Leiter des Privatkundengeschäftes der Commerzbank in Frankfurt am Main und sieht die Angelegenheit ganz anders. Was er in unverschämter Weise zum Ausdruck bringt. Frau Greiner, so behauptet er, sei eine Schauspielerin, welche die Commerzbank erpressen wolle. Denn die langfristige Anlage habe sie angeblich selbst gewollt. Und der Schiffsfond sei eben solch eine langfristige Anlage gewesen. Dass sie jetzt, "wo Ausschüttungen ausbleiben, auf die Mitleidstour mache, sei schon ziemlich frech, ja dreist", empört sich Bankster Gunnar Meyer künstlich.

Schauspielerei? Mitleidstour? Erpressung? Solche Worte hört man nicht jeden Tag von einem Bankster über seine Kunden sagen. Vielleicht nicht öffentlich. "Intern jedoch". stellt Zuhal Wegmann aus Dortmund, Fachanwältin für Bankrecht klar, "bei manchen Kreditinstituten werde noch ganz anders über Kunden gesprochen. Das sei dann schon mal von 'AD-Kunden' die Rede, 'alt und doof'. Oder von LEOs, 'leicht erreichbaren Opfern'."

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Padin, Versuch der Gründung einer politischen Partei durch einen vertriebenen Westpreußen in Ahlen/Westfalen zu Beginn der 1950er Jahre.

In: Westpreußen-Jahrbuch, Aus dem Land an der unteren Weichsel, Bd. 62, hg. v. Hans-Jürgen Kämpfert in Zusammenarbeit mit Waltraud von Schaewen-Scheffler, Armin Fenske, Reinhard W. Hanke, Münster 2012, S. 135 - 139.

Im September 1951 hieß es in einem politischen Lagebericht des Ordnungsamtes der Stadt Ahlen an den Oberkreisdirektor (OKD) in Beckum: "Unter dem Wort 'Padin' wird in Ahlen für eine neue politische Bewegung geworben. Die Bewegung geht von dem frühreren Behördenangestellten und jetzigen Hilfsarbeiter Hans Schimankowitz, geb. am 15.4.04 in Vorwerk-Mösland, Krs. Marienwerder, aus, von welchem Postkarten verteilt wurden, auf denen Achtung vor dem Tode, Ehrfurcht vor dem Geist und Respekt vor dem Leben als die Bausteine zum Fundament eines neuen Deutschlands bezeichnet sind. Dann folgt das geheimnisvolle Wort 'Padin', das vorwärts gelesen die Abkürzung für 'Partei aller Deutschen in Not' bedeutet und rückwärts gedeutet den eigentlichen Namen dieser Partei ergibt als 'Nationalidealistische Deutsche Arbeiterpartei'. Die Kosten für die Herstellung der Postkarten werden von Schimankowitz angeblich allein getragen. Wie Sch. erklärt, habe er nicht die Absicht, mit dem Wort 'Padin' eine Partei zu bezeichnen, denn er wolle keine Partei gründen, sondern das Vorhandene zusammenzufassen."

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Hugo Althoff, Ein Westfale als Senator in Danzig.

In: Spuren, Beiträge zu Familienforschung, Bd. 5, 26. Jahrg. (2012), Heft Nr. 18, S. 347 - 354.

Die Familie Althoff hatte 1938 in Zoppot ein erworbenes Haus in der Delbrückallee, einer ruhigen Villenstraße in der Oberstadt bezogen. Über Danzig hinaus erfreute sich Hugo Althoff großer Wertschätzung. 1931 wurde er als Kandidat für das Amt des Oberbürgermeisters in Münster gehandelt. Doch diese Achtung genoss der Danziger Senator nicht bei allen Zeitgenosssen. Seit Beginn der 1920 Jahre entpuppte sich sein Ausbildungsstätte, die Technische Hochschule in Danzig-Langfuhr und hier besonders der Kreis um Professor Petersen, als Brutstätte des Antisemitismus und extremen Nationalismus. Als das Elternpaar Althoff, wie andere Bürger auch, von dem Recht Gebrauch machten, für den dritten Sohn kein Schulgeld zu zahlen, diffamierte der 'Danziger Vorposten', das Hetzblatt der lokalen Nationalsozialisten, die Familie mit der Schlagzeile: 'Schulgeldfreiheit für Senatorensöhne'.

Als Mitglied des katholischen Zentrums wurde er nach dem Wahlsieg der Nationalsozialisten in Danzig im Frühjahr 1933 zum Rücktritt gezwungen, worauf er sich pensionieren ließ. Sein Nachfolger wurde der Nationalsozialist Wilhelm Huth. Es gelang ihm nicht an die infrastrukturelle Arbeit seines Vorgängers anzuknüpfen. Ideologie ersetzte nun die sachliche Arbeit, wie überhaupt der Verlust der Kompetenz Althoffs für Danzig zum Nachteil geriet.

Vor 1933 soll Hugo Althoff die Wut und den Hass der Nationalsozialisten auf sich geladen haben, doch erfuhr er zunächst weitgehend keine Belästigungen seitens der neuen Herren in Danzig. Sein jüngster Sohn wurde allerdings misstrauisch beobachtet, weil er sich weigerte der HJ beizutreten und deswegen 1933 aus dem Schulorchester ausgeschlossen wurde.

In Zoppot beteiligte sich Hugo Althoff nach seiner Zwangspensionierung bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs an einem Geschäft für Kunsthandwerk. Zu Beginn des Krieges hatte die Familie für einige Monate eine im Rahmen des Hitler-Stalin-Paktes aus dem Baltikum ausgesiedelte deutsche Familie aufzunehmen. Während der letzten Kriegsjahre hatte die Familie Althoff Luftkriegsevakuierte aus Berlin und Westfalen aufgenommen.

Im August 1944, nach dem 20. Juli, wurde Hugo Althoff festgenommen und im KZ Althoff bei Danzig inhaftiert. Schon vorher hatte es eine ergebnislose Hausdurchsuchung seitens der Gestapo gegeben. Man zwang Hugo Althoff und andere Festgenommene zunächst hinter dem Fahrzeug, das eigentlich für ihren Abtransport vorgesehen war, herzulaufen. Viele Danziger hatten allerdings das markante Gesicht ihres ehemaliges Senators noch nicht vergessen. Was als Schande für die Verhafteten gedacht war, drohte sich gegen die NS-Schergen zu richten. So wurden die Gefangenen schnell wieder auf das Fahrzeug verladen. Althoffs Söhne Klaus und Günter intervenierten in ihrer Eigenschaft als Wehrmachtsoffiziere beim Danziger Gauleiter Albert Forster gegen die schändliche Behandlung ihres Vaters. Nach sechs Wochen wurde dieser tatsächlich freigelassen. Seine Söhne vermuteten, dass die Verhaftung ihres Vaters eine hysterische Überreaktion der Gestapo war und mit dessen Kontakten zum Leipziger Oberbürgermeister Goerdeler, einem Hauptexponenten des 20. Juli 1944, während seiner Dienstzeit als Senator bis 1933 in Zusammenhang stand. Tatsächlich wurden in der Aktion Gewitter reichsweit und planmäßig alle diejenigen verhaftet, die während der Weimarer Republik politische Ämter ausgeübt und sich nach 1933 nicht zum Nationalsozialismus bekannt hatten.

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Die gescheiterte Integration.

In: Spuren der Verfolgten, Heft 53, 2012, S. 3 - 11.

Migranten sind im Schnitt schlechter ausgebildet und daher besonders von Arbeitslosigkeit betroffen. 14 % der Berliner sind arbeitslos. Für Ausländer betrug die entsprechende Quote im September 2009 mehr als 20 %. "In Berlin sind die Bildungschancen von Migranten allerdings so schlecht wie nirgendwo in Deutschland", befand NRW-Integrationsminister Armin Laschet von der CDU mit unverhohlenem Seitenhieb auf das SPD-Mitglied Sarrazin.

In Berlin suchen bildungsinteressierte Migranten für ihre Kinder selbst nach Auswegen. Sie verlassen die problemviertel und schicken die Kinder auf Privat- oder Europaschulen, so wie in Berlin nach Spandau auf das erste türkische Gymnasium der Stadt. Werfen wir dort einen Blick in einen Deutsch-Leistungskurs. Die Schwestern Saynab und Sayrah Sarris referieren Leben und Werk von Bertolt Brecht mit Hingabe. In der Klasse mit 16 Schülern in Schuluniformen ist es still.

Beide Mädchen, Vater Araber, Mutter Deutsche, waren zuvor auf einem Gymnasium in Tiergarten. Sie flohen vor den vollen Klassen, vor Gewalt und Diskriminierung: "Meine Lehrerin sagte mir, ich solle mich bei Douglas bewerben oder als Gemüseverkäuferin. Wenn ich mich meldete, sagte sie, nimm den Finger runter, bei dir kommt eh nix raus." 'Die Spandauer Schule unterrichtet Türkisch nur als Fremdsprache und es gibt Sportunterricht, an dem alle teilnehmen müssen. Es wird Ethik statt Religion erteilt. Die Schulleiterin Sabrina Leberecht erzählt, das neulich Großeltern bei ihr im Büro standen und resigniert feststellte: "Früher haben wir in Deutschland gearbeitet und unser Geld in die Türkei geschickt. Jetzt sind wir in der Türkei und schicken unser Geld für die Ausbildung der Enkel nach Deutschland. Irgendetwas ist schiefgegangen."

Was schief läuft, kann man im Jobcenter (Euphemismus für Arbeitsamt) Berlin-Neukölln beobachten: "Ausländer, die auf Ausländer schimpfen, den Roma-Vater mit weißen Cowboystiefeln und siebenköpfiger Kinderschar [...], die Kopftuchmitte mit zwei Kopftuchtöchtern, die schlecht Deutsch spricht [...]. Und auch den jungen gegeelten Libanesen, der nach Boss durftet, im schwarzen BMW vorfährt, um sein Hartz IV abzuholen und "auf Deutschland scheißt". Neuköllns Bürgermeister Buschkowsky spricht von sechs bis acht hochkriminellen Familienclans in seinem Bezirk.

Rechtsextremistischer Terror gegen Migranten und Polizei - Welche Rolle spielten Behörden und Geheimdienste?

Am 25. April 2007 war die Polizeibeamtin Michèle Kiesewetter während einer Routinestreife auf der Heilbronner Theresienwiese mit einem Kopfschuss ermordet worden, als letztes Opfer einer, erst Jahre später bekannt gewordenen Mordserie, der bis dahin türkische und griechische Migranten zum Opfer gefallen waren. Ihr Kollege Martin A. überlebte schwer verletzt und kann sich betreffend des Tathergangs an nichts mehr erinnern. Oder will er nicht? Oder darf er nicht? Dies möglicherweise aufgrund, wie wir noch sehen werden, angeblicher 'höherer interessen'.

Es mutet in diesem Zusammenhang gespenstisch an, als Ende November 2011 der BKA-Chef Jörg Ziercke von einer "erstaunlichen Veränderung" im Fall der ermordeten, aus Thüringen stammenden Polizistin schwadronierte. Ziercke sprach von einem angeblichen Beziehungsdelikt, von Rivalitäten um einen Gasthof und angeblich neunen Erkenntnissen im "Umfeld der Familie" im thüringischen Oberweißbach. Zierckes Informationen waren praktisch ein Aufruf zum Run der Journalisten an den Wohnort der Familie des Mordopfers, in der Hoffnung etwas Licht um den behördlichen, politischen und moralischen Skandal um die Zwickauer Terrorgruppe zu bringen.

Doch außer dem Grab der ermordeten Polizistin auf dem Ortsfriedhof fanden die Medienvertreter nichts. Die Verwandten des Opfers wehrten sich gegen die "unsinnigen Unterstellungen" von höchster Stelle. Nie, so der Stiefvater, hätte die ermordete Michèle gegenüber einer Gaststätte gewohnt, noch habe er einen Verwandten der Terroristin und Faschistin Beate Zschäpe als Koch beschäftigt, was auch deren Mutter bestätigte. Der parteilose Bürgermeister in Oberweißbach, Jens Ungelenk, vermutete ein Manöver, um die presse mit einer bewusst gelegten falschen Spur zu beschäftigen. "Die Sicherheitsbehörden lenken von den eigenen Verantwortlichkeiten ab."

Der Bürgermeister dürfte mit seiner Annahme richtig liegen, denn entweder ist die falsche Spur nach Oberweißbach tatsächlich ein weiterer Beleg für die blühende Ahnungslosigkeit der Behörden oder aber möglicherweise für genau deren Gegenteil. Denn es gibt durchaus ernstzunehmende Hinweise, dass es für den Mord an der jungen Polizistin Augenzeugen gab, nicht etwa zufällige, sondern sozusagen in 'Ausübung des Dienstes'. Ein Observationsprotokoll des amerikanischen Militärgeheimdienstes Defense Intelligence Agency (DIA) wurde der Presse zugespielt. Sicherlich kann man einwenden, dass es sich vielleicht um eine Fälschung handelt. Doch die Aufsehen erregenden Enthüllungen der Internet-Plattform Weakeleaks lassen die US-Behörden wie ein durchlässiges Sieb erscheinen. Vor diesem Hintergrund kann die Echtheit des Dokuments nicht á priori bestritten werden. Zumal die zuständigen, durch die Veröffentlichung schwer belasteten Behörden keinerlei juristische und exekutive Schritte gegen das publizierende Presseorgan einleiteten.

Das Protokoll schildert eine Observation am 25. April 2007 in Heilbronn, dem Tag, als die Polizistin Michèle Kiesewetter dort ermordet wurde. Das Protokoll wurde von einem Mitarbeiter der DIA-Spezialeinheit 'Special Investigation Team Stuttgart' verfasst. Die seit 2001 währende Tätigkeit der DIA in Süddeutschland ist nachgewiesen und bekannt. Sie soll dort mögliche islamistische Bedrohungen und Angriffe gegen die dort stationierten US-Streitkräfte aufklären und abwenden sowie dabei mit den deutschen Sicherheitsbehörden engen Kontakt pflegen.

Das Protokoll weist neben den Angehörigen der DIA auch zwei Beamte des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg oder Bayern bei der Observation aus: "2 (two) OPS Ofc. LfV BW or BAVARIA". Sie observierten einen "'Contact' namens 'M. K.'" und einen nicht identifizierten Verdächtigen, der sich Richtung Theresienwiese bewegte. Dort endete die Observation durch einen Zwischenfall mit Schusswaffen, in den offenbar auch ein Beamter aus Baden-Württemberg verwickelt war: "SHOOTING INCIDENT INVOLVING BW OFFICER WITH RIGHT WING OPERATIONS AND REGULAR POLICE PATROL ON THE SCEN" (Schießerei, in der ein BW OPS Offizier mit Rechtsextremisten und einer regulären Polizeistreife vor Ort verwickelt war).

Bei den regulären Polizisten handelte es sich zweifellos um Michèle Kiesewetter und ihren Kollegen Martin A. Wie kommt der amerikanische Agent darauf, dass es sich bei den zwei anderen beteiligten Personen um "Right Wing Operatives" handelte? Wenn es Böhnhardt und Mundlos waren, die beiden Haupttäter der rechtsextremistischen Zwickauer Terrorzelle - sah man ihnen das an? Oder haben die deutschen Observationskollegen die beiden Terroristen erkannt? Und inwiefern war ein "BW OPS Officer", ein baden-württembergischer Einsatzbeamter des Verfassungsschutzes, selbst in den Vorfall verwickelt?

 

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Die Verbrechen der Mullahkratie im Iran.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 53. 2012, S. 11 - 18.

Die islamische Revolution im Iran stellte zwar eine klassische Usurpation dar, kam jedoch nicht von ungefähr. Der Politikwissenschaftler Bahman Nirumand äußerte sich darüber im Zusammenhang mit den guten Beziehungen der westlichen Demokratien zum untergegangenen Schah-Regime: "Wenn auch die Weltöffentlichkeit nichts von all den Folterungen, Erpressungen falscher Geständnisse, Todesurteilen, von Terror, Unterdrückung und Armut in Persien erfährt, so sind doch die Regierungen aufs Beste orientiert und tragen aus gutem Grund zum Verschweigen der Wahrheit bei." Während des Kalten Krieges betrachtete der Westen den Iran als Bollwerk gegen den Kommunismus im Mittleren Osten. Außerdem besaß das Land am Persischen Golf große Vorräte an Erdöl.

Nach Ausschaltung der SAVAK-Leitung liefen die unteren Chargen des Geheimdienstes weitgehend zu den Mullahs über. Das war den neuen Machthabern nicht unwillkommen, denn auch Khomeinis Regime benötigte dringend einen Staatssicherheitsdienst, der mit bewährter Skrupellosigkeit alle Andersdenkenden unter Kontrolle halten sollte. Unter der schiitischen Geistlichkeit fanden sich nur wenige fähige Aspiranten für die Geheimdienstarbeit. Aus diesem Grunde wurde die SAVAK zwar 1979 offiziell aufgelöst, aber niemals wirklich abgewickelt.

Die Mullahs änderten den Namen und die Führung, besetzten Schlüsselpositionen mit eigenen Leuten, und so lief die Geheimdienstarbeit mit der gewohnten Methodik weiter, als hätte es nie einen Umsturz gegeben. In der Übergangsphase leitete Generalmajor Hossein Fardust, ein früherer Vizedirektor der SAVAK, der als Jugendlicher zusammen mit dem späteren Schah Mohammed Reza Pahlevi zur Schule gegangen war, den neuen wie bisherigen Geheimdienst, der nun SAVAMA hieß. Die Abkürzung stand für Sazeman-e Ettel'at va Amniat-e Iran, d. h. Ministerium für Nachrichtendienst und nationale Sicherheit des Iran. Zwischen 1979 und 1981 wurde der SAVAMA von den personellen SAVAK-Altlasten gesäubert. Danach befand sich der geheime Sicherheitsapparat fest in der Hand des schiitischen Klerus.

Einige Jahre später erkannten die Mullahs, dass ihnen immer noch ausreichend geschutes Personal fehlte und dass sich die personellen Lücken nicht mit frommen Aktivisten schließen ließen. Daraufhin appellierte der damalige Parlamentssprecher Ali Akbar Hashemi Rafsandschani an die noch untergetauchten minder belasteten SAVAK-Veteranen, ihre patriotische Pflicht zu erfüllen und an den alten Arbeitplatz zurückzukehren. Im Kampf gegen die wachsende Opposition brauchten die Mullahs jeden.

 

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Islamischer Antisemitismus und arabische Nähe zum Nationalsozialismus.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 52. 2012, S. 8 - 15 u. Heft 54. 2012, S. 3 - 18.

Heft 52: Bei der Mobilisierungvon Arabern und Muslimen für die Achsenmächte spielten die aus dem Nahen Osten geflohenen Führer des arabisch-palästinensischen Aufstandes von 1936 - 1939 und die entkommenen irakischen Putschisten eine herausragende Rolle. Der Großmufti von Jerusalem, Hadj Amin el-Husseini, traf zwei Wochen nach seiner Ankunft in Italien, am 27.10.1941, mit Mussolini zusammen und präsentierte sich dem 'Duce' als Führer der so genannten Geheimorganisation 'Die arabische Nation", welche über ein angebliches Netzwerk vn Anhängern in allen arabischen Ländern verfüge und bereit stünde, den Krieg gegen den gemeinsamen Feind Großbritannien zu unterstützen. Im Gegenzug sollten die Achsenmächte öffentlich "die Einheit, Unabhängigkeit und Souveränität eines arabischen Staates faschistischer Ausprägung" anerkennen, der den Irak, Syrien, Palästina und Transjordanien umfassen sollte. Diese Zusage wurde jedoch nie gegeben.

Von Rom reiste der Großmufti weiter nach Berlin, wo er am 28.11.1941 von Hitler empfangen wurde und über dasselbe Thema sprach. Auch die Antworten des deutschen Diktators blieben wie die seiner italienischen Verbündeten wage. Allerdings erhielten el-Husseini und der irakische Putschistenführer al-Ghailani sowohl von der italienischen als auch von der deutschen Regierung regelmäßig hohe Geldzahlungen und das NS-Regime stellte ihnen in Berlin Wohnungen und Büroräume zur Verfügung.

Zwischen den arabischen Kollaborateuren entwickelte sich im deutschen Exil eine erbitterte Feindschaft, da jeder von ihnen nach einem erhofften Sieg der Faschisten die Macht im Nahen Osten für sich beanspruchte. Nur in einem Punkt waren sich die deutschen und italienischen Machthaber sowie der Großmufti von Jerusalem und der Iraker Ghailani einig: in ihrem gemeinsamen Kampf gegen die Juden. Auf Drängen el-Husseinis erkannten die Achsenmächte das "Recht der arabischen Länder" an, "die Frage der jüdischen Elemente in Palästina und in den arabischen Ländern so zu lösen, wie es den nationalen und völkischen Interessen der Araber entspricht und wie die Judenfrage in Deutschland gelöst worden ist". Hitler versicherte dem Großmufti, die Juden nicht nur in Europa zu bekämpfen, sondern "'Schritt für Schritt" auch in anderen Ländern, wobei insbesondere ihre "nationale Heimstätte" in Palästina vernichtet werden sollte.

Heinrich Himmler ernannte el-Husseini im Dezember 1941 zum SS-Gruppenführer. Himmler erklärte gegenüber dem Großmufti von Jerusalem: "Die nationalsozialistische Bewegung Großdeutschlands hat seit ihrer Entstehung den Kampf gegen das Weltjudentum auf ihre Fahne geschrieben. Sie hat deshalb schon immer mit besonderer Sympathie den Kampf der freiheitsliebenden Araber, vor allem in Palästina, gegen die jüdischen Eindringlinge verfolgt."

 

Heft 54: Während der wechselvollen Kämpfe in Nordafrika 1940 bis 1943 feierten viele Araber die Siege Rommels. Der palästinensische Lehrer Khalil Sakakini notierte damals in sein Tagebuch: "Die 'Araber jubeln, als die britische Bastion Tobruk den Deutschen in die Hände fiel. [...] Nicht nur die Palästinenser jubelten, sondern die ganze arabische Welt, in Ägypten, Palästina, dem Irak, Syrien und im Libanon, nicht weil sie die Deutschen liebten, sondern weil sie die Engländer wegen ihrer Politik in Palästina nicht mochten."

Der kanadische Nahostkorrespondent Pierre van Paassen sah die Situation mit schärferen Augen: "Vierundzwanzig Stunden täglich schrieen die Radiostationen von Bari, Palermo und Berlin die Versprechungen Mussolinis - des 'Schwertes des Islam' - in arabischer Sprache heraus: 'Unermessliche Beute, Tod den Engländern und Juden!' [...] Wir wissen von Diplomaten, [...] dass die Nazisiege in den Palästen am Nil mit hoffnungsvollem Lächeln und bedeutungsvollem Blickaustausch kommentiert wurden. In Palästina sagten die Effendis den Fellachen: 'Jetzt geht hin und verkauft den Juden eurer Land und zwar schnell, denn in einem Monat wird Hitler in Jerusalem sein, und ihr werdet nicht nur euer Land wiederhaben, sondern dazu alles, was die Juden besitzen! Lasst die Messer schärfen! Der große Tag wird bald anbrechen! Der Schutzherr der Juden ist geschlagen!'"

Ägyptens König Faruk pflegte über seinen Schwiegervater Jusuf Zulficar, den ägyptischen Botschafter in Teheran, seit Kriegsbeginn Kontakt zu NS-Deutschland. Er sandte britische Militärpläne über Kuriere an die Deutschen und erfuhr durch einen Geheimcode - bestimmte Suren aus dem Koran, die der arabische Auslandsrundfunk des deutschen Propagandaministeriums sendete -, ob sie ihren Adressaten erreicht hatten oder nicht. Im Auftrag des Königs traf sich Samir Zulficar, der Bruder des Schwiegervaters, im Oktober 1941 mit Franz von Papen, dem deutschen Botschafter in der Türkei, und erklärte, auch im Namen politischer Parteien, wie der Wafd, zu sprechen, die damals die größte ägyptische Oppositionspartei war. Der Mittelsmann des Königs überreichte von Papen weitere Informationen über Stellungen der britischen Truppen in Ägypten.

Als die Verbände der Achsenmächte Mitte 1942 auf Kairo vorrückten, schlugen Hitler und sein Außenminister Ribbentrop dem ägyptischen König vor, nach Kreta oder in das Hauptquartier Rommels zu fliehen, um einer Gefangennahme durch die Briten zuvorzukommen. Als Vermittler dienten der palästinensiche Großmufti Husseini und der Vize-Präsident der faschistischen 'Grünhemden' in Ägypten, Mustafa el-Wakil. Doch Faruk entgegnete, er wolle sich "lieber verstecken".

In Kairo skandierten Demonstranten "Vorwärts Rommel". Der spätere ägyptische Präsident Anwar al-Sadat berichtete: "Sie sahen in der Niederlage der Engländer den einzigen Weg, den Feind aus dem Land hinauszubekommen." Sadat gehörte 1942 zur Gruppe der 'Freien Offiziere', die auf seine Initiative hin Kontakt zu Rommel aufnahmen. Sie versprachen "eine ganze Armee aufzubieten" und an der Seite der Deutschen zu kämpfen, wenn diese dem Nilland die "vollständige Unabhängigkeit" zusagten.

Tatsächlich ließen die Achsenmächte daraufhin am 3.6.1942 folgende deutsch-italienische Regierungserklärung verbreiten: "Die Streitkräfte der Achse betreten Ägypten nicht als Feindesland, sondern mit dem Ziel, die Engländer aus dem ägyptischen Territorium zu vertreiben und die militärischen Operationen gegen England fortzusetzen, die den Nahen Osten von der britischen Herrschaft befreien sollen. Die Politik der Achsenmächte ist von dem Grundsatz geleitet 'Ägypten den Ägyptern'."

Im September 1942 traf sich Sadat in Kairo mit zwei deutschen Geheimagenten, die ihm gefälschte Papiere, Funkgeräte und 20.000 Pfund Sterling für seinen Versuch überreichten, den deutschen Truppen in Ägypten den Weg zu ebnen. Doch die Briten kamen dem zuvor und nahmen Sadat sowie die beiden Deutschen fest. Auch der Chef des ägyptischen Generalstabs, Aziz Akli el-Masri, gehörte zum Kreis der Verschwörer und landete in Haft. Am 23.10.1942 begangen die Briten bei El-Alamein ihre erfolgreiche Gegenoffensive, die am 13.5.1943 mit der Kapitulation der letzten Achsentruppen in Nordafrika, auf der tunesischen Halbinsel Bon, endete.

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Westpreußen und der westfälische Kreis Warendorf, Streiflichter und Berührungspunkte gemeinsamer Geschichte von einander weit entfernter Landschaften zwischen 1914 bis heute.

In: Münsterland, Jahrbuch des Kreises Warendorf 2013, 62. Jahrg., Warendorf 2012, S. 101 - 116

In Westpreußen geborene Politiker hatten Bedeutung für die Region zwischen Ems und Lippe, ja für ganz Westfalen. Von 1922 bis 1933 amtierte als westfälischer Oberpräsident Johannes Gronowski aus Graudenz. Als Zentrumspolitiker war er dem linken Parteiflügel zuzurechnen. 1920 hatte er als Reichstagsabeordneter auf einer Zentrumsversammlung in Warendorf die Koalition mit der SPD gerechtfertigt, weil es darum gegangen sei, Autorität, Pflichtbewußtsein, den Schutz des Christentums und die christliche Schule in der Verfassung vor der Diktatur der Straße zu sichern und zu verankern. Er setzte sich erfolgreich für den Bestand der Provinz ein und lehnte eine geplante Ruhrprovinz ab. Ebenso förderte er den Ausbau der Infrastruktur. Trotzdem stieß der gelernte Schlosser, Gewerkschafter und Repräsentant der katholischen Arbeiterschaft, welcher das Dortmunder Parteisekretariat geleitet hatte, als westfälischer Oberpräsident auf Widerstand. Die Nominierung zum westfälischen Oberpräsidenten nahmen große Teile des Adels und des Bürgertums innerhalb des Zentrums zum Anlaß, mit der demokratischen Orientierung ihrer Partei abzurechnen. Unterstützung erhielten jene vom Westfälischen Bauernverein, dem Vorstand des Zentrums in Münster und der Zeitung 'Westfälischer Merkur, denen deer Aufstieg der Arbeiterschaft ein Dorn im Auge war. Die konservativen münsterländischen gesellschaftlichen Gruppierungen konnten sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, "die Provinz von einem Angehörigen des Arbeiterstandes und nicht des westfälischen Altadels oder des gehobenen Bürgertums repräsentiert zu wissen, wie dies seit 1815, seit dem ersten Oberpräsidenten Ludwig von Vincke, traditionell der Fall war. Hinzu kam, daß Gronowski kein gebürtiger Westfale war, sondern aus Westpreußen stammte. Den eigentlichen Stein des Anstoßes bildete der Klassenunterschied, die soziale Herkunft Gronowskis, obwohl angeblich sachliche Argumente wie die fehlenden Laufbahnvoraussetzungen und die komplizierte politische, wirtschaftliche, soziale und vor allem konfessionelle Struktur der Provinz als Hindernisse in den Vordergrund geschoben wurden."

Bereits 1920, zwei Jahre vor dem Amtsantritt, dürfte Gronowski bei einem Teil des durch Krieg und Revolution verunsicherten Bürgertums zur Unperson geworden sein, als er sich im Westfälischen Provinziallandtag rückhaltlos zur Weimarer Republik bekannte, indem er seinen Gegnern von der DNVP entgegenhielt, ihnen "passt die ganze Richtung nicht, Ihnen passt die Sozialpolitik des Zentrums nicht, Ihnen passt die Steuer-, Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht... Sie piepmeiern und jammern vergangenen Zeiten nach, statt aufzubauen. Darauf kommt es an. Sie sehnen sich nach den Zeiten, wo der Mensch noch nach Stand, Rang, Vermögen, nach Kleidung, Titel und Ordenszeichen unterschieden wurde. Das machen wir einfach nicht mit. Jede Partei hat nach der Revolution Opfer der Überzeugung bringen müssen, aber Sie scheinen Leute in Ihren Kreisen zu haben und aufzunehmen, die während des Krieges, nach dem Kriege und während der Revolution auch nicht einen Funken dazugelernt haben."

Ein weiterer Westpreuße ging einen anderen politischen Weg. Die starke Stellung der KPD in Ahlen personifizierte sich in dem kommunistischen Funktionär Max Reimann, der nach 1945 zum KPD-Vorsitzenden in Westdeutschland aufstieg. Er wurde am 31. Oktober 1898 in der Hafenstadt Elbing/Westpreußen geboren. Über seine Jugend liegen nur wenige Informationen vor. In jungen Jahren arbeitete er auf der Schichau-Werft seiner Heimatstadt. Möglicherweise war er in der Endphase des Ersten Weltkriegs Soldat gewesen und kam 1919 oder 1920 nach Ahlen. Zu dieser Zeit hatte sich seine politische Haltung offenbar bereits gefestigt. Zuerst Mitglied im Spartakusbund, trat er bereits 1919 der Nachfolgeorganisation des Bundes, der KPD, bei. In veröffentlichten Lebenserinnerungen will Max Reimann dagegen erst in Ahlen Kommunist geworden sein. Über seine dortige Ankunft berichtet Reimann: "Die Partei [KPD] dort war eben erst gegründet worden. Ich wurde auf der Schachtanlage eingestellt und bin, wie man so schön sagt, 'in Kost gegangen'. Das heißt, ich aß und schlief in der Wohnung eines später führenden Genossen [...]. Dieser [...] war es, der mich zum Kommunisten gemacht hat. Was bis dahin vom Gefühl und von elementaren Lebenserfahrungen kam, das kam jetzt auch vom Verstand."

Mit anderen kommunistischen Aktivisten arbeitete Max Reimann einige Jahre als Bergmann auf der Zeche Westfalen in Ahlen, einem Schauplatz heftiger sozialer und gesellschaftlicher Auseinandersetzungen während der 1920er Jahre. Dort betätigte er sich zwischen 1920 bis 1926 als kommunistischer Gewerkschaftsfunktionär im Range eines Kassierers, später als Revolutionäre Gewerkschaftsoppositions(RGO)-Sekretär. Nach 1945 erwies sich ein anderer Westpreuße, der aus Kulm stammende SPD-Vorsitzende Kurt Schumacher, als erfolgreicher Gegenspieler von Max Reimann in den Westzonen und der späteren BRD.

 

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Eine neue Partei? Der gescheiterte Versuch eines Vertriebenen in Ahlen zu Beginn der 1950er Jahre eine politische Bewegung aus der Taufe zu heben.

In: Münsterland, Jahrbuch des Kreises Warendorf 2013, 62. Jahrg., Warendorf 2012, S.

Weitere amtliche Quellen über den Parteigründungsversuch stehen nicht zur Verfügung. Auch die Presse beschränkte sich auf drei meldungen bezüglich der Angelegenheit. Die Ahlener Volkszeitung beließ es am 15. August 1951 im wesentlichen bei reiner Information: "Man wirbt für 'Padin'. Unsere Stadt soll Ausgangspunkt einer neuen politischen Bewegung werden. Genauer gesagt, ist sie es schon. Die Werber von 'Padin' geben Postkarten aus, auf denen Achtung vor dem Tode, Ehrfurcht vor dem Geist und Respekt vor dem Leben als die Bausteine zum Fundament eines neuen Deutschlands bezeichnet sind. Dann folgt das geheimnisvolle Wort 'Padin', das vorwärts gelesen die Abkürzung für 'Partei aller Deutschen in Not' bedeutet und rückwärts gedeutet den eigentlichen Namen dieser Partei ergibt als 'Nationalidealistische Deutsche Arbeiterpartei'." Die letztere Interpretation, welche eine Verbindung oder zumindest Ähnlichkeit zur verbotenen NSDAP nahe legte, dürfte der Grund für die empfindliche Reaktion der lokalen Behörden gewesen sein.

Drei Wochen später nannte die gleiche Zeitung den Urheber der Aktion: "Ganz so geheimnisvoll ist die Geschichte um Padin nun nicht mehr. Die dritte Postkartenwerbung mit der Parole: 'Macht Euch bereit!' und anderen schönen Sprüchen nennt als verantwortlichen Redakteur Hans Schimankowitz (Ahlen)."

Wenig später unterstellte die Ahlener Volkszeitung dem Parteigründer vornehmlich materielle Motive: "Jetzt weiß man es, wie das deutsche Volksvermögen restauriert werden soll. Auf dem Girokonto, das Padin bei der Stadtsparkasse Ahlen eingerichtet hat, sind die ersten 10 DM gespendet worden. Diese 10,-- DM, so gibt Padin bekannt, sind der Grundstein für ein neues deutsches Volksvermögen, aus dem zu gegebener Zeit allen Notleidenden geholfen werden soll. Zunächst werden sie aber Padin selber helfen."

 

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Erinnerungen an Dr. Franz Rohleder (1888 - 1975), Pädagoge, Geograph und Historiker in der Kreisstadt Warendorf.

In: Warendorfer Schriften, Bd. 41/42, Warendorf 2012, S. 33 - 42.

Franz Rohleder wurde am 3.12.1888 in Coesfeld als Sproß einer Lehrerfamilie geboren. Nachdem der Sohn des Lehrers und späteren Rektors Bernhard Rohleder den Besuch des humanistischen Gymnasiums ab 1899 in seiner Heimatstadt mit dem Abitur im Jahre 1908 abgeschlossen hatte, begann er das Studium in den Fächern Erdkunde, Geschichte und Deutsch an den Universitäten Straßburg, Leipzig und Münster. 1912 beendete er seine Studien durch eine geographische Arbeit über die Orometrie des Rothaargebirges mit der Promotion zum Dr. phil. Nach dem Staatsexamen zu Ostern 1914 absolvierte er seine Zeit als Studienreferendar und -assessor sowie wissenschaftlicher Hilfslehrer am Bismarck-Realgymnasium in Dortmund. Der Militärdienst im I. Weltkrieg blieb ihm, ob wegen beruflicher Unabkömmlichkeit oder aus gesundheitlichen Gründen, erspart. Anschließende führte ihn seine berufliche Laufbahn am 1.12.1918 als Seminaroberlehrer an das Warendorfer Lehrerseminar, wo er bis zu dessen Auflösung 1925 unterrichtete. In der Emsstadt lernte er auch 1921 seine Frau kennen. Im Lehrberuf bestach seine fachliche Kompetenz und menschliche Art. Im Unterricht bevorzugte er die exemplarische Methode.

 

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Geschichte des Kreises Warendorf, Vom Kaiserreich bis zum Ende der NS-Diktatur (1914 - 1945), 1. Halbband: Erster Weltkrieg, Weimarer Republik und Beginn der NS-Diktatur, Kommunalpolitik, Verwaltung, Wirtschaft und Kultur zwischen 1914 und 1945.

Quellen und Forschungen zur Geschichte des Kreises Warendorf, hg. v. Kreisgeschichtsverein Beckum-Warendorf e.V. durch Paul Leidinger und Mark Steinert, Bd. 43,2, Warendorf 2012.

Diese Erfahrungen führten offenbar dazu, daß die Behörden versuchten, die Übernahme von Krankheitskosten schon im Vorfeld abzulehnen, wenn sich nur eine Gelegenheit dazu bot. Im Frühjahr 1925 beschied der Amtmann Lechtape in Beelen der Witwe V. aus Ostenfelde, daß die Gemeinde für die Kosten ihres Krankenhausaufenthalts nicht "aufkommen kann. Wo Sie gesund und noch erwerbsfähig sind, müssen Sie selbst für Ihren Unterhalt sorgen. Sie werden ersucht, sich recht bald nach einem passenden Erwerbszweig umzusehen. Andernfalls bin ich gern bereit, Ihnen eine passende leichte Beschäftigung in einem größeren Krankenhaus der Industrie oder einer größeren Stadt gegen Verpflegung zu beschaffen." Der Ostenfeldener Pfarrer Nüse versuchte in diesem Fall zu vermitteln und schlug dem Amtmann in Beelen vor, "daß die von der Gemeinde Ostenfelde dem St. Jos. Hospital hierselbst überwiesene Witwe V. nach dem 1. April vorläufig noch gegen Mitarbeit im Hospital bleiben kann." Daraufhin wandte sich Amtmann Lechtape, offenbar verstimmt, an die Gemeidevertretung in Ostenfelde: "Pfarrer Nüse setzt auf Beihilfe seitens der Gemeinde Ostenfelde für die Verpflegung der Witwe V. Wäre es nicht weniger, daß Viehmeyer sich nach einer neuen Stelle umsieht, damit sie nicht weiter der Gemeinde Ostenfelde zur Last fällt?"

Selbst Handwerker waren oft nicht in der Lage, die Kosten für eine stationäre Behandlung zu tragen. So erklärte Ende Juni 1928 Gerhard L. aus Ostenfelde: "Meine Tochter Elisabeth, 6 Monate alt, befindet sich seit 18. Mai ds. Jrs. in der Universitätsklinik in Münster. Ich beantrage die Übernahme der Kosten auf die Fürsorge. Mein Beruf ist Stellmacher und arbeite ich ohne Gehülfen, der Arbeitsverdienst beträgt etwa 5,-- Mark. Es werden 2 Kühe gehalten und bewirtschaftete 4 Morgen Eigentum und 6 Morgen Pachtland." Im Frühjahr 1928 testierte Dr. Althoff in Warendorf: "Das Kind Agnes B. in Westkirchen, geb. 16.3.1922, Vater Theodor B., Schuhmacher, [...] leidet an Hüftgelenksverrenkung und bedarf der Behandlung im Hüfferstift in Münster." Der Vater erklärte, erläuterte und bat daraufhin: "Ich bin nicht in der Lage, die Kosten allein zu tragen. Die Behandlung des Kindes drängt sehr und werde ich das Kind in der nächsten Woche in die Hüfferstiftung auf meine Kosten einliefern. Ich bitte zu veranlassen, dass mir seitens der Gemeinde ein Zuschuß zu den Kosten gezahlt wird. Um [...] meine finanziellen Verhältnisse zu schildern, möchte ich nur andeuten, dass seit den 14 Jahren meiner Heirat 9 Kinder geboren, wovon 5 Kinder gestorben sind. Ferner sind durch die Behandlung und Verpflegung meines Kindes Laurenz in der Raphaelsklinik bezw. beim Prof. Dr. Tölben - Münster rund 400 M Kosten entstanden, die ich bis heute noch nicht gänzlich abgetragen habe, sodaß ich noch 70 M zu zahlen habe. Sodann habe ich bei der Einlieferung des Kindes in der Hüfferstiftung gleich 20 M Anzahlung geleistet. In diesem Frühjahr sind mir dann noch durch die Behandlung eines Kindes durch den Arzt Dr. Richter - Enniger infolge doppelseitiger Lungenentzündung, Mittelohrentzündung usw. Kosten im Betrage von 74,50 M entstanden. Diese Rechnung muß ich noch bezahlen. Das Kind ist dann noch gestorben." B. wurde "als hilfsbedürftig anerkannt [...] und [...] Tragung der durch den Aufenthalt bezw. Behandlung seines Krüppelkindes [...] entstehenden Kosten zugesagt."

Vor der gleichen Notsituation standen die Betreiber kleiner landwirtschaftlicher Anwesen. Ende Juli 1925 suchte der Kötter Bernhard B. aus Beelen um Hilfe nach: "Die Operation meiner Frau am 1. ds. Mts. im Krankenhaus hierselbst kostest mindestens 200 Mark. Diesen Betrag aufzubringen bin ich nicht in der Lage und bitte die Rechnung des Arztes [...] von der Gemeinde zu begleichen. Die Krankenhauskosten und Apothekerrechnung werde ich bezahlen. Meine Kötterei ist 11 Morgen groß und habe ich 2 schwachsinnige Kinder im Hause." Im Sommer 1939 bat ein Holzschuhmacher um Hilfe für die Kostenübernahme der stationären Behandlung seiner Frau: "Ich habe 10 Kinder im Alter von 19 - 3 Jahren. 2 Kinder sind in Stellung. Ich habe eine Landwirtschaft von 21 Morgen Eigen- und 8 Morgen Pachtland. Es sind 5.000,- RM eingetragene Schulden."

Selbst die Zugehörigkeit zu einer Krankenkasse konnte die Not der Kranken nicht abwenden, wenn es sich um chronische Leiden handelte. Anfang Februar 1922 wandte sich die Dienstmagd Christine S. aus Beelen um Hilfe an das zuständige Amt: "Ich bin Mitglied der Landkrankenkasse des Kreises Warendorf Sektion Beelen und bin seit dem 20. August v. Jrs. in der Raphaelsklinik in Münster, wo ich wegen Nervenleiden (Lähmung) behandelt werde. Vom 3. bis 20. August war ich im Krankenhaus zu Warendorf. Meine Mitgliedschaft bei der vorerwähnten Kasse ist mit dem 30. Januar ds. Jhrs. abgelaufen. Ich bitte veranlassen zu wollen, dass der Ortsarmenverband die Kosten in der Raphaelsklinik vom 1. Februar übernimmt. Meinen rechten Arm kann ich heute noch nicht gebrauchen. Anspruch auf Invalidenrente habe  ich nicht, das noch keine 100 Beitragsmarken für mich verwendet sind. Auch bin ich sonst mittellos. Um möglichste Beschleunigung wird gebeten, da ich aus dem Krankenhause ausgewiesen werden soll. Nach Ansicht des behandelnden Artzes - Professor Dr. Többen - würde ich wieder gesund werden, sofern ich dort verbleiben kann. Er wird noch bemerkt, dass mit dem Sterbetage meiner Mutter der Haushalt meiner Eltern aufgegeben worden ist." Obwohl der behandelnde Arzt schließlich noch eine Kur im Johanniter-Ordenshaus zu Bad Oeynhausen durchsetzen konnte, stellte sich eine Besserung des Zustandes der Kranken nicht ein, und der Arm blieb gelähmt. Schließlich riet Landeshauptmann Zuhorn "der Christine S. [...], sich zu ihrer in Angermünde wohnenden Schwester in Pflege zu begeben." Die soziale Wirklichkeit der 1930er Jahre spiegelt eine Entscheidung des Beckumer Versicherungsamtes und der vorgesetzten Dienststelle wider: "Nach § 184 Reichsversicherungsordnung haben die Mitglieder einer Kasse keinen Rechtsanspruch auf Gewährung von Krankenhauspflege; deren Gewährung liegt vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen des Kassenvorstandes. [...] Wenn es in diesem Falle auch sehr wünschenswert war, daß die beklagte Kasse die durch Aufnahme der Klägerin in die Raphaelsklinik entstandenen Kosten übernahm - denn der Wahrscheinlichkeit nach hing von dieser Aufnahme das Leben der Klägerin ab - so war das Oberversicherungsamt nicht in der Lage, der Berufung stattzugeben, da ein Rechtsanspruch auf Krankenhauspflege nicht gegeben ist." Ohne den stationären Aufenthalt in der Münsteraner Klinik wäre die Betroffene verstorben! 

In manchen Fällen bündelten sich Kriegsfolgen, Krankheit und andere widrige Umstände zu einer verschärften Notlage. Im Februar 1923 berichtete der Ortsarmenverband Beelen dem Landeshauptmann der Provinz Westfalen, Zuhorn: "Am 29. Dezember 1922 ist hier die stellungslose und arbeitsunfähig gewordene Dienstmagd Theresia B. mit ihren am 22. Juni 1922 geborenen unehelichen Kinde der öffentlichen Armenfürsorge anheimgefallen. [...] Der Alimentationsprozeß wegen dem Unterhalt schwebt noch [...]. Die Vorgenannte ist mit ihrem Kinde einstweilen bei ihrer Mutter, der Kriegerwitwe Katharina B., die aber ebenfalls von der Gemeinde unterhalten wird, untergebracht." 

Die Interpretation, ob es sich um einen Arbeits- und Wegeunfall handelte, entschied über die Unterstützung des Unfallopfers und seiner Familie. Ende Mai 1925 berichtete das ST. Josephs-Hospital in Ennigerloh dem Amt Beelen über einen seiner Patienten, den Steinbruch-Arbeiter Clemens S. [geb. am 17.12.1874 in Telgte] aus Westkirchen, der als Arbeiter von Porta-Union Westfalia, Vereinigte Cement- u. Kalkwerke AG auf der Rückkehr von der Arbeitsstätte vom Zuge überfahren wurde, ist seit dem 21. November hier im Krankenhause und kann noch nicht entlassen werden [linker Fuß mit Teil des Unterschenkels amputiert, rechter Fuß wurden die drei inneren Mittelfußknochen mit Zehen zertrümmert und mussten amputiert werden, schwere Kopfverletzung]. Da am 21.5. die Krankenkasse abgelaufen ist, so ersuchen wir um Übernahme der Kosten seit dem 22.5. einschließlich." Der Amtmann in Beelen beschied das Hospital in Ennigerloh abschlägig, denn: die Gemeindevertretung in Westkirchen hatte die Übernahme der Kosten für den Arbeiter Clemens S. abgelehnt, da "die Unfallberufsgenossenschaft für die entstandenen Kosten aufkommen" sollte.

Obwohl die Familie des Betroffenen inzwischen hilfsbedürftig geworden war, stellte die Steinbruchsberufsgenossenschaft in Münster gegenüber dem Amt Belen klar: "Bei dem Arbeiter Clemens S. in Westkirchen handelt es sich nicht um einen Betriebsunfall [...]. Zu den Kosten des Kunstbeins kann die Berufsgenossenschaft nichts beisteuern." Beim Kreiswohlfahrtsamt in der Kreisstadt geriet die Fürsorgesache Clemens S. inzwischen zum Rechenexempel: "Der Pflegesatz von 2,70 Mark erscheint uns reichlich hoch. Im hiesigen Krankenhaus beträgt der Pflegesatz nur 2,30 Mark. [...] Sollte eine Ermäßigung des Pflegesatzes nicht angängig sein, werden wir [...] die Überführung des Kranken in das Krankenhaus in Warendorf in Erwägung ziehen müssen."

Behinderte

Das Schicksal von Behinderten wurde um das behördliche Hin und Her, dass sich über mehr als ein Jahrzehnt hinziehen konnte, erschwert. Im Frühjahr 1918 erklärte Frau D. gegenüber dem zuständigen Amt, dass sie nicht beabsichtige, "den blinden Korbflechter Bernhard D. länger als zum 1. April zu behalten und kündige ihm hiermit." Der Amtmann in Beelen ging nicht gerade sensibel mit dem Blinden um und teilte ihm im Herbst des gleichen Jahres unmissverständlich mit, es wäre seine "weitere Unterbringung [...] in dem Hause der Frau D. ausgeschlossen, da auch sonst sich niemand hier in der Gegend gefunden, der Sie aufnehmen will, steht Ihre Obdachlosigkeit bevor. [...] fordere ich Sie hiermit auf, bis zum 1. Oktober ds. Jrs. hier nach zu weisen, dass Ihre Unterbringung anderweitig gesichert ist, anderenfalls von diesem Tage ab über Sie die gesetzlich zulässige Haft verhängt werden wird." Obdachlose wurden augenscheinlich wie Kriminelle behandelt.

Der Blinde wurde während der nächsten Jahre in verschiedenen Pflegestellen bei Familien untergebracht, wo er allerdings nie auf Dauer verblieb. So erklärte Ferdinand S. gegenüber dem Amt Beelen im Herbst 1920: "Der blinde Bernhard D., ein entfernter Verwandter von mir, hat mir die Bitte vorgetragen, ich möchte ihn in mein Haus aufnehmen und ihn an den Tagen, wo er sich nicht durch Arbeit die Kost verdienen kann, auch beköstigen und für seinen Unterhalt sorgen. Ich bin natürlich außerstande und habe auch keine Veranlassung diese Last auf unbestimmte Zeit [...] auf mich zu nehmen." Kurzzeitig fand er 1920 im Provinzial-Landarmen- und Krankenhaus in Geseke Aufnahme. Danach hielt er sich bei Verwandten in Ahlen auf und wurde behördlicherseits "auf Kosten der allgmeinen Fürsorge bei Privatleuten" in Beelen untergebracht. Zu einer möglichen Anstaltspflege des Betroffenen äußerte sich Ende 1929 der Landeshauptmann der Provinz Westfalen gegenüber dem Bürgermeister in Beelen: "Die Aufnahme des blinden Bernhard D. in eine Provinzialblindenanstalt kann wegen seines vorgerückten Alters nicht erfolgen. D. war bereits von 1882 - 1886 in der Provinzialblindenanstalt Paderborn. Die Blindenanstalt [...] berichtet mir in dieser Angelegenheit folgendes: 'Bernhard D. ist uns bekannt. Nach seinem Vorleben ist er nicht für unsere Anstalt geeignet. Aus gelegentlichen Nachrichten wissen wir, dass er trotz vorhandener Arbeitsgelegenheit sich nicht gern beschäftigte, sondern sich stets nach anderen Verhältnissen sehnte. Darum halten wie es für ausgeschlossen, dass er sich in seinem Alter noch in einer Anstalt für dauernd eingewöhnt. Auch würde er durch seine sonstigen Charaktereigenschaften störend im Gemeinschaftsleben wirken.'" Die letzten Nachrichten über den Betroffenen stammen vom Beginn der 1930er Jahre, als Heinrich A. berichtete: "Am 1. Oktober wurde auf Gemeindebeschluß der Blinde Bernhard D. in meine Pflege übergeben. In der Überweisung wird verlangt: gute Verpflegung, gutes Schlafzimmer und angemessene Wärme. Jetzt verlangt die Gemeinde von dem ganz mittellosen u. arbeitslosen 61jährigen Mann, der zu dem noch an Blasen- u. Nierenleiden erkrankt ist, für Reinigung und Instandhaltung der Wäsche und sonstiger Kleidungsstücke selbst aufzukommen. Wegen des Blasenleidens ist eine besondere intensive und teilweise nicht sehr angenehme Reinigung erforderlich. Seine 5 RM Monatshandgeld reichen bei weitem nicht aus für Arzneien". 1931 bemühte sich der Blinde bei den Behörden um die Lieferung einer Patentblase sowie die Beschaffung eines Urinals und Mitte 1932 gibt es einen letzten Hinweis auf einen Krankenhausaufenthalt des Bernhard D.

Mitte Januar 1925 erschien beim Bezirksfürsorgeausschuss des Kreiswohlfahrtsamtes in Warendorf der Landwirt Franz L. aus Beelen und stellte einen Antrag für seinen Bruder, welcher von Geburt an geistig behindert war, um für ihn Bekleidungsstücke zu beschaffen: "Bisher hat man ihm nur eine Werktagshose zur Verfügung gestellt. [...] Mein Bruder ist 45 Jahre alt und beschäftigt sich mit leichten Arbeiten auf meinem Acker (5 Morgen). Ab und zu hilft er auch bei Nachbarn. Er ist nicht in der Lage einen nennenswerten Lohn zu verdienen. Ich bin nicht imstande, ihn fast unentgeltlich zu unterhalten, zumal ich nur ein geringes Einkommen und 4 Kinder (7 - 15 Jahre) habe." Der Amtmann Lechtape in Beelen beschied dem Antragsteller. "Die Gemeindevertretung lehnte Ihren Antrag auf Beschaffung von Kleidungsstücken für Ihren Bruder [...] ab, mit der Begründung, dass sie [...] aus der Arbeit Ihres Bruders den Verdienst hätten. Die Gemeinde Beelen ist jedoch bereit, [...] Ihren schwachsinnigen Bruder in einem Krankenhaus eine dauernde Unterkunft als Hausknecht zu beschaffen."

Ledige Mütter und kranke Kinder

Die Geburt eines Kindes konnte für die Betroffene eine materielle Notlage bedeuten, wenn wie im Fall der Sünninghausener Dienstmagd Maria P., die Behörden darauf bestanden, die durch ihre Entbindung entstandenen Kosten beizutreiben: "Falls die P. die Zahlung verweigern sollte, ersuchen wir [...] um eine Äußerung über ihre Einkommensverhältnisse und über die Einkommensverhältnisse ihrer Eltern und um Mitteilung, ob pfändbare Sachen vorhanden sind."

In einem ähnlich gelagerten Fall wandte sich im Frühjahr 1921 Dr. Baumeister in Herzfeld an die Armenverwaltung Lippborg: "Die Dienstmagd Angela H. in Lippborg [...] sieht ihrer Niederkunft gegen Anfang Mai entgegen. Ich beabsichtige dieselbe zur Entbindung der Hebammenlehranstalt Paderborn zu überweisen, auf der Lehrabteilung dortselbst würde sie für 42 Tage unentgeltlich Aufnahme finden. [...] Zugleich ersuche ich die Armenverwaltung schon jetzt Fürsorge treffen zu wollen zwecks Unterbringung des Kindes." Die Betroffene war 1901 in Kommern bei Brüx in Böhmen geboren und besaß die österreichische Staatsangehörigkeit. Seit 1912 befand sie sich in Deutschland und gab an: "Ich bin seit Mitte August 1920 im Zustande der Schwangerschaft. Erzeuger ist der Maurer Franz K. aus Lippborg [...]. Ich bin alleinstehend, meine Mutter ist tot, mein Vater wohnt in Österreich und ohne Vermögen. Ich bitte zur Entbindung um Unterbringung in die Hebammenlehranstalt zu Paderborn. Zu den entstehenden Kosten kann ich nicht beitragen. Der Erzeuger Franz K. hat mir die Ehe versprochen und außerdem die Tragung sämtlicher entstehender Kosten." Das erwiessich zum beträchtlichen Teil als Trugschluss, denn auf behördliche Ladung erklärte der Maurer Franz K.: "Ich habe nicht die Absicht die H. zu heiraten. [...] Ich bin bereit, die für die Entbindung entstehenden Kosten zu tragen. Augenblicklich bin ich nicht in der Lage, einen entsprechenden Betrag zu hinterlegen." Der Landeshauptmann der Provinz Westfalen lehnte eine Unterstützung ab und stellte das weitere Vorgehen auf die ausländische Staatsangehörigkeit der Betroffenen ab: "Sache des Ortsarmenverbandes Lippborg ist es [...], die Ausweisung der H. zu betreiben." Politisch war dabei pikant, dass nicht klar war, in welches Land die Dienstmagd abgeschoben werden sollte: Nach Österreich, ihrer Staatsbürgerschaft gemäß, wo sie aber nie gelebt hatte, oder in die Tschechoslowakei, zu der ihr Geburtsort und ihre Heimat Böhmen nach dem Untergang der Donaumonarchie 1918 gehörten.

Ledige Mütter befanden sich häufig im Focus der Armenfürsorge. Die 1899 bis Anfang 1919 im Kspl. Beckum wohnhafte Dienstmagd Clara W. kam am 1. Mai 1919 infolge Schwangerschaft in das Antoniusstift zu Münster. Über den Vater ihres Kindes konnte sie "nähere Angaben nicht machen. Ich war eine Stunde mit ihm zusammen, den Namen habe ich nicht erfahren." Im Frühherbst 1925 notierte das Kreiswohlfahrtsamt bemerkenswerter Weise: "Es ist oft die Erfahrung gemacht worden, dass gerade werdende uneheliche Mütter ihre Niederkunft da erwarten, wo sie vollständig unbekannt sind und es ablehnen, in eine Entbindungsanstalt zu gehen, die in ihrer Heimat oder deren näheren Umgebung gelegen ist." Das Kreisjugendamt, das Kreiswohlfahrtsamt und der Landrat in Warendorf unterrichteten im Herbst 1925 die Ortsbehörden: "In den Fällen, wo durch die Entbindung unehelicher Mütter in Anstalten Kosten entstehen, trägt der Bezirksfürsorgeverband wie bei allen Fürsorgefällen die Hauptlast. Wir halten es daher nicht für angebracht, dass der kath. Fürsorgeverein wegen der Unterbringung der Schwangeren vorher mit den einzelnen Gemeinden verhandeln soll. Es dürften u. E. vollständig genügen, wenn der Verein mit dem Jugendamt, das in fast allen Fällen die Vormundschaft übernimmt, die näheren Vereinbarungen trifft. [...] Die Tätigkeit des kath. Fürsorgevereins auf dem Gebiete der Schwangerenfürsorge usw. muß in jeder Weise anerkannt werden und ist ein Hand in Hand arbeiten zwischen Fürsorgeverein, Jugendamt und Ortsbehörden unbedingt notwendig."

Im November 1923 erklärte Elisabeth M. aus Westkirchen: "Die Unterstützungskosten für meine Kind kann ich nicht erstatten, denn ich besitze kein Vermögen und habe kein Einkommen. Meine Eltern besitzen kein Vermögen und sind ebenfalls nicht in der Lage, die Kosten zu erstatten. Mein Vater ist Tagelöhner. Außerdem bekomme ich bei meinen Eltern den vollen Lebensunterhalt für mich und mein Kind. Seit Aufhören meiner letzten Beschäftigung bin ich ohne Arbeit gewesen. Vorläufig kann ich des Kindes wegen keine Beschäftigung aufnehmen. Vater des Kinders ist der Schlosser Wilhelm Wildt, dessen zeitiger Aufenthalt mir nicht bekannt ist." Trotz über mehr als neun Monate währender eifriger Bemühungen der Behörden bis hinunter nach Bayern war der Vater des Kindes nicht zu ermitteln. Die Verwaltung hechelte von dem einen angeblichen Aufenthaltsort zu dem nächsten dem Gesuchten hinterher. zuletzt wurde sein Verbleib sehr konkret in einem süddeutschen Krankenhaus benannt. Auf eine diesbezügliche Anfrage am entsprechenden Ort musste sich der Amtmann in Beelen belehrten lassen, dass es dort überhaupt kein Krankenhaus gab. Unterdessen erging sich die ledige Mutter offenbar in Anspruchsdenken, denn der Amtmann in Beelen stellte im Frühjahr 1924 gegenüber Elisabeth M. klar: "Die [...] hier eingereichte Rechnung für einen Klappverdeck-Kinderwagen habe ich [...] Winkelmann-Ennigerloh zurückgesandt, weil der Armenvorstand Westkirchen die Begleichung der Rechnungssumme abgelehnt hat, da er die Beschaffung eines Klappverdeckwagens auf Armenkosten nicht glaubt verantworten zu können."

Kranke Kinder stellten insbesondere in den wirtschaftlich fragilen Jahren nach dem Ende des Ersten Weltkriegs eine materielle Belastung für die betroffenen Familien dar. Im Frühjahr 1921 erklärte Katharina W. in Lippborg, dass ihr kleiner Sohn aus dem Pflegehaus Düsseldorf, Fürstenwallstraße, zur Familie zurückgekehrt sei: "Das Kind hat gar keine Kleidungsstücke nur Lumpen am Leibe. Da die Beschaffung von Kleidung uns sehr viel Kosten verursacht, die für uns zur Zeit unerschwinglich sind, so bitte ich, mir für diesen Zweck eine einmalige Beihilfe [...] gewähren zu wollen. Ich bemerke noch, dass das Kind stark verkrüppelt ist und besonders gut gepflegt werden muß." Ende März 1925 schilderte der Schlosser Josef F. aus Westkirchen seine Notlage: "Meine 8 Jahre alte Tochter Gertrud ist seit zwei Jahren kränklich und liegt seit 4 Wochen im Krankenhaus zu Enniger. Der Aufenthalt für meine kranke Tochter im Krankenhaus Enniger kostet täglich 1,75 M. Es ist mir ganz unmöglich, diese Geld täglich zu bezahlen. Ich habe 3 Kinder, meine Frau ist seit 5 Jahren kränklich und in ärztlicher Behandlung. Weil sie z. Z. bettlägerig ist, musste ich zur Führung des Hauhalts und zur Pflege der [...] Kinder eine Haushälterin halten, was für meine Verhältnisse als Fabrikarbeiter große Ausgaben bedeutet."

Anfang 1938 notierte ein Berufsmusiker im damaligen Kreis Beckum: "Zu den Krankenhauspflegekosten des Kindes kann ich keinen Beitrag leisten. Mein zeitiges Einkommen [...] schwankt zwischen 80 bis 100 RM monatlich. Ich habe bekanntlich 9 Kinder, von denen noch 6 Kinder bis zu 13 Jahren zu Hause sind. Bernhard, 18 Jahre alt, ist als Knecht bei dem Bauern August F. und hat einen Monatslohn von 45 RM bei freier Station. Er gibt durchschnittlich monatlich 15 bis 20 RM an mich ab. Werner, 16 Jahre alt, erlernt bei dem Bäckermeister S. [...] das Bäckerhandwerk, Alfred, 15 Jahre alt, ist bei der Ww. D. [...] als Kleinknecht. Er verdient monatlich 15 RM bei freier Station. Ich muß monatlich 30 RM Miete zahlen."

Verschärfung der Armut durch die zeitpolitische Situation

In Ahlen liefen arme Familien Gefahr, aufgrund der besonderen gesellschaftlichen Lage in der Stadt zwischen die politischen Fronten zu geraten. Es drängt sich hierbei die Frage auf: Wurde Armut seitens der Behörden und von Teilen der Gesellschaft als asozial empfunden mit der Stigmatisierung der einzelnen Betroffenen, da sonst die Gefahr der expliziten oder impliziten Systemfrage bestanden hätte? Folgender Fall wurde offenbar sowohl von den lokalen Behörden, weil er anscheinend in die von ihnen gepflegten moralisch-sittlichen und konfessionellen Vorbehalte passte, als auch von der KPD, die sich gemäß den Erwartungen ihrer Anhängerschaft als sozial und aufmüpfig-revolutionär gegenüber der Exekutive gebärdete, instrumentalisiert. Die Sache entzündete sich an einem Beschluss des Amtgerichts Ahlen unter Vorsitz des Amtsgerichtsrats Sommer. Über die sechs Kinder der Familie S./W., darunter zwei als 'außerehelich' bzw. 'unehelich' bezeichnete, unter der Betonung, alle wären evangelisch, wurde im Herbst 1924 die Fürsorgeerziehung mit Hinweis auf die traurigen Wohnungsverhältnisse verhängt und wegen der "Gefahr für das leibliche Wohl der Minderjährigen [...] als die Eltern nicht so viel Mittel aufbringen können, als zur Ernährung und Bekleidung der Minderjährigen erforderlich ist. Sie sind unzureichend gekleidet, verschmutzt und verlaust, gehen betteln und erregen durch ihr Erscheinen Anstoß. Die Eltern gehen einer geregelten Beschäftigung nicht nach. Josef W. ist wegen seiner unregelmäßigen Arbeit von der Zechenverwaltung entlassen. Friedrich S. ist Invalide und verrichtet nur Gelegenheitsarbeit. Der Minderjährige August S. ist gleichfalls arbeitsscheu und zu keiner anständigen Arbeit zu bringen. Er ist wegen Versäumnis der Fortbildungsschule wiederholt bestraft. Die Minderjährigen verkommen auch geistig, da die Familie moralisch sehr tief steht. Frau W. hat 2 außereheliche Kinder geboren. Ihre Schwester Emilie hat die Minderjährige Margarete S. unehelich erzeugt. Ihre weitere Schwester Hermine ist im Jahre 1921 zur Fürsorge gebracht worden, weil sie wegen Diebstahl bestraft ist und festgestellt wurde, dass sie sich fortgesetzt im elterlichen Hause Männern hingab. [...] haben sich bis zu 8 junge Männer gleichzeitig in der Wohnung bei den Schwestern S. aufgehalten. Einem [...] vernommenen Zeugen sind 20 Männer bekannt, welche der Hermine geschlechtlich beigewohnt haben. Es ist damals auch ein Verfahren wegen Gewerbsunzucht gegen sämtliche Schwestern S. eingeleitet worden, aber nicht zur Durchführung gelangt. Ihre Führung u. ihr Verkehr sind immer noch bedenklich. Sie haben schon in Wischerhöfen, wo sie früher wohnten, einen sehr schlechten Eindruck gemacht und wurden dort schon als verwahrlost angesprochen. Die Minderjährigen müssen unter solch traurigen Verhältnissen einer immer größeren Verwahrlosung zufallen."

Daraufhin schaltete sich die lokale KPD en und beschränkte sich nicht darauf, in der Stadtverordnetenversammlung einen Antrag einzubringen, "dem Invaliden S. mit seiner Familie, jetzt wohnhaft in der Baracke am Wetterweg, sofort eine neue Wohnung zu beschaffen." Die kommunistischen Stadtverordneten Jacob Bogler und Ernst Jahn griffen die in das Fürsorgeerziehungsverfahren S. involvierten Fürsorgeschwestern Rohr und Tenkhoff scharf und beleidigend an, was ein weiteres Gerichtsverfahren vor dem Schöffengericht in Münster nach sich zog. Der Oberstaatsanwalt warf Bogler und Jahn vor, während einer Stadtverordnetenversammlung die Fürsorgeschwestern verächtlich gemacht und in der öffentlichen Meinung herabgewürdigt zu haben, indem sie behaupteten, die Fürsorgeschwestern hätten in dem Fürsorgeverfahren bewusst falsche Angaben und Lügen verbreitet. Außerdem hätten die beiden KPD-Mitglieder in Richtung einer der Schwestern die Bemerkung "'Pfui Deibel für solch ein Weibsstück'" fallen gelassen.

Doch nicht nur im politischen und sozialen Brennpunkt Ahlen präsentierte sich die soziale Situation mitunter heillos. Mitte der 1930er Jahre berichtete die Fürsorgerin Johanna Schwarte über den Vater eines in Warendorf befindlichen Pflegekindes: "Hermann H. hat weder feste Arbeit, noch Wohnung, er ist auf der Herberge gemeldet. Er ist wegen Beihilfe zur Abtreibung mit Gefängnis bestraft und lebt nach Aussage der Polizei mit Wilhelmine D. in wilder Ehe. Diese hat unehelich geboren und ist wegen Meineids im Alimentenprozeß mit Gefängnis bestraft.  Wie die Nachbarn aussagen, empfängt sie ständig Männer in ihrer Wohnung. Erst hieß es, sie wolle den H. heiraten, jetzt hat sie aber einen andern Arbeiter, der sich ihretwegen von seiner Frau hat scheiden lassen und sie heiraten will. H. verkehrt trotzdem bis jetzt noch dort und ist von der Polizei schon oft spät dort angetroffen und herausgeworfen worden. Das Kind hat große Angst [...] und macht einen großen Umweg, wenn es ihn sieht, es sagte, er sei ja immer betrunken gewesen."

Über die tatsächliche soziale Lage der Textilarbeiterschaft gibt das Gesuch vom Beginn des Jahres 1935 um Prolongation eines Darlehens Aufschluss: "Mein Mann ist bei der Firma Wiemann & Bispink gegen einen Nettolohn von wöchentlich 20 RM beschäftigt. Militärrente erhält er außerdem in Höhe von monatlich 27 RM. Es sind 5 Kinder im Alter von 10 Wochen bis zu 11 Jahren vorhanden." Selbst Grundgesitz schützte nicht vor materieller Notlage, wie aus einem Bericht des Warendorfer Bürgermeisters vom Mai 1937 hervorgeht: "Wwe. P. hat zwei Kinder, von denen eines (Tochter) in Düsseldorf verheiratet ist. Der Schwiegersohn ist nicht in der Lage, zum Unterhalt seiner Schwiegermutter beizutragen. Der Sohn der Wwe. P. ist bei der Firma Oberstadt beschäftigt und hat ein monatliches Einkommen von 150 RM. [...] Mir ist bekannt, daß das Haus der Wwe. P. in wenig gutem Zustand ist, vor allem ist das Haus im Untergeschoß feucht. Die Mieter legen Wert darauf, daß Aufwendungen zur Beseitigung dieser Mißstände gemacht werden."

 

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Geschichte des Kreises Warendorf, Vom Kaiserreich bis zum Ende der NS-Diktatur (1914 - 1945), 2. Halbband: NS-Herrschaft und Zweiter Weltkrieg.

Quellen und Forschungen zur Geschichte des Kreises Warendorf, hg. v. Kreisgeschichtsverein Beckum-Warendorf e.V. durch Paul Leidinger und Mark Steinert, Bd. 43,2, Warendorf 2012.

Am 15. Juli 1942 teilt der Leutnant Klawitter, Ordonnanzoffizier einer Panzerspähabteilung an der Ostfront, der Familie Gödde in Liesborn mit: "Ich habe die traurige Pflicht, Ihnen mitzuteilen, dass Ihr Sohn, der Gefreite Franz Gödde, geb. am 31.10.1912, am 10.7.1942, um 23.00 Uhr [...] gefallen ist. An diesem Tage befand sich die Abteilung im Raume von Korotojak am Don und wurde in den Abendstunden von Fliegern angegriffen. Die Splitter einer in der Nähe seines Wagens abgeworfenen Bombe trafen ihn so unglücklich, dass sie den sofortigen Tod herbeiführten." Ein Kamerad des Gefallenen informierte die betroffene Familie Monate später über Details des Schicksals des Getöteten und die Situation an der Ostfront: "Im Kampfe des  Brückenkopfs Korotajak hat unsere ganze Division wohl das Schlimmste mitgemacht. Fünf Tage waren wir auf der anderen Seite des Don, da die Kämpfe mit den ruß. Panzern zu groß, haben wir die andere Seite des Dons aufgegeben, es waren da nur einige Häuser und anschließend Wald. Auf dieser Seite (westl.) liegt die mittelgroße Stadt. [...] Die Stadt war durch uns erst bombardiert worden, und jetzt, wo wir nun da lagen, kam der Russe nur nachts und warf die Bomben, durch die brennenden Häuser hatte er immer gutes Ziel. Durch das Erzählen eines Kameraden, der mit Franz draußen im Zelt geschlafen hatte, ist eine Bombe ins Zelt gegangen. In diesem Lager hatten sie mit vier Mann gelegen, und dieser, der übrig geblieben war, hatte gerade Wache. Franz soll durch den Luftzug bis ins Kartoffelfeld geflogen sein, seine andern Kameraden haben mehr davon abbekommen. Die Leichen sind mit dem Auto etwa 10 km Richtung westlich der Straße nach Ostrogoschsk gebracht [...], wo ich eine Nacht nach Aufgabe des Brückenkopfes mit der Kompanie übernachtet habe. [...] Der Brückenkopf Korotojak wird für mich immer eine Erinnerung sein, es war eine Zeit härtester Kämpfe. Es ist nur schade, dass wir die toten Kameraden nicht mitnehmen konnten, welche auf der anderen Seite des Don gefallenen und begraben wurden, wo der Russe jetzt wieder ist."

Ende August 1942 teilte ein Oberleutnant und Kompaniechef einer betroffenen Familie in Neubeckum mit, "daß ihr Stiefsohn Paul Apelmeier am 2.7.1942 für Volk, Führer und Vaterland gefallen ist. Ihr Stiefsohn wurde von einer anderen Einheit aufgefunden und in Kriwuscha 18 km südlich Olonin beigesetzt." Gefreiter Paul Meier aus Hoetmar fiel an der Ostfront am 10. August und der Obergefreite Georg Heitmann aus der gleichen Gemeinde einen Monat später. Ende Oktober 1942 informierte der Fürsorgeoffizier beim Polizeipräsidenten in Dortmund, ein Revier-Oberlt. d. Schupo, den Freckenhorster Amtsbürgermeister Julius Lücke: "Am 17.10.1942 starb der Oberwachtmeister der Schutzpolizei Bernhard Bisping an der Ostfront den Heldentod." Anfang November 1942 ging aus einer Mitteilung des Freckenhorster Amtsbürgermeisters an den Polizeipräsidenten in Dortmund die Tragik des Falles hervor: "Der Wunsch des Vaters war, daß sein jüngster Sohn Bernhard ein Handwerk erlerne, in dem elterlichen Häuschen einheirate und die Eltern an ihrem Lebensabend mit versorge. Der Sohn zeigte aber keine Neigung, einem Handwerk nachzugehen. Sein Wunsch war, Panzersoldat oder Polizeibeamter zu werden. Schließlich gab der Vater hierzu seine Einwilligung. Er glaubte, daß sein Sohn sich später als Polizeibeamter auch wohl nach Freckenhorst versetzen lassen und damit die Eltern unterstützen könne."

Obergefreiter Bernhard Volmer aus Hoetmar fiel am 17. Dezember 1942. Im Herbst 1941 meldete der Freckenhorster Amtsbürgermeister Lücke dem Wehrmachtsfürsorge- und Versorgungsamt in Hiltrup, dass der Obergefreite Felix Dahlhoff aus Freckenhorst am 11. November 1941 gefallen sei. Nahezu zwei Jahre später wandte sich der Freckenhorster Amtsbürgermeister erneut an diese Dienststelle: "Die Geschwister Dahlhoff haben noch einen Bruder, der als Obergefreiter bei der Feldposteinheit Nr. 114 41 in Stalingrad vermisst ist." Auch Heinrich Schürmann aus Freckenhorst war einer der Soldaten, die im Januar 1943 im Kessel an der Wolga sinnlos geopfert wurden.

Unser Lippborger Chronist schrieb am Neujahrstag 1943, zwar offenbar noch unbeeinflusst von den Kämpfen um Stalingrad, weiterhin generell optimisstisch, doch schon nachdenklicher, allerdings mit deutlichen Untertönen der Larmoyanz: "An jedem Neujahrstag denkt man: Ob es dieses Jahr wohl Frieden gibt? Und immer weiter geht das Morden. Alles andere war nur ein Spiel gegenüber dem, was in Russland geleistet werden muß. Unsagbar sind die Entbehrungen und Strapazen, die unsere Krieger erdulden müssen. Leider muß so mancher sein Grab finden, sind doch allein aus der Bauerschaft Assen im letzten halben Jahr fünf der Besten gefallen: Albert Steinfhoff, Theodor Demand, Heinz Hohoff-Vorsmann, Heini Stengel und Ferdinand Overbeck. [...] Doch zäh und immer noch stark ist der Gegner: Hoffentlich gelingt in diesem Jahr der endgültige Durchbruch. Es wird allmählich Zeit, dass ein Ende gemacht wird. [...] Und wenn dieses Jahr zu Ende ist, werden wir auch wieder weiter sein, dem Sieg entgegen, wenn vielleicht auch noch nicht erreicht. Bis dahin beschütze uns Gott und unsere wackeren Krieger. Es lebe Deutschland!"

Als im Februar 1943 die militärische Katastrophe bei Stalingrad nicht mehr zu verheimlichen war, rief der NSDAP-Kreisleiter Wemhöner die Bevölkerung des damaligen Kreises Beckum in der Diktion der Goebbels-Propaganda auf und warnte die Menschen in Ahlen, Oelde, Herzfeld, Lippborg, Sendenhorst u.a, zugleich, "daß sie sich des Ernstes der Stunde und Bedeutung der vom Führer angeordneten notwendigen Maßnahmen bewusst ist und in der Stunde der Not treu zum Vaterland steht. Bei der Durchführung der Maßnahmen werde ich mit unerbittlicher Strenge gegen all die vorgehen, die versuchen sollten, sich zu drücken. Wer es auch immer sei, es wird nicht geschont, sondern radikal vorgegangen. Der totale Krieg bringt zweifelsohne Härten und manche Schwierigkeiten mit sich. [...] Von jedem Volksgenossen im Kreisgebiet erwarte und verlange ich rücksichtsloses und pflichtgetreuen Einsatz."

Der Gefreite Heinrich Hollmann aus Hoetmar fiel am 9. Februar 1943. Der Kanonier Josef Buschkötter aus Hoetmar verstarb am 24. Februar 1943 an den Folgen einer schweren Verwundung im Reserve-Lazarett II in Görlitz. Peter Düpmann aus Freckenhorst fiel in der Sowjetunion am 27. Februar 1943. Gefreiter Josef Tepper aus Freckenhorst fiel am 11. Mai 1943. Heinrich Dors aus dem gleichen Ort fiel am 8. August 1943. OT-Mann Theodor Klüsener verstarb im Lazarett Burgsteinfurt am 29. September 1943. Der Grenadier Theo Westermann aus Liesborn fiel am 7. Oktober 1943 nordwestlich von Krementschug. Obergefreiter Heinrich Splietker aus Neuwarendorf fiel am 17. November 1943. Der SS-Rottenführer Bernhard Kortenjann aus Hoetmar verstarb im Kriegslazarett Larissa am 18. November 1943.

Zum Jahresende 1943 sprechen aus den Aufzeichnungen des Lippborger Chronisten Niedergeschlagenheit, welche Verrat wittert und klagt: "was hat dieses vergangene Jahr wieder für Unheil und Sorgen gebracht. ... Nun ist auch L. ihr Mann in Russland vermisst. Gehörte zur 6. Armee, die durch italienischen Verrat in Stalingrad eingeschlossen werden konnte. Wollen wir hoffen, dass er noch lebt und in Gefangenschaft ist. Ob dies nun besser ist als der Tod? ... Im Mai kam auch Bruder H., der in Afrika kämpfte, in Gefangenschaft. [...] Auch M. ihr Ältester, C., ist in Stalingrad geblieben. ... Sonst gibt es fast nichts mehr zu kaufen. [...] Die furchtbaren Fliegerangriffe vernichten manche Stadt [...]. Denn noch immer tobt der Krieg weiter. Im Osten haben wir viel Raum aufgegeben, weil dort viele Truppen herausgezogen wurden. Durch Verrat der Italiener mußten wir Afrika und Sizilien aufgeben. Nun stehen Engländer und Amerikaner in Süditalien. Unsere Fronten sind weit auseinander. Das braucht Truppen und nochmals Truppen und Waffen. Könnten wir an einer Stelle richtig zuschlagen, wärs für den Gegner aus, den es träfe... [...] ist fast das ganze westdeutsche Reich von den Fliegern mitgenommen worden. Obdachlose sind in den Landgemeinden untergebracht. Auch Münster ist durch Bomben stark mitgenommen. [...]. An die 60 Gefallene sind schon in unserer Gemeinde. Auch Heinz Frie [...] ist darunter. Mit unserem Herrgott ins neue Jahr, auf ihn und auf unser Volk vertrauen, dann werden wir es schaffen. Das walte Gott. Amen."

Der Gefreite Johann Schmäing aus Freckenhorst fiel am 4. Januar 1944. Hermann Schipper aus der gleichen Gemeinde fiel zwei Tage später. Adolf Stork aus Hoetmar fiel am 5. Januar 1944. Anfang Januar 1944 informierte der Amtsbürgermeister Haase das Reservelazarett in Sudauen: "Der Gefreite Bernhard Reckhorn aus Milte hat, da sich in Warendorf ein Reservelazarett nicht mehr befindet, am 15.11.1943 Aufnahme im Reservelazarett Ahlen [...] Sankt Michael gefunden." Josef Meier aus Neuwarendorf fiel am 9. Februar 1944.

Ein Leutnant Petzold, Kompanie-Führer der Einheit mit der FP 13224 G an der Ostfront, unterrichtete Mitte März 1944 August Schütt, der nach Ostbevern evakuiert war, "daß Ihr Sohn, der Obergefr. Heinrich Schütt, geboren am 14.8.1920 in Münster, seit dem 12. Februar als vermisst gelten muß. [...] Bei den schweren Abwehrkämpfen nordwestl. Newel getreu seinem Fahneneid seine Pflicht als Krankenträger tuend, war Ihr Sohn einer anderen Einheit zugeteilt. Zu Beginn des russischen Angriffs am 12.2.1944 Verwundete bergend, wurde er nach Beendigung der Kampfhandlungen nicht mehr gesehen und seit dem fehlt jede Spur." In einer anderen Meldung heißt es, dass der 1923 geborene Sohn der aus Aachen evakuierten, jetzt in Milte wohnenden, Familie Strauß als Obergefreiter seit dem 21. Juli 1944 bei Ostrow vermisst sei. Ewald Meier aus Ostbevern fiel am 16. April 1944. Bernhard Siekmann aus Hoetmar fiel am 13. Mai 1944. Hermann Meibeck aus Freckenhorst fiel am 16. Mai 1944.

Für manche Unternehmen der Finanzbranche standen bei Gefallenen- und Vermisstenmeldungen der finanzielle Aspekt im Mittelpunkt des Interesses. Mitte Mai 1944 wandte sich die Iduna-Germania, Filialdirektion Münster an den Bürgermeister in Ostbevern: "Wie wir  hören, wird [...Heinrich Stadtmann], der eine Lebensversicherung bei uns laufen hat, vermisst. Die Lebensversicherung ist seit dem 1.2.44 unbezahlt." Spätestens mit der Währungsreform 1948 war diese Versicherung nicht mehr viel wert.

Fritz Wiengarten aus Freckenhorst fiel am 29. Juli 1944. Mitte August 1944 meldete ein Hauptfeldwebel von der Einheit mit der Feldpost-Nr. 07306 August Austermann in Everswinkel: "Obergefreiter Paul Austermann, geb. 21.3.1911 [...] ist am 15.7.1944 um 22.00 Uhr auf dem Hauptverbandsplatz [...] an seiner [...] schweren Verwundung gestorben. Seine sterbliche Hülle wurde am dem Div.-Heldenfriedhof in Poczapy beigesetzt, Reihe 1a, Grab Nr. 4a. Die Ortschaft liegt 6 km nördlich der kleinen Bahnstation Ruda an der Strecke Cholm - Kowel. [...] Ihr Bruder gehörte erst wenige Tage der Kompanie an, als er am 15.7.44 bei einem Artl.-Feuerüberfall im Kampfgraben verwundet wurde. Unsere Hoffnung, daß es nach sofortiger Bergung der Kunst der Ärzte gelingen möge, sein Leben zu erhalten, hat sich nicht erfüllt. Wieder beklagen wir in diesem harten Kriegssommer des Jahres 1944 einen lieben toten Kameraden. Sein Schicksal vollendete sich im schweren Ringen um das Leben und die Zukunft unseres Volkes. Als aufrechter und tapferer Soldat opferte er sein Leben für Führer, Reich und zum Schutze seiner Lieben in treuester Pflichterfüllung." Eine Liesborner Familie erreichte folgende Nachricht von einem Leutnant und Kompanieführer, datiert vom 20. Juli 1944, dem Tag des gescheiterten Attentats auf Hitler: "In dem Gefecht bei Wielkie, ca. 40 km Wolkowysk (westlich) Reg. Bez. Bialystock am 18.7.44 fiel Ihr Sohn Josef [...] durch Granatsplitter in die Brust und war auf der Stelle tot. [...] In der Ortsmitte von Wielkie fand er zusammen mit vier seiner Kameraden seine letzte Ruhestätte. Leider musste die Ortschaft befehlsgemäß geräumt werden."

Der Warendorfer Landrat Gerdes meldete dem Freckenhorster Amtsbürgermeister, dass Bernhard Arens am 14. September 1944 gefallen sei. Hans Mirbach, Hauptwachtmeister, musste im Oktober 1944 Bernhard Strotmann in Milte "im Namen meines Schwadronführers, [...] Leutnant Schmidt, von dem Heldentod Ihres Sohnes Mitteilung machen. Ihr Sohn [Ogfr.] Bernhard, geb. am 18.7.1908, fand bei den Abwehrkämpfgenm im Raum von Collini/Monzuno (Mittelitalien), am 3.10.1944 den Heldentod. Mitten aus dem großen Ringen um Deutschlands Freiheit riß ihn die feindliche Kugel aus den Reihen seiner Kameraden. Sein Tod trat sofort ein, da ihn die Kugel ins Herz traf. Seine Kameraden betteten ihn hinter der Hauptkampflinie zur letzten Ruhe. Die Schwadron verliert einen einsatzfreudigen, tapferen, mutigen und niemals verzagenden Soldaten. [...] sein Heldentod wird uns allen umsomehr Verpflichtung und Ansporn sein, noch verbissener als bisher gegen alle unsere Feinde bis zum Endsieg zu kämpfen."

Mitte Oktober wandte sich Oberstleutnant Bielefeld vom Wehrkreiskommando VI Münster, Betreuungsstelle für deutsche Kriegsgefangene des Heeres, an Josef Hölling in Ostbevern: "Der Abschluß der Ermittlungen über das Schicksal Ihres Sohnes, des Uffz. Eduard Hölling, geb. 28.12.1920, Stab Gren Rgt. 58, FP 23158 hat keine restlose Klarheit gebracht. Er ist somit seit dem 26.6. bis 30.6.1944 im Raum Bobruisk vermisst." Leutnant Tank informierte Anfang November 1944 den von Aachen nach Milte evakuierten Vater, "daß Ihr Sohn Johann seit dem 17. September vermisst wird. Bei dem feindlichen Großangriff über den Embach bei Dorpat ist er nicht mehr zur Truppe zurückgekommen und wahrscheinlich in Feindesland geraten." Ein Leutnant und Kompanie-Führer benachrichtigte Mitte Novemberr 1944 Stefan Krajewski in Milte, der nach dort aus Dortmund evakuiert worden war: "Seit dem 14. Oktober 1944 wird ihr Sohn, der Uffz. Alfons Krajewski [14.7.1925 geb.], vermisst. Er war bei der Verteidigung eines Stützpunktes im Westwallgelände südöstlich Lammersdorf eingesetzt. Die außergewöhnlich tapfere Besatzungt kämpfte tagelang gegen einen überlegenen Gegner, dem sie schließlich, nachdem die letzten Patronen verschossen waren, erlag. [...] Bei den vielen Abwehrkämpfen der Kompanie zur Verteidigung der Deutschen Westgrenze war er ein Vorbild an Tapferkeit. Die Kompanie verliert durch den Ausfall Ihres Sohnes einen ihrer tapfersten und zuverlässigsten Gruppenführer. Mit Ihnen hofft die ganze Kompanie, daß Ihr Sohn gesund in amerikanische Gefangenschaft geraten ist und nach Kriegsende wohlbehalten zurückkehren wird." Das OKH (Chef H Rüst u. BDE) AHA Abwicklungsstab, Sachgebiet C IX, Rudolfstadt/Thür., Prinz-Eugen-Kaserne, teilte durch einen Leutnant Mitte November 1944 August Bollmann in Ostbevern mit: "Der Abschluß der Ermittlungen über das Schicksal Ihres Sohnes, des Obergefreiten August Bollmann, geb. 28.8.1912, Gren.Brig. 761, FP 32166 hat keine restlose Klarheit gebracht. Er ist somit seit den Kämpfen in Wilna, in der Zeit vom 7.7. bis 13.7.44 vermißt. Die Sowjet-Union lehnt die namentliche Bekanntgabe der in ihrer Hand befindlichen Kriegsgefangenen ab, obwohl ein derartiges Verhalten im Widerspruch zu dem Kriegsrecht steht. Bemühungen internationaler Hilfsgesellschaften oder neutraler Staaten, die darauf abzielten, diese Haltung der UdSSR zu ändern, sind ergebnislos verlaufen. Nachrichten, die über das Schicksal der Kriegsgefangenen umlaufen und eingehen, sind unkontrollierbar, und es besteht Veranlassung zu der Annahme, daß sie zur Irreführung sowie Beunruhigung weiter Volkskreise als feindliche Zweckpropaganda in die Welt gesetzt sind."

Die gleiche Dienststelle wandte sich im Laufe des Jahres 1944 an Maria Buddendieck in Ostbevern mit dem Bescheid, "daß Obergefr. Josef Buddendieck, geb. 3.8.1908, I. Art./Rgt. 267, FP 06061 A, seit den Kämpfen vom 30.6. - 31.7.1944 im Raum von Minsk vermisst" sei. Auch der Ritterkreuzträger Heinrich Strotmann blieb seit April 1944 an der Ostfront vermisst, nachdem ihn die Glocke zwei Monate zuvor bei seinem letzten Heimaturlaub als Vertreter von "Soldatentum aus dem Bauerntum" gefeiert hatte. Ein trauriges Beispiel für die Vergänglichkeit propagandistischen Ruhms.

Anfang Dezember 1944 meldete ein Leutnant der Einheit mit der Feldpost-Nr. 13436 D Frau Hagedorn in Milte, "daß Ihr Mann, der Gefreite Ferdinand Hagedorn [geb. 27.12.1907], seit dem 16.10.1944 bei Nowy-Siele, ca.12 km SSW Rozan-Narew, wo er verwundet wurde und sich auf dem Weg zum Hauptverbandsplatz befand, vermisst wird. [...] Ob Ihr Mann lebend in russische Gefangenschaft geraten ist oder ob ihn bei den harten Kämpfen eine tödliche Kugel traf - niemand seiner Kameraden hat es gesehen."

Willi Eube, Oberleutnant und Batterieführer, benachrichtigte Anfang Dezember 1944 Gustel Ruhe in Ostbevern: "Gestern war ich mit Ihrem Mann [geb. 6.11.1913 in Füchtorf] als vorgeschobener Beobachter im Raum von Bitschweiler/Elsaß eingesetzt. Bei einem feindlichen Feuerüberfall um 15.00 Uhr wurde unser Kamerad Heinz durch einen Granatsplitter am linken Oberschenkel schwer verwundet. Mit einem noch anwesenden Unteroffizier konnten wir Heinz unmittelbar die erste Hilfe leisten. Durch den Uffz. und 2 Mann ließ sich Heinz zum nächsten Gefechtverbandsplatz bringen, wo er gegen 17 Uhr eintraf. Trotz der hier nun erfolgten ärztlichen Versorgung ist Heinz entgegen aller Erwartungen gegen 19 Uhr ruhig und ohne Todeskampf eingeschlafen. Die Bestattung unseres Kameraden war uns selbst leider nicht mehr möglich. Sie erfolgt durch die Gemeinde auf dem Gemeindefriedhof in Bitschweiler."

Mitte Dezember 1944 informierte Hauptmann Beyn von der Einheit mit der Feldpost-Nr. 20380 August Bollmann in Ostbevern: "Beim Einsatz unserer Einheit in den Vogesen drangen die Amerikaner am 30. November 1944 im Unter-Elsaß in das Dorf Dambach ein, wobei es Ihnen gelang, Angehörige unserer Einheit gefangen zu nehmen. Von diesem Tage an vermissen wir auch Ihren Sohn, den Obergefreiten Emil Bollmann [geb. 5.8.1923], so daß mit größter Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daß er gefangen genommen wurde." Der Leutnant und Kompanie-Führer der Einheit mit der Feldpost-Nr. 64933 C informierte um die gleiche Zeit eine Familie in Ostbevern, "daß Ihr Sohn, der Unteroffizier Bernhard Kövener, geb. am 2.4.1920, seit dem Gefecht um den Brückenkopf Venlo am 3.12.1944 vermißt ist. Sehr wahrscheinlich ist er in englische Gefangenschaft geraten. [...] Ich grüße Sie mit Heil Hitler!" 

Mitte Dezember 1944 informierte Oberleutnant Rabenau Bernhard Bücker in Ostbevern, "daß Ihr Sohn, der Gefr. Josef Bücker, geb. 16.4.1924, seit dem 7.12.1944 vermißt ist. Im Namen seiner gesamten Kompanie spreche ich Ihnen meine innigste Anteilnahme zu dem harten Soldatenschicksal Ihres Sohnes aus. Am 7.12.1944 griff der Feind den linken Flügel der Kompanie an und konnten einen Einbruch erzielen. Nachdem sich Ihr Sohn mit einer kleinen Kampfgruppe noch längere Zeit in einem Haus gegen einen feindlichen Einschließungsring verteidigt hatte, fehlt von ihm und seinen Kameraden jede Nachricht. Wir alle hoffen, daß Ihrem Sohn nichts Ernsthaftes zugestoßen ist und daß er nach siegreicher Beendigung des Krieges wohlbehalten in seine Heimat zurückkehren möge, für die er sein Leben so tapfer eingesetzt hat."

In den selben Tagen benachrichtigte ein Hauptmann und Kompanie-Führer die Hinterbliebenen in Ostbevern, "daß Ihr Sohn, der Uffz. Willi Buddendieck [geb. 19.10.1919], am 8. Dezember 1944 im Kampf um die Westgrenze unseres Reiches bei Zweifelskammer in der Eifel (südlich Düren) den Heldentod starb. Er fiel an der Spitze seiner Gruppe durch einen feindlichen Granatsplitter, der ihn in die Brust traf, sodaß der Tod auf der Stelle eintrat. Seine sterblichen Überreste haben wir mit militärischen Ehren auf dem Gemeindefriedhof in Langendorf bei Zülpich beigesetzt. [...] Die Kompanie wird Ihren Sohn als einen guten und treuen Kameraden, einen pflichtbewussten Soldaten und vorbildlichen Gruppenführer für immer in ihrer Erinnerung bewahren, [der...] im Kampf um die Größe und Zukunft unseres ewigen deutschen Volkes getreu seinem Fahneneide sein Leben auf dem Altar des Vaterlandes opferte". Landrat Gerdes verfertigte Ende 1944 folgende Aufstellung über die Gefallenen im damaligen Kreis Warendorf zu diesem Zeitpunkt:

Tabelle 31: Offiziele Gefallenenzahlen des Altkreises Warendorf, Ende 1944

Ort Einwohner 1939 Gefallen 1939 - 1943 Gefallen 1944 Insgesamt 1939 - 1944 davon verheiratet Gefallen 1914 - 1918
Füchtorf 2.016 59 18 77 6 77
Velsen 400 11 4 15 2 10
Beelen 2.525 56 35 91 8 109
Westkirchen 1.233 29 15 44 6 36
Gröblingen 758 14 13 27 2 19
Hoetmar 1.353 34 12 46 5 36
Neuwarendorf 608 8 12 20 6 17
Dackmar 405 8 5 13 4 13
Milte 1.472 31 15 46 4 31
Marienfeld 1.286 25 14 39 5 39
Ostenfelde 1.765 40 13 53 8 69
Everswinkel 2.738 56 22 78 11 76
Sassenberg 2.222 47 16 63 22 59
Harsewinkel 3.770 74 32 106 34 108
Greffen 1.395 18 21 39 10 44
Ostbevern 3.226 61 25 86 9 90
Vohren 731 13 6 19 2 23
Warendorf 9.051 151 82 233 84 320
Einen 321 4 4 8 1 10
Freckenhorst 2.812 41 25 66 14 60
Kreis Warendorf 40.087 780 389 1.169 243 1.246

570 Vermisste waren noch nicht in der og. Tabelle brücksichtigt.

Mitte Dezember 1944 unterrichtete ein Leutnant und Batl.-Adjudant die Ww. Josefine Westermann in Ostbevern, "daß Ihr Sohn der Ogfr. Anton Westermann [geb. 2.1.1920] am 3.12.44 im Gefecht am Schafberg Krs. Düren [...] gestorben ist. Ihr Sohn war ein tapferer Soldat [...]. Ein Granatsplitter traf Ihren Sohn am Kopf so unglücklich, daß der Tod auf der Stelle eintrat. Ihr Sohn wurde am 8.12.44 auf dem Ehrenfriedhof in Kreuzau mit allen militärischen Ehren beigesetzt. [...] Seine Tapferkeit und Opfer ist uns Ansporn den Kampf weiter zu führen bis zum siegreichen Ende. [...], daß ein Tapferer sein Leben hingab für die Zukunft und Größe seines Volkes."

Am Jahresende 1944 sprach der Lippborger Chronist nicht mehr von einem Sieg: "Immer noch tobt der Krieg, immer härter wird das Ringen und auch der Feind Rückt näher... Gebe Gott, dass unsere Kinder eine glückliche Zukunft haben und nicht, wie schon so viele, vaterlos werden oder vor der Furie des Krieges flüchten müssen. Am 19. März fiel mein Schwager, der Zugführer B. [...] Am 25. April kam die Trauerbotschaft vom Tode unseres Bruders H. Obschon noch 70 km hinter der Front, kam er durch eine Mine ums Leben. [...] Auf einmal ist alles aus und umsonst. Umsonst? Man weiß es bald nicht mehr. Hat es noch Zweck weiterzukämpfen?... Zu ungewiß ist die Zukunft. Wenn es so weitergeht, ist der Feind in einem halben Jahr hier, wenn nicht ein Wunder geschieht oder eine Partei Schluß macht. Und im Osten rückt der Russe immer weiter vor. Ist wirklich, wie behauptet wird, soviel Verrat im Spiel, sind die Truppen schlechter geworden, oder wer ist schuld? Und dann die schweren Fliegerangriffe, wo man so wehrlos dasteht. Herrgott, hab ein Einsehen und gib und den Frieden, damit auch nicht noch die Letzten dahingerafft werden. Eine Entscheidung kommt bald. Gebe Gott, dass sie für uns gut und günstig ausfällt. Amen!"

Mitte Januar 1945 meldete der Amtsbürgermeister Haase in Ostbevern dem Landrat Gerdes, dass "Elisabeth Sültrup, geb. 8.10.1911, als Opfer der Zivilbevölkerung am 12.9.1944 in Münster gefallen sei. Ihre Mutter wurde von Münster nach Ostbevern evakuiert." Anfang Januar 1945 wandte sich Oberleutnant z. S. Techand, Marine Postamt Hamburg, an Bernhard Schmittkamp in Ostbevern, um "Ihnen mitzuteilen, daß Ihr Sohn, der Sanitätsmaat Bernhard Schmittkamp [geb. 19.2.1920], seit der Einnahme der Festung Brest (Westfrankreich) durch den Feind mit Wirkung vom 20.9.44 als vermisst angesehen werden muß. Zusammen mit seinen Kameraden hat Ihr Sohn in vorbildlicher Pflichterfüllung und getreu seinem Fahneneid den Befehl des Führers, die Festung bis zum Letzten halten, ausgeführt. Er hat mit dazu beigetragen, daß der für den Feind besonders wichtige Hafen erst nach vielen Wochen, fast vollständig zerstört, und unter größten Verlusten für den Feind, diesem in die Hände fiel. Der Führer hat den heldenmütigen Kämpfern von Brest höchstes Lob und größte Anerkennung gezollt. Über das weitere Schicksal aller dieser tapferen Männer ist uns bis heute nichts bekannt. Wir wissen nicht, wer von ihnen in den letzten Tagen des Kampfes geblieben, wer in anglo-amerikanische Gefangenschaft geraten ist, oder sich in Einzelfällen vielleicht auch nach anderen Stützpunkten durchschlagen konnte." Mitte Januar 1945 wandte sich Clemens Hehn, nach Ostbevern evakuierter Bankdirektor, an das DRK mit seiner Vermissten- und Internierten-Abteilung in Wolbeck: "Von meinem Sohn, dem Soldaten Norbert Hehn, geboren am 11.6.1925, habe ich seit 6 Monaten keine Nachricht erhalten. Sein letzter Brief war vom 18.8.1944. Meine Geldsendungen an ihn vom 1.8., 1.9. und 1.10.44 sind [...] zurückgekommen. [...] Die Einheit lag im August 1944 nördlich Le Havre an der Atlantikküste. Es ist sehr wahrscheinlich, daß Norbert in englische oder amerikanische Gefangenschaft geraten ist."

Vom Abwicklungskommando der FP-Nr. 40865 eröffnete ein Hauptfeldwebel Hauke am 30. Januar 1945 dem Hauptlehrer Fiedler der Volksschule Liesborn-Dorf, dass sein 17jähriger Sohn, der Gren. Johann Fiedler [...] am 19.11.44 [...] an der Stolberg-Aachen-Front auf der Höhe 292, 2 km südostwärts Schevenhütte, durch Artillerievolltreffer einen sofortigen Tod erlitten hat. Infolge der hin- und herwogenden Kämpfe wechselte diese Höhe mehrmals den Besitzer, was zur Folge hatte, daß Ihr Sohn nicht von unseren Truppen in die Erde gebettet werden konnte. Es ist möglich, daß dieses inzwischen vom Feinde aus vorgenommen wurde."

Mitte Februar 1945 informierte ein Leutnant Seiler von der Einheit mit der Feldpost-Nr. 39060 die Familie Verenkotte in Ostbevern, "daß Ihr Sohn, der Obergefreite Aloys Verenkotte [geb. 18.4.1921], am 16.2.1945 in Konitz (Westpr.) den Heldentod gefunden hat. Er ist durch Kopfschuß gefallen und war sofort tot. [...] Ihr Sohn war ein hervorragender und tapferer Soldat, die Kompanie wird ihn nie vergessen. Der Gedanke, daß Ihr Sohn einmal zu den unvergesslichen Helden des Deutschen Volkes gehört, soll Sie mit höchstem Stolz erfüllen."

Anfang des Monats wandte sich Leutnant Tschitschko, Kompanie-Führer, Feldpost-Nr. 09569 C, an Herrn Holtkamp in Milte: "In den Abwehrkämpfen bei Briess (Breszne) in der Slowakei fiel am 2. Februar 1945 Ihr Sohn [Soldat] Bernhard [geb. 9.1.1924] im Kampfe um die Freiheit Großdeutschlands in soldatischer Pflichterfüllung, getreu seinem Fahneneide für Führer, Volk und Vaterland. Eine feindliche Kugel trag ihn in den Kopf, sodaß sein Tod sofort eintrat und er nicht mehr zu leiden brauchte. [...] Wir verloren mit Bernhard einen in vielen schwren Studnen und Tagen bewährten Kämpfer, einen guten und beliebten Kameraden. Die Kompanie wird seiner stets in Ehren gedenken und in ihm ein Vorbild sehen. Die Gewissheit, daß Ihr Sohn für die Größe und den Fortbestand unseres ewigen deutschen Volkes und Reiches sein Leben hingab, möge Ihnen in dem schweren Leide, das Sie betroffen hat, Kraft geben und Ihnen ein Trost sein. Die sterblichen Überreste Ihres Sohnes wurden unweit der Stelle, an der ihn die tödliche Kugel traf in einem schlichten Feldgrab, das ihm seine Kameraden errichteten, beigesetzt."

Mitte Februar 1945 unterrichtete ein Hauptwachtmeister Heinemann eine Familie im damaligen Kreis Warendorf: "Ich habe die traurige Pflicht, Ihnen mitteilen zu müssen, daß Ihr Mann bei den harten Abwehrkämpfwen um Ostpreußen am 14.2.1945 für Großdeutschland gefallen ist. Sein Soldatengrab befindet sich bei dem Gut Kukehnen etwa 6 km nördlich Zinten. [...] Mein Battr.Chef und auch die anderen Offz. meiner Einheit sind durch Verwundung ausgefallen, sodaß ich als der nunmehr allein Verantwortliche, die Angehörigen unserer Gefallenen benachrichtigen muß."

Das DRK mit seiner Kreisstelle Warendorf meldete um die gleiche Zeit durch seinen Kreisführer Mauwe dem Abwicklungsstab des OKH in Rudolfstadt/Thür., dem Wehrmeldeamt Münster in Milte und dem Amtsbürgermeister Haase in Ostbevern: "SS Grenadier Bernhard Aertker, geb. 5.10.1926 in Milte [...], befindet sich in amerikanischer Gefangenschaft [...]: Gefangenen Nr. 812 G 318 692 - POW Camp Hearne, Box 20, GPO New York, USA."

Ende Februar 1945 teilte Oberleutnant Lochschmidt aus Wien der Sofia Hollmann in Ostbevern mit: "Ihr Sohn, der Obergefreite Bernhard Hollmann [geb. 4.5.1917], wurde am 17.8.1944 von hier 7. Kompanie mit einem Kommando von 9 Mann in den Raum Ploesti (Rumänien) kommandiert. Seit dieser Zeit, besonders jedoch nach dem Umsturz Rumäniens, das die Einschließung des Raumes um Ploesti durch dir Rumünen zur Folge hatte, sind bei hies. Batl. keinerlei Nachrichten mehr eingegangen, die über das Schicksal Ihres Sohnes irgendwie Aufschluß geben könnten, [so...] daß Ihr Sohn nunmehr als 'Vermißt' gelten muß."

Der Obergefreite Wilhelm Arens, geboren in Freckenhorst am 15. Februar 1907, ursprünglich stationiert bei der Sprengkompanie Liblar, Bezirk Köln, fiel am 6. April 1945 in Lützel, Kreis Siegen. Die Kriegsgräberliste der Gemeinden Freckenhorst und Hoetmar erfasste folgende Opfer:

Tabelle 32: Kriegsgräber im Bereich der Gemeinden Freckenhorst und Hoetmar erfasste folgende Opfer:

Dienstgrad Name Geburtstag Geburtsort Todestag Todesort
Arbeitsmaid Tine Wesch 23.2.1924 Lamstedt/NE 30.3.1945 Freckenhorst
Obertruppführer Heinrich Gruß 12.11.1885 Frankenau " zwischen Freckenhorst u. Hoetmar
Uffz. Heinrich Schröer 6.4.1914 Freckenhorst Kspl. 22.5.1944 Troppau
" Hermann Meibeck 21.8.1919 " - Stadt 16.5.1944 Oeventrop
Obergrenadier Alfons Schleimann 13.1.1926 " - Kspl. 8.4.1945 Montabaur
Leutnant Adolf Meise 11.10.1912 Fulda 30.3.1945 zwischen Freckenhorst u. Hoetmar

Zwischen 1943 bis 1945 fielen Liesborner in Wehrmachtseinheiten und Polizeiregimentern an der Ostfront bei Kalinowka, im Raum Minsk, im Baltikum, bei Dirschau, Danzig, in Belgien und Frankreich sowie in Königsberg. Manche Soldaten kehrten als Schwerversehrte zurück. Der Warendorfer Landrat Gerdes meldete Anfang 1945 dem Amtsbürgermeister Lücke: "Karl Dufhues aus Freckenhorst [...] ist am 9.10.1944 aus dem Wehrdienst entlassen worden. WDB: Verlust des li. Oberschenkels nach Explosivgeschoßverletzung."

Im Laufe des Krieges mussten auch NS-Parteigänger die Wehrmachtsuniform anziehen und blieben auf dem Schlachtfeld. Der Beckumer Bürgermsister Wilhelm Schröder fiel am 8. August 1941 an der Ostfront, wo der am 15. Juli 1941 eingezogne Warendorfer Bürgermeister und Kreisfeuerwehrführer, Referendar und Gaustudentenführer Kurt Hachmann seit dem 10. Juli 1943 vermisst wurde, wahrscheinlich gefallen in der Schlacht um den Kursker Frontbogen. Selbst der seit Dezember 1942 amtierende kommissarische Bürgermeister für Beckum, Albert Karl, erhielt noch am 7. September 1944 den Einberufungsbefehl und starb am 20. März 1945 an den Folgen einer Kriegsverletzung im Reservelazarett Crailsheim.

Die Quellen melden den Kriegstod Angehöriger von Polizeieinheiten, die aus dem damaligen Kreis Warendorf stammten. Vor dem Standesamt in Ostbevern erschien am 22. Oktober 1942 eine in Ostbevern geborene Frau "zum Zwecke der nachträglichen Eheschließung" mit dem am 18. Januar 1942 gefallenen Zugwachtmeister der Schutzpolizei [...] Heinrich Johann heuer. Die Eheschließung wurde mit Wirkung vom 17. Januar 1942 vorgenommen. Der Gefallene gehörte dem Reserve Polizeibataillon 65 aus Recklinghausen an, das im Verband der 285. Sicherungsdivision seit dem 22. Juni 1942 im Nordabschnitt der Ostfront am Überfall auf die Sowjetunion teilnahm. Während des "Einsatz im Baltikum sollen Teile des Bataillons und einzelne Bataillonsangehörige an Massenexekutionen und Einzelerschießungen von Juden, anderen sowjetischen Zivilpersonen und sowjetischen Kriegsgefangenen teilgenommen haben." Es handelte sich um die "Tötung von etwa 3.000 jüdischen Männern, Frauen und Kindern in der Zitadelle von Kowno Ende Juni/Anfang Juli 1941. Erschießung von etwa 30 sowjetischen männlichen Zivilpersonen bei Schaulen Ende Juni/Anfang Juli 1941. Erschießung von etwa 3.000 jüdischen Männern, Frauen und Kindern und anderen sowjetischen Zivilpersonen bei Schaulen Ende Juni/Anfang Juli 1941. Erschießung zahlreicher jüdischer Männer, Frauen und Kinder bei Rositten im Juli 1941. Erschießung mehrerer tausend jüdischer Männer, Frauen und Kinder bei Pleskau im Juli 1941. Erschießung zahlreicher Juden bei Luga im Oktober 1941." Von Mitte Januar bis Anfang Mai 1942 war die Polizeieinheit im Kessel von Cholm eingeschlossen, wo sie 60 % Verluste zu verzeichnen hatte und auch der Ostbeverner Heuer den Tod fand.

Am 20. August 1943 fiel der Hauptmann der Schupo Kurt Budde in einem Panzergrenadierregiment. Der Schupo-Unterwachtmeister Heinrich Beuse und der Schupo-Zugwachtmeister Alfred Bernsmann fanden am 18. September 1943 und 10. November 1943 in der Sowjetunion den Tod.

Die Auswirkungen des verlorenen Krieges in seiner letzten Phase und verschärfte Rekrutierungsmaßnahmen

Der Zusammenbruch der Ostfront 1944/45 spülte die Verbündeten des deutschen Reiches nach Westen. Mitte Februar 1945 notierte ein Oberlt. d. Schupo bei der Polizei-Waffenschule I in Hellerau bei Dresden: "Der Lt. d. lett. Polizei Robert Siecenieks, geb. am 18.2.1905 in Sässwegen, wird mit Wirkung vom 1.3.1945 aus dem Dienst der Polizei entlassen und für den Arbeitseinsatz freigestellt. Er hat sich im Kampf gegen den Bolschewismus auf Seiten Deutschlands bewährt und ist besonderer Förderung würdig." Einige Tage später berichtete der Ostbeverner Amtsbürgermeister Haase in Ostbevern dem Warendorfer Landrat Gerdes: "Der Leutnant der lettischen Polizei [...] Siecenieks [2.7.1941 Angehöriger der deutschen Polizei in Lettland, 4.11.1944 Grenzübertritt, bis 24.11.1944 Polizeipräsidium Danzig, 24.11. bis 18.1.45 lett. Freiw. Division, 18.1.1945 bis 21.1.1945 Bromberg, 21.1.1945 bis 1.3.1945 Dresden-Hellerau Polizei-Waffenschule, krank] befindet sich z. Zt. in Ostbevern [...] bei dem Bauern Heinr. Kremann. Er hat Urlaub bis zu seiner Entlassung am 1. März 1945. [...] Seine Ehefrau nebst 2 Kindern wohnt sweit dem 29.12.1944 ebenfalls bei Kremann."

Folgende militärischen Entwicklungen markierten die Fluchtbewegung des lettischen Polizisten und seiner Familie. Lettland war zwischen Juli und Oktober 1944 von der Roten Armee zurückerobert worden. Nach Beginn der sowjetischen Winteroffensive von der Weichsel zu Oder am 12./13. Januar 1945 fiel das westpreußische Bromberg bereits Ende des Monats in die Hand der sowjetischen Streitkräfte. Anfang März 1945 wandte sich Amtsbürgermeister Haase an den Warendorfer Landrat: "Da Siecenieks keine Ausweise besitzt, bitte ich um baldige Ausstellung des Passes." Zehn Tage später hatte sich die Angelegenheit erledigt, wie ein handschriftlicher Vermerk des Ostbeverner Amtsbürgermeisters auswies: "Die Letten sind verzogen. Daher z. d. A."

Je länder der Zweite Weltkrieg dauerte und je verlustreicher er sich für die deutsche Seite gestaltete, desto hemmungsloser wurden die Rekrutierungsmaßnahmen der NS-Führung. Im Zuge von 'Auskämmaktionen' zwangen die Nationalsozialisten alte Männer in den Volkssturm. Kaum von ihren Verwundungen Genesene erhielten neue Marschbefehle an die zusammenbrechenden und immer näher rückenden Fronten, und schließlich scheute sich das Regime nicht, Jugendliche und Kinder in Uniformen zu stecken und sie als Kombattanten ins Feuer zu schicken. Es gab nicht wenige Versuche, sich diesem Schicksal zu entziehen. Im Bezirk der IHK Münster erhoben 50 % der Einberufenen zu Wehrertüchtigungslagern Einspruch gegen die Heranziehung. Ab 1943 erfasste die vormilitärische Ausbildung in solchen Lagern der HJ auch die 5. Klassen der höheren Schulen. Die Einberufung erfolgte ab dem Alter von 15 1/2 Jahren. Die propagandistisch hochtrabend begleiteten kiloweise Metall- und Altstoffsammlungen in den Haushalten, die Heranziehung von Jugendlichen als Luftwaffenhelfer sowie der unsinnige Einsatz von Kindern, nicht Kriegsdienstfähigen und alten Männern im so genannten 'Volkssturm' markierten in den Jahren 1943 bis 1945 praktisch nur noch die Todeszuckungen einer hybriden und verbrecherischen Politik und Kriegsführung, der schon längst jede personelle und materielle Grundlage fehlte. Im Rahmen dieser sinnlosen Mobilisierungsbemühungen meldete der Warendorfer Landrat Mitte Juni 1944 an die Regierung Münster die technischen Beamten und Angestellten der Kreisverwaltung

Tabelle 33: Militärtauglichkeit von Beamten und Angestellten der Warendorfer Kreisverwaltung, 1944

Dienststellung Name Jahrgang Militärtauglichkeit
Kreisbaumeister Heinrich Vannahme 1892 kv, Landsturm I A
Kreiswiesenbaumeister Bruch 1885 bed. kv, Landsturm I A
technischer Angest. (Baumeister) Bernhard Serries 1883 nicht frontdienstfähig

und der Stadtverwaltung:

Tabelle 34. Militärtauglichkeit von Angehörigen der Warendorfer Stadtverwaltung, 1944

Dienststellung Name Jahrgang Militärtauglichkeit
Stadtbaumeister Isselstein 1903 ausgemustert
Betriebsinspektor Schlieker 1897 kv

UK-gestellt waren am 21. Juni 1944 von der Warendorfer Kreisverwaltung

Tabelle 35: UK-Stellungen bei der Warendorfer Kreisverwaltung, 1944

Name Jahrgang Militärtauglichkeit
Bernhard Oberem 1885 bed. kv
Josef Mauve 1895 dto.
Erich Goßmann 1904 dto.
August Bresser 1900 av (arbeitsverwendungsfähig)
Bernhard Brokamp 1905 dto.
Heinrich Kleinheinrich 1892 dto.

und von der Kreis- u. Stadtsparkasse: 

Tabelle 36: UK-stellungen bei der Warendorfer Kreis- u. Stadtsparkasse, 1944

Name Jahrgang Militärtauglichkeit
Bernhard Storp 1892 av, Landsturm II
Bernhard Mischendahl 1897 kv, Landsturm I
Franz Evers 1897 dto.
Wilhelm Elbers 1904 bed. kv, Ers.Res. I
Anton Kleine 1904 g.v.H., Ers.Res. IIb
Bernhard Krämer 1919 av, Ers.Res. IIc
Hans Baumhoer 1923 dto.

Wie ein Bericht der Warendorfer Kreis- und Stadtsparkasse an den Landrat von Anfang November 1944 ausweist, waren ein Großteil der nur mindertauglichen Mitarbeiter tatsächlich noch zur Wehrmacht einberufen worden, worunter sich sogar ein av (arbeitsverwendungsfähig) Gemusterter befand. Solche Eingestuften waren in den ersten Kriegsjahren nicht zum Waffendienst einberufen worden. Die hinter vorgehaltener Hand geflüsterte Parole 'kv: keine Verbindungen, av: ausgezeichnete Verbindungen' hatte in der letzten Kriegsphase augenscheinlich ihre Bedeutung verloren: "Nach dem Erlaß des Reichswirtschaftsministers [...] ist damit zu rechnen, daß weibliche ehemalige Angehörige des RAD aus den Jahrgängen 1920 - 1924 demnächst einberufen werden. Wir beschäftigen die ehemalige Angehörige der RAD Elisabeth Renne [...]. Von dem an unserer Hauptstelle und den Zweigstellen am 1.8.44 vorhandenen Personalbestande (26 Kräfte außer Lehrlingen) sind abgegeben in den letzten Wochen: 1. Rendant Mischendahl, 2. Inspektor Evers, 3. Zweigstellenleiter Kleine, 4. Maschinenbuchhalter Krämer für die Wehrmacht, 5. Aushilfskraft Piening für den RAD und 6. Aushilfskraft Wörmann für die Rüstung. [...] Der Reichwirtschaftsminister beziffert [...] die aus dem Kreditgewerbe für Wehrmacht, RAD und Rüstung freizustellende Zahl von Arbeitskräften auf 20.000, eine Zahl, die für das einzelne Kreditinstitut etwa 15 % des am 1.8.44 vorhandenen Personalbestandes ausmacht. [...] Unserem Institute ist bereits seit dem 1.8.44 ein weit höherer Prozentsatz entzogen worden, obwohl es schon durch frühere außergewöhnliche starke Personalabzüge besonders belastet ist, sodaß der Zahlungs- und Buchungsverkehr, der infolge des Zustroms der evakuierten Betriebe und Personen in den letzten Wochen stark zugenommen hat, nur noch unter den größten Schwierigkeiten notdürftig aufrecht erhalten werden kann. Wird uns auch noch die eingearbeitete Kraft [...] Renne entzogen, ist unsere Girobuchhaltung, die allein an Gehaltsüberweisung für Wehrmachtsangehörige, Beamte, Angestellte etc. monatlich mehrere tausend Posten zu verbuchen hat, nicht mehr aufrecht zu erhalten und sitzt fest."

Ende 1944 warnte die Kreis- und Stadtsparkasse erneut Landrat Gerdes bezüglich des Abgangs von Fachkräften: "Die zahlreichen evakuierten Betriebe und Einzelpersonen im Kreise haben an sich schon den Zahlungsverkehr stark ausgedehnt. Dazu kommt, daß durch die Postlaufverzögerungen eine gewaltige zusätzliche Arbeit in der Abwicklung des Zahlungsverkehrs entsteht, die erledigt werden muß, um eine Chaos zu vermeiden. Wir müssen unbedingt ausreichenden Ersatz für die seit dem 1.8.44 abgegebenen Kräfte haben. Unsere uns noch verbliebene Gefolgschaft arbeitet in den letzten Wochen bereits bis 11 oder 12 Uhr nachts, um die dringendsten Aufgaben zu erledigen, sie ist abgespannt, und der Betrieb ist so nicht mehr aufrecht zuerhalten."

Mitte Dezember 1944 beschwerte sich Bürgermeister Haase beim Gauwirtschaftsberater Mittag und dem ORR Dr. Thüsing, die beide ihre Dienststellen nach Warendorf verlegt hatten: "Vor einigen Tagen wurden nacheinander drei weibliche Angestellte meiner Verwaltung zum Parteihaus gebeten. Dort wurde ihnen eröffnet, daß sie als Batterieführerin vorgesehen seien. Sie wären der Gauleitung dieserhalb schon gemeldet. Die Einberufung würde in kürze erfolgen, ihrem Arbeitgeber brauchte hiervon keine Mitteilung gemacht werden. Falls dieser Einberufung keine Folge geleistet würde, würde eine Notdienstverpflichtung durchgeführt werden. Es ist mir unverständlich, daß man, ohne den Arbeitgeber zu fragen, willkürlich Kräfte aus der Verwaltung herauszieht, da dieselbe heute nur mehr über eine geringe Zahl von Arbeitskräften verfügt. Sämtliche männlichen Kräfte habe ich der Wehrmacht oder Partei zur Verfügung gestellt, sodaß mir nur noch Körperbehinderte und Kriegsversehrte geblieben sind. Die für diese Aktion vorgesehenen Mädel sind bei mir in der Verwaltung in führender Stelle. Würden mir diese Kräfte entzogen, käme ein Großteil meiner Verwaltung zum Erliegen. Auf Grund des Zuwachses an Evakuierten (rd. 3500) mußte ich beim Arbeitsamt um Zuweisung von Arbeitskräften bitten, um die hierdurch anfallende Mehrarbeit (Ernährung, Wirtschaft usw.) erledigen zu können. Weiter legte mir heute morgen eine weibliche Angestellte eine Beorderung zum Einsatz am Westfalenwall vor. Auch hier ist keine Rückfrage erfolgt, und willkürlich hat man Personen beordert. Nach Rücksprache mit dem Leiter des hiesigen Arbeitsamtes, Nebenstelle Warendorf, erklärte mir derselbe, daß ihm diese Aktion zwar bekannt sei, aber nach der Auswahl der Personen man ihn nicht gefragt hätte. Wie mir der Leiter weiter erklärte, sollte der Kreis Münster-Warendorf 500 Mädel für den Westwall stellen. Da der größte Teil dieser Mädel im Arbeitseinsatz steht, habe er der Bannmädelführerin 500 andere Kräfte, die im Augenblick hätten entbehrt werden können, zur Verfügung stellen wollen, was aber nicht akzeptiert worden wäre."

Einen Monat zuvor hatte der Gausonderstab für den totalen Kriegseinsatz aus dem Parteikreis Münster-Warendorf 700 Arbeitsrkäfte für den Schanzeinsatz am Westfalenwall vorgesehen. Der zweifelhafte Nutzen dieser Befestigung lässt sich daran erkennen, daß ein General an der Westfront gezwungen war, im November 1944 seinen Soldaten "jede Diskussion über Wert oder Unwert der bisher ausgeführten Anlagen etwa im Sinne einer Bagatellisierung des bisher Geleisteten" ausdrücklich zu verbieten, um die bei diesen Arbeiten federführende NSDAP nicht zu desavouieren.

Entlassene Soldaten wollten sich offensichtlich kurz vor Kriegsende nicht mehr in andere Formationen der unterghenden NS-Diktatur pressen lassen, denn Ende März 1945 wandte sich der Ostbeverner Amtsbürgermeister und Bürgermeister der Kreisstadt Warendorf, Wilhelm Haase, an Josef Damwerth in Milte: "Wie hier bekannt geworden ist, wurde ihr Sohn Karl am 5.2.45 aus dem Dienstverhältnis der Feldpost-Nr. L 04220 entlassen. Da Ihr Sohn noch nicht wieder zur Anmeldung gelangt ist, wollen Sie umgehend den Grund angeben, weshalb bis heute noch keine Anmeldung erfolgt ist." Seit Ende 1944 tauchte ein gewisser Bockenhüser in Warendorf illegal unter, um nicht zum Volkssturm aufgerufen zu werden. Offenbar hatten sich die Kreisbehörden während der letzten Kriegstage mit Desertionen auseinanderzusetzten, soweit im allgemeinen Chaos nicht andere Gründe vorlagen, wie Transportprobleme, Abkommandierungen in Alarmeinheiten, Tod bei Luftangriffen u.ä. So erreichte am 27. März 1945 das Wehrbezirkskommando Münster ein Fernspruch des 14. Ln.Rgt. 40 SLH in Poccing durch einen Oberleutnant Nickel: "Ogfr. Josef Schmedding, geb. 21.12.1903, vom Sonderurlaub vom 10.2. bis 23.2.1945 nach Ostbevern [...] nicht zurückgekehrt, Verbleib feststellen".

Zunehmend machte sich die Bevölkerung keine Illusionen mehr über die zukünftige Entwicklung. Als ein Leutnant sich Anfang Februar 1945 in Beckum fotografieren ließ, wurde er gefragt, ob die Aufnahme "für den Totenzettel gebraucht würde." Die letzten personellen und materiellen Reserven konnten die Agonie der Diktatur nur opferreich verlängern. 36 Ostbeverner Pferdebesitzer mussten je eine Pferd noch Angang Februar 1945 an die Wehrmacht abgeben. Zum gleichen Zeitpunkt wurden sechs Luftwaffenhelfer des Jahrganges 1929 aus Milte, Everswinkel, Westkirchen, Harsewinkel und Greffen von der 22. Flakdivision zur Meldung beim RAD-Meldeamt, dem Wehrbezirkskommando und der örtlichen HJ-Dienststelle, somit zur Weiterverwendung bei einer Wehrmachts-, RAD- oder Volkssturmeinheit, entlassen. Bereits im Sommer 1944 waren 43 Ostveverner des Jahrgangs 1928 zur Musterung erfasst worden. Am 24. Februar und 14. März 1945 informierte das nach Warendorf ausgelagerte Landeswirtschaftsamt die Gauwirtschaftskammer, die IHK's und die Handwerkskammern der Provinz Westfalen über die Erfassung von Berufsfachschülern und berufstätigen Jugendlichen des Jahrgangs 1929 für die RAD-Flakbatterien und zu den Wehrertüchtigungslagern. Noch am 7. März 1945, als die US-Truppen bereits bei Remagen den Rhein überschritten, befahl Landrat Gerdes den Ortsbehörden die allgemeine Erfassung des Jahrganges 1929. Dazu "hat der Meldepflichtige die Prüfungsbescheinigungen der HJ vorzulegen, aus denen seine Ausbildung in der Wehrertüchtigung ersichtlich ist", hieß es in der Anordnung mit der 15- und 16jährige in den Tod geschickt werden sollten. Nicht nur Jugendliche, sondern auch ältere Jahrgänge verheizte die untergehende NS-Diktatur.

Am 2. April 1945, einen Tag vor der Besetzung Warendorfs, fiel der dort am 25. Dezember 1927 geborene Soldat Wilhelm Krick bei Altenbüren im Sauerland. Der am 4. März 1892 geborene Warendorfer Albert Meyer fiel am 4. April 1945, einen Tag nach der Befreiung seiner Heimatstadt, im Range eines Gefreiten bei Hasperde. Der am 27. November 1912 in Warendorf geborene Bootsmaat Anton Heinrich fiel noch am 23. April in Uphusen, Kreis Verden, als im Bodenkrieg unerfahrene Marinesoldaten ohne Erfolg die Weserlinie gegen die angreifenden Briten verteidigten. Für die Kinder in Wehrmachtsuniformen und den Volkssturm galten schließlich nach Weisungen der militärischen Führung die Parolen 'Ohne Rücksicht auf Verluste' und 'Halten bis zum letzten Mann', der in der Regel allerdings kein militärisch und politisch Verantwortlicher war.

Ende Februar 1945 informierte der Reichsverteidigungskommissar für den Reichsverteidigungsbezirk Westfalen-Nord, Gauleiter Alfred Meyer, von seinem Befehlsstand bei Haltern aus die Landräte: "Die Kosten für die Herstellung der Verteidigungsanlagen, insbesondere von Panzersperren, fallen dem Reich zur Last." Auf Befehl des Ostbeverner NSDAP-Ortsgruppenleiters Stumpe baute der Volkssturm an der Beverbrücke eine Panzersperre, was von den Volkssturmangehörigen mehrheitlich allerdings als unsinnig abgetan wurde. So wagte jemand dem Ortsgruppenleiter ins Gesicht zu sagen, "wenn von der Normandie bis hierher viele breite Ströme den Feind nicht aufgehalten hätten, so würde er die schmale Bever auch wohl überwinden können." Trotzdem mussten Schüler der Volksschulen in der vorösterlichen Woche an den Hauptstraßen des Kreises noch primitive Verschanzungen anlegen und Ein-Mann-Deckungslöcher ausheben. Während der letzten Märztage 1945 befahl der Warendorfer Landrat Gerdes, "daß in allen Amtsbezirken Verteidigungsanlagen angelegt werden sollen. Ich habe bereits am vergangenen Sonntag in einigen Bezirken eine Besichtigung durchgeführt und festgestellt, daß Panzersperren gebaut werden: I. an der Mussenbach-Brücke im Zuge der Straße Waren dorf-Telgte. II. An der Mussenbach-Brücke im Zuge der Straße Warendorf-Everswinkel (Ungroven-Mühle). III. An der Mussenbach-Brücke im Zuge der Straße Freckenhorst-Everswinkel. IV. Panzersperren in der geschlossenen Ortschaft Freckenhorst. Der Standortälteste in Warendorf hat beim Generalkommando in Münster einen Pionier-Offizier angefordert. Sobald dieser eingetroffen ist, werden in den einzelnen Amtsbezirken die durchzuführenden Verteidigungs-Maßnahmen festgelegt werden."

Das letzte Aufgebot: der Volkssturm

Am 25. September 1944 befahl Adolf Hitler "in den Gauen des Großdeutschen Reiches aus allen waffenfähigen Männern im Alter von 16 bis 60 Jahren den[n] deutschen Volkssturm zu bilden. Er wird den Heimatboden mit allen Waffen und Mitteln verteidigen [...]. Die Aufstellung und Führung des deutschen Volkssturmes übernehmen in ihren Gauen die Gauleiter. Sie bedienen sich dabei vor allem der fähigsten Organisatoren und Führer der [...] Einrichtungen der Partei, SA und SS sowie des NSKK und der Korpsführer des NSKK [...] für die motortechnische Ausbildung des Volkssturms. [...] Die Angehörigen des deutschen Volkssturms sind während ihres Einsatzes Soldaten im Sinne des Wehrgesetzes. [...] Die Zugehörigkeit der Angehörigen des Volkssturms zu außerberuflichen Organisationen bleibt unberührt. Der Dienst im deutschen Volkssturm geht aber jedem Dienst in anderen Organisationen vor. [...] Der Reichsführer SS ist als Befehlshaber des Ersatzheeres verantwortlich für die militärische Organisation, die Ausbildung, Bewaffnung und Ausrüstung des deutschen Volkssturms. [...] Der Kampfeinsatz des deutschen Volkssturms erfolgt nach meinen Weisungen durch den Reichsführer SS [...]. Die militärischen Ausführungsbestimmungen erlässt [...] Reichsleiter SS Himmler, die politischen und organisatorischen in meinem Auftrage Reichsleiter Bormann. [...] Die Nationalsozialistische Partei erfüllt vor dem deutschen Volke ihre höchste Ehrenpflicht, indem sie in erster Linie ihre Organisationen als Hauptträger dieses Kampfes einsetzt."

Der Volkssturm spielte im heutigen Gebiet des Kreises Warendorf bei Kriegsende, trotz aller NS-Propaganda, vertreten in erster Linie durch den Beckumer NSDAP-Kreisleiter Wemhöner, keine Rolle mehr. Die Volkssturmeinheiten waren zwar im militärischen Einsatz der Wehrmacht zugeordnet, doch organisatorisch, ausbildungsmäßig und disziplinarisch unterstanden sie der NSDAP und deren Kreisleitern, die wiederum durch ihre Kreisstabsführer bei der Kommandierung des Volkssturms vertreten wurden. Als Gaustabsführer des Volkssturms war der SA-Gruppenführer Paul Fassbach ernannt worden. Die ursprüngliche Intention der NS-Führung bei der Ausstellung dieses 'letzten Aufgebots' zielte nicht in erster Linie auf Erhöhung des militärischen Potentials ab - wofür spricht, dass die Wehrmacht in die Planungen für den Volkssturm nicht einbezogen, sondern vor vollendete Tatsachen gestellt wurde - sondern lag in der Verwirklichung einer umfassenden und lückenlosen Kontrolle der immer mehr resignierenden und kriegsmüder werdenden Bevölkerung begründet. Die NS-Machthaber versprachen sich von einer NS-Parteiarmee 'Volkssturm' nicht nur die Mobilisierung der als "Nörgler, Miesmacher und Defätisten" diffamierten, in ablehnender bis indifferenter Haltung zum NS-Regime verharrenden Bevölkerungsteile, sondern wollten durch die neue Formation jede Kritik am NS-Staat unterdrücken, wenn nicht gar Säuberungsaktionen größeren Stils unter der breiten Bevölkerung geplant waren, wie sie im Rahmen der Gestapo-Verhaftungswelle 'Gewitter' im August 1944 NS-Gegner aus den Reihen der bis 1933 politisch Engagierten in großer Zahl getroffen hatte. Die sich rapide verschlechternde Lage an allen Fronten ließ allerdings bei der Erfassung der zukünftigen Volkssturmangehörigen im Herbst 1944 diesen Aspekt in den Hintergrund rücken, und die Nationalsozialisten mussten notgedrungen den militärischen Belangen dieser Formation mehr Rechnung tragen.

Der Volkssturm gliederte sich in vier Aufgebote und umfasste alle noch nicht zur Wehrmacht einberufenen Jugendliche der Jahrgänge 1925 bis 1929 (HJ) sowie die nicht mehr für den aktiven Waffendienst, aber zu Wach- und Sicherungsaufgaben Tauglichen. Darüber hinaus sollten alle zum Kampfeinsatz fähigen, bisher Uk-gestellten Männer der Jahrgänge 1884 bis 1924, deren Verpflichtung ohne Gefährdung lebenswichtiger Funktionen an ihren Wohnorten möglich war, im Rahmen des 1. Aufgebots innerhalb von Volkssturmbataillonen auch außerhalb ihrer Heimatregion zum Einsatz kommen. Zum 2. Aufgebot zählten alle zum Kampfeinsatz Tauglichen zwischen 25 und 50 Jahren, die in besonders kriegswichtigen Einrichtungen tätig waren. Solche Einrichtungen waren beispielsweise SD, Sicherheitspolizei, kriegswichtige Betriebe, Feuerwehr ("Feuerlöschpolizei"), Technische Nothilfe, Rotes Kreuz sowie bis zur vollständigen Übernahme in den Volkssturm Anfang 1945 auch die Stadt- und Landwacht. Im Allgemeinen wurden 1944/45 nur die beiden ersten Aufgebote gebildet und aufgestellt. Anfang März 1945 sah der Ausbildungsplan für das 2. Volkssturmaufgebot in Herzfeld militärische Formalausbildung und Übungen mit Gewehr, Panzerfaust und Handgranate vor.

Für die Organisation des Volkssturms Mitte Dezember 1944 im damaligen Kreis Beckum zeichnete der SA-Hauptsturmführer Klinger verantwortlich. In der Kreisstadt Beckum fungierte OStDir Keuker als Leiter des örtlichen Volkssturms. Mitte Dezember 1944 hatte die NS-Führung folgende Richtlinien für den Volkssturm aufgestellt. Der Volkssturmdienst sollte "einschließlich An- und Abmarschweg von und zur Wohnung [...] 6 Stunden nicht überschreiten. Der Ausbildungsdienst selbst soll nicht länger als 4 Stunden dauern. Er wird meistens am Sonntag stattfinden müssen. Überall dort, wo es die [...] Verhältnisse zulassen, bestehen keine Bedenken, die Einheit zu Unterrichtszwecken, zur politischen Führung [...] und dergleichen an einem Abend in der Woche für die Dauer von etwa 2 Stunden zusammenzuziehen. Lange Anmarschwege oder andere körperliche Anstrengungen zur Verrichtung dieses Dienstes sind auf jeden Fall zu vermeiden. Es ist nichts dagegen einzuwenden, z. B. durch fliegende Ausbildungskommandos die Einzelausbildung an der Waffe im Betriebe oder an der Arbeitsstelle zu betreiben, falls sich hier zu günstige Gelegenheiten bieten, z. B. Feierschichten".

Mancher machte den Versuch, sich dem Dienst im Volkssturm zu entziehen, wie z. B. der Herzfelder Bernhard Renner, der sich beim Bataillonsführer des Volkssturms Liesborn-Wadersloh, Amtsbürgermeister Ewald Klinkhammer, beschwerte: "Meine Einberufung zum Volkssturm widerspricht dem Erlaß des Führers, dass alle männlichen Personen des Deutschen Reiches vom 16. bis zum 60. Lebensjahr volkssturmpflichtig sind. Ich habe schon am 17.8.1944 mein 60. Lebensjahr vollendet." Klinkhammer belehrte ihn: "Nach den 2. Ausführungsbestimmungen zum Führererlaß, Anordnung 318/44 vom 12. Oktober 1944 über die Bildung des Deutschen Volkssturms, umfasst der Deutsche Volkssturm alle Angehörige der Jahrgänge 1928 bis einschließlich 1884. Sie e sind damit volkssturmpflichtig und haben den angesetzten Dienst mitzumachen."

Die neue militärische Formation litt von Beginn an unter eklatanten Ausrüstungsdefiziten. Seit Januar 1945 konnte nicht einmal mehr der Bedarf an Waffen für die Wehrmacht gedeckt werden. Zahlreiche Volkssturmeinheiten waren deshalb lediglich mit Jagd- und Sportflinten oder mit veralteten Beutewaffen ausgerüstet. Es mangelte an Munition und schweren Infanteriewaffen. Der Waffenmangel verhinderte die dementsprechende Ausstattung der NS-Funktionsträger. Am 17. März 1945 beschied Landrat Gerdes den Antrag auf Ausstellung eines Waffenscheines abschlägig, "da ein Bedürfnis für das Tragen einer Waffen nicht vorl[äge]. Wenn sie zum Sudetengau versetzt werden, stelle ich Ihnen anheim, an Ihrem neuen Einsatzort einen Waffenschein zu beantragen."

Ende Januar 1945 informierte Bürgermeister Haase das Landratsamt über die Möglichkeiten, Warendorfer für das 'letzte Aufgebot' zu mobilisieren: "Als Zahlmeister und Rechnungsführer halte ich nachfolgende Beamte der Stadtverwaltung Warendorf für geeignet:

1. Lepper, Theodor, geb. am 23.4.1889 in Warendorf, bed. kv., nicht frontverwendungsfähig, Leutnant a.D., Kriegsteilnehmer 1914/18 u. Mitglied der Partei.

2. Hubert Schlenke, geb. am 13.9.00, a.v., Übungen: keine, Kriegsteilnehmer: nein, Parteizugehörigkeit: ja.

3. Schlieker, karl, geb. am 3.5.1897 [...], k.v., Kriegsteilnehmer 1914/18, 1939, Parteizugehörigkeit: ja. [...]

Lepper ist doppelt uk-gestellt und für die Vertretung des Behördenleiters vorgesehen. [...] Schlenke ist Angehöriger des Volkssturmes 'I. Aufgebot' und übt weiter keine Funktion im Volkssturm aus. Schlenke ist Volkssturmmann und war drei Wochen mit der Kompagnie am Westfalenwall. [...] Schlieker ist ebenfalls Angehöriger des Volkssturms 'I. Aufgebot'. Schlieker befindet sich im Augenblick im Parteieinsatz im Auftrage des Kreisleiters in verschiedenen Gebieten des Gaues als Quartiermacher. Vorstehend genannte Beamte eignen sich bersonders gut als Zahlmeister oder Rechnungsführer, da sie im Kassendienst, Haushalts- und Rechnungswesen bewandert sind. Rentmeister Lepper kann ich, solange die Verwaltung noch läuft, nicht entbehren, da er [...] doppelt uk-gestellt ist."

Im gleichen Monat nahm Schulrat Menning an einem Lehrgang für Volkssturmführer auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr in Bayern teil. Menning kehrte vorzeitig zurück, da offenbar das Ausbildungspersonal wegen der Weichsel-Oder-Offensive der sowjetischen Streitkräfte an die wankende Ostfront geworfen wurde.

 

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Innenansichten der Islamisten.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 52. 2012. S. 16 - 18, Heft 55. 2013. S. 3 - 17 u. Heft 56. 2013. S. 6 - 19.

Heft 52: Der Zentralrat der Muslime bemühte in der Kopftuchfrage den ungeheuerlichen Vergleich: "Es ist schon erschreckend festzustellen, dass sich heute wiederholt, was die Juden im ausgehenden achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert mit einer 'Integration' durchleben mussten. Die Muslime stehen in Deutschland vor der gleichen Entwicklung".

Der deutsche Konvertit und im Zentralrat der Muslime aktive Muhammad Siddiq verstieg sich zu der abstrusen Feststellung: "Auch die von 90 Prozent der Bevölkerung gewählte Regierung hat nie das Recht, auch nicht mit absoluter oder Zweidrittelmehrheit, etwas zu verbieten, was Gott erlaubt hat bzw. etwas zu erlauben, was Gott verboten hat. Jeder Herrscher, jede Regierung, jeder Einzelne ist immer nur ausführende Gewalt."

Auf diese Weise steht Europa heute vor einer islamischen Herausforderung, für die es nicht gerüstet ist. Warnungen aus dem muslimischen Lager mögen vielen überzogen erscheinen. Doch sie basieren auf einer großen Kenntnis islamischen Denkens und Handelns. Deshalb beschreibt der Soziologe Ajami treffend die Folgen der westlichen Ahnungslosigkeit: "Frankreich erlaubt den Bewohnern seiner explosiven muslimischen Ghettos alles und nichts zugleich [...]. Es lässt sie im Stich, es öffnet ihnen keine Räume in der Mitte der französischen Gesellschaft. Zugleich aber billigt Frankreich ihnen eine unausgesprochene Macht über seine Außenpolitik, seine Politik gegenüber dem Islam und dem Nahen Osten zu." Frankreich macht wie kein anderes Land in Europa eine pro-palästinensische Außenpolitik, weiß aber ebenso wenig wie alle anderen EU-Länder, wie es mit den Muslimen in den Pariser Vorstädten und anderswo umgehen soll. Deutschland plädiert für eine Aufnahme der Türkei in die EU und hat es in vierzig Jahren nicht geschafft, vor allem die orthodox-muslimischen Türken in die eigene Gesellschaft zu integrieren. Großbritannien räumte seinen Ausländern die am weitesten gehenden Rechte ein. Mitten in London beherbergt es die Europazentralen radikal-islamischer Gruppierungen, gegen deren Terroristen, die britischen Soldaten im Irak mit Waffengewalt vorgingen. In ganz Europa gibt es keine solide, zwischen Innen- und Außenressorts abgestimmte Islampolitik.

Heft 55: Das Verhalten von Youssef Mohammed el-Hajdib, 2007 angeklagt vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht wegen eines versuchten Sprengstoffattentats auf einen Regionalzug, spricht Bände: "Von der Tür bis zu dem Stuhl, auf dem [der Angeklagte] Platz nehmen musste, sind es nur wenige Meter. Er nutzt sie. Jeder Schritt ist eine Pose. Breitbeinig schlurft er zu seinem Platz. So betont lässig, als gelte es nicht das Gericht, sondern Teenager-Mädchen in der Füßgänger-Zone zu beeindrucken. [...] Seine schwarzen Haare fallen ihm bis in den Nacken, das fein geschnittene Gesicht wird zur Hälfte von einem Vollbart bedeckt. Der Angeklagte bleibt zunächst sitzen, als der Richter den Saal betritt. Als er sich nach einem Wink seines Verteidigers doch erhebt, weiß der vormals so um Souveränität bemühte Mann nicht mehr wohin mit seinen Händen. Erst steckte er sie in die Tasche, dann scheint ihm diese Haltung offenbar selbst deplaziert. Er zieht sie zur Hälfte wieder heraus, hängt nur die Daumen ein, um schließlich beide Arme einfach hinunterhängen zu lassen." Seinem Komplizen Jihad H. hatte in der Zwischenzeit ein Beiruter Gericht zwölf Jahre Haft zudiktiert. Die verhinderten Massenmörder hatten es darauf angelegt, "möglichst viele Menschen zu töten." So sollte die in den Bombenkoffern gefundene Speisestärke die Verbrennungen der Opfer und damit ihr Leid und ihre Qualen vergrößern. Der Düsseldorfer Rechtsanwalt Johannes Pausch beschrieb seinen Mandanten Youssef al-Hajdib "als 'sympathischen, nachdenklichen und sensiblen Menschen'." Dumm nur, dass dies nicht zu einem Pamphlet passt, dass der verhinderte Massenmörder vor der Tat verfasste: "Bei Gott, wir nehmen unheilvolle Rache, und wir mahlen euch durch unsere Kriegsmaschinerie hindurch. Wir werden euch töten, eure Dörfer niederbrennen. Wir lassen Blut aus euren Gesichtern fließen und eure Nasen in den Dreck ziehen. Euch werden, bei Gott, Blitze treffen."

Mitte Januar 2008 wurde bekannt, dass islamistische Terroristen aus dem Umfeld der El Kaida Anschläge in Deutschland planen, u.a. auf das Gebäude des Bundesjustizministeriums. Die libanesische Polizei nahm einen syrischen Extremisten fest, der mit Anschlägen gedroht hatte. Zwei Tage vor seiner Festnahme habe Mohammed Ndoub die deutsche Botschaft in Beirut angerufen und mehrere Anschläge binnen der nächsten Monate angekündigt, aus Rache, dass man die beiden verhinderten Massenmörder Jihad H. und Youssef el Hajdib vor Gericht gestellt habe. Letzterer versuchte, sich als mehr oder weniger harmlosen Mitläufer darzustellen. Ein Experte kam jedoch zu dem Schluss, dass die Sprengsätze kein Spielzeug waren: "Diese handwerklichen Fähigkeiten schüttelt man nicht aus dem Ärmel. Die Professionalität erkennt man an den kleinsten Details." Bei der Urteilsverkündung Mitte Dezember 2008 zeigte der gescheiterte Massenmörder Youssef el Hajdib den Fotografen in obszöner Geste beide Mittelfinger. Sein Verteidiger Bernd Rosenkranz kommentierte diese Entgleisung so naiv wie hilflos: "Eine Geste der Erschöpfung und der Aufregung."

 

Heft 56: Mitte März 2012 wurde ein Brandanschlag auf eine Moschee in Brüssel verübt. Der verhaftete Täter gehörte der ultrakonservativen und extremistischen sunnitischen Salafisten-Bewegung an. Bei dem Attentat hatte der 46jährige Imam der Moschee den Tod gefunden. Zwei weitere Personen erlitten Verletzungen. Die schiitische Moschee, die größte in Belgien, brannte nahezu vollständig nieder. In der Vergangenheit hatten Konflikte zwischen den verschiedenen Ausrichtungen der Muslime in Brüssel zu Auseinandersetzungen geführt.

Anfang Mai 2012 verletzte der Türke Murat K. aus der gewaltbereiten Salafisten-Szene zwei Polizeibeamte in Bonn mit Messerstichen schwer. Der Täter ging dabei besonders perfide vor. Er tänzelte über die gesperrte Kreuzung, duckte sich rasch, stach mit seinem Messer dort zu, wo die Bereitschaftspolizisten unter Helm und schusssicheren Westen ungeschützt sind: in die Beine. Statt wegen versuchten Mordes klagte in die Justiz lediglich wegen schwerer Körperverletzung, Landfriedensbruch und Widerstand gegen die Staatsgewalt an. Der Gewalttäter Murat K. mag vielleicht keine Strafen fürchten, dafür aber seine Ausweisung. Die Straftat ereignete sich während einer Demonstration gegen die rechtsextremistische Partei Pro NRW, mit denen die Salafisten mehr verbindet, als diese zugeben wollen.

Der Verfassungsschutz NRW schätzt die von dem 47jährigen salafistischen Islamfaschisten Abou Nagie organisierte Koranverteilaktion als "aktuellsten Ausdruck der offensiven Missionierungsarbeit dieser islamistischen Strömung" ein. Was sich eine Verteilaktion nenne, sei in Wahrheit die subtile Verbreitung einer islamistischen Ideologie. Der Drahtzieher Nagie wird als Hassprediger eingestuft. Vor dem Amtsgericht Köln ist gegen ihn Anklage wegen des Aufrufs zu Straftaten erhoben worden. Außerdem verunglimpfte der Islamfaschist Nagie das Christen- und das Judentum. Auch der zusammen mit Nagie auftretende Salafist Pierre Vogel, der Steinigungen und andere Straftaten rechtfertigt, ist eigentlich ein Fall für den Staatsanwalt. Salafisten predigen den Islam als Lösung und die westliche Welt als verwerflich. Der salafistische Islamfaschismus gilt als ideologischer Nährboden für den internationalen Terrorismus. 2.500 Anhänger hat der islamfaschistische Salafismus in Deutschland.

Die beiden terrorverdächtigen Islamisten Christian E. und Robert B. aus Solingen und im dortigen berüchtigten deutsch-islamischen Zentrum aktiv, waren am 15. Juli 2011 im englischen Fährhafen Dover den britischen Fahndern ins Netz gegangen. Im Reisegepäck der beiden deutschen Konvertiten, die über England in den Nahen Osten weiterreisen wollten, fand man einschlägige Materialien, wie z. B. eine "Anleitung zum Bau einer Bombe in Mutters Küche" und die Hetzschrift über "39 Möglichkeiten den Dschihad zu unterstützen". Die beiden Islamisten verbrachten die nächsten acht Monate in englischen Gefängnissen.

Nach deutschem Recht gelten die beiden Terrorverdächtigen nicht als vorbestraft, wie der Marler Rechtsanwalt Burkhard Benecken erklärte: "Die Terrorgesetze sind in England schärfer als bei uns. Dort reicht schon der Besitz von Propaganda-Material und Instruktionen zur Herstellung von Sprengsätzen aus, um zu Haftstrafen verurteilt zu werden." Weiter meinte der Anwalt: "Von ihrer Haft sind sie beide sichtlich beeindruckt". Doch hier war wohl mehr der Wunsch der Vater des Gedankens. Wenige Tage nach seiner Haftentlassung wurde Robert B. alias Abdul Hakim an obskuren Infoständen in Iserlohn und Wuppertal beobachtet, wie er missbräuchlich den Koran als Propaganda verteilte, obwohl niemand solches Altpapier braucht.l

Der sich zur Terrororganisation El-Qeida bekennende salafistische siebenfache Serienmörder von Toulouse, Mohamed Merah, filmte seine Bluttaten an einer Schule mit einer Kamea. Vor seiner Enttarnung und Unschädlichmachung wurde in einigen französischen Medien zeitgeistmäßig spekuliert, ob wohl neonazistische Militärs hinter den Morden stecken könnten. Ausgerechnet der Vorsitzende des Verbands der Muslime Frankreichs, Mohammed Moussaoui, war in dieser Hinsicht vorsichtiger und warnte im Anschluss an einen Empfang bei Präsident Nicolas Sarkozy vor unbedachten und voreiligen Spekulationen. Die voreiligen Spekulationen. Die voreiligen Vermuter einer bestimmten Täterrichtung übersahen, dass Muslime genauso wenig Lust haben, sich von kriminellen Radikalislamisten umbringen zu lassen wie von Neofaschisten. Drei Opfer des El-Qeida-Terroristen hatten nordafrikanische Wurzeln, mindestens einer war muslimischen Glaubens. Der Nervenkrieg im Toulouser Wohnviertel Cote Pavée ging am 22. März 2012 zu Ende. Die Polizei stürmte die Wohnung des Täters Mohamed Merah, der während eines minutelangen Feuergefechts getötet wurde. Ende März 2012 glaubten die Münsteraner Westfälischen Nachrichten bezüglich des Massenmords, dem u.a. drei Kinder zum Opfer fielen, fragen zu müssen, "ob die Politik in Frankreich, die von manchen als diskriminierend bezeichnet wird, bei solchen Ereignissen eine wichtige Rolle spielt?" Nun, die 'manchen' könnten sich dem Vorwurf der Förderung des Dschihad ausgesetzt sehen. Anfang Dezember 2012 wurden ein Mann und seine frühere Lebensgefährtin in den Städten Albi und Toulouse aufgegriffen. Beide stehen im Verdacht, "Merah bei der Begehung seiner Taten geholfen zu haben", so die Polizei. Merahs Bruder Abdelkader wurde Komplizenschaft vorgeworfen.

Anfang Oktober 2012 erschoss die französische Polizei einen Islamisten und verhaftete zwölf weitere in Straßburg, Cannes und Paris. Bei den Festgenommenen fand die Polizei eine Liste jüdischer Einrichtungen und Material zum Bombenbau. Im März 2013 wurde eine weitere 4köpfige islamistische Terrorzelle ausgehoben.

Anfang Februar 2013 drohten Salafisten in einem Video mit Anschlägen: "Wir wollen Obama und Merkel tot sehen", entblödete sich ein deutscher Salafist. Einstweilen sieht man eine ganze Menge tote Islamisten, nämlich in Mali, wo sich Dank dem Eingreifen der französischen Truppen der islamistische Gottesstaat salafistischer Prägung zu einer Fata Morgana geworden ist. Zeitgleich mit der islamistischen Drohung gegen Deutschland haben die französischen und malischen Truppen Timbuktu eingenommen. Die Bewohner der Nigermetropole, welche zum Weltkulturwerbe zählt, schwenkten die Trikolore und riefen "Vive la France, vive Hollande". Vorher hatten sie unter dem Joch der islamistischen und salafistischen El-Kaida-Rebellen gelebt, die mit den Tuareg und Gruppen wie Ansar Dine sowie Mujao den Norden des Landes unterworfen und die Scharia eingeführt hatten. Eine Frau aus Timbuktu berichtete über den islamistischen Terror: "Es gab Steinigungen, Dieben wurden die Hände abgeschlagen, Radio und Fernsehen waren streng verboten." In Timbuktu hatten die vertriebenen Islamisten zwei islamische Mausoleen zerstört und seltene, wertvolle Handschriften, ebenfalls frühislamischer Provenienz, zerstört. Die geschlagenen Islamisten ergehen sich in wütenden Drohungen gegen Frankreich: "Wir schicken euch und eure Kinder in die Hölle". Vorerst geschieht das mit den Islamisten in Mali verdientermaßen selbst!

 

 

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Die Wirklichkeit der SED-Diktatur.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 52. 2012, S. 3 - 5 u. Heft 55. 2013, S. 17 - 20.

Heft 52: Nun tauchte der sowjetische Offizier und Dolmetscher bei dem Rundfunkjournalisten Duchrow und seinem jungen Mitarbeiter auf dem Appellplatz des Speziallagers Sachsenhausen wieder auf. Dort war ein Podest aufgebaut. Auf ihm standen ein Generalmajor der sowjetischen Armee und als Vertreter der jungen DDR, das Mitglied der SED-Parteiführung, Karl Schirdewan. Vor den im Karree aufgestellten Gefangenen sprach der Generalmajor auf russisch von 'Hochherzigkeit' seiner Regierung, die verzeihen könnte, von seinem 'Vertrauen zur ehrlichen Einsicht', von der 'Großmütigkeit und Hilfsbereitschaft' der neuen deutschen Regierung, die auch dem einstigen Verbrecher eine Chance der Bewährung geben würde.

Nach der rede, als Alfred Duchrow mit den Tontechnikern sprach, ergriff der junge Rundfunkmitarbeiter die Gelegenheit, ging auf Karl Schirdewan zu, den er persönlich kannte, und fragte: "Hast du mal mit einigen Häftlingen gesprochen? Es sind viele ganz junge Burschen darunter, zum Teil jünger als ich! Einer erzählte mir von Hungertod Tausender. Eine Denunziation hatte genügt, ihn als Fünfzehnjährigen für drei Jahre in dieses Lager zu bringen!" Schirdewan blickte durch den jungen Mann hindurch und antwortete tonlos und mechanisch: "Du weißt nicht, was die Faschisten hier mit uns gemacht haben. Gegen die Greuel der SS-Zeit ist das alles überhaupt nichts..."

 

Heft 55: Im Herbst 1948 widmete Bert Brecht der SED-Jugendorganisation ein Lied, dass bei der FDJ-Leitung nicht ungeteilten Beifall fand. Erich Honecker, der FDJ-Vorsitzende, sprach sich gegen Brechts Schöpfung aus: "Natürlich müssen wir dankbar sein, dass Bert Brecht der FDJ ein Lied geschrieben hat. Aber es gibt einige Texststellen, die er noch einmal überarbeiten oder neu schreiben muß!" Honecker kritisierte besonders die Zeilen: "Besser als gerührt zu sein, ist: sich rühren. Denn kein Führer führt aus dem Salat! Selber werden wir uns endlich führen..."

Honecker stellte klar: "Brecht ist kein Mitglied der Partei. Das mindert nicht seine große Rolle als Dichter der Unterdrückten. Nun wir, als Genossen, wissen besser, dass wir den schweren Weg des Kampfes um den Sozialismus nicht ohne Führer gehen können, das wäre Anarchie. Wir respektieren als Führerin der Massen unsere stolze Partei. Und die Arbeiterklasse hat einen großen Führer im Weltmaßstab , dem die Völker den Sieg über den Faschismus verdanken. Das ist unser genialer Genosse Josef Wissarionowitsch Stalin, der Inspirator aller Erfolge der ruhmreichen Sowjetunion! Wir müssen verhindern, daß Brechts Lied in dieser Fassung in den Gruppen gesungen wird. [...] Wir werden Brecht bitten, sein Lied zu überarbeiten, sicher wird er das tun".

Doch Bert Brecht ließ die FDJ-Leitung abblitzen und weigerte sich, in seinem Lied die Führung der SED besonders zu betonen. Auf Honeckers Einwand, dass Hitler die Jugend nicht mehr interessiere, weil dieser längst zu den 'ollen Kamellen' gehöre, konterte Brecht ironisch: "Die ollen Kamellen verwandeln sich, wenn unbeobachtet, leicht in 'olle Lorbeeren'. Die Strophe wird nicht verändert, denn sie ist wie das ganze Lied auf das Motiv des Sich-selbst-Führens aufgebaut."

Die Ablehnung vergaß Honecker nicht. Nach der kurz danach stattfindenden Premiere von Brechts 'Mutter Courage und ihre Kinder' nutzte der FDJ-Vorsitzende eine Sitzung der SED-Jugendorganisation für eine Retourkutsche gegen Brecht: "Ich bin kein Theaterkritiker, aber [...] das neue, besonders im Westen hochgepriesene Theaterstück [...] ist vom Klassenstandpunkt aus sehr bedenklich. Es gibt nur einen möglichen Kriegsgegner in diesem Werk, das ist die halbblöde und stumme Katrin. Alle anderen verdienen am Krieg oder sind seine passiven Opfer. Und die Hauptgestalt, diese kleinbürgerliche Mutter Courage, kann doch für uns kein Vorbild sein! Sie ist als Marketenderin eine typische Kriegsgewinnlerin, die überhaupt nicht zur Einsicht kommt. Nur Pfaffen, Offiziere und korrupte Landsknechtsnaturen, keine einzige fortschrittliche Gestalt habe ich in den vier Stunden auf der Bühne entdeckt. Da sind mir Gorkis, Simonows und Pogodins sowjetische Dramen lieber, aus denen erfährt unsere Jugend genau, wo der Klassenfeind steht!"

 

Heft 60: Al-Husseinis Hauptinteresse

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Impressionen aus der Dortmunder Nordstadt

In: Spuren der Verfolgten. Heft 56. 2013, S. 3 - 6.

Bei den gewalttätigen Ausschreitungen während der Silvesternacht 2011 in der Dortmunder Nordstadt waren auch Täter mit Migrationshintergrund, darunter ein 20jähriger Türke, beteiligt. Mitte Januar 2011 erregte sich der NRW-Arbeits- und Integrationsminister, Guntram Schneider, in seiner fettglänzenden Körperlichkeit wohnhaft im Dortmunder Kreuzviertel, wo die Grünen-
Anhänger über die zulässige Höchstgrenze hinaus versammelt sind: "Wenn eine Gruppe in der Nordstadt in der Silvesternacht mit Feuerwerkskörpern auf Feuerwehr und Polizei schießt, fragt gleich jeder nach dem Migrationshintergrund".

Den gab es allerdings tatsächlich bei den Ausschreitungen. "Wenn so etwas bei mir im Kreuzviertel passiert, fragt niemand nach dem Migrationshintergrund", ärgerte sich Schneider weiter, der selbst von Parteifreunden wegen seiner fettglänzenden Körperlichkeit hinter vor gehaltener Hand lächelnd Eduard (Eddy) Positas genannt wird. Dabei vergisst der Herr Minister, dass es eben in 'seinem' Kreuzviertel keine Ausschreitungen gibt, wenn nicht mal gerade Rechtsextreme den Stadtteil heimsuchen und die rot-grünen Bewohner in ihrer gesellschaftspolitischen Beschaulichkeit aufschrecken.

Polizeikommissarin Semra Karatag weiß im Gegensatz zum rot-grünen Minister Schneider von besorgten Müttern in der Dortmunder Nordstadt, dass die massiv auftretenden organisierten Kriminellen aus Rumänien und Bulgarien als Bedrohung empfunden werden: "Sie haben Angst um ihre Kinder auf der Straße". Nach Besuch des Planerladens musste Schneider zähneknirschend einräumen, es gäbe "Straßen mit 50 % Arbeitslosigkeit in der Nordstadt" und schwadronierte weiter: "Wir dürfen vor den Problemen nicht die Augen schließen", was die politische Klasse aber eben gerade gerne tut.

In einer Ausstellung wollte die Künstlerin Barbara Meisner den Unterschied zwischen den Aussagen der Stadt Dortmund über die Nordstadt und der Realität am Nordmarkt und Borsigplatz zeigen. Das war der Stadt zu brisant und daher sagte sie Mitte Februar 2013 die Ausstellung einfach ab.

Seit August 2012 hatte Frau Meisner die Nordstadt erkundet, mit den Bewohnern gesprochen und städtische Projekte wie das Quartiersmanagement untersucht, mit dem Oberbürgermeister Sierau gern die Erfolge seiner Nordstadt-Politik belegt. Mit ca. 20 Briefen hatte die Künstlerin ihre Eindrücke und Ergebnisse dokumentiert. Diese fielen deutlich weniger rosig aus, als es die Stadt gern hätte. So fragte Frau Meisner Bewohner der Nordstadt nach ihrer Meinung zum Quartiersbüro. Die Antworten sprechen für sich: "Kosmetik", "bringt nichts für die Nordstadt außer den Mitarbeitern ihre Posten", "Gutmenschen, die hier sowieso nicht leben, also gar nicht mitreden können" oder "keine Ahnung, was die die ganze Zeit machen".

 

 

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Der Fluch der bösen Tat. Armenier und Kurden.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 57. 2013, S. 3 - 24.

Noch nie hat man von kurdischer oder oder offizieller türkischer Seite auch nur ein Wort des Bedauerns vernommen oder eine Geste der Verständigung gesehen. So machte der Sozialdemokrat, man sollte ihn lieber als Spezialdemokraten bezeichnen, Cenan Kolat deutlich, dass sich sein türkischer Verband, dem Kolat vorsteht, bezüglich des Völkermords an den Armeniern weder an dieses Verbrechen erinnern noch seiner Opfer gedenken will.

Figuren wie Kolat können sich innerhalb der deutschen politischen Klasse so ungeniert bewegen, weil deren Versagen im Hinblick auf die Türkei und das Schicksal der Armenier eine lange Tradition hat. So entblödeten sich 1979 bundesdeutsche Behörden, an der Spitze das Auswärtige Amt in Bonn, nicht, in einer Stellungnahme zu den "Asylverfahren türkischer Staatsangehöriger christlichen Glaubens" folgende Einschätzung zu geben: "Der Islam hat sich (...) in der türkischen Geschichte und Gegenwart als eine tolerante Religion erwiesen."

Anfang Mai 2013 wurde offenbar, dass in NRW türkische Konsulate an Lehrer, die muttersprachlichen Unterricht erteilen, türkische Schulbücher und andere Unterrichtsmaterialien mit nationalistischem Inhalt verteilen. Die GEW kritisierte, dass die Bücher neben nationalistischen Inhalten auch diskriminierende Äußerungen über Volksgruppen und Minderheiten in der Türkei enthielten. Außerdem würden geschichtliche Zusammenhänge gar nicht oder falsch dargestellt. Die darüber fassungslose, entsetzte und schon seit langen Jahren heillos durch die multikulturelle Gesellschaft stolpernde politische Klasse glaubte der überraschten Öffentlichkeit weismachen zu müssen, dass es sich bei diesem Skandal um etwas ganz Neues handelte.

Das war aber keineswegs so, denn es handelt sich um ein altes Problem. Bereits 1980 berichtete ein kritischer Beobachter des deutschen Bildungswesens: "Die Kinder der religiösen, bzw. ethnischen Minderheiten aus der Türkei werden in der Bundesrepublik automatisch in türkische Klassen eingeschult. Ein weiteres Problem stellen dabei die türkischen Lehrer dar. Leider hat die Bundesrepublik ihre Schulhoheit an die Türkei abgetreten und kümmert sich - noch - wenig darum, was mit nichttürkischen Kindern türkischer Staatsangehörigkeit passiert. So ist es möglich, daß armenische, assyrische, christlich-arabische und vor allem kurdische Kinder unterschiedslos als 'Türken' unterrichtet werden, - in einer Sprache also, die sie, wie viele kurdische Kinder, oft nur mangelhaft beherrschen, so daß die Gefahr besteht, daß sie zu Analphabeten in drei Sprachen werden. Darüber hinaus werden diese Kinder gezwungen, den ganzen chauvinistischen und rassistischen Schund anzuhören, den türkische Schulbücher und Lehrer von sich geben. Oft gestaltet sich der Unterricht als regelrechter Drill in Intoleranz gegenüber ethnischen und religiösen Minderheiten. In einer 'Türken'-Klasse in Berlin-Tempelhof kam es z. B. vor, daß kurdische Kinder als 'barbarische Bergtürken' beschimpft wurden, bzw. die Klasse fast täglich Ausfälle des Lehrers gegen Zyperngriechen anhören mußte. Es ist völlig unverständlich, warum bundesdeutsche Schulbehörden nicht endlich eingreifen und mit einer kritischen Durchsicht des in türkischer Sprache abgehaltenen Unterrichts sowie der dazu benutzten Schulbücher beginnen."

 

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Die Türkei und die Juden

In: Spuren der Verfolgten. Heft 58. 2013, S. 3 - 5.

1933 lud die türkische Republik 30, später 200 deutsche Wissenschaftler ein, um in der Türkei universitäre Ausbildungsgänge zu begründen bzw. bereits bestehende zu erweitern. Es folgten meist rassisch Verfolgte der 'Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland' dem Ruf aus Ankara, darunter der Architekt Bruno Taut, die Erfinderin der Einbauküche Margarete Schütte-Lihotzky, der Komponist Paul Hindemith und der SPD-Politiker Ernst Reuter mit ihren Familien. Insgesamt waren es 1.000 Personen. Als der Staatsgründer Atatürk 1938 starb, wurden die meisten Verträge der deutschen Wissenschaftler und Künstler nicht verlängert. Viele der in NS-Deutschland verfolgten Emigranten verbrachten die türkischen Behörden 1944 in anatolische Internierungslager.

Die sich nach außen neutral gebende Türkei verlangte auf Druck der NS-Regierung ab 1938 'Ariernachweise' von verfolgten Emigranten und verschloss den Fluchtweg für Juden über die Türkei. Ging Ankara mit den eigenen Juden besser um?

Vor Beginn des Zweiten Weltkriegs hatten sich in Europa fast 20.000 türkische Juden niedergelassen. In der Türkei selbst lebten nach einer Erhebung von 1927 etwa 82.000 Juden. In Berlin unterhielten die dort lebenden türkischen Juden sogar eine eigene Synagoge. Nach der Wannsee-Konferenz im Januar 1942 wurde die Regierung in Ankara vom deutschen Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop im Juli 1943 von der Möglichkeit informiert, türkische Juden "aus dem deutschen Machtbereich heimzuschaffen". Damit hatte aber die türkische Regierung keine Eile. Sie bat die deutsche Botschaft in Ankara um Fristverlängerung. Die Botschaft mahnte wiederum die Türkei mehrfach, doch endlich zu reagieren. Am 28. Oktober 1943 kabelte der deutsche Botschafter Franz von Papen in Ankara nach Berlin, dass nach Angaben der türkischen Regierung in Deutschland nur ein, in Frankreich etwa 300 und in den übrigen Ländern kein türkischer Jude für die Rückführung vorgesehen sei. 

 

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Die syrische Tragödie

In: Spuren der Verfolgten. Heft 58. 2013, S. 6 - 19.

Ende Juli 2013 mußte die deutsche Bundesregierung die zunehmende Teilnahme deutscher Islamisten am syrischen Bürgerkrieg einräumen. Es wären bisher 70 Islamisten aus Deutschland in Richtung Syrien ausgereist, um dort an Kampfhandlungen teilzunehmen. Die Gesamtzahl der Islamisten, die aus ganz Europa am Bürgerkrieg in Syrien beteiligt sind, wird auf "mehrere hundert Personen" geschätzt. Es besteht die Gefahr, dass die Islamisten und Dschihadisten bei einer eventuellen Rückkehr zu einen "erhöhten Sicherheitsrisiko" werden, da sie sich durch die Beteiligung an Kämpfen weiter radikalisieren "und nach ihrer Rückkehr Anschlagspläne uach in Deutschland" zu realisieren versuchen.

Anfang August 2013 detonierte eine Autobombe in der Nähe der syrischen Hauptstadt Damaskus und riss mindestens 18 Menschen in den Tod. Im Monat zuvor waren bei einem ähnlichen Anschlag nicht unweit von diesem neuerlichen Attentat zehn Menschen getötet worden. Die Gegend wird vor allem von Anhängern des Machthabers Baschar al-Assad bewohnt.

Mitte August 2013 erfüllte sich die Furcht vor einem Giftgasangriff. Mit Nervengas bestückte Raketen schlugen während der Nacht in den östlichen Vororten Ain Tarma, Zamalka, Moadamieh und Jobar der Hauptstadt Damaskus ein. Dabei sollen 1.300 Menschen ums Leben gekommen sein, darunter viele Frauen und Kinder. Eine Krankenschwester berichtete über die Opfer des Angriffs bei deren Ankunft in einem Sanitätsstützpunkt: "Sie kamen mit geweitetenn Pupillen, kalten Gliedmaßen und  Schaum vor dem Mund hier an - die 'Ärzte sagen, dies seien die typischen Symptome von Nervengas-Opfern". Neben den Toten lagen einen tag spätert Hunderte von weiteren Opfern mit schweren Nervenvergiftungen in Krankenhäusern und Notlazaretten. Ärzte versuchten, bewusstlose Kinder wiederzubeleben. Anderen Verletzten zitterten permanent Arme und Beine. Es gibt zu wenige Ärzte und Helfer, die mit der katastrophalen Situation völlig überfordert sind.

Die syrische Opposition warf den Regierungstruppen den Einsatz des Giftgases vor, während die Armee von Präsident Assad diese Eskalation naturgemäß bestritt. Welche Seite das Massenvernichtungsmittel auch eingesetzt haben mag, es handelt sich auf jeden Fall um den folgenschwersten Chemiewaffenangriff seit dem März 1988, als der damalige und inzwischen hingerichtete irakische Diktator Saddam Hussein mindestens 5.000 Kurden in der Stadt Halabdscha und deren Umgebung mit Giftgas ermorden ließ.

Das Assad-Regime, Russland und die Mullahkratie in Teheran beschuldigten wie üblich die Rebellen, das Giftgas verschossen zu haben. Nur einen Tag nach dem Chemiewaffenangriff bombardierten Kampfjets der syrischen Luftwaffe die betroffene Region erneut. Auch wüten Einheiten der mit Assad und Teheran verbündeten libanesischen Hisbollah im Umland von Damaskus und verschießen dabei auch eigene Raketen.

Das blieb nicht ohne Gegenreaktionen. Anfang Juli 2013 wurden bei der Explosion einer Autobombe in Beirut mehrere Dutzend Menschen verletzt. Der Anschlag ereignete sich vor einem Einkuankaufszentrum in einem Stadtviertel, das von der schiitischen Hisbollah kontrolliert wird. Die Milizen dieser selbsternannten 'Partei Gottes' kämpfen an der Seite des Diktators Baschar al-Assad im syrischen Bürgerkrieg. Seit sich die Hisbollah zum Kampf im Konflikt des Nachbarlandes bekannt hat, häufen sich bewaffnete Angriffe auf diese islamistische, vom Iran unterstützte terroristische Bewegung. Mitte August 2013 ereignete sich im eben genannten schiitischen Stadtviertel von Beirut ein weiterer Anschlag, der sechs Menschen das Leben kostete. Die Hisbollah hatte in der Schlacht um die strategisch wichtige syrische Stadt Al-Kusair im Mai 2013 eine wichtige Rolle gespielt und an einem Tag allein 23 ihrer Milizionäre verloren. Danach war und ist die islamistische Miliz mit 4.000 Mann, wohl nicht zuletzt im Auftrag des Iran, bei Angriffen auf die Oppositionshochburgen Homs und Aleppo beteiligt.

Die Kämpfe um Homs gestalten sich besonders heftig. Das Militär beschießt rund um die Uhr die Stellung der Aufständischen mit Panzern und Artillerie. Auch finden laufend Bombardements durch Kampfflugzeuge statt. Von den ursprünglich eine Million Einwohnern sind sehr viele geflüchtet. Die syrische Armee weiß die im Häuserkampf erfahrenen Milizen der libanesischen Hisbollah an ihrer Seite. Doch die Revolutionäre werden ihnen die Stadt nicht ohne weiteres überlassen, denn Homs ist strategisch wichtig. Wer die Stadt kontrolliert beherrscht auch die wichtigsten Nachschubwege.

Die Opposition geriet im Laufe des Frühjahrs und Sommers 2013 zunehmend in die Defensive. Ihre Stellungen im Norden, Osten und Süden des Landes werden permanent von Kampfhubschraubern und -flugzeugen bombardiert. Die verlorene Schlacht um die Stadt Kusair hat die Moral der Assad-Gegner beträchtlich erschüttert. Zudem treiben in den nominell von den Aufständischen kontrollierten Gebieten selbsternannte Gotteskrieger in krimineller Weise ihr Unwesen.

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Ein seltsamer Parteigründungsversuch in Ahlen. Eine politische Episode zu Beginn der 1950er Jahre.

In: Der beflügelte Aal, Heimatliches aus Ahlen - Vorhelm - Dolberg, Bd. 12, Rheinberg 2013, S. 90 - 93.

Schwierige Zeiten fördern Versuche, neue politische Parteien aus der Taufe zu heben, welche die Unzufriedenheit der Wähler als Resonanzboden zu nutzen suchen, wie z. B. aktuelle in erfolgreicher Weise die Liste 'Bürger in Wut' bei der letzten Bremer Bürgerschaftswahl am 22. Mai 2011.

1951, dem Jahr, in dem das nachfolgend Geschilderte sich in Ahlen ereignete, war eine "Zeit, in der es in unserem Land schon wieder alles gab: Butter, Kaffee, Zigaretten, Schlemmerlokale, Patrioten und Lokalpatrioten... nur, dass man sich noch nicht wieder so daran gewöhnt hatte." Der Koreakrieg im Fernen Osten im Rahmen des Kalten Krieges mit seinen zunächst krisenhaften Auswirkungen ökonomischer Art, die sich in erheblichen Preissteigerungen gerade auch bei den Gütern des täglichen Bedarfs manifestierten, machten sich auch in Europa und in der jungen Bundesrepublik Deutschland unangenehm für den einzelnen Bürger bemerkbar. Dies war ein damaliger aktueller Einfluss, der die konstant strukturellen Problemlagen des neuen westdeutschen Staates, hervorgerufen durch die NS-Diktatur sowie die Wirkungen und Folgen des Zweiten Weltkriegs, wie etwa in erster Linie den Wiederaufbau, die Integration der Vertriebenen und Flüchtlinge und andere Nachkriegsbelastungen, noch weiter komplizierte. Ein Bericht der Ahlener Stadtverwaltung über die Stimmung in der Bevölkerung hob im August 1950, somit ein gutes Jahr vor den im weiteren rekapitulierten Ereignissen, hervor: "Auf außenpolitischen Gebiet stehen die Kämpfe auf [der Halbinsel] Korea im Mittelpunkt der Interessen. In weiten Kreisen der Bevölkerung erwartet man einen dritten Weltkrieg. Aus diesem Grunde waren in den vergangenen Tagen zahlreiche Angstkäufe innerhalb der Bevölkerung zu verzeichnen, welche zur Verknappung verschiedener Lebensmittel führten."

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Der Kreis Warendorf vom Beginn des Ersten bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs (1914 - 1945). Eine Einführung in die Geschichte des Bandes 2 der Kreisgeschichte.

In: Münsterland, Jahrbuch des Kreises Warendorf 2014, 63. Jahrg., Warendorf 2013, S. 286 - 293.

Vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 existierten neben den Warendorfer und Ahlener Ortsgruppen nur noch in Harsewinkel, Ennigerloh-Neubeckum und Oelde lokale Organisationen der NSDAP. Obwohl die Nationalsozialisten bei den Wahlen in kaum einer Gemeinde des Kreises auch nur eine relative Mehrheit erreichen konnten, vollzog sich deren Machübernahme im Frührjahr 1933 im Kreisgebiet, begleitet unter Drohungen, Intrigen, Einschüchterung und Häme für die bisherigen Amtsträger sowie im Raum Ahlen auch mit Gewalt und Verhaftungen, insbesondere gegen die Mitglieder der Arbeiterparteien, innerhalb weniger Monate. Allein in Ahlen wurden 1933 ca. 190 Funktionäre und Anhänger von KPD und SPD festgenommen. Außer in der Wersestadt kam es auch in Oelde, Heessen und Ennigerloh zu Verhaftungen von Mitgliedern der Arbeiterparteien. Die Betroffenen verbrachte man zur Gestapostelle Recklinghausen und in ein provisorisches KZ bei Bergkamen. Der Ahlener Bergarbeiter Albert Funk wurde in Recklinghausen ermordet.

Die Landräte wurden noch im Frühjahr 1933, die meisten Bürgermeister, Amtmänner und Gemeindevorsteher in den folgenden Jahren sukzessive durch Parteigänger und Sympathisanten der NSDAP ersetzt. Das diktatorische Führerprinzip beseitigte die regionale und lokale Selbstverwaltung. Der neue NS-Landrat Hanns Querfeld bekannte sich dazu im September 1933 in Greffen öffentlich: "Jetzt befehlen nur noch die staatlichen Korporationen. [...] Wenn der Staat oder sein Vertreter gesprochen hat, hört jeder Protest auf. [...] wenn der Kreisausschuß Beschlüsse gefaßt hat, sollen in den Gemeinden keine Protestversammlungen mehr stattfinden dürfen [...]; andernfalls Abführung ins Konzentrationslager. Daß ich das durchsetze, dafür bürgt meine nationalsozialistische Gesinnung. [...] Der Wille zum Frieden hört da auf. wo er Schwäche bedeutet. [...] Der Parlamentarismus ist dahin, der Führerwille entscheidet. Der Kreisausschuß hat den Kreistag abgelöst, und auch der Kreisausschuß wirk nicht mehr lange maßgebend sein, sondern nur beratende Funktion ausüben." Zu Widerstandsaktionen gegen die Gleichschaltung kam es nicht, was sicherlich nicht zuletzt auf die von den Nationalsozialisten aufgebaute Drohkulisse zurückzuführen war, doch entscheidend war wohl, dass im Kreisgebiet wie im übrigen Deutschland für zu viele Menschen Demokratie und Republik zu Mustern ohne Wert geworden waren.

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'Privater Antisemitismus' oder Wiedergutmachung im Zwielicht.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 59. 2014, S. 3 - 11.

Das Amt für Wiedergutmachung in Beckum richtete aufgrund der Einlassungen des Antragstellers die folgenden Fragen an das Arbeitsamt in Essen: "Im Jahre 1935 - 36 sind auf Veranlassung des dortigen Arbeitsamtes arbeitsscheue Personen in das Lager Hasselbach verschickt worden. Es wird um Angabe gebeten, unter welchen Bedingungen diese Personen in dem Lager gehalten wurden. Stand das Lager unter Bewachung? Und hatten die Insassen Ausgangssperre? Von wem wurde ggf. die Bewachung ausgeführt?"

Die Antwort des Essener Arbeitsamts durch seinen Vorsitzenden Schmidt Ende September 1949 fiel zeitgemäß aus: "Die gesamten unterlagen des Arbeitsamtes Essen sind durch mehrfache Bombenangriffe restlos vernichtet worden. Nachfragen bei heute noch beschäftigten Anmtsangehörigen haben ergeben, daß in den genannten Jahren keine arbeitsscheuen Personen durch das Arbeitsamt Essen in das Lager Hasselbach verschickt wurden." Es mag dahingestellt bleiben, ob alle Unterlagen vernichtet worden waren. Zumindest nach dem schweren Luftangriff vom 5. März 1943 auf Essen, mit dem die Royal Air Force eine lange Serie von Luftattacken im Rahmen der 'Battle of the Ruhr' eröffnete, wären dort Auslagerungen von Unterlagen angezeigt gewesen, allein schon, um die Weiterarbeit dieser Behörde, auch unter verschärften Kriegsbedingungen, sicher zu stellen. Beim zwangsweisen Arbeitseinsatz waren die Arbeitsämter an führender Stelle involviert. Nach 1945 geriet jedoch die Arbeitsverwaltung im Gegensatz zu anderen Institutionen der NS-Diktatur kaum in den Nachforschungsfocus der Alliierten. Zum Zeitpunkt des erwähnten Briefwechsels herrschte bereits der 'Kalte Krieg', der die Untersuchungen von NS-Verbrechen nachhaltig beeinträchtigte. So stand es nicht im Interesse des Essener Arbeitsamts, sich mit Auskünften bezüglich der jüngsten Vergangenheit zu belasten.

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Islamischer Antisemitismus und arabische Nähe zum Nationalsozialismus.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 59. 2014, S. 11 - 19 u. Heft 60. 2014, S. 3 - 16.

Heft 59: Europäische Antisemiten können auf Unterstützung im Nahen und Mittleren Osten bauen. Im Frühjahr 2001 sollte in Beirut eine Konferenz "über die 'Geschichte' des Holocaust stattfinden." Organisiert wurde das Treffen von einem rechtsextremen amerikanischen Institut, das sich seit Jahren darum bemüht, die internationale Szene der Holocaust-Leugner zu vernetzen. Als Redner war neben dem französischen Holocaustleugner Robert Faurisson auch Horst Mahler eingeladen, damals ein prominentes Mitglied der NPD und bis heute wegen seiner Hitlergrüße und antisemitischen Hasstiraden Dauergast in deutschen Gerichtssälen. Das erklärte Ziel der Veranstalter bestand darin, den Austausch mit arabischen Aktivisten zu suchen, um den gemeinsamen Feind ins Visier zu nehmen. Faurisson appellierte an die arabische Welt, die Leugnung des Holocaust als Waffe im Kampf gegen Israel für sich zu entdecken. Wörtlich sprach er davon, dass die Leugnung des Holocaust "die Atombombe der Armen" sei.

Die Konferenz von Beirut wurde schließlich verboten, doch die vorbereiteten Reden über Internet verbreitet. Mit ihrem Ansinnen rannten die europäischen Holocaust-Leugner bei Mahmud Ahmadinedschad und anderen iranischen Politikern offene Türen ein. So verwundert es nicht, dass der Iran Ende 2006 in Teheran die Konferenz "Review of the Holocaust: Global Vision" organisierte.

Ahmadinedschad wurde zum Star der deutschen Neofaschisten und Revisionisten. Einige von ihnen baten den iranischen Machthaber um 'humanitäre Hilfe' für den Holocaustleugner Ernst Zündel. Die rechtsextreme Zeitschrift 'Nation und Europa' entblödete sich nicht, zu titeln "Danke, Herr Präsident!" Mit von der Partie in Teheran waren u.a. der Schweizer Holocaustleugner Jürgen Graf, Vertreter des tschechischen 'Narodni Odpor' (Nationaler Widerstand) und der ehemalige Ku-Klux-Klan-Führer David Duke.

Wie ernst die deutschen Neofaschisten eine mögliche Iran-Connection nehmen, illustrierte ein Beitrag des ARD-Magazins Report von Ende 2007. Reporter, die sich als iranische Journalisten ausgaben, befragten NPD-Spitzenfunktionäre und bekamen klare Antworten. So bestritt der NPD-Vorsitzende Udo Voigt den Holocaust, und Sascha Rossmüller, damaliger stellvertretender NPD-Vorsitzender, fragte in sehr verquerem Deutsch direkt nach einer illegalen Finanzierung durch den Iran: "Es gibt natürlich auch Probleme, die es schwer machen, vom Ausland, wie transferiert man das Geld, dass es der Bundestag anerkennt und uns nicht abzieht oder als Strafzahlungen wegnimmt. Aber man muss sich die Regeln, die Gesetze, man muß es genau anschauen. Es gibt immer Wege, wenn man will. Gibt es Möglichkeiten über iranische Banken, dass die NPD Zugang zu Konten hat?

 

Heft 60: Al-Husseinis Hauptinteresse galt der Bekämpfung des jüdischen Bevölkerung in Palästina. Als im Sommer 1942 in Athen ein Einsatzkommando der Sipo und des SD mit dem Ziel aufgestellt wurde, auch die Juden in Palästina zu ermorden, sagte der Großmufti sofort seine Hilfe zu und verhandelte mit Adolf Eichmann über den Einsatz von arabischen Hilfswilligen bei dem geplangten Massenmord. Dass es dazu nicht kam, lag einzig allein an der Niederlage der deutsch-italienischen Truppens bei El Alamein.

Die jüdische Bevölkerung des Jischuw und späteren Israel musste sich aber weiterhin den antisemitischen Angriffen der Araber erwehren. Diese wurden dazu vom Großmufti angestachelt, dem es am Ende des Zweiten Weltkriegs gelang, mit Hilfe der deutschen Luftwaffe zuerst in die Schweiz zu fliehen. Von dort gelangte er über Frankreich nach Ägypten, wo er sich an der Gründung der PLO beteiligte, auf die er bis zu seinem Tod 1974 einen großen Einfluss ausübte.

Diese Tatsache wurde allerdings seitens der PLO verschwiegen und geleugnet - wollte sie doch nach außen als links orientierte und auf jeden Fall säkulare nationale Befreiungsbewegung präsentieren, die folglich peinlichst bemüht war, alle faschistischen und fundamentalistischen Anleihen zu kaschieren. Gleichwohl waren sie von Anfang an vorhanden. Dies begann mit ihrem Markenzeichen, einem Kafiya genannten Schal, der ein zentrales Element ihrer Parteiuniform und zugleich ein islamistisches Symbol ist, das übrigens bereits vom Großmufti eingeführt wurde. Der um ihren Anführer Yassir Arafat, der ein Verwandter des berüchtigten Großmufti al-Husseinis war, betriebene Führerkult erinnerte dagegen an die faschistischen Verehrungen der jeweiligen Machthaber. Sowohl vom Faschismus wie vom Islamismus beeinflusst war schließlich auch die Ideologie der PLO.

In ihrem Zentrum steht der Antisemitismus - und keineswegs 'nur' der Antizionismus. Der Antisemitismus der PLO setzt sich einmal aus politischen Elementen zusammen, die aus Europa importiert worden waren. Hinzu kamen islamistische Bestandteile. Deutlich wird dies an den 'Protokollen der Weisen von Zion', die schon 1926, vermutlich auf Veranlassung al-Husseinis, ins Arabische übersetzt worden sind, um dann durch einige islamische Komponenten erweitert zu werden. Dazu gehören einige weitere Fälschungen und fiktive Dokumente.

So wurde dem israelischen Politiker Schimon Peres unterstellt, in einem Buch den Wahrheitsgehalt der 'Protokolle der Weisen von Zion' bestätigt zu haben. Nach einer weiteren, ebenfalls von der PLO verbreiteten Verschwörungsgeschichte soll eine jüdische Geheimorganisation namens 'Schwarze Hand' 1968 in Frankreich eine Finanzkrise ausgelöst haben, um den damaligen Präsidenten de Gaulle für dessen proarabische Politik zu strafen. Nicht näher charakterisierte Juden sollen ferner verbotene Drogen verbreitet, arabische Kinder zum Satanskult verleitet und arabische Frauen zur sexuellen Hemmungslosigkeit verführt haben - letzteres angeblich durch die Verabreichung von Kaugummi. Kann man dies noch als unfreiwillige Komik ansehen, ist die von der PLO vor der UNO-Mernschenrechtskommission 1997 vorgetragene Beschuldigung, Juden hätten den Aidsvirus verbreitet, in jedem Falle abstoßend. Abstoßend ist auch die in der palästinensischen Publizistik zu findende Auschwitzlüge.

Umso bemerkenswerter ist es, daß die PLO auch im Westen und gerade von verschiedenen (Pseudo)Linken als antiimperialistische Befreiungsbewegung angesehen und entsprechend gefeiert wurde. Dies ging so weit, dass selbst ihr islamistisches Symbol, die Kafiya, übernommen und als sogenanntes 'Pali-Tuch' von vielen angeblich politisch korrekten (oder modebewussten) jungen Leuten getragen wurde. Noch erstaunlicher war, dass sich auch ihr Führer Yassir Arafat großer Beliebtheit erfreute - trotz seiner terroristischen Handlungen und seines persönlichen korrupten Verhaltens. Dazu beigetragen hatten die öffentlichen Auftritte Arafats in einer martialischen Phantasieuniform mit Pistolengürtel und Palästinensertuch.

DDR-Publizisten, die versuchten, über vom SED-Regime finanzierte Herausgeber in der BRD, wie dem nach der Wende insolventen und liquidierten Dortmunder Weltkreis-Verlag, auch in den Westen hineinzuwirkden, waren angesichts dieser Performance zu abenteuerlichen Interpretationen genötigt: "Arafat trug eine olivgrüne Uniform und das schwarz und weiß gemusterte Kopftuch. Aus Respekt vor dem hohen Gremium hatte er sich kurz zuvor in der Sanitätsstation des UNO-Gebäudes noch rasiert. Gegen das Scheinwerferlicht schützte er sich mit seiner getönten Brille. Unter dem Rand der Uniformjacke lugte eine Pistolentasche hervor, und die Presse bekam Gelegenheit, zu rätseln, ob darin auch wirklich eine Waffe gesteckt habe." Ob das offene Tragen von Pistolengürteln damals in der DDR bei Offiziellen in Mode war? Man stelle sich das Geschrei der gelenkten SED-Medien vor, wenn westliche Vertreter so bei der UNO aufgetreten wären.

Völlig unentschuldbar ist es, dass man im Westen und gerade in Deutschland bei bestimmten politischen Gruppierungen so viel Verständnis für den radikalen und temporär sogar eleminatorischen Antisemitismus der PLO gezeigt hat. Insgesamt gab und gibt es viele gute Gründe, die PLO als faschistisch einzustufen.

 

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Innenansichten der Islamisten.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 60. 2014, S. 16 - 17.

Max Freiherr, ein Abkömmling der bekannten rheinischen Bankiersfamilie, aber aufgrund seiner archäologischen und pan-islamischen Neigungen mehr in Berlin, Kairo und Istanbul zu Hause sowie durch die Ausgrabungen der antiken Steinskulpturen im Tell Halaf im heutigen Syrien allgemein bekannt geworden, gilt als geistiger Urheber des preußischen 'jihad', d. h. der gezielten Aufwiegelung muslimischer Völker im Ersten Weltkrieg. Zu Kriegsbeginn im August 1914 hatte sich Oppenheim dem Auswärtigen Amt in Berlin zur Verfügung gestellt, dem er bereits um 1900 zeitweise als 'Resident' in Kairo gedient hatte. Er verfasste nun mehrere geheime Denkschriften, u.a. mit dem Titel "Die Revolutionierung der islamischen Gebiete unserer Feinde". Darin schlug der Verfasser vor, in den territorialen Besitzungen Großbritanniens, Frankreichs und Russlands im Nahen und Mittleren Osten, in Nordafrika, in Süd- und Mittelasien mit Hilfe von Propagandamaterial, Waffen und Geld sowie vor allem durch die Proklamierung des 'Heiligen Krieges' islamische Aufstände von Kairo bis Kalkutta zu entfachen und das wilhelminische Kaiserreich als 'Befreier' vom kolonialen Joch zu empfehlen. Ab Oktober 1914, als nach der verlorenen Marneschlacht die Westfront im Stellungskrieg erstarrte und die Hoffnungen auf einen schnellen militärischen Sieg Deutschlands zerstoben, fielen die Ideen Max Freiherr von Oppenheims bei Kaiser Wilehm II. und dem Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt, Arthur Zimmermann, auf fruchtbaren Boden. In  Berlin wurden daraufhin Oppenheim sowie der Publizist und Orientkenner Ernst Jäckh in die Lage versetzt, das als 'Nachrichtenstelle für den Orient' bezeichnete Organisations- und Propagandazentrum einzurichten.

 

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Das Schicksal eines NS-Verfolgten und Ostvertriebenen.

In: Spuren, Beiträge zu Familienforschung, Bd. 6, 28. Jahrgang (2014). Heft Nr.  5. S. 83 - 89.

Heft 5: Nicht allein aus kirchenpolitischen Gründen geriet der Pfarrer in den Focus der NS-Diktatur. Der Betroffene berichtete: "Hinzu kam aber noch meine nichtarische Abstammung mütterlicherseits. Meine Mutter war wie ihre Eltern volljüdischer Geburt und gehörte auch ursprünglich der jüdischen Religionsgemeinschaft an. Als sogenannter 'Nichtarier' war ich, da meine Abstammung allgemein bekannt war, während der ganzen Nazizeit verfemt und schweren Diffamierungen, Rechtsbeschränkungen und Verfolgungen, zumal  in meinem öffentlichen Amt als Geistlicher, und auch persönlich ausgesetzt. Die Bevölkerung nahm mir gegenüber bei der bekannten antisemitischen Haßstimmung vielfach eine feindselige Haltung ein, viele mieden persönlich und dienstlich jeden Umgang mit mir, und besonders seitens der aufgehetzten Jugend, die ich zu unterrichten hatte, hatte ich zu leiden. Dabei war ich von jeder Möglichkeit der Beförderung und Versetzung in eine günstigere Dienststelle, ja überhaupt vom jeder öffentlichen Tätigkeit und von der Volksgemeinschaft ausgeschlossen. Man versuchte auch, mich aus meinem Amt und Beruf zu entfernen, was nur daran scheiterte, daß ich in Oberschlesien amtierte und infolge der dort geltenden Genfer Konvention nicht aus meinem Amt ausgeschlossen werden durfte. Ebenso versuchte man auch, meinen Sohn, der eine höhere Lehranstalt (Kreuzburg OS) besuchte, von dieser zu entfernen und denunzierte auch diesen sowie meine Ehefrau häufig bei Parteistellen , sodaß sie mehrfachen Verhören ausgesetzt waren. So lebte ich mit meiner Familie in ständiger Unruhe, Furcht und Sorge vor neuen Zwangsmaßnahmen, Bedrückungen und Verhaftungen, die mich innerlich zermürbten. Die erlittenen vielfachen und langjährigen Diffamierungen und ständigen Bedrohungen meiner Existenz haben meine körperliche und seelische Willenskraft untergraben, sodaß seitdem meine Gesundheit stark erschüttert ist.

Als Schlesien 1945 polnisches Verwaltungsgebiet wurde, blieb ich zunächst noch dort, bis ich im Juni 1946 nach Westfalen evakuiert wurde. Mein Wohnhaus in Rosen, Kr. Kreuzburg/Oberschlesien ist bereits im Januar 1945 mit meiner gesamten Habe und allem Inventar verbrannt [...]. Ich bemerke noch, daß ich auch seitens der polnischen Verwaltungsbehörden in Schlesien 1945 und 1946 nach genauer Prüfung des Tatbestandes als politisch, religiös und rassisch Verfolgter amtlich anerkannt war."

Ein glücklicher Umstand für die Familie von Pfarrer Schmidt, denn nur allzu oft, um nicht zu sagen in den allermeisten Fällen, fand so eine Prüfung zum Schaden der Betroffenen nicht statt.

 

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Innenansichten der Islamisten.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 61. 2014, S. 3 - 16.

Heft 61: "Weg aus dem Gymnasium, hinein in den Dschihad. So erzählt sich, extrem verkürzt, die Geschichte der Schülerin Sarah O. aus Konstanz. Fälle wie dieser sind selten, werden aber mehr. Die Mädchen würden im Internet gezielt angesprochen, berichtet Beate Bube, die Präsidentin des Landesverfassungsschutzes" in Baden-Württemberg. 'Die Internetpropaganda hat deutlich zugenommen.' Mädchen gäben dort Tipps 'von Frauen für Frauen', Kämpfer für den Dschihad ('Löwen') würden attraktiv wie aus einem Modemagazin präsentiert. 'Perfide', nennt das Bube. Stets, so auch Innenminister Reinhold Gall (SPD), würden niederschwellige Annäherungsversuche' die jungen Männer und Frauen in einen Radikalisierungsprozess hineinziehen, an deren Ende Reisen nach Syrien stehen, wie bei der Konstanzer Schülerin." Auf die jungen selbsternannten Dschihadistinnen passen die Worte, welcher der Wiener Schriftsteller Karl Kraus während des Ersten Weltkriegs über so genannte 'weibliche Hilfskräfte' formulierte: "Opfernd heldischem Verlangen, angesteckt von Eurem Mute, Rosen blühen auf den Wangen und die Syphilis im Blute." Oder vielleicht aktuell abgewandelt: Aids!

 

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Die gescheiterte Integration.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 61. 2014, S. 16 - 19.

Heft 61: 210 sorgte ein DTF-Antrag auf dem Landesparteitag für Irritationen. Darin sollte die Verbindlichkeit des Grundgesetzes abgeschwächt werden und "die 'Verunglimpfung von Religion' - sei sie antijüdisch, antichristlich oder antiislamisch - solle 'unnachsichtig betraft werden'. Viele Delegierte rieben sich verwundert die Augen."

Auch bei der SPD und den Gründen sind Politiker auf diese Weise ins Gerede gekommen. So geriet der Ex-Europaabgeordnete der Gründen und dann der SPD, Ozan Ceyhun, in den kritischen Focus seiner opartei. Ceyhun berät aktuell die türkische Regierungspartei AKP und zeigte sich öffentlich voll Lobes über den türkischen Ministerpräsidernten Erdogan. Diese "ist nicht unbedignt eine Einschätzung, die viele Sozialdemokraten angesichts des rigorosen Vorgehens Erdogans gegen Oppositionelle teilen würden."

In Baden-Württemberg kam die SPD-Integrationsministerin Biolky Öney im grün-roten Kabinett Kretschmann im Spannungsfeld des innertürkischen Streits über den Völkermord an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs in das politische Gerede. Seitens der oppositionellen CDU in Stuttgart warf man der Ministerin "Doppelzüngigkeit vor. So erkenne sie zwar an, dass es den Völkermord gegeben habe, andererseits soll sie sich vor Jahren in einem Interview für ein türkisches Medium nicht festgelegt haben, wie das historische Verbrechen einzuschätzen sei. Öney hatte sich gegen die Vorwürfe aus der Union gewehrt."

Das 'Integrationsbambi' und die politische Klasse

Beim Sommerfest des Wirtschaftsflügels der CDU präsentierte sich am 26. Juni 2012 der damlaige Innenmisnister Hans-Peter Friedrich eng aneinandergeschmiegt mit einem Intensivtäter. Es handelte sich um den kriminellen 'Rüpel-Rapper' Bushido, der einem libanesischen Clan des organisierten Verbrechens angehört. Der Lebnenslauf des angeblichen Musikers liest sich wie ein Strafregister, das u.a. Körperletzung, Beldeidigungen und Urheberrechtsverletzungen beinhaltet.

 

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Das Schicksal eines NS-Verfolgten und Ostvertriebenen.

In: Spuren, Beiträge zu Familienforschung, Bd. 6, 28. Jahrgang (2014). Heft Nr. 6. S. 103 - 109.

Heft 6: Die seitens der NSDAP verfügte 'Zwangsevakuierung' verlief im Kreis Kreuzburg, wenn überhaupt, größtenteils sehr unorganisiert. Oft machten sich die Verantwortlichlichen heimlich auf und davon. Aus der Gemeinde Nassedel hieß es: "In der Nacht vor dem Einmarsch der Sowjets ist der Ortsgruppenleiter Hermann Miska [....] und einige seiner 'Getreuen' mit dem Feuerwehrauto geflüchtet." Die deutsche Bevölkerung blieb hilflos zurück. Sie war in den Tagen und Wochen zuvor schlicht von den NS-Behörden belogen worden. Ein Betroffener aus dem Kreis Kreuzburg klagte: "Wie oft war uns versichert worden, der Russe komme nie bis hierher, wie oft mussten wir hören, die Front steht, es ist keine Gefahr. Wenn aus unserem Dorf [Alteichen] noch welche rechtzeitig fortgekommen sind, dann verdanken wir dies nur der polnischen Grenzbevölkerung, die uns immer wieder einmal heimlich die Wahrheit sagte, wie die militärische Lage tatsächlich war."

Dies waren keine Einzelfälle. So warteten in der Gemeinde Gieraltowitz im Kreis Rybnik die Einwohner "angstvoll auf die Genehmigung, endlich flüchten zu dürfen. Noch am 23. Januar [1945] wird in den Abendstunden eine Versammlung abgehalten. Bürgermeister Georg Rasch spricht: 'Es darf niemand die Gemeinde verlassen! Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass rechtzeitig eine Anordnung ergeht, und erst dann geordnet die Evakuierung erfolgt.' Zwei Tage später wissen die Bewohner von Gieraltowitz immer noch nicht, wie sie sich verhalten sollen. Doch der Bürgermeister ist verschwunden. Er hat sich mit seiner Familie heimlich aus dem Staube gemacht-"

 

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Der ISiS oder IS. Eine islamistische Terrororganisation und ihre Verbrechen.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 62. 2014. S. 3 - 16.

Aus Schleswig-Holstein sind in den vergangenen 18 Monaten 23 islamistische Terroristen aus den Reihen der Salafisten nach Srien aufgebrochen. "Vier von ihnen sind im Ausland gestorben", berichtete beschönigend der Leiter des schleswig-holsteinischen Verfassungsschutzes, Dieter Buddefeld, als ob die islamistischen Terroristen durch Unfälle oder Krankheiten den Tod gefunden hätten. Aktuell überlegten 23 weitere Salafisten nach Syrien auszureisen. Der Verfassungsschutz beeilt sich vor diesem Hintergrund zu betonen, dass manche Islamisten dort lediglich Autos überführen oder sich finanziell beteiligen. Als ob damit etwas besser wäre. Auch Kriegsverbrechen erfordern Logistik. Eine Tatsache, die offenbar vom Verfassungsschutz in Kiel ausgeblendet wird.

Hunderte islamistische Terroristen aus Deutschland begehen Kriegsverbrechen in Syrien und im Irak. Dieser Abschaum trägt die Namen Kerem, Philipp oder Burak und setzt sich aus dem gesellschaftlichen Bodensatz in Kleve, Dinslaken oder Wuppertal zusammen, wie etwa dem Pizzaboten Philipp B. aus Dinslaken, der 2013 nach Syrien ging und sich hochtrabend Abu Osama nennt. Sie alle wollen für einen totalitären Gottesstaat morden und sterben, wobei letzteres noch das Beste ist. Noch zahlreicher sind die islamistischen Terroristen aus Belgien, Dänemark, den Niederlanden, Schweden und Großbritannien, die in den Nahen und Mittleren Osten reisen, um Verbrechen zu begehen. Kaum sind die Islamisten aus Europa in Syrien und im Irak eingetroffen, posieren sie zu Propagandazwecken vor der Kamera und verschicken die Bilder via Facebook. So bekommt das selbst verliehene Attribut 'sozial' bei diesem Netzwerk einen ganz neuen eigenartigen Klang und die Ambivalenz dieser angeblich modernen Errungenschaften werden für jeden Klarsichtigen mehr als nur offenbar. Die Behörden wären vor diesem Hintergrund in der Pflicht, gegen die Netzwerkbetreiber wegen Unterstützung von Kriegsverbrechen und Terror strafrechtlich vorzugehen.

Wer sind nun diese islamistischen Terroristen aus Europa? Zu 50 % sind es "junge Leute, die bereits vorher in extremistischen Gruppen unterwegs waren und eine Gelegenheit suchen, ihre Unzufriedenheit auszuleben", meint Peter Neumann, Politikwissenschaftler am Kings College in London. Neumann muss sich fragen lassen, ob ob 'Unzufriedenheit ausleben' die neue weichzeichnerische Multi-Kulti-Sprachregelung für Kriegsverbrechen darstellt.

Die andere Hälfte der selbst ernannten Gotteskrieger wurde angeblich durch den syrischen Bürgerkrieg radikalisiert. Dorthin zu kommen ist einfach. Der Weg führt über die Türkei an die gemeinsame Grenze mit Syrien, die offenbar nicht von den türkischen Behörden hinsichtlich reisender Dschihadisten kontrolliert wird. Dort werden die islamistischen Terroristen von Kontaktpersonen in Empfang genommen. Viele "gehen davon aus, dass sie bald wieder zurückkommen." Der Kampf in Syrien und im Irak ist jedoch gnadenlos. Darüber hinaus geht es oft nicht darum, "gegen den verhassten Assad in Syrien oder gegen Maliki im Irak zu kämpfen". Zahlreiche Kämpfe finden auch zwischen den verschiedenen Rebellengruppen und islamistischen Organisationen statt. Von 16 britischen islamistischen Terroristen, die in Syrien starben, kamen 15 bei internen Auseinandersetzungen um.

 

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Aus dem Kreis Warendorf nach Danzig, Der Senator Hugo Althoff,

in: Der Westpreusse - Unser Danzig -, Nr. 10, 66. Jahrg., Münster 4. Oktober 2014, S. 23 - 24.

Anschließend begann seine Danziger Zeit. Nach den Wahlen zum Danziger Volkstag am 13. November 1927 fiel bei den Koalitionsmöglichkeiten für eine Regierungsneubildung dem Zentrum als drittstärkste politische Kraft eine Schlüsselrolle zu. Ohne die katholische Partei konnte kein neuer Senat gebildet werden, da die übrigen Parteien zu schwach oder untereinander zu zerstritten waren, um eine funktionstüchtige Regierung zu tragen. Die politische Stärke des Zentrums dürfte eine entscheidende Rolle gespielt haben, dass ihr Parteimitglied Hugo Althoff Ende 1928, als die Amtsperiode der hauptamtlichen Senatoren endete, den Ruf nach Danzig erhielt. Vom 18. Dezember 1928 bis Januar 1931 war Hugo Althoff als Mitglied der katholischen Zenmtrumspartei Senator für Bau- und Wirtschaftswesen im Senat des parteilosen Dr. Heinrich Sahm und von 1931 bis zum 30. Mai 1933 Senator für Wirtschaft, Bauten, öffentliche Arbeiten und Handel im Senat Ziehm. Der Senatspräsident Ernst Ziehm (DNVP) charakterisierte trotz gegenseitiger politischer Differenzen den Senator Althoff als tüchtigen, ehrgeizigen Beamten und hervorragenden Redner, der auch komplizierte Sachverhalte verständlich darzustellen wusste. Unter seiner Ägide wurde zwischen 1928 und 1930 speziell für die Verladung von Massengütern wie Kohle und Erz ein neues Hafenbecken ausgebaggert. Dort wurden modernste Umschlageinrichtungen installiert, darunter drei Verladebrücken mit automatischen Waagen und Förderbändern. Außerdem war Hugo Althoff an dem Aufbau von einem Dutzend Spezialkränen für den Hafen in den Jahren von 1931 bis 1933 beteiligt. Die Kaianlagen wurden auf die Länge von 31 km erweitert, davon waren 9 km mit Beton befestigt.

Mit dem Ausbau und der Modernisierung der Hafenanlagen konnte allerdings nicht verhindert werden, dass die Umschlagzahlen in Danzig nach 1930 dramatisch einbrachen. Die Gründe hierfür waren die Weltwirtschaftskrise zu Beginn der 1930er Jahre und der in Konkurrenz zu Danzig ab Ende 1920 in Gdingen gebaute und in ersten Teilen 1926 in Betrieb gegangene moderne polnische Handels- und Überseehafen.

 

 

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Heißer Sommer - Gefährliche Zeiten. Die Anfangsphase des Ersten Weltkriegs und die Folgen sowie Auswirkungen für den Kreis Warendorf,

in: Münsterland, Jahrbuch des Kreises Warendorf 2015, 64. Jahrg., Warendorf 2014, S. 156 - 170.

Die neue Institution 'Jugendwehr' blieb nicht ohne Widerspruch. Ende 1914 beschlagnahmte das stellvertretende Generalkommando des VII. AK in Münster ein Flugblatt der organisierten Arbeiterjugend. Diese lehnte "eine Beteiligung an der Jugendwehr entschieden ab. Die geplanten militärischen Übungen und Märsche bringen es mit sich, daß besondere Anzüge und Stiefel gebraucht werden, deren Anschaffungskosten ziemlich hoch sind; außerdem kommt hinzu, daß diese Sachen im ständigen Gebrauch so abgenutzt werden, daß ihre Aufbesserung und Neuanschaffung den ohnehin unbemittelten Lehrlingen und jugendlichen Arbeitern recht empfindlich zurückwirken. Es muß daher etwaigen Versuchen, einen direkten oder indirekten Zwang auf Jugendliche auszuüben, sofort mit Nachdruck entgegengetreten werden. Derartige Versuche sollen schon wiederholt, besonders in den Fach- und Fortbildungsschulen unternommen worden sein."

Die Jugendwehr bekam nicht nur aus den Reihen der organisierten Arbeiterjugend Gegenwind. Ende November 1914 mahnte das Kriegsministerium, dass bei der militärischen " Vorbereitung der Jugend eine Trennung nach Konfessionen nicht im Einklang mit der Kameradschaft" stehe. Gerade bezüglich der Religion musste das Münsteraner Generalkommando wenig später Konzessionen machen, denn es wurde empfohlen: "Sonn- und Feiertags sollen die Übungen der Jugendwehrkompagnien nicht so früh beginnen, daß der Kirchenbesuch der Jugendlichen dadurch unmöglich gemacht wird. Einmal im Monat sollen die Übungen Sonntag nachmittags so zeitig schließen, daß eine Veranstaltung der Jünglingsvereine noch gut möglich bleibt."

Die Mobilisierung und Militarisierung der Jugend stieß offenbar an Grenzen. Ende 1914 beklagte der westfälische Oberpräsident, "daß die Teilnahme der Jugendlichen an der militärischen Vorbildung erheblich zurückgehe. Dies sei darauf zurückzuführen, daß einmal die jungen Leute an den Wochentagen von ihren Arbeitgebern, denen sie wohl vielfach auch schwer entbehrlich seien, nur ungern frei gegeben würden, dass andererseits die Jugendlichen an den Sonntagen den Übungen häufig fern blieben, weil sie nach der anstrengenden Wochenarbeit das Bedürfnis nach Ruhe und Ausspannung hätten. Das schlechte Beispiel der Empfindlichkeit gegen irgendein derbes Wort der Führer nehme dann noch anderen Jugendlichen die Lust, sich dem Zwange und den Anstrengungen der Übungen zu unterwerfen." 

 

 

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Die Kreisstadt Warendorf in der Anfangsphase des Ersten Weltkriegs (August bis Dezember 1914).

In: Warendorfer Schriften, Warendorf 2014, S. 8 - 46.

Dass Krieg als Mittel der Politik nicht in Frage gestellt wurde, lag nicht zuletzt an den Kriegervereinen, "welche ihre Aufgabe darin sahen, das militärische, nationale und monarchische Denken und Fühlen zu pflegen". 

Doch selbst viele Pazifisten wurden von der Aufbruchsstimmung im August 1914 angesteckt. So forderte die DFG, der auch Lothar Schücking angehörte: "Jeder deutsche Friedenfreund müsse genau wie jeder andere Deutsche seine Pflicht gegenüber dem Vaterland erfüllen."

Bereits vor dem Krieg wies Wilhelm II. die Friedensvorschläge Berta von Suttners vor dem westfälischen Provinziallandtag in seiner ihm eigenen Art zurück: "Der Friede wird nie besser gewährleistet sein, als durch ein schlagkräftiges, kampfbereites deutsches Heer, wie wir es jetzt ... zu bewundern und uns darüber zu freuen Gelegenheit haben. Gebe uns Gott, daß es uns immer möglich sei, mit dieser stets schneidigen und gut erhaltenen Waffe für den Frieden in der Welt zu sorgen! Dann möge sich auch der westfälische Bauer ruhig schlafen legen."

Für die  Zeitgenossen wie für die Nachgeborenen bis heute war und ist der Kriegsbeginn im August 1914 geprägt von den Bildern einer tatsächlichen oder vermeintlichen Kriegsbegeisterung. Neben jubelnden Massen "gab es zahlreiche Menschen, die besorgt und bedrückt reagierten, vor allem auf dem Land, in kleinen Städten und unter den Frauen."

Die starke patriotische Begeisterung nach der Ablehnung des österreichisch-ungarischen Ultimatums durch die serbische Regierung am 25. Juli 1914 trat vor allen in den Großstädten und Residenzen hervor. Dagegen lassen sich für die Städte des Ruhrgebiets und die grenznahen Provinzen, etwa das Saarland, das Elsass oder Ostpreußen kaum große Manifestationen der Kriegsbegeisterung nachweisen. Der diesbezügliche Befund für die Kreisstadt an der Ems fällt ambivalent und differenziert aus.

Von Warendorf in Richtung Münster wurde Anfang August 1914 ein mit Grün und Blumen geschmückter Sonderzug unter Mitwirkung einer Militärkapelle auf offenem Waggon eingesetzt, um die Einberufenen zu den Kasernen zu transportieren, wobei die Bevölkerung an diesen für sie nicht alltäglichem Ereignis, das seitens der Militärbehörden und der Königlich Preußischen Staatsbahnen (KPSB) nicht ungeschickt arrangiert war, regen Anteil nahm. Wenig später, am 17. August 1914, waren ähnliche Szenen zu beobachten, als 33 Bedienstete des Westfälischen Gestüts in geschlossener Formation mit Musik und unter Absingen vaterländischer Gesänge durch die Stadt zum Münstertor zogen, um am Bürgerschützenhof festlich geschmückte Pferdewagen zu besteigen, die sie in die Münsteraner Kasernen transportierten. Die Menschen schienen zuversichtlich, denn man hoffte siegesgewiss auf eine baldige Rückkehr der Einberufenen in die Heimat. Das so genannte 'Augusterlebnis 1914' schien, wie es von interessierter politischer und militärischer Seite kolportiert wurde, "das ganze deutsche Volk mit unendlicher Kraft für die Not der Zukunft zusammenzuschweißen".

 

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Ida Jeremias aus Warendorf im KZ Lichtenburg.

In: Warendorfer Schriften, Warendorf 2014, S. 130 - 146.

Aufgrund ihrer politischen Haltung waren die kommunistischen und sozialdemokratischen Frauen wie auch die Zeuginnen Jehovas wegen ihrer religiösen Überzeugung ständig auf Konfrontationskurs mit der SS. Die Zeuginnen handelten nach biblischen Grundsätzen und stellen das göttliche Gebot über die Forderungen der NS-Diktatur. Den Hitlerkult sahen sie als Götzendienst. Viele Zeuginnen Jehovas verweigerten den NS-Gruß oder blieben während des Horst-Wessel-Liedes demonstrativ sitzen. Als sich die Zeuginnen weigerten eine per Rundfunk übertragene Rede Adolf Hilters im Hof des KZ Lichtenburg anzuhören, spritzte die SS die Gefangenen mit Feuerwehrschläuchen aus ihren Schlafsälen brutal in den Hof. Dort erwarteten sie Stockschläge. Die Zeuginnen Jehovas mussten in nassen Kleidern über eine Stunde die Rede anhören. Es war Herbst und es herrschten schon kalte Temperaturen. Ärztliche Behandlung wurde ihnen anschließend verweigert. Außerdem verhängte die SS einige Tage Essensentzug.

Obwohl das Verhältnis der gefangenen Frauen im KZ Lichtenburg grundsätzlich von Solidarität geprägt war, wurde von politischen Mitgefangenen die Haltung der Zeuginnen Jehovas nicht als religiöse Notwendigkeit oder Widerstand verstanden, sondern als sinnloses und gefährliches Verhalten. Die politischen Gefangenen, insbesondere die Kommunistinnen, glaubten durch das Hören dieser Rede Hitlers "in die politische Situation im Lande gewinnen" zu können. Dies war angesichts einer Propagandarede eine hohe wie naiv verzweifelte Erwartung.

Die Anhängerinnen der kommunistischen Weltanschauung begriffen die Zeuginnen Jehovas offenbar als ideologische Konkurrentinnen. Als historisch allgemein kann als gesichert gelten, dass die Kommunistischen vom Glauben befangen waren, es sei allein unter ihrer Führung und der ihrer Partei Widerstand gegen die Nationalsozialisten möglich und legitim. 

Auch mit anderen Gefangenengruppen hatten die Kommunistinnen ihre speziellen Probleme, weil hier ihre alles erklärende Ideologie mit der mehr als nur brutalen und nicht mehr zu erklärenden Lebenswirklichkeit unmittelbar zusammenstieß. Die Kommunistin Erika Bachmann berichtete über diese Diskrepanz freimütig nach 1945: "Das Lager zerfiel in zwei fest umrissene Kategorien - Politische und Asoziale. Daß man sie nicht [...] getrennt voneinander leben ließ, sondern zusammenzwang in eine Gemeinschaft, in der es kaum innere Berührungspunkte gab und die [...] als Qual empfunden wurde, war vielleicht die größte Strafe, die die SS sich gegen die Politischen ausdenken konnte, die raffinierteste Folter. Gewiß, unsere Weltanschauung läßt uns alles, was dort passiert ist, erklären! Wir wissen, daß nicht die Menschen, sondern die Gesellschaft, die sie so werden ließ, letzten Endes verantwortliche ist - aber die fast unerträglichen Tatsachen, mit denen wir uns abzufinden hatten, bleiben doch bestehen. 

Lassen Sie mich einen einzigen dieser Menschen schildern: eine Berufsverbrecherin von etwa fünfzig Jahren. Schon äußerlich war auf den ersten Blick zu erkennen, um wen es sich handelte: eine Frau, der kein Laster Fremd war, die [...] von Gefängnis, Erziehungsanstalt und Zuchthaus ein Lied zu singen wußte. [...] sie hatte [...] einen Kreis andächtiger Zuhörerinnen um sich versammelt; sie hielt Vorlesung darüber, wie man den lieben Mitmenschen am meisten schaden kann, [...] wie man am besten stiehlt, am aussichtsreichsten betrügt, am perversesten lebt. [...] Martha wußte, wie man trotz umgitterten Strafblocks an die Marmeladeneimer in der Küche kommen konnte. Daß sie aus der Menge stahl, die für die Häftlinge bestimmt war und die magere Ration jedes einzelnen noch verringern half, was ging es sie an? Martha zeigte den anderen den Weg in die Waschküche, aus der man sich Wäsche und Kleidung holte - mochten die anderen sehen, womit sie ihre Nacktheit bedeckten."

Hinzu kam die Kumpanei zwischen der SS und den Kriminellen, denn "Martha und ihresgleichen sind viel weniger schlecht bei der Lagerleitung und den Aufseherinnen angesehen  als die Politischen. Gewiß, man bestraft sie mit Arrest, Schlägen und Strafblock, aber man findet sie auch amüsant, findet oft ein Stündchen Zeit, um sich mit ihnen in ein Gespräch einzulassen, um mit  ihnen gemeinsame Erinnerungen  und Wünsche für die Zukunft auszutauschen." Diese Bevorzugung von kriminellen Häftlingen gegenüber politischen Gefangenen war auch im stalinistischen Gulag-System der Sowjetunion zu beobachten.

Maria Günzl dagegen, eine Sudentendeutsche, die wegen ihrem Engagement in der SPD und den Gewerkschaften auf der Lichtenburg inhaftiert war, widmete, anders als die gleichzeitig physisch durch die Nationalsozialisten und ebenso geistig ihrer Ideologie verhafteten Kommunistinnen, ihren Mitgefangenen aus den Reihen der Zeugen Jehovas folgendes Gedicht:

"Die Bibelforscher.

Den hunderten Bibelforscherfrauen sei zu Ehre und Achtung gesagt, dass ihre religiösen Lieder am Sonntag-Nachmittag allen Häftlingen im Lager Herz und Hirn erbauten. Sie blieben immer treu ihrem Glauben, dass Befreiung nah...

Trotz aller Qualen im Bunker, dem finsteren Haus, wo sie zu Hunderten eingekeilt, nur Wasser und Brot zugeteilt, als Strafe, dass sie nicht zu Hitlers Geburtstag Kränze gebunden. Als sie nach Wochen schrecklichster Qual entlassen aus dem Marterstall, schwankten sie wie lebende Leichen die Lagerstraße hin...

Das war es auch mit uns geschehn: Wir weinten und beklagten, was man ihnen angetan."

 

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Vom Hilfskrankenhaus zum Kreiskrankenhaus St. Hedwig. Die erste Klinik in kommunaler Trägerschaft im Kreis Warendorf.

In: Warendorfer Schriften, Warendorf 2014, S. 154 - 172.

Ohne dass es dazu eine ausdrückliche Verpflichtung gab, war es zu Beginn der 1950er Jahre allgemeiner und nicht in Frage gestellter Brauch, dass die Krankenhäuser von ihren jeweiligen Trägern mit regelmäßigen Beiträgen unterstützt wurden. Lediglich über deren Höhe in Zusammenhang mit den Leistungen der Krankenkassen bestand Diskussionsbedarf. Von dem heutigen Missstand, dass Kliniken unter allen Umständen Gewinne zu erwirtschaften hätten, war man damals zum Vorteil aller noch weit entfernt.

Ende 1951 veröffentlichte der Frankfurter Arzt, Dr. med. August de Bary, seine grundsätzlichen Überlegungen zu dem Thema: "Für mich steht der Mensch, der gesunde und der kranke, auf einer Ebene, die hoch über der Politik liegt. Gesundheit und Krankheit sind Naturgegebenheiten, die von menschlichen Gesetzen und Vorschriften unabhängig sind. Es ist eine Blasphemie, wenn man von einem Recht auf Gesundheit spricht. Mit dem gleichen Recht könnte von einem Recht auf Sonnenschein oder auf Schnee oder von einem Verbot der Erdbeben geredet werden. [...] Der Anspruch des Einzelnen erstreckt sich lediglich darauf, daß die Allgemeinheit [...] die geeigneten [...Einrichtungen] schafft, also die erforderlichen Hilfskräfte und zweckdienlichen Gebäude, Institute, Apparaturen, Heilmittel usw. Unentbehrlich sind hier allerdings auch ewige sittliche Werte, die unter dem Zeichen des freiwilligen und uneigennützigen Dienstes am Hilfsbedürftigen stehen.

Zu den bezeichneten Einrichtungen gehört auch das Krankenhaus, von seinen ersten Anfängen an eine Stätte der barmherzigen Hilfe für Kranke und Schwache, ein Asyl für Menschen in Not, das außerhalb jeder Politik stand und auch heute noch steht. Ursprünglich ganz auf kostenloser Hilfeleistung aufgebaut und auch von freiwilligen Spenden Wohlhabender wie auch durch den Verzicht der Pflegenden und der Ärzte auf Entgelt unterhalten [...]. Es war eine freiwillige Leistung aus dem Geiste der christlichen Überlieferung. [...]

Ein Krankenhaus ist einem wirtschaftlichen Untenehmen wesensfremd und zweckverschieden. Während Erwerbszweck und Gewinnbildung die Wesensart eines wirtschaflichen Unternehmens bestimmen, schließt der Charakter der Gemeinnützigkeit, wie es auch in den staatlichen Bestimmungen ausdrücklich festgelegt ist, für das Krankenhaus den Erwerbszweck und die Gewinnbildung ausdrücklich aus und gibt gerade dadurch dem Krankenhause die Wesensart einer Einrichtung für das Gesundheitswesen. [...] Das aber bei den Krankenhäusern [...] eine Gewinnbildung nicht stattfindet, war der Preisstopp schon ein bedenklicher Fehlgriff. [...] Es kann hinzugefügt werden, daß die Krankenkassen fast 70 Jahre von der sozialen Wohltat der Krankenhäuser gern Gebrauch gemacht haben und dadurch große Einsparungen machen konnten. Ohne dieses Entgegenkommen wären ihre Geschäftshäuser vielleicht weniger üppig ausgefallen!

[...] Vordringliche Pflicht der Regierung wäre es, hier nach dem Rechten zu sehen und nachzuprüfen, wie die wirkliche Leistungsfähigkeit der Kassen beschaffen ist. Nachprüfung ihres Geschäftsgebarens durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer unter Zuziehung von Sachverständigen des Kassenarztdienstes und des Krankenhauswesens dürfte ergeben, daß Millionen eingespart bzw. den vordringlichen Zwecken der Kranken nutzbar gemacht werden können."

Zu Beginn des Jahres 1952 betonte und warnte das Kreiskrankenhaus St. Hedwig gegenüber dem Krankenhausausschuss des Kreises Warendorf: "Nur bei einer ausreichenden Erhöhung des Kassenpflegesatzes ist die ordnungsgemäße Weiterführung des Kreiskrankenhauses gewährleistet. [...] Die Notlage hat sich daher inzwischen derart gesteigert, daß der Bestand des Hauses gefährdet ist."

Um die gleiche Zeit stellten die Wirtschaftsbriefe für das Krankenhaus- und Anstaltswesen in aller Offenheit klar: "Die Krankenhäuser sind Zuschussbetriebe [...]. Bei den staatlichen und kommunalen Krankenanstalten sind es Zuschüsse, die praktisch der Steuerzahler aufzubringen hat. Bei den freien und caritativen Krankenanstalten werden diese Beiträge durch Stiftungen und Sammlungen wettgemacht." 

1952 betonte im Hinblick auf die Kosten des Gesundheitswesens: "Mit schöner Selbstverständlichkeit nimmt man es hin, daß die kommunalen Zuschüsse zu den Krankenhäusern ständig steigen [...]. Nutznießer sind die Krankenkassen, die so auf indirektem Wege von den Gemeinden subventioniert werden."

 

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Der ISiS oder IS. Eine islamistische Terrororganisation und ihre Verbrechen. Teil II.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 63. 2015. S. 3 - 15.

Der auf allen  Feldern gescheiterte SPD-Innenminister Jäger "sprach sich [...] für mehr Prävention aus, um das Abdriften in die gewaltbereite Salafistenszene zu verhindern. Wenn es Anzeichen gäbe, dass junge Menschen in die salafististische Szene abtauchten, seien Imame, die Moscheevereine und das Jugendamt gefragt, die an einem Tisch sitzen müssten." Jäger  übersieht dabei, dass Bedienstete des Jugendamtes in Dinslaken die selbst ernannten Dschihadisten unterstützt haben, statt Alarm zu schlagen. Der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft sieht die Rolle der Moscheevereine in diesem Zusammenhang - äußerst vorsichtig formuliert - mehr als nur ambivalent.

Da helfen auch nicht Präventionsprogramme ála NRW-Innenminister Ralf Jäger weiter, nach dem etwas abgewandelten Tucholsky-Zitat: 'Beschließen wir ein kleines Präventionsprogramm, dann hat man keine Kümmernis.' (Original: Schließen wir einen kleinen Kompromiss, dann hat man keine Kümmernis.") Ein anderes Wort von Kurt Tucholsky beschreibt die aktuelle gesellschaftspolitische Situation sehr treffend: "Durch Deutschland geht ein tiefer Riss. Dafür gibt es keinen Kompromiss!"

Das IS-Verbot durch den Bundesinnenminister wirkt zwar auf den ersten Blick positiv, doch sieht man genauer hin, dann ist die Situation verheerend. So schlotterte Thomas de Maizière offenbar vor Angst bei der Frage, "ob man mit dem Verbot der Fahne des IS die Gefühle  von Muslimen verletzt oder Unruhen provoziert." Auf der schwarzen Flagge der islamistischen Terrororganiation IS "ist das Prophetensiegel zu sehen und die erste Sure des Korans zu lesen.  Erst als sicher war, dass die Zeichen in dieser Anordnung allein vom IS verwendet werden, fühlte sich de Maizière auf der sicheren Seite." Was hätte der Bundesinnenminister gemacht, wenn auch andere islamistische oder islamische Organisationen diese Symbole in gleicher Weise verwendet hätten oder was will Thomas de Maizière tun, wenn der IS seine Terrorflagge ändert? Wird dann der Bundesinnnenminister den IS zum religionsfriedlichen Betverein erklären?

Diese sarkastische Frage ist leider weit weniger ironisch bzw. rhetorisch, wie man dies annehmen möchte, wenn man sich zusätzlich zu hilflos agierenden Exekutive die Position der Judikative zum massenmordenden und Kriegsverbrechen begehenden IS anschaut. Zwar strebt es der Bundesanwalt an, doch seltsamer Weise wurde der IS in Deutschland bisher noch immer nicht zur  terroristischen Vereinigung erklärt. Wann die Richter darüber entscheiden, ist offen.

Die unwirksame symbolische Politik zielt auch nicht so sehr auf die islamistischen Terroristen, sondern als Beruhigungspille vielmehr auf die verunsicherte Wählerschaft. Hinzu kommt die seltsam anmutende Furcht der politischen Klasse in Deutschland, dass der Terror auf seine Urheberzurückfallen könnte. So treibt die aktenschreddernden Verfassungsschützer die Sorge um, dass Salafisten zu "Zielscheiben von Gewalt" seitens Kurden und Jesiden werden könnten und die Behörden verkaufen ihre Angst als sicherheitsstabilisierendes Element. Ob dies Erfolg hat, bleibt abzuwarten, denn eine Politik, die sich bewusst oder unbewusst, gewollt oder ungewollt unter der Überschrift 'Alles für die Dschihadisten' bewegt, kann für die politische Klasse sehr unliebsame Folgen bei den  nächsten Urnengängen zeitigen, wenn man nur die Anfangsbuchsstaben dieser verfehlten Politik für sich nimmt: AfD! 

Fest steht, dass die islamistische Terrororgansiation IS den Islam in seine tiefste Legitimationskrise der modernen Geschichte gestürzt hat. Der Chefgelehrte von Kairos Al-Azhar-Universität, der sich gerne im Ruf der wichtigsten Lehranstalt des sunnitichen Islam sonnt, nannte den IS kürzlich eine 'zionistische Verschwörung'. Damit liegt der islamische Gelehrte fatalerweise auf der gleichen Linie, wie die deutsche faschistische Partei 'Die Rechte', welche hinsichtlich des IS dem gleichen Irrglauben anhängt. Über die Tatssache, dass sich die IS-Terroristen dem digitalen rechtsextremistischen Netzwerk des Dortmunder Faschisten Dennis Giemsch bedienen, wird unter Multi-Kulti-Aspekten verständlicherweise ebenso Saudi-Arabiens wahhabitischen (salafistischen) wird, und dem menschenverachtenden, mörderischen Verhaltenskodex der IS-Schlächter. Ein politischer Publizist schrieb aktuell dazu: "Wenn man über 'den' Islam schreibt und spricht, kann man sich nicht vor den Themen Gewalt und Terrorismus drücken. Im Namen keiner anderen Religion wird in unserer Epoche mehr Leid unter die Menschen gebracht als im Namen Allahs. Jeden Tag sterben Hunderte Menschen. Alltäglich versuchen angebliche Vorbilder, junge Leute davon zu  überzeugen, dass sie ihr Leben wegwerfen und dabei gleich noch andere Menschen töten und verletzen sollen. Dies sei eine [angeblich] göttliche Handlung und das Paradies ihre Belohnung. Wie kann das Paradies eine Belohnung dafür sein, dass man im Namen einer [angeblich] friedenstiftenden Religion anderen Menschen Leid zufügt?"

 

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Der Sklavenhandel im islamischen Kulturkreis.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 63. 2015. S. 15 - 16. 

Im Gegensatz zum Verbot der Sklaverei im britischen Empire 1833 und in den französischen Überseebesitzungen 1848 nahm der innerafrikanische Sklavenhandel noch zu, vor allen in Teilen Westafrikas. Dort hatten islamische Revolutionen des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts neue Staaten mit einer Sklavenwirtschaft geschaffen. Das Kalifat von Sokoto, das sich über Nordnigeria bis in den Norden Kameruns und weiter bis zum Tschadsee ausdehnte, gehörte zu den größten Sklavenhaltergesellschaften in der Geschichte der Menschheit. Zum Zeitpunkt der kolonialen Eroberung dieser ausgedehnten Region an der Wende zum 20. Jahrhundert lebten im Kalifat schätzungsweise 1,5 bis zwei Millionen Sklaven, mehr als die Hälfte der Gesamtbevölkerung. Sie waren auf unterschiedlichen Wegen in die Sklaverei geraten. Einige waren als Kriegsgefangene versklavt worden, andere Opfer gezielter Sklavenjagden oder Gegenstand von Tributzahlungen, die vom Sokoto-Reich unterworfene Gesellschaften leisten mussten. Ende des 19. Jahrhunderts war Sklaverei im Kalifat Sokoto "eine sehr gut funktionierende Institution".

 

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Der ISiS oder IS. Eine islamistische Terrororganisation und ihre Verbrechen. Teil III.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 64. 2015. S.

Die zentrale Frage bleibt. Wie gewaltimmanent ist der Islam?

Von Lehre und Ethos her ist der Islam nicht gewalttätiger als Christentum und Judentum. Allerdings, so wie der Islam heute als religiöse Institution organisiert ist, kann der Islam gegen die Fanatiker in den eigenen Reihen seine Kernbotschaft immer weniger schlüssig formulieren. Gilt das Tötungsverbot oder gilt es nicht? Sind Selbstmordattentäter Massenmörder oder Kandidaten für das Paradies? Is t das Köpfen, das Auspeitschen bei religiösen Verstößen Lehre des Islam oder nicht? Warum werden Frauen im islamischen Recht bis heute diskriminiert? Warum dürfen Christen auf dem Boden Saudi-Arabiens nicht einmal Gottesdienst feiern? Und wie hält es die islamische Doktrin mit der modernen Toleranz gegenüber Anders- und Ungläubigen.

Die Islamisten haben im Prinzip nichts Neues erfunden, sondern die Inhalte des gängigen Islamverständnisses lediglich überspitzt und radikalisiert. Haltung und Umgang der Islamisten gegenüber Ungläubigen oder der Rolle von Mann und Frau unterscheiden sich hinsichtlich des gängigen Islamverständnisses nur graduell aber nicht prinzipiell. Folglich läßt sich immer schwerer überzeugend darlegen, wie das moralische Fundament des Islam aussieht. Vor diesem Hintergrund verwundert es auch nicht, daß seitens der saudischen Obermufti oder dem Chefgelehrten der Kairoer Universität, Ahmad Mohammed al Tayyeb, die Abgrenzungen gegenüber der Gewaltorgie der Dschihadisten sehr halbherzig und nebulös ausfallen. Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sissi spricht dagegen Klartext: "Wir brauchen eine religiöse Revolution. [...] ihr Imame seid vor Allah verantwortlich. Die gesamte Welt wartet jetzt auf eure nächsten Schritte. Die Gemeinschaft der Muslime wirdd zerstört. Sie ist dabei uinterzugehen - und zwar durch unsere eigenen Hände."

Hat der Terror mit dem Islam gar nicht  zu tun?

Von den islamischen Verbänden und ihren Vertretern wird nach islamistischen Terroranschlägen und dschihadistischen Verbrechen gebetsmühlenhaft die Stereotype bemüht, dies habe mit dem Islam nichts zu tun. Mouhanad Khorchide, Professor für islamische Religionspädagogik in Münster vertritt nach den Massenmorden von Paris eine andere Ansicht: "Voriges Jahr wurde eine schlimme Hetze gegen mich getrieben, nur weil ich ein Buch über die Barmherzigkeit des Islam geschrieben habe. Gehetzt haben bezeichnenderweise nicht Salafisten und Extremisten, sondern normale islamische Gruppierungen, denen ich nicht konservativ genug bin. Sie haben mich härter bekämpft als einene Salafisten wie Pierre Vogel. Das hat andere motiviert, mir Drohbriefe zu schicken. Auch so etwas zeigt, wir Muslime können uns jetzt nicht nur distanzieren und sagen: Das Attentat von Paris hat nichts mit dem Islam zu tun. Das ist zu wenig. Und es stimmt auch nicht.

Leute wie die Attentäter von Paris identifizieren sich mit dem Islam. Sie berufen sich nicht auf irgendein Buch, sondern auf dem Koran. Das Problem des Islam in Deutschland liegt nicht nur in extremistischen Positionen, sondern darin, dass wir zu wenig über die unterschiedlichen Positionen innerhalb der islamischen Theologie diskutieren. Die Attentäter von Paris und andere Extremisten können sich auf einige traditionelle Auslegungen des Islam berufen, und die müssen wir endlich kritisch überdenken. [...] Es gibt Lesarten des Islam [...], die in der Tat mit westlichen Werten unvereinbar sind.

Noch immer ist die Auffassung weitverbreitet, dass nur Muslime die ewige Glückseligkeit empfangen werden, alle anderen werden für alle Ewigkeit in die Hölle geschickt. Das heißt, Gott übt im Jenseits Gewalt gegen Andersgläubige aus, weil sie Andersgläubige sind. Darin liegt für manche eine direkte Legitimation der Gewalt gegen Andersgläubige. Wenn Gott das sowieso machen wird, kann ich schon jetzt damit anfangen. Wir müssen darüber diskutieren, wie wir zu Andersgläubigen stehen. Bislang vertritt nur eine Minderheit der Muslime der Meinung, dass es unterschiedliche Wege zu Gott gibt. [...]

Europa kämpfte vor allem gegen die Bevormundung durch die Institution Kirche. In der islamischen Tradition gibt es jedoch keine Kirche. Stattdessen hat die Politik den Islam schon seit dem 8. Jahrhundert instrumentalisiert. Das erleben wir noch heute. Die Machthaber wollen kein mündiges Volk, sie wollen eine Mentalität des Gehorsams, und dazu nützen sie einen restriktiven Islam. Wir brauchen eine geistige Befreiung des Islam."

Auch den Berliner Psychologen Ahmad Mansour "ärgert der reflexhaft wiederholte Satz, Islamismus und Islam haben nichts miteinander  zu tun. 'Es hat sehr wohl auch mit dem Islam zu tun', sagt er. 'Angstpädagogik und patriarchalische Strukturen begünstigen die Radikalisierung im Islam. Wir behandeln Allah wie ein Familienoberhaupt, das bestraft und keinen Zweifel erlaubt, das Regeln aufstellt, die nicht hinterfragt werden dürfen.'"

 

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Der Sklavenhandel im islamischen Kulturkreis. Teil II.

In: Spuren der Verfolgten. Heft 63. 2015. S. 3 -

Hamed bin Muhammed el Mudscherbi (1835 - 1905), genannt Tippu-Sultan oder auch Tippu Tip, zählte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu den mächtigsten und vermögendsten Menschenhändlern in Ostafrika. Er war Eigentümer zahlreicher Plantagen und gebot über ca. 10.000 Sklaven. Bereits in jungen Jahren hatte er in Sansibar gelernt, "eine Handelsexpedition zu organisieren: einen Kredit aufnehmen (häufig fungierten indische Financiers als Kreditgeber), zum Festland segeln, mit bewaffneten Soldaten eine Kolonne aus Sklaven und angeheuerten Trägern zusammenstellen und ins Hinterland ziehen, auf die Jagd nach Sklaven und Elfenbein. Die Karawanen umfassten oft mehrere tausend Menschen. Die Reisen erfolgten zu Fuß und dauerten Monate, oft Jahre. Die Karawanen leerten ganze Landstriche Ost- und Zentralafrikas gründlich von arbeitsfähigen Menschen und von Elefanten. Tippu Tip belächelte die weißen Entdeckungsreisenden und erklärte Henry Morton Stanley (1841 - 1904, der das Kongobecken erst für die Briten und dann für die Belgier erschließen sollte: 'Wir reisen langsam, um Elfenbein und Sklaven zu sammeln. Ihr Weißen sucht bloß Flüsse und Seen und Berge und verschwendet eure Zeit.'"

Sklavinnen hatten besonders große Probleme ihrem Schicksal zu entkommen. So wurde Bwanikwa "in den 1870er Jahren als kleines Mädchen im Gebiet des heutigen Sambia gekidnappt und dann mehrfach weiterverkauft. Als junge Frau gelang ihr einige Male die Flucht, doch ohne verwandtschaftliche Bindungen nützte ihr die Freiheit wenig - sie war gleichsam vogelfrei und geriet schon bald wieder in die Gewalt eines Mannes, der sie an arabische Händler weiterverkaufte. Schließlich fand sie Zuflucht in einer Missionsstation, wo sie zum Christentum konvertierte, für die Mission arbeitete und schließlich selbst missionarisch tätig wurde."

 

 

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